Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(17): 971
DOI: 10.1055/s-2004-823169
Pro & Contra
Chirurgie / Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akute Cholezystitis - Sofortige Operation? - Contra

Acute cholecystitis - immediate operation? - contraH. Hinrichsen1 , U. R. Fölsch1
  • 1I. Medizinische Klinik, Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
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Publication History

eingereicht: 7.1.2004

akzeptiert: 10.1.2004

Publication Date:
20 July 2004 (online)

Die symptomatische Cholezystolithiasis stellt unbestritten eine Indikation zur elektiven, möglichst laparoskopischen Cholezystektomie dar. Es stellt sich die Frage, ob bei der akuten Cholezystitis ein primäres oder sekundäres operatives Vorgehen angestrebt werden sollte. Bei der akuten Cholezystitis handelt es sich um eine zunächst abakterielle, dann aber sehr häufig ernste infektiologische Komplikation. Die ödematöse Wandverdickung, die Hyperperfusion mit erhöhtem Blutungsrisiko und die häufig bakterielle Infektion führten daher zu einer primär konservativen Vorgehensweise, um dann später elektiv die laparoskopische Cholezystektomie zu ermöglichen. Es ist daher zwingend notwendig, in randomisierten Studien zu zeigen, dass eine frühe laparoskopische Cholezystektomie gleichwertig oder von Vorteil ist. Eine Metaanalyse zu dieser Fragestellung zeigte kürzlich, dass bei Zugrundelegung der Cochrane-Kriterien lediglich neun Studien mit primär konventioneller Cholezystektomie und nur drei Studien mit primär laparoskopischer Cholezystektomie herangezogen werden dürfen [1]. Obwohl diese Analyse keine erhöhte Morbidität und Mortalität für das primäre operative Management aufzeigte, können die Daten von drei Studien zur frühen laparoskopischen Cholezystektomie nicht ausreichen, diese Methode bei der akuten Cholezystitis generell zu empfehlen. Unbestritten ist jedoch, dass der Krankenhausaufenthalt durch ein frühes operatives Vorgehen verkürzt werden kann.

Neben der fehlenden Datenlage zur frühen laparoskopischen Cholezystektomie sprechen noch folgende Argumente für ein primär konservatives Vorgehen bei der akuten Cholezystitis. In einer kürzlich publizierten Studie mussten von 180 geeigneten Patienten 71 vor Randomisierung ausgeschlossen werden, da trotz Vorliegen einer akuten Cholezystitis Kontraindikationen für eine Randomisierung bestanden. Neben dem fehlenden Steinnachweis (n = 9), waren vor allem das Alter (< 18 oder > 80) bei 33 Patienten und eine schwere Komorbidität (n = 12) ein limitierender Faktor in dieser Studie [2]. Daher konnten nur 64 von 180 Patienten randomisiert werden und die Daten beruhen nur auf Patienten < 80 Jahren ohne schwere Begleiterkrankungen. Aufgrund der hohen Lebenserwartung tritt die akute Cholezystitis gehäuft bei älteren Patienten mit zahlreichen internistischen Begleiterkrankungen auf. Auch wenn in den bisherigen Studien für das frühe operative Vorgehen eine geringe Komplikationsrate angegeben wurde, so bezieht sich diese in der Regel nur auf jüngere Patienten ohne signifikante Komorbidität.

Das primär konservative Vorgehen bietet demzufolge den entscheidenden Vorteil, signifikante Begleiterkrankungen zu erkennen und eine therapeutische Optimierung anzustreben. Dies gilt umso mehr, da bei dringlicher Indikation jederzeit auf das operative Vorgehen gewechselt werden kann. Somit ist vor allem bei den häufig älteren Patienten insbesondere mit Komorbidität von einem notfallartigen Eingriff abzuraten. Ein weiterer Gesichtspunkt für ein primär konservatives Vorgehen ist die Notwendigkeit des Wechsels von laparoskopischer Technik zur konventionellen Cholezystektomie bei der akuten Cholezystitis. In einer klinischen Studie mit 86 Patienten bestätigte sich, dass die Operationsdauer und die Häufigkeit des Wechsels der chirurgischen Vorgehensweise bei den primär konservativ behandelten Patienten mit konsekutiver elektiver Cholezystektomie geringer ausfiel als im Behandlungarm mit umgehender laparoskopischer Cholezystektomie [3]. Darüber hinaus wurden in dieser Studie wieder 5 von initial 99 Patienten (5 %) wegen einer Fehldiagnose ausgeschlossen. Die rasche Vorgehensweise birgt daher auch das Risiko eines operativen Vorgehens ohne medizinischer Notwendigkeit. Unbestritten ist es auch, dass die Komplikationsrate der frühen operativen Vorgehensweise bei mehr als 72 Stunden bestehenden Symptomen steigt. Gerade bei älteren Patienten ist häufig der Beginn der klinischen Symptome nicht genau zu eruieren, so dass die zeitliche Einordnung nicht gegeben ist.

Zusammengefasst darf das therapeutische Management der symptomatischen Cholezystolithiasis nicht für die akute Cholezystitis übernommen werden. Fehlende Daten aus randomisierten klinischen Studien zur frühen laparoskopischen Cholezystektomie sowie die Tatsache, dass zahlreiche Patienten mit akuter Cholezystitis aufgrund ihres Alters oder Komorbidität von den bisherigen klinischen Studien ausgeschlossen wurden, rechtfertigen weiter ein primär konservatives Vorgehen mit konsekutiver elektiver Cholezystektomie. Allerdings kann bei jüngeren Patienten mit kurzer Dauer der klinischen Symptomatik aufgrund der guten Ergebnisse und der kürzeren Krankenhausverweildauer bei früher Cholezystektomie dieses Schema angeboten werden.

Literatur

  • 1 Papi C, D`Ambrosio L, Capurso L. Timing of cholecystectomy for acute calculous cholecystitis: a meta-analysis.  Am J Gastroenterol. 2004;  99 147-155
  • 2 Vetrhus M, Soreide O, Nesvik I, Sondenaa K. Acute cholecystitis: Delayed surgery or observation. A randomised clinical trial.  Scand J Gastroenterol. 2003;  38 985-990
  • 3 Lo C M, Liu C L, Fan S T, Lai E C, Wong J. Prospective randomised study of early versus delayed laparoscopic cholecystectomy for acute cholecystitis.  Ann Surg. 1998;  227 461-467

Prof. Dr. med. U. R. Fölsch

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