Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(24): 1520
DOI: 10.1055/s-2005-870854
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gastrointestinale Blutungen unter niedrig dosierter Acetylsalicylsäure - Erwiderung

U. Maywald, C. Schindler
Further Information

Publication History

Publication Date:
08 June 2005 (online)

Das Argument, vergleichende Untersuchungen zu Nebenwirkungen sollten sich am Blutspiegel und nicht an der applizierten Dosis orientieren, ist theoretisch sicher richtig. Dadurch konnten über das Cytochromsystem unterschiedlich schnell verstoffwechselte Arzneistoffe in klinischen Prüfungen vom Verdacht spezifischer Nebenwirkungen (i. d. R. solchen bei den langsamen Metabolisierern) befreit werden [1].

Allerdings sind bei einem so preiswerten und lange bekannten Präparat wie ASS aufwendige pharmakokinetische Studien sicher wirtschaftlich unattraktiv und daher nicht zu erwarten. Außerdem wären sie, bedingt durch die extrem kurze Halbwertzeit von ASS, in der Praxis schwierig durchzuführen. Weiterhin spielt bei Godamed® das in der Tablette enthaltene Glycin in Bezug auf die Ausscheidungsgeschwindigkeit kaum eine Rolle, da die Glycinkonjugate (Salicylursäure) in der Leber gebildet werden und dort bei geringen Aufnahmemengen von ASS, also insbesondere bei der „low-dose“-Therapie, ausreichend Glycin verfügbar ist. Davon werden über den normalen Biotransformationsweg der Salicylate außerdem nur ca. 2/3 in Salicylursäure umgewandelt, 1/6 wird als Salicylsäure und 1/6 als Gentisinsäure ausgeschieden.

Der Kollege Mantel merkt zutreffend an, dass bei höheren Konzentrationen der Säure die Ausscheidungsgeschwindigkeit von der Menge des verfügbaren Glycins mit beeinflusst werden kann. Insbesondere bei Gabe einer täglichen ASS-Dosis von nur 100 mg treten praktisch jedoch wahrscheinlich keine höheren Konzentrationen der Säure auf. Die in der Fachinfo von Godamed TAH® bzw. dem Vergleichspräparat ohne Glycin ASS ratiopharm TAH® verfügbaren Daten weisen nach Einnahme einer Tablette im mittleren Plasmaspiegelverlauf nach 8 h immer noch Salicylsäure nach. Wir können also die vom Kollegen Mantel aufgestellte Hypothese eines schneller sinkenden ASS-Spiegels unter Zufügen von Glycin zwar nachvollziehen, messen dieser beschleunigten Ausscheidung jedoch keine klinische Relevanz bei. Ein theoretisches Argument für oder gegen eine bessere Verträglichkeit von Godamed® TAH können wir daher aus dieser Überlegung ebenfalls nicht ableiten.

Literatur

  • 1 Spigset O, Hedenmalm K, Dahl M L, Wiholm B E, Dahlqvist R. Seizures and myoclonus associated with antidepressant treatment: assessment of potential risk factors, including CYP2D6 and CYP2C19 polymorphisms, and treatment with CYP2D6 inhibitors.  Acta psychiatrica Scandinavica. 1997;  96 379-384

Dr. Ulf Maywald,
Dr. C. Schindler

Institut für Klinische Pharmakologie, Medizinische Fakultät der TU Dresden

Fiedlerstraße 27

01307 Dresden

    >