Dtsch Med Wochenschr 2003; 128(40): 2091-2092
DOI: 10.1055/s-2003-42695
Arztrecht in der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nochmals: Sorgfaltspflicht des Arztes bei der ambulanten Verabreichung von Sedativa

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.04.2003 - VI ZR 265/02H.-J Rieger
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Publication Date:
02 October 2003 (online)

Zum Sachverhalt

Kürzlich wurde in dieser Wochenschrift (Dtsch Med Wochenschr 2003; 128: 1013) von einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. berichtet, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Der Ehemann der Klägerin hatte sich am 07.12.1993 einer Magenspiegelung bei dem beklagten Chefarzt eines Krankenhauses unterzogen. Der Patient wurde vor der Sedierung durch den Beklagten über die Risiken des invasiven Eingriffs aufgeklärt und belehrt, dass er nach dem Eingriff kein Kraftfahrzeug führen dürfe. Eine entsprechende Belehrung hatte er bereits durch seinen Hausarzt erhalten. Der Patient erklärte dem Beklagten, er sei mit dem eigenen Wagen ins Krankenhaus gekommen und werde mit dem Taxi nach Hause fahren. Anschließend erhielt der Patient zur Sedierung 20 mg Buscopan® und 30 mg Dormicum®. Nach Durchführung der gegen 8:30 Uhr vorgenommenen Untersuchung verblieb er zunächst eine halbe Stunde im Untersuchungszimmer unter Aufsicht. Anschließend wurden ihm 0,5 mg Anexate® intravenös verabreicht. Danach hielt er sich auf dem Flur vor den Dienst- und Behandlungsräumen des Beklagten auf, der wiederholt Blick- und Gesprächskontakt zu ihm hatte. Ohne vorher entlassen worden zu sein, entfernte sich der Patient kurz vor 11:00 Uhr aus dem Krankenhaus und fuhr mit seinem Kraftfahrzeug weg. Kurz danach geriet er aus ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn, wo er mit einem Lastzug zusammenstieß. Er verstarb noch an der Unfallstelle.

Die von der Witwe des Patienten und seinen beiden Kindern erhobene Schadensersatzklage wegen entgangenen Unterhalts wurde sowohl vom Landgericht als auch vom Oberlandesgericht abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil des OLG aufgehoben und die Ansprüche der Kläger dem Grunde nach anerkannt.

Rechtsanwalt Dr. jur. H.-J. Rieger

Zeppelinstraße 1

76185 Karlsruhe

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