Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(9): 467
DOI: 10.1055/s-2005-863078
Pro & Contra
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Screeningprogramme für das Bronchialkarzinom - Contra

Screening for the lung cancer - contraF. J. F. Herth1 , R. Eberhardt1
  • 1Innere Medizin - Pneumologie, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
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Publication History

24.1.2005

3.2.2005

Publication Date:
24 February 2005 (online)

Damit ein Screeningprogramm alle Risikopopulationen erfassen kann, muss die Methode einfach, gut wiederholbar und billig sein. Sputumanalysen sind zwar effektiv, bedürfen jedoch noch eines massiven Zeit- und Personalaufwands. Neuerdings wird postuliert, dass die Tumorerkennungsrate durch Kombination mit einer automatisierten quantitativen und bildgeschützten Zytometrie von Sputumproben signifikant verbessert werden kann. In randomisierten Screeningstudien an großen Fallzahlen muss die klinische Relevanz eines solchen Sputumscreenings hinsichtlich einer Mortalitätssenkung geklärt werden. Bis dahin kann ein Screening auf der Basis der Sputumanalyse nicht empfohlen werden.

Seit etwa 10 Jahren steht die Autofluoreszenzbronchoskopie zur Erkennung früher Veränderungen zur Verfügung. Das Grundprinzip aller verfügbaren Systeme basiert auf der Anleuchtung durch blaues Licht und Visualisierung des Fluoreszenzlichtes durch Bildverstärker. Lösten die ersten Studien mit einer Verbesserung der relativen Sensitivität für Frühveränderungen durch Autofluoreszenz um den Faktor 6 eine Welle der Begeisterung für das neue Verfahren aus, so konnten Folgestudien die Ergebnisse ausnahmslos nicht mehr bestätigen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen im Bereich der Methodik, der Technik und der Untersucher selbst. Es fehlen detaillierte Angaben zu Biopsiestrategien in allen Studien. Nur wenige aussagekräftige Studien belegen eine verbesserte Diagnostik von hochgradigen Dysplasien und Carcinomata in situ, wobei bemerkt werden muss, dass die Veränderungen nur mit mäßiger Zuverlässigkeit diagnostiziert werden und die therapeutischen Konsequenzen insbesondere bei schweren Dysplasien völlig unklar sind.

Mittels Low-dose-Computertomographie werden sehr sensitiv Herde ab einer Größe von 5 mm nachgewiesen. Die erhobenen Datensätze können benutzt werden, um dreidimensionale Bilder der Formation zu errechnen, die dann im Verlauf auch zu einer Volumetrie herangezogen werden. Die Rationale für diese Technik als Früherkennungsdetektion basiert somit auf zwei Überlegungen: zum einen der Nachweis von sehr kleinen Rundherden, die mit anderen Verfahren nicht erkannt werden, und zum zweiten die Möglichkeit, durch eine Volumetrie frühzeitig Größenveränderungen wahrzunehmen, die invasivere Tests nach sich ziehen müssen. Folgende Aussagen können bislang getroffen werden: 1. Für ein individuelles Screening ist die Detektionsrate im Vergleich zur Röntgenübersicht deutlich erhöht. 2. Die entdeckten Karzinome sind meistens im Stadium I. 3. Mittels Low-dose-CT-Techniken werden mehr nicht-maligne Veränderungen als maligne Veränderungen entdeckt. 4. Regelmäßige CT-Untersuchungen mit dreidimensionaler Rekonstruktion scheinen eine Reduktion von unnötigen invasiven Untersuchungen bei nicht-malignen Erkrankungen zu ermöglichen. 5. Bezüglich des Überlebens des Einzelnen erbrachte das Screening mittels Low-dose-CT jedoch keinen Änderung im Vergleich mit der nicht gescreenten Population. 6. Die Kosten eines Lungenkrebs-Screenings per Spiral-CT sind erheblich.

Derzeit befinden sich sechs Studien in der Randomisierungsphase, die die Fragen des Einflusses der Früherkennung auf das Überleben, der Minimalisierung der Überdiagnostik, aber auch das diagnostische Vorgehen bei Patienten mit entdeckten Abnormitäten klären soll. Mit den Ergebnissen ist frühestens im Jahre 2009 zu rechnen. Zum jetzigen Zeitpunkt lassen die hohen Kosten, die mit dem Screening einhergehen, der zweifelhafte Nutzen und die Schäden durch invasive Tests ein Low-dose-CT-Screening als nicht empfehlenswert erscheinen.

Die effektivste Therapie für Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom ist sicher ein operatives Vorgehen in frühen Stadien, wahrscheinlich kombiniert mit einer adjuvanten Therapieform. Ein Früherkennungsprogramm sollte darauf abzielen, mehr Patienten im Frühstadium des Karzinoms zu entdecken und somit einem kurativem Therapieansatz zuführen zu können. Der Wunsch nach einem entsprechenden Screeningprogamm hat in den vergangenen Jahren zur Entwicklung vielversprechender neuer Techniken geführt; ein kombiniertes Vorgehen bei Patienten scheint überprüfbar. Aber weder die Autofluoreszenzbronchoskopie noch das Low-dose-CT sind zum Massenscreening geeignet; hier können letztendlich nur Analysen des Sputums oder des Exhalats eine Vorauswahl ermöglichen. Die Analyse des Sputums könnte in Zukunft zur Tumordetektion dienen; die Tumorlokalisation müsste im peripheren Bereich mit Low-dose-CT und im zentralen Bereich mit Autofluoreszenzbronchoskopie durchgeführt werden. Wie, wann, wer und wie oft -, diese Fragen müssen noch geklärt werden.

Priv.-Doz. Dr. Felix J. F. Herth

Innere Medizin - Pneumologie, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Amalienstraße 5

69126 Heidelberg

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