Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(30): 1644
DOI: 10.1055/s-2004-829010
Leserbriefe

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Kurzgefasste Leitlinie zum Dyspepsie-Management - Zuschrift Nr. 2

Zum Beitrag aus DMW 18/2004
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Publication Date:
21 July 2004 (online)

Zuschrift Nr. 2: Schaut man sich die Empfehlungen zur „probatorischen Therapie“ [1] an, dann hilft mir als kritischem Leser die Angabe der Autorenerklärung nicht weiter, in der versichert wurde, dass „in der Leitlinie kein Einfluss auf die Nennung von Präparaten genommen worden ist“. Wer jedoch als Gastroentrologe bei unter 45-jährigen Patienten ohne Alarmsymptom eine probatorische Therapie mit antisekretorisch wirksamen Säureblockern über 4 Wochen empfiehlt, der braucht gar keinen Namen zu nennen, weil ohnehin jeder weiß, was gemeint ist. Da wird suggeriert, dass es eine gute Option sei, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Und genau dies findet in Deutschland statt. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Ärzteschaft permanent vorgeworfen wird, sie betreibe einen unverantwortlichen Umgang mit dem Rezeptblock, und sie würde zu viel und zu teuer verordnen. Vor der Erfindung der PPI waren es die H2-Blocker, davor wurden dyspeptische Oberbauchbeschwerden in der gleichen Altersgruppe erfolgreich mit klassischen Antazida symptomatisch therapiert. Es gibt also preiswerte Optionen, die vor wenigen Jahren noch der Standard waren.

Solche industrie- und umsatzfreudige Therapieempfehlungen, veröffentlicht in einer deutschen Fachzeitschrift, machen es schwer zu glauben, dass verantwortliche Experten in Fachgremien ihre Unabhängigkeit von Industrieinteressen bewahrt haben. Zweifellos könnte vieles in der medizinischen Wissenschaft ohne die Hilfe der Industrie überhaupt nicht zustande kommen. Aber die Dankbarkeit für dieses Sponsoring müsste da ihre Grenze haben, wo einfache symptomatische Beschwerden durch einfache und allseits bekannte Bagatellmaßnahmen, die man nicht zu Lasten der GKV zu verordnen braucht, verschwinden. Wo doch jeder weiß, dass der positive Effekt derartiger Behandlungen bei Placeboanwendungen in über 50 % zu Buche schlägt.

Literatur

  • 1 Birkner B, Hotz J, Labenz J. et al . Kurzgefasste Leitlinien zum Dyspepsie-Management.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 1032-1034

Dr. Jürgen Bausch

Eichgrabenstr. 17

63628 Bad Soden-Salmünster

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