Gibt es eine deutsche Vorgeschichte der Evidenz-basierten Medizin?

Die informative und verdienstvolle Arbeit von Stoll et al. [1] über Paul Martini (1889 - 1964) darf ich um einige Bemerkungen ergänzen: Martini wurde 1932 nach seiner Berufung zum Direktor der Bonner Medizinischen Universitätsklinik parallel als behandelnder Arzt an unserem Haus, dem St. Johannes-Hospital Bonn, zugelassen, wo er sich einen geradezu legendären Ruf erwarb [2]. Er war im Bonn der Adenauer-Ära der führende Internist und behandelte u. a. Konrad Adenauer und Theodor Heuss. Martini plädierte für die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung des Menschen, was ihn zur intensiven Beschäftigung mit psychosomatischen Problemen führte.

Martinis große Bedeutung für die klinisch-therapeutische Methodenlehre hob in dieser Wochenschrift eindrucksvoll T. Sauerbruch, der heutige Inhaber seines Lehrstuhls, hervor [3]. Im international renommierten Lancet wurde Martini als Begründer der Klinischen Pharmakologie dargestellt [4], so dass mittlerweile auch im angloamerikanischen Raum sein Werk adäquat gewürdigt werden dürfte.

Literatur

• 1 Stoll S, Roelcke V, Raspe H. Gibt es eine deutsche Vorgeschichte der Evidenz-basierten Medizin? Methodische Standards therapeutischer Forschung im beginnenden 20. Jahrhundert und Paul Martinis „Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung“ (1932).  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 1781-1784
• 2 Maurin N. 150 Jahre St. Johannes-Hospital Bonn - Ein historischer Rückblick auf ein Bürgerhospital.  Rhein Ärzteblatt. 1999;  53 (11) 56
• 3 Sauerbruch T. Wege der klinischen Forschung.  Dtsch Med Wochenschr. 1998;  123 1365-1366
• 4 Shelley J H, Baur M P. Paul Martini: the first clinical pharmacologist?.  Lancet. 1999;  353 1870-1873