Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(19): 1424
DOI: 10.1055/s-0041-106027
Dossier
Krebsfrüherkennung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Krebsfrüherkennung: Sinnvoll, aber gar nicht so einfach

Cancer screening – useful but not so easy
Wolfgang Hiddemann
1   Medizinische Klinik und Poliklinik III am Klinikum der Universität München
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Publication Date:
24 September 2015 (online)

Zahlreiche Publikationen in medizinischen Fachzeitschriften, aber auch Beiträge in den öffentlichen Medien betonen immer wieder: Es ist immens wichtig, Krebserkrankungen vorzubeugen – oder sie zumindest frühzeitig zu erkennen, um damit die Heilungschancen zu verbessern. Und immer wieder werden die Menschen dazu aufgerufen, sich entsprechenden Untersuchungen zur Vorsorge bzw. Früherkennung zu unterziehen – ob Darmspiegelung, Prostata-Untersuchung oder Mammografie. So soll das Erkrankungsrisiko der gesunden Bevölkerung reduziert werden. Einzelne dieser Vorsorge-Untersuchungen werden jedoch in der Praxis zum Teil kontrovers diskutiert, was zu Irritationen und Unsicherheiten führt.

Das vorliegende Dossier versucht soweit wie möglich Klarheit in einige dieser Konzepte zur Früherkennung von Krebserkrankungen zu bringen. So geht ein Artikel von F. Kolligs auf die Ansätze zur Prävention und Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ein – eine Krankheit, die zu den führenden krebsbedingten Todesursachen zählt. Aufgrund der eher langsamen Entwicklung eines Adenomens zu einem Karzinom kann man die Vorsorge-Untersuchungen hier effektiv einsetzen. Auch für eine relativ seltene Karzinomform wie das Gallengangskarzinom, liegen neue Erkenntnisse zur Epidemiologie und zur Früherkennung vor, die von J. G. Albert und Mitarbeitern aufgezeigt werden. Bei bestimmten Risikogruppen kann ein Screening auch bei einem so seltenen Tumor sinnvoll sein.

In einem weiteren Artikel stellen A. Spek et al. ausführlich den Stellenwert der Bestimmung von PSA zur Früherkennung des Prostatakarzinoms vor: Dieses Prostata-spezifische Antigen ist ein umstrittener Gewebemarker. Es hängt daher u. a. von individuellem Risiko und der Lebenserwartung des Einzelnen ab, ob ein solche Früherkennung durch PSA-Wert-Bestimmung überhaupt sinnvoll ist.

Große Unsicherheiten bestehen außerdem beim Einsatz von sogenannten Tumormarkern, die in der Praxis oft breit und relativ undifferenziert bestimmt werden. D. Modest und V. Heinemann gehen in ihrem Beitrag auf dieses Thema in außerordentlich kompetenter Form ein und stellen auch die derzeit vielversprechenden Perspektiven neuer Tumormarker dar.

Die Beiträge dieses Dossiers unterstreichen, dass die Früherkennung von Krebserkrankungen nach wie vor eine zentrale Herausforderung nicht nur für die Medizin, sondern auch für unser gesamtes Gesundheitssystem ist. Es ist deshalb dringend notwendig, klare Konzepte für entsprechende Früherkennungsmaßnahmen zu entwickeln.