Dtsch Med Wochenschr 1928; 54(14): 564-566
DOI: 10.1055/s-0028-1125175
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Ueber Gefahren bei der Infusion von Normosal- und Kochsalzlösungen

A. Beck
  • Aus der Chirurgischen Universitätsklinik Kiel. (Direktor: Geh.-Rat Anschütz.)
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Publication Date:
27 May 2009 (online)

Zusammenfassung

In 4 Fällen wurden nach der intravenösen Infusion von 40—80 ccm Normosallösung schwerste allgemeine Vergiftungserscheinungen (Schüttelfrost, Erbrechen, Durchfälle, hämorrhagische Nephritis) beobachtet. Als Ursache wurde bakterielle Verunreinigung der Lösung mit Saprophyten (Kartoffel- und Heubazillen) festgestellt. Es wird angenommen, daß diese Saprophyten bei der Bereitung der Lösungen als Sporen, die den üblichen Sterilisierungsmaßnahmen (Kochen) widerstehen, in die Lösung kamen und dort zu ihren vegetativen, toxinbildenden Formen auskeimten, wofür die Normosallösung einen besonders günstigen Nährboden darstellt. Es ist daher die Verwendung einer Normosallösung, die längere Zeit (einige Tage) aufbewahrt wurde, als gefährlich zu bezeichnen und soll eine Normosallösung stets kurz vor dem Gebrauch frisch bereitet werden. In einem weiteren Fall, in dem nach endolumbaler Spülung mit unmittelbar vorher unter den strengsten aseptischen Kautelen bereiteter Normosallösung etwa eine halbe Stunde später schwere menigeale Reizerscheinungen beobachtet wurden, wurden aus den an den folgenden Tagen entnommenen Liquorproben Heubazillen in Reinkultur gezüchtet. Nach Lage der Sache mußte in diesem Falle der Vermutung Raum gegeben werden, daß die Bazillen bereits in größerer Menge in dem verwendeten Salz vorhanden waren. Auch in der physiologischen Kochsalzlösung ist bei längerem Stehen mit einem eventuellen Auskeimen derartiger Sporen zu rechnen. Doch können in dieser Lösung die Bakterien mit ihren Toxinen durch nochmaliges Aufkochen kurz vor der Verwendung zerstört werden, was bei der Normosallösung nicht möglich ist. Noch besser ist es, stets nur frisch am gleichen Tag bereitete Kochsalzlösung zu verwenden.

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