Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(45): 2598
DOI: 10.1055/s-2005-922043
Leserbriefe

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Gibt es eine deutsche Vorgeschichte der Evidenz-basierten Medizin? Erwiderung

Zum Beitrag aus DMW 30/2005S. Stoll
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Publication Date:
04 November 2005 (online)

Für die interessanten Ergänzungen zu Paul Martinis Bedeutung [3] danken wir Herrn Professor Maurin sehr und stimmen ihm selbstverständlich zu: Zweifellos war Paul Martini vor allem in Bonner Kreisen einer der führenden Internisten seiner Zeit. Auch auf überregionaler Ebene schätzte man seine Persönlichkeit - so übertrug man ihm beispielsweise die Eröffnungsansprache und Präsidentschaft des 1. Nachkriegskongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 1948 [1]. Zudem wurden ihm im Laufe seines Lebens national und international zahlreiche Ehrungen zuteil. Neben der Beschäftigung auch mit psychosomatischen Aspekten von Erkrankungen hat Paul Martini bei seiner Arbeit ebenso medizinethischen und religiös-philosophischen Fragestellungen in der Medizin eine große Bedeutung zugemessen. Veröffentlichungen zu den genannten Bereichen finden sich vor allem in den späteren Jahren seines Wirkens.

Was jedoch die Aufnahme und vor allem die Umsetzung seiner Methodenlehre betrifft, so hatte Martini sich sicher mehr Erfolg erhofft. Er selber schreibt 1961 hierzu: „Als ich 1932 die Medizinische Klinik der Universität Bonn übernahm, lagen die Fundamente für die Methodik der therapeutischen Forschung fertig vor als „Methodenlehre der therapeutisch-klinischen Forschung“. Sie wurden, nach allen Kritiken bzw. Buchbesprechungen zu schließen, sehr gut aufgenommen, aber in den Kliniken selbst blieb vorerst und auf lange Zeit noch fast alles beim Alten“ [2]. Tatsächlich lassen sich einige Buchbesprechungen aus den Jahren 1932 - 1934 in den großen deutschen medizinischen Wochenschriften (darunter Deutsche Medizinische Wochenschrift, Münchener Medizinische Wochenschrift, Klinische Wochenschrift) nachweisen, ebenso in der Wiener Medizinischen Wochenschrift. Reaktionen aus dem weiteren, vor allem auch englischsprachigen, Ausland sind jedoch nicht aufzufinden.

Verfolgt man die Spur anhand des Science Citation Index (ab 1947) bis in die Gegenwart, so zeigt sich, dass vor allem die dritte Auflage des Buches 1953 auf vermehrtes Interesse gestoßen ist. Ab etwa 1970 finden sich auch häufiger Zitate in englischsprachigen Fachzeitschriften. Interessant ist, dass gerade in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme an Zitaten der Auflage von 1932 zu verzeichnen ist, was sicher durch das steigende historische Interesse an diesem Buch erklärbar sein dürfte. Insofern kann man sicherlich von einer zunehmenden, wenn auch erst nachträglichen Würdigung von Martinis Werk sprechen, die sich in zunehmendem Maße auch in der englischsprachigen Literatur zeigt.

Literatur

  • 1 Martini P. Eröffnungsansprache des Vorsitzenden. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 54. Kongress 1949: 1-11
  • 2 Martini P. Ärzte unserer Zeit in Selbstdarstellungen. Paul Martini (*25.1.1889).  Hippokrates. 1961;  32 647-649
  • 3 Stoll S, Roelcke V, Raspe H. Gibt e seine deutsche Vorgeschichte der Evidenz-basierten Medizin?.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 1781-1784

Susanne Stoll(im Namen aller Autoren) 

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Institut für Sozialmedizin

Beckergrube 43-47

23552 Lübeck

Email: stoll.su@web.de

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