Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(34/35): 1827
DOI: 10.1055/s-2004-831346
Pro & Contra
Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Punktion jeder Pankreasraumforderung?

Standpunkt des GastroenterologenPuncture of every mass lesion in the pancreas?The gastroenterologist’s point of viewT. Rösch1
  • 1Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Charité Berlin
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eingereicht: 13.5.2004

akzeptiert: 22.7.2004

Publication Date:
16 August 2004 (online)

Bei vermuteten Raumforderungen im Pankreas stellen sich folgende Fragen:

Handelt es sich wirklich um eine Raumforderung oder um ein Artefakt, z. B. bei insuffizienter Untersuchungstechnik? Handelt es sich um eine neoplastische oder entzündliche Raumforderung? Ist die potenziell neoplastische Raumforderung resektabel? Im Falle einer irresektablen Raumforderung: Ist - vor einer geplanten Chemo- oder Radiochemotherapie - die Gewebediagnose nötig?

Die Frage einer Punktion ist äußerst differenziert zu sehen und an die sich ergebenden Konsequenzen gebunden. Auf keinen Fall sollte jede Pankreasraumforderung punktiert werden.

Ad 1: Eine Wiederholung des Ultraschalls oder der CT - bei entsprechender Nachbefundung der auswärtigen CT-Bilder durch einen erfahrenen gastrointestinalen Radiologen - ist oft hilfreich, einen Tumorverdacht auszuräumen. Nicht selten handelt es sich um Pseudovergrößerungen des Pankreaskopfs im CT, z. B. durch nicht-kontrastiertes Duodenum und/oder ein iuxtapapilläres Divertikel.

Ad 2: Die Frage der Differentialdiagnose einer gesicherten oder hochwahrscheinlichen Raumforderung ist bisher mit keinem bildgebenden Verfahren eindeutig zu klären [5], auch nicht mit der PET [4]. Klinische Daten (z. B. Alkoholismus) und bildgebende Informationen über das restliche Pankreas (Zeichen der chronischen Pankreatitis) können eine Neoplasie oder eine entzündliche Raumforderung wahrscheinlicher machen. Vermutlich ergibt auch die Kombination bildgebender Verfahren eine höhere Ausbeute, hierfür gibt es jedoch wenig publizierte Evidenz [3]. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Pankreaskarzinome eine peritumoröse entzündliche Komponente aufweisen und dass ein Karzinom auf dem Boden einer chronischen Pankreatitis entstehen kann. Die Punktion einer solchen Raumforderung macht jedoch nur Sinn, wenn sie das Vorgehen beeinflusst, d. h. wenn eine negatives (d. h. benignes) Ergebnis eine ansonsten geplante Operation verhindert. In Einzelfällen mag dies bei unklarer Bildgebung (keine sichere abgrenzbare Raumforderung) der Fall sein, in der Regel wird eine bildgebend eindeutige Raumforderung bei Vorliegen von Resektabilität und Operabilität ohne vorherige Gewebesicherung operativ entfernt. Dies schließt eine Rate benigner, d. h. entzündlicher Raumforderungen von 5 - 20 % im Operationskollektiv mit ein [7].

Ad 3: Die lokale Resektabilität und damit v. a. das Fehlen von Lebermetastasen wird heutzutage in der Regel durch eine Spiral-CT in Mehrzeilentechnik geklärt [2]. Andere Verfahren wie Kernspintomographie oder Endosonographie haben allenfalls ergänzenden Charakter. Eine Punktion hat in der Fragestellung der Resektabilität keinen Einfluss. Die Punktion einer eindeutigen und nach der Bildgebung resektablen Raumforderung (bei operablen Patienten) wird allgemein nicht für sinnvoll gehalten, da sie das Vorgehen nicht ändert.

Ad 4: Eine Punktion einer irresektablen Raumforderung im Pankreas wird im Allgemeinen vor einer geplanten nicht-operativen Therapie gefordert. Dies ist insofern von Relevanz, also auch benigne, d. h. entzündliche Raumforderungen sich sehr ähnlich präsentieren und sogar Zeichen der lokalen Infiltration in Gefäße und andere Strukturen aufweisen können. Inwieweit der eindeutige Nachweis einer Raumforderung plus andere Tumorzeichen (z. B. Fernmetastasen, hohe Tumormarker ohne Ikterus) hierzu ausreichen, ist eine individuelle Entscheidung. Da die Sensitivität der perkutanen oder endosonographischen Punktion meist nicht über 80 - 85 % liegt [1] [6], muss mit einer gewissen Versagerrate gerechnet werden. Für eine Gewebesicherung spricht andererseits der Ausschluss seltener Neoplasien, die anders behandelt würden (endokrine Malignome, Lymphome).

Fazit

Eine Punktion von Pankreastumoren ist nur bei eindeutigen Konsequenzen (Änderung des Managements) bzw. bei fortgeschrittenen Tumoren vor einer Radio- bzw. Chemotherapie zu empfehlen.

Literatur

  • 1 Eloubeidi M A. et al . Yield of endoscopic ultrasound-guided fine-needle aspiration biopsy in patients with suspected pancreatic carcinoma.  Cancer. 2003;  99 285-292
  • 2 Freeeny P C. Pancreatic carcinoma: What is the best imaging test?.  Pancreatology. 2001;  1 604-620
  • 3 Hosten N, Lemke A J, Wiedenmann B, Böhmig M, Rosewicz S. Combined imaging techniques for pancreatic cancer.  Lancet. 2000;  356 909-910
  • 4 Kasperk R K. et al . Limited value of positron emission tomography in treatment of pancreatic cancer: Surgeons view.  World J Surg. 2001;  25 1134-1139
  • 5 Rösch T, Schusdziarra V, Born P. et al . Modern imaging methods versus clinical assessment in the evaluation of hospital in-patients with suspected pancreatic disease.  Am J Gastroenterol. 2000;  95 2261-2270
  • 6 Varadarajulu S, Wallace M B. Applications of endoscopic ultrasonography in pancreatic cancer.  Cancer Control. 2004;  11 15-22
  • 7 Yeo C J. et al. . Six hundred fifty consecutive pancreaticoduodenectomies in the 1990 s: pathology, complications, and outcomes.  Ann Surg. 1997;  226 248-257

Prof. Dr. Thomas Rösch

Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum

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Email: Thomas.Roesch@charite.de

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