Dtsch Med Wochenschr 2022; 147(06): 337-343
DOI: 10.1055/a-1646-6321
Klinischer Fortschritt
Neurologie

Parkinson-Syndrom

Parkinson’s Disease – What is New?
Andres Ceballos-Baumann
Abt. für Neurologie und klinische Neurophysiologie mit Parkinson-Fachklinik, Schön Klinik München Schwabing
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Was ist neu?

Klinik Die Prävalenz des idiopathischen Parkinson Syndroms (IPS) wird sich bis 2030 verdoppeln. Das IPS ist nicht mehr als eine in sich geschlossene Krankheitsentität zu betrachten. Monogenetische Formen können klinisch identisch zu dem sporadischen IPS erscheinen. Eine Mutation im Glucozerebrosidase-Gen lässt sich bei > 5 % der Patienten nachweisen und steigert das Risiko an Parkinson zu erkranken um 8–20-mal.

COVID-19 Die Corona-Pandemie hat zu einer Verschlechterung der Symptomatik vieler Parkinson-Patienten geführt. In der Zeit hat man gelernt, dass Videosprechstunden sich für die Betreuung von Parkinson-Patienten eignen. Auch die motorischen Symptome sind gut zu beurteilen.

Pharmakotherapie Die schon Jahrzehnte bestehende Kontroverse, ob der Einsatz von Levodopa hinausgezögert werden sollte, bildete erneut den Hintergrund einer aufwendigen Studie. Bei Vergleich zwischen frühem versus verzögerten Beginn von Levodopa konnte nach ca. 2 Jahren kein signifikanter Unterschied im Parkinson-Schwergrad festgestellt werden. Auch die Rate an Dyskinesien war nicht unterschiedlich. Unter Dopaminagonisten kam es in einer Studie mit > 400 Patienten innerhalb von 5 Jahren zu einer Häufigkeit von 52 % von Impulskontrollstörungen. In den letzten 10 Jahren sind in Deutschland für die Parkinson-Therapie nur 2 neue Substanzen auf den Markt gekommenen, beide mit der Indikation Zusatztherapie zu Levodopa bei Patienten mit Wirkungsschwankungen.

Geräte unterstützte Therapien Der Einsatz der tiefen Hirnstimulation und Medikamentenpumpen bei Patienten mit Levodopa-Wirkungsfluktuationen wächst, denn an diesem Punkt des Krankheitsverlaufs angekommen, nehmen Patienten auch invasive Therapien im Kauf, die die Unabhängigkeit verlängern und optimieren können. Patienten, die Levodopa mehr als 5-mal täglich benötigen und trotz optimaler nicht Levodopa-basierter Therapien schwere, störende OFF-Phasen (> 2 Stunden am Tag) haben, können prinzipiell diese Therapieoptionen erwägen. Über 90 % der Patienten ziehen es vor, an der Entscheidungsfindung beteiligt zu sein, welche der Geräte-unterstützten Therapie zum Einsatz kommt.

Evidenzbasierte aktivierende Therapien und netzwerkbasierte Versorgungsmodelle Parkinson-Stadien- und symptomfokussierte, leitlinienbasierte Physiotherapie wirken sich positiv auf Krankheitsverlauf, Alltagsleistungen und Lebensqualität aus und vermindern die Sturzgefahr. Berufsgruppen- und Sektoren-übergreifende Netzwerke erweisen sich als effektiv, Stürze und Krankenhauseinweisungen zu senken.

Abstract

The prevalence of Parkinson’s disease (PD) will double by 2030. PD is no longer regarded as a single disease entity. Monogenetic forms may appear clinically identical to sporadic PD. The corona pandemic has caused a deterioration in a great proportion of patients due to concerns of accessing medical care. During this time, teleconsultations emerged as a helpful service for many PD patients as they can reliably administer parts of the neurological examination remotely. New studies address the ongoing controversy about whether the use of levodopa should be delayed. The conclusion is that physicians should not be afraid of using levodopa to treat patients early in the course of PD. Furthermore, the role of dopamine agonists is changing. Besides their known high rates of edema, somnolence and hallucinations dopamine agonists are associated with the development of impulse control disorders in approx. half of the treated patients. During the last 10 years, only two new substances (safinamide, opicapone) have come onto the market in Germany, both with the indication as add on therapy to levodopa in patients with fluctuations. The use of deep brain stimulation and drug pumps in patients with levodopa effect fluctuations is growing, because at this point in the course of the disease, patients also accept invasive therapies that can prolong and optimize independence. Patients who need levodopa more than 5 times a day and who have severe, disturbing OFF phases (> 2 hours a day) despite optimal non-levodopa-based treatment can consider these options. PD stage and symptom-focused, guideline-based physiotherapy has a positive effect on the course of the disease, everyday performance and quality of life and reduces the risk of falling. Multidisciplinary networks are proving effective in reducing falls and hospital admissions.



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Article published online:
15 March 2022

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