Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(45): 2421-2424
DOI: 10.1055/s-2004-835281
CME
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiogener Schock - Therapie

Cardiogenic shock - therapyA. Link1 , M. Böhm1
  • 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)
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Prof. Dr. med. Michael Böhm

Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)

Kirrberger Straße

66421 Homburg/Saar

Phone: 06841/1623372

Fax: 06841/1623369

Email: Boehm@Med-In.uni-saarland.de

Publication History

eingereicht: 12.7.2004

akzeptiert: 8.9.2004

Publication Date:
04 November 2004 (online)

Table of Contents #

Allgemeine und pathophysiologische Aspekte

In über 70 % der Fälle ist ein kardiogener Schock Folge eines akuten Myokardinfarktes. Wenngleich die Infarkttherapie im Hinblick auf Spätfolgen und Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten deutliche Erfolge erzielen konnte, liegt die Sterblichkeit eines durch einen kardiogenen Schock komplizierten Myokardinfarktes unverändert hoch bei 50 - 70 %. Die Inzidenz eines kardiogenen Schocks beim akuten Myokardinfarkt beträgt ca. 7 % [5].

Pathophysiologisch liegt einem kardiogenen Schock eine kritische Einschränkung der myokardialen Pumpfunktion zugrunde. Es resultiert eine deutliche Einschränkung des Herzzeitvolumens (HZV) mit konsekutivem Blutdruckabfall. Akute Kompensationsmechanismen zur Blutdruckstabilisierung wie der Frank-Starling-Mechanismus, die Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems werden aktiviert, welche in einem Circulus vitiosus enden (Abb. [1]). Die Folgen dieser insuffizienten Kompensationsmechnismen sind ein unzureichender Anstieg des HZV bei überschießender Vasokonstriktion. Es kommt zur Minderperfusion und Hypoxie vitaler Organe, zur systemischen Inflammationsreaktion (SIRS) und schließlich zum Multiorganversagen (MOV). Der Patient im kardiogenen Schock stirbt nicht an der verschlossenen Koronararterie, sondern am Multiorganversagen.

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Abb. 1 Pathophysiologie des kardiogenen Schocks. Circuli vitiosi, die zum irreversiblen Multiorganversagen (MOV) führen. (Abkürzungen: Schlagvolumen (SV); Herzzeitvolumen (HZV); systemvaskulärer Widerstand (SVR); linksventrikulärer enddiastolischer Druck (LVEDP); systemische Inflammationsreaktion (SIRS); Multiorgandysfunktion (MODS); Multiorganversagen (MOV)).


kurzgefasst: Das entscheidende Therapieziel ist, möglichst rasch die Minderperfusion und Hypoxie vitaler Organe zu beseitigen durch Optimierung der Oxygenierung, der Koronarperfusion und der peripheren Organperfusion.

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Optimierung der Oxygenierung

Um die Sauerstofffreisetzung im Gewebe zu maximieren, sollte die arterielle Sauersoffsättigung im Normbereich liegen (SaO2 95-99 %). Einer Sauerstoffapplikation sollte daher eine Blutgasanalyse vorangestellt werden.

Bei nachgewiesener Hypoxämie sollte eine großzügige Sauerstoffgabe erfolgen, sofern diesbezüglich keine Kontraindikationen bestehen (COPD, Hypoxie als Atemantrieb). Diese kann mittels Nasensonde oder Maske geschehen. Sollte dies unzureichend sein, ist die Indikation zur frühzeitigen nicht-invasiven Beatmung (Continuous Positive Airways Pressure, Non-Invasive Positive Pressure Ventilation) gegeben. Die nicht-invasive Beatmung reduziert die Atemarbeit für den Patienten und somit auch den Sauerstoffbedarf. Die Indikation zur Intubation und maschinellen Beatmung besteht bei drohender respiratorischer Erschöpfung und wenn eine Akut-Koronarangiographie im Zustand eines drohenden oder manifesten Lungenödems notwendig ist, da durch die flache Körperlage des Patienten eine verstärkte Atemarbeit geleistet werden muss.

Bei fehlendem Nachweis einer Hypoxämie wird eine prophylaktische Sauerstoffgabe gegenwärtig kontrovers diskutiert. Es konnte gezeigt werden, dass eine Hyperoxämie mit einer Abnahme des koronaren Blutflusses, einer Abnahme des Herzzeitvolumens, einem Anstieg des systemvaskulären Widerstandes, einer gesteigerten Inzidenz ventrikulärer Arrhythmien und einer höheren Mortalität korreliert.

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Optimierung der Koronarperfusion

Die Fibrinolysetherapie beim akuten ST-Hebungsinfarkt verringert das Auftreten eines kardiogenen Schocks. Bei bereits manifestem kardiogenem Schock auf dem Boden eines akuten Myokardinfarktes ist die Wirksamkeit einer fibrinolytischen Therapie nicht belegt. Bei fehlender oder innerhalb von 90 Minuten nicht erreichbarer Möglichkeit zur Akut-Koronarintervention sollte eine prähospitale Fibrinolyse durchgeführt werden [7].

Entsprechend den Leitlinien der Europäischen und Deutschen Gesellschaft für Kardiologie besteht die Indikation zur raschen interventionellen Revaskularisation mit Akut-Koronarintervention [2] [6] [7] [15]. Die Erfolgsrate einer Koronarintervention im kardiogenen Schock ist niedriger als beim akuten Myokardinfarkt ohne begleitende Schockzeichen und liegt in einer Größenordnung von 70-80 %. Ungünstige Faktoren sind die Länge der Schockdauer (mehr als 12-18 Stunden), das Ausmaß der LV-Dysfunktion und eine Mehrgefäßerkrankung. Durch die interventionelle Revaskularisation lässt sich die Prognose verbessern und das Risiko für eine sich später entwickelnde chronische Herzinsuffizienz reduzieren.

Der zusätzliche Einsatz von Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten im Rahmen einer Akutkoronarintervention (PTCA und Stent) führt zu einem deutlichen Überlebensvorteil im Vergleich zu einer Stentversorgung des Infarktgefäßes allein. Auch noch 2,5 Jahre später ist durch diese Kombinationstherapie PTCA + Stent + GPIIb/IIIa-Rezeptorantagonisten ein Überlebensvorteil nachweisbar [3].

Die intraaortale Ballongegenpulsation (IABP) steigert das Herzzeitvolumen um 10-20 % durch zwei Mechanismen: Zum einen kommt es durch die diastolische Druckerhöhung zu einer Steigerung der Koronarperfusion; zum anderen kommt es durch die aktive Ballondeflation zu einer Nachlastsenkung und einer Abnahme des myokardialen Sauerstoffverbrauches. Die Daten des Shock-Trials, des Shock-Registry und des National Registry of Myocardial Infarction belegen den Stellenwert des Einsatzes einer IABP beim kardiogenen Schock [4] [9] [11] [13]. Dabei wurde das Therapiekonzept einer IABP bei einer Frührevaskularisation (Akut-PTCA oder Bypasschirurgie) mit einem primär medikamentösen Therapieverfahren verglichen. Während sich in den ersten 30 Tagen kein Unterschied zeigte, wurde nach 6 Monaten ein eindeutiger Überlebensvorteil für die Frühintervention in Kombination mit einer IABP gesehen [4] (Abb. [2] und [3]).

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Abb. 2 Wirkprinzip der intraaortalen Ballongegenpulsation. Die diastolische Druckerhöhung steigert den koronaren Blutfluss; die systolische aktive Deflation des Ballons senkt die linksventrikuläre Nachlast und den myokardialen O2-Verbrauch.

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Abb. 3 Klinischer Effekt der intraaortalen Ballongegenpulsation (IABP). Studienlage: GUSTO-Trial I+III, NRMI-Registry I-III, SHOCK-Registry und SHOCK-Trial [4] [9] [11] [13].

Im Falle einer nicht sinnvollen oder unzureichenden interventionellen Therapieoption sollte die Möglichkeit eines chirurgischen Vorgehens (Bypass-Operation) diskutiert werden. Folgendes Vorgehen hat sich dabei bewährt: Die Patienten werden - sofern möglich - mittels IABP und Katecholamintherapie stabilisiert und kardiopulmonal rekompensiert. Anschließend erfolgt die Operation. Durch dieses „bridging”-Verfahren sinkt die perioperative Letalität. Direkte Notfalloperationen im kardiogenen Schock sind aufgrund der hohen Letalität nur als Ultima ratio zu sehen und beschränken sich auf Krankheitsbilder wie großer Infarkt-Ventrikel-Septum-Defekt (Infarkt-VSD) oder akute Mitralinsuffizienz bei Abriss des Halteapparates. Inzwischen existiert auch eine kleine prospektive Studie zum katheterinterventionellen Verschluss eines Infarkt-VSD [10].

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Optimierung der peripheren Organperfusion

Ziel der medikamentösen Therapie ist die Steigerung des Herzzeitvolumens. Dadurch soll eine ausreichende periphere Organperfusion aufrechterhalten werden. Nicht ein „normaler” systemarterieller Blutdruck ist entscheidend, sondern ein Anstieg der erniedrigten gemischtvenösen Sauerstoffsättigung, ein Abfall eines erhöhten Laktatspiegels sowie eine ausreichende Eigendiurese (Stundenurin!) als Maß für die Organperfusion. Vorrangiges Ziel einer medikamentösen Begleittherapie ist daher die Senkung des systemvaskulären Widerstandes und die Steigerung des HZV mit Verbesserung der Organperfusion.

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Vasodilatatoren

Bis zu systemarteriellen Blutdruckwerten von  90 mmHg systolisch ist der Versuch mit Vasodilatatoren sinnvoll. Eingesetzt werden Nitroglycerin oder Natriumnitroprussid. Durch direkte Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur kommt es zu einer Senkung von Vor- und Nachlast, einer Abnahme der ventrikulären Füllungsdrücke, der myokardialen Wandspannung und des myokardialen Sauerstoffverbrauches sowie zu einem Anstieg des HZV. Aufgrund der kurzen Wirkdauer von Natriumnitroprussid erfährt diese Substanz in der Intensivmedizin eine Renaissance, zumal die früher gefürchteten Intoxikationen mit Cyaniden erst in höheren Dosierungen und bei Langzeitanwendung (>1 µg/kg KG/min über 72 h) auftreten und durch eine begleitende Therapie mit Thiosulfat, welche die Umwandlung von Cyaniden in Thiocyanate fördert, vermieden werden kann. Eine Kombination mit positiv inotropen Substanzen, welche primär der HZV-Steigerung dienen (z. B. Dobutamin), ist sinnvoll [15].

Kalzium-Antagonisten sind aufgrund ihrer negativ inotropen Wirkung kontraindiziert.

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Diuretika

Schleifendiuretika (Furosemid, Torasemid) führen über eine gesteigerte Wasser- und Natrium-Ausscheidung zu einer Reduktion der ventrikulären Füllungsdrücke sowie einer Abnahme der pulmonalvenösen Stauung und peripheren Ödeme. Daneben haben sie auch eine direkte vasodilatatorische Wirkung, was eine Abnahme des pulmonalkapillären Verschlussdruckes und des pulmonalvaskulären Gefäßwiderstandes induziert. Eine Diuretikaresistenz kann durch die Kombination eines Schleifendiuretikums mit einem Thiazid-Diuretikum durchbrochen werden, was jedoch häufig zu einer weiteren Abnahme der GFR führt (sog. „sequenzielle Nephronblockade”). Daher sollte frühzeitig, vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz, eine kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH) erwogen werden [12].

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β-Blocker

Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt und fehlenden Zeichen einer akuten Linksherzdekompensation oder Hypotension bewirken β-Blocker eine Begrenzung der Infarktgröße sowie lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien. In allen b-Blocker-Studien wurden Patienten mit akuter Herzinsuffizienz und manifester Hypotension ausgeschlossen. Daher sind b-Blocker bei Patienten im kardiogenen Schock zunächst kontraindiziert, sofern positiv inotrope oder vasoaktive Subtanzen zur Kreislaufstabilisierung notwendig sind. Nach hämodynamischer Stabilisierung - bewährt hat sich dabei der Zeitpunkt nach Beendigung einer Therapie mit positiv inotropen und vasoaktiven Substanzen - sollte mit einer β-Blocker-Therapie zunächst niedrig dosiert und einschleichend begonnen werden [8].

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ACE-Hemmer

ACE-Hemmer sind in der akuten Phase eines kardiogenen Schockgeschehens kontraindiziert, haben aber nach initialer hämodynamischer Stabilisierung ihren festen Stellenwert in der Behandlung der akuten Herzinsuffizienz und des akuten Myokardinfarktes. Aus hämodynamischer Sicht haben sie durch ihre vasodilatatorische Eigenschaft einen günstigen Effekt auf den systemvaskulären Widerstand. Ihre etwas stärkere postglomeruläre vasodilatatorische Wirkung auf die Vasa efferentes als auf die Vasa afferentes führt zu einer Abnahme des glomerulären Filtrationsrate (GFR). Dies kann bei marginalem Herzzeitvolumen (kardiogener Schock) das Auftreten eines akuten Nierenversagens begünstigen.

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Positiv inotrope Substanzen

Bei systemarterieller Hypotonie, welche trotz ausreichender Hydratation (ZVD >10-12 mmHg) bzw. kardialer Vorlast (PCWP 15-20 mmHg; siehe Diagnostik) persistiert, besteht die Indikation zum Einsatz positiv inotroper Substanzen: Katecholamine (Dobutamin, Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin), Phosphodiesterasehemmer (Amrinon, Enoximon, Milrinon). Tab. [1] zeigt ihre unterschiedlichen Wirkprofile. Dobutamin ist das Medikament der 1. Wahl. Durch seine führende b1-Stimulation kommt es zu einer HZV-Steigerung ohne wesentliche Zunahme des SVR. Dies rechtfertigt auch seinen Einsatz bei noch guten systemarteriellen Blutdruckwerten aber bereits manifesten Perfusionsstörungen (SvO2↓, Laktat↑).

Tab. 1 Effekte der Katecholamine auf die verschiedenen Rezeptortypen.

a1

a2

b1

b2

DA1

DA2

Dobutamin

+

O

+++

+++

O

O

Adrenalin

<0,05 µg/kg/min

> 0,05 µg/kg/min

+

+++

+

+++

+++

++++

+++

++++

O

O

O

O

Noradrenalin

++++

++++

+++

+

O

O

Dopamin

< 3 µg/kg/min

3-5 µg/kg/min

> 5 µg/kg/min

O

+

+++

O

+

+

O

+++

+++

O

+++

+

+++

+++

++++

+++

+++

++++

PDE-III-Hemmer

+

O

+++

+++

O

O

(Abkürzungen: PDE = Phosphodiesterase)

Phosphodiesterase-III-Hemmer (Amrinon, Enoximon, Milrinon) hemmen den Abbau von cAMP und bedingen durch ihre positiv inotrope Wirkung eine HZV-Steigerung. Außerdem bewirken sie eine venöse und arterielle Vasodilatation, die ebenfalls zur HZV-Steigerung beitragen kann. Aufgrund der Vasodilatation muss sichergestellt sein, dass ein ausreichender Hydratationszustand vorliegt. Eine Kombinationstherapie aus Katecholaminen und Phosphodiesterase-III-Hemmer wird empfohlen.

Adrenalin steigert durch seine dosisabhängige direkte β1- und α-Rezeptor- Stimulation sowohl das HZV als auch den SVR. In hoher Dosis überwiegt die Vasokonstriktion. Adrenalin sollte daher erst nach Ausschöpfung einer Dobutamin- und ggf. auch einer Phosphodiesteraster-III-Hemmer-Therapie eingesetzt werden. Bei einer Langzeitanwendung kommt es gelegentlich zu unerwünschten Wirkungen wie Tachykardien, Arrhythmien oder Laktaterhöhungen, welche den Einsatz von Adrenalin limitieren.

Bei Noradrenalin steht die α-adrenerge Stimulation mit Vasokonstriktion und Erhöhung des systemvaskulären Widerstandes im Vordergrund. Sein Einsatz ist im kardiogenen Schock nur bei therapierefraktärer Hypotension als ultima ratio gerechtfertigt, um eine ausreichende Organperfusion zu erzielen. Eine unnötige Noradrenalin-Steigerung zur „Blutdruckkosmetik” verursacht eine weitere Abnahme des HZV und der Gewebeperfusion. In Gegensatz zu Adrenalin treten unter Noradrenalin Tachykardien und Laktatazidosen seltener auf.

Der Einsatz von Dopamin im kardiogenen Schock ist nur in einer niedrigen bis mittleren Dosierung sinnvoll. Dabei kommt es zur Stimulation dopaminerger und b-Rezeptoren. Eine länger dauernde Applikation sollte aufgrund einer Down-Regulation von β1-Rezeptoren sowie einer Tachykardieneigung vermieden werden. Ob eine diuresesteigernde Wirkung einsetzt, bleibt dem Einzelfall überlassen, wenngleich kontrollierte randomisierte Studien dies nicht bestätigen konnten [1]. Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass diese Daten nicht bei Patienten im kardiogenen Schock erhoben wurden.

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Kalzium-Sensitizer (Levosimendan)

Diese Substanzgruppe, in Deutschland noch nicht zugelassen, wirkt über eine cAMP-unabhängige, ATP-neutrale Erhöhung der Kalzium-Empfindlichkeit der Herzmuskelzelle und steigert dadurch die myokardiale Kontraktilität. Levosimendan hat eine positiv inotrope und eine vasodilatatorische Wirkung. Es kommt zur Vor- und Nachlastsenkung. Eingesetzt wird diese Substanz bereits bei Patienten mit dekompensierter chronischer Herzinsuffizienz. Bei Patienten im kardiogenen Schock liegen bisher keine systematischen Untersuchungen vor. Gegenwärtig bestehen folgende Therapiebeschränkungen: schwere systemarterielle Hypotonien und ventrikulären Tachykardien. Daher bleibt abzuwarten, welchen Stellenwert diese Substanz in der Therapie des kardiogenen Schocks erhalten wird.

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Herzglykoside

Herzglykoside haben zwar eine positiv inotrope Eigenschaft, sind aber dennoch beim kardiogenen Schock infolge eines akuten Myokardinfarktes kontraindiziert. Grund hierfür ist der Nachweis häufiger myokardialen Reinfarzierungen durch eine Vasokonstriktion, eine Erhöhung des myokardialen Sauerstoffverbrauches und das Auftreten lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien [14].


kurzgefasst: Bei systemarterieller Hypotonie trotz ausreichender Hydratation sind positiv inotrope Substanzen notwendig. Dobutamin ist das Mittel der 1. Wahl. Noradrenalin sollte nur als ultima ratio eingesetzt werden.

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Fazit

Für das Überleben eines kardiogenen Schocks ist neben einer raschen Diagnosestellung die sofortige Einleitung einer Therapie entscheidend. Dabei sollten auch drohende Schockzustände mit noch normotensiven Blutdruckwerten als solche identifiziert und behandelt werden. Die Therapie des kardiogenen Schocks basiert auf zwei Säulen:

  1. Zum einen auf einer frühestmöglichen myokardialen Revaskularisation mittels prästationärer Fibrinolyse (sofern innerhalb von 90 Minuten keine Herzkatheteruntersuchung erfolgen kann), Akutkoronarintervention in Kombination mit einer GPIIb/IIIa-Rezeptorantagonistentherapie (sofern keine Fibrinolyse erfolgte) und der Einlage einer intraaortalen Ballongegenpulsation;

  2. Zum anderen einer umgehenden Schocktherapie mit Optimierung der peripheren Organperfusion, sei es durch Oxygenierung oder den Einsatz von positiv inotropen oder vasoaktiven Substanzen.

Der Patient im kardiogenen Schock stirbt nicht an einer verschlossenen Koronararterie, sondern am schockbedingten Multiorganversagen. Daher ist die begleitende Schocktherapie ebenso wichtig wie die Vorbereitung und Durchführung einer Akut-Koronarangiographie/-intervention. Beide Therapie-Säulen der kardiogenen Schockbehandlung sollten daher parallel erfolgen (Abb. [4]).

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Abb. 4 Therapieschema des kardiogenen Schocks: [1] Reperfusionstherapie; [2] Schocktherapie. Beide Säulen der Schockbehandlung sollten parallel erfolgen. (Abkürzungen: MAP = mittlerer arterieller Druck; HZV = Herzminutenvolumen; ZVD = zentraler Venendruck; PCWP = pulmonalkapillärer Verschlussdruck; SVR = systemvaskulärer Widerstand; SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; SvO2 = gemischtvenöse Sauerstoffsättigung; IABP = intraaortale Ballongegenpulsation).

Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben, deren Produkt in dem Artikel eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

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Literatur

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  • 14 Spargias K S, Hall A S, Ball S G. Safety concerns about digoxin after acute myocardial infarction.  Lancet. 1999;  354 391-392
  • 15 Van de Werf F, Ardissino D, Betriu A. et al . Management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation. The Task Force on the Management of Acute Myocardial Infarction of the European Society of Cardiology.  Eur Heart J. 2003;  24 28-66

Prof. Dr. med. Michael Böhm

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Literatur

  • 1 Bellomo R, Chapman M, Finfer S. et al . Low-dose dopamine in patients with early renal dysfunction: a placebo-controlled randomised trial. Australian and New Zealand Intensive Care Society (ANZICS) Clinical Trials Group.  Lancet. 2000;  356 2139-2143
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Prof. Dr. med. Michael Böhm

Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)

Kirrberger Straße

66421 Homburg/Saar

Phone: 06841/1623372

Fax: 06841/1623369

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Abb. 1 Pathophysiologie des kardiogenen Schocks. Circuli vitiosi, die zum irreversiblen Multiorganversagen (MOV) führen. (Abkürzungen: Schlagvolumen (SV); Herzzeitvolumen (HZV); systemvaskulärer Widerstand (SVR); linksventrikulärer enddiastolischer Druck (LVEDP); systemische Inflammationsreaktion (SIRS); Multiorgandysfunktion (MODS); Multiorganversagen (MOV)).

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Abb. 2 Wirkprinzip der intraaortalen Ballongegenpulsation. Die diastolische Druckerhöhung steigert den koronaren Blutfluss; die systolische aktive Deflation des Ballons senkt die linksventrikuläre Nachlast und den myokardialen O2-Verbrauch.

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Abb. 3 Klinischer Effekt der intraaortalen Ballongegenpulsation (IABP). Studienlage: GUSTO-Trial I+III, NRMI-Registry I-III, SHOCK-Registry und SHOCK-Trial [4] [9] [11] [13].

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Abb. 4 Therapieschema des kardiogenen Schocks: [1] Reperfusionstherapie; [2] Schocktherapie. Beide Säulen der Schockbehandlung sollten parallel erfolgen. (Abkürzungen: MAP = mittlerer arterieller Druck; HZV = Herzminutenvolumen; ZVD = zentraler Venendruck; PCWP = pulmonalkapillärer Verschlussdruck; SVR = systemvaskulärer Widerstand; SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; SvO2 = gemischtvenöse Sauerstoffsättigung; IABP = intraaortale Ballongegenpulsation).