Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(17): 970
DOI: 10.1055/s-2004-823168
Pro & Contra
Chirurgie / Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akute Cholezystitis - Sofortige Operation? - Pro

Acute cholecystitis - immediate operation? - proR. Bittner1 , M. Ulrich2
  • 1Allgemein- und Viszeralchirurgie, Marienhospital Stuttgart
  • 2Abteilung für Chirurgie, Krankenhaus Gerresheim, Düsseldorf
Further Information

Publication History

eingereicht: 19.12.2003

akzeptiert: 10.1.2004

Publication Date:
20 July 2004 (online)

70 - 80 % aller Steingallenblasen werden in Deutschland laparoskopisch entfernt, so dass heute die laparoskopische Cholezystektomie als der Standard anzusehen ist. Ihre Vorteile gegenüber der konventionellen Technik weisen randomisierte Studien nach [1]. Die akute Cholezystitis galt noch Anfang der 90er Jahre als eine Kontraindikation für die neue Technik. Inzwischen konnte in großen Serien [2] belegt werden, dass die laparoskopische Cholezystektomie auch bei akuter Cholezystitis mit akzeptabler Morbidität durchgeführt werden kann. In einer randomisierten Studie wurden Vorteile gegenüber der konventionellen Technik nachgewiesen [4]. Flächendeckende Studien zeigen, dass auch heute noch große Unterschiede zwischen einzelnen Chirurgen und einzelnen Krankenhäusern bezüglich der Erfolgsrate der laparoskopischen Cholezystektomie bei akuter Cholezystitis bestehen. Eine jüngere amerikanische Untersuchung beobachtete Unterschiede in der Erfolgsrate von 30-75 %. Die Autoren folgern, dass für den Operationserfolg weniger das Entzündungsstadium selbst als die Erfahrung des Operateurs ausschlaggebend ist. Auch wenn heute in Zentren über 95 % der Patienten mit akuter Cholezystitis erfolgreich laparoskopisch operiert werden können [5], so sind doch Operationszeit, Konversionsrate und Morbidität höher als bei Operation ohne Entzündung.

Der Schwierigkeitsgrad der Operation bei akuter Entzündung wird entscheidend von ihrer pathologisch anatomischen Manifestation beeinflusst. Zu Beginn der Entzündung finden sich lediglich eine verstärkte Vaskularisierung und ein Ödem von Gallenblasenwand und Nachbarstrukturen im Besonderen im Bereich des Calot’schen Dreiecks. Die Schichten sind noch leicht identifizierbar und trennbar, wenngleich bereits eine verstärkte Blutungsneigung besteht. Bereits nach Stunden bis wenigen Tagen jedoch kann sich ein festes Narbengewebe bilden. Die Schichten sind aufgehoben und Strukturen wie Ductus cysticus und A. cystica sowie Ductus choledochus und A. hepatica nur noch äußerst schwierig zu identifizieren. So ist nach den eigenen Erfahrungen [2] und den Angaben in der Literatur die Schwierigkeit bei der Präparation des Calot’schen Dreiecks mit der sicheren Versorgung des Ductus cysticus und der A. cystica die häufigste Konversionsursache. Je früher operiert wird, umso größer ist die Erfolgschance der laparoskopischen Cholezystektomie. Dies konnte sowohl von uns [2] als auch in randomisierten Studien nachgewiesen werden. Übereinstimmend finden die Autoren, dass, wenn innerhalb von 24 bzw. 72 Stunden im Vergleich zu 6-8 Wochen nach Krankheitsbeginn operiert wird, sowohl die Konversions- als auch die Morbiditätsraten niedriger sind, vor allem aber eine signifikant kürzere Krankenhausverweildauer und Dauer der Arbeitsunfähigkeit resultieren. Ein weiteres Argument für die rasche Operation ist, dass in allen randomisierten Studien 16-26 % der Patienten, die zunächst dem konservativen Arm zugeordnet waren, notfallmäßig vorzeitig operiert werden mussten. Insgesamt können dem Patienten durch die Sofortoperation mehrfache Krankheitsepisoden mit ggf. stationären Aufenthalten und einer erhöhten Morbidität erspart werden.

Ein weiterer Aspekt, der nicht unerwähnt bleiben darf, ist, dass durch eine rasche Operation der septische Herd sofort beseitigt wird. Obwohl es hierzu keine evidenzbasierten Daten gibt, zeigt doch die klinische Erfahrung, dass dies in der Regel gerade beim alten und multimorbiden Patienten von entscheidender Bedeutung ist. Mit der Entfernung des septischen Herdes klart der nicht selten bewusstseinsgetrübte alte Patient rasch auf und schwerwiegende Sekundärkomplikationen, z. B. des kardio-pulmonalen Systems, werden vermieden.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass das operationstechnische Vorgehen um so leichter ist, je rascher nach Symptombeginn bei akuter Cholezystitis operiert werden kann, Morbidität und Konversionsrate sind geringer, der Patient wird sofort vom septischen Herd befreit und die Krankenhausverweildauer ist signifikant verkürzt. Bei Realisierung dieses Konzeptes, das eine enge Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologen, Chirurgen und Anästhesisten erfordert, werden dem Gesundheitssystem erhebliche Kosten erspart.

Literatur

  • 1 Barkun JS. et al . Laparoscopic versus open cholecystectomie: the Canadian experience. The Mc Gill Gallstone Treatment Group.  Am J Surg. 1993;  165 455-458
  • 2 Bittner R. et al . Laparoscopic cholecystectomy in therapy of acute cholecystitis: immediate versus interval operation.  Chirurg. 1997;  68 237-243
  • 3 Johansson M. Management of acute cholecystitis in the laparoscopic era: results of a prospective, randomized clinical trial.  J Gastrointest Surg. 2003;  7 642
  • 4 Kiviluoto T. et al . Randomised trial of laparoscopic versus open cholecystectomy for acute and ganrenous cholecystitis.  Lancet. 1998;  351 321
  • 5 Ulrich M, Bittner R. et al . Chir Gastroenterol. 2001;  17 147

Prof. Dr. R. Bittner

Allgemein- und Viszeralchirugie, Marienhospital

Böheimstraße 37

70199 Stuttgart

Phone: 0711/64892201

Email: ReinhardBittner@vinzenz.de

    >