Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(36): 963
DOI: 10.1055/s-2001-16965
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gastroenterologie und Hepatologie in ganzer Breite

Gastroenterology and hepatology in its many aspects
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. September 2001 (online)

Prof. Dr. Dr. h.c. W. Domschke, Münster

Präsident der 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Herausgeber dieses Heftes

Prof. Dr. Dr. h.c. H.E. Blum, Freiburg

Schriftleiter der DMW, Herausgeber dieses Heftes

Der amtierende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten hat es gern unternommen, gemeinsam mit Herrn Prof. H. E. Blum, Schriftleiter der DMW, dieses Themen-Schwerpunktheft zusammenzustellen.

Gastroenterologisch-hepatologische Krankheiten machen einen Großteil der Fälle bei unseren Patienten in Praxis und Klinik aus. Dementsprechend gewichtig ist ihre sozioökonomische Bedeutung. Die Zunahme verschiedener Krankheitsentitäten - zum Beispiel chronischer Hepatopathien und ihrer Komplikationen, der gastroösophagealen Refluxkrankheit und, besonders beängstigend, des Kolonkarzinoms - gefährdet und belastet den Patienten, erfordert einen spezialisierten Arzt und sollte entsprechend konsequent und adäquat in den Strukturen des deutschen Gesundheitssystems Berücksichtigung finden.

Die Gastroenterologie und Hepatologie ist neben der Kardiologie ein zentraler Schwerpunkt der Inneren Medizin und gleichzeitig ein ausgesprochenes Querschnittsfach mit vielen intensiven Bezügen zu praktisch allen Disziplinen der Medizin. Dementsprechend orthotop fühlt sich das Fach in der »Deutschen Medizinischen Wochenschrift« - sozusagen als Ausdruck der Einheit in der Vielfalt - vertreten. Die ganze Breite gastroenterologischer und hepatologischer Themen - einschließlich der diagnostischen und interventionellen Endoskopie, der gastroenterologischen Endokrinologie mit Diabetologie und Ernährungstherapie sowie der gastroenterologischen Onkologie - wird sich anlässlich der 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vom 12.-15. September 2001 in Münster präsentieren (www.gastro2001.de). Einen Vorgeschmack auf diesen Kongress wollen wir mit diesem Themen-Schwerpunktheft geben.

Der Gastroenterologe/Hepatologe der Zukunft wird entsprechend der Komplexität seines großen Faches vielseitig beschlagen sein müssen: Dafür befähigt ihn eine mehrjährige, breite klinische Ausbildung in dem großen Spektrum gastroenterologisch-hepatologischer Krankheitsbilder. Dazu gehört künftig, dass auch der ausschließlich in der Krankenversorgung engagierte Kollege mit Fragen molekularbiologischer und molekulargenetischer Diagnostik und der diesbezüglichen Terminologie umgehen kann. Außerdem ist eine umfassende Expertise in den verschiedenen Techniken der gastroenterologischen Endoskopie erforderlich und selbstverständlich; denn was dem Kardiologen der Herzkatheter, was dem Chirurgen das Skalpell, das ist für den Gastroenterologen und Hepatologen sozusagen identitätsimmanent das Endoskop, das Laparoskop und das Ultraschallgerät, nachdem die stürmische Entwicklung auf diesen Gebieten in den letzten Jahrzehnten maßgeblich von deutschen Gastroenterologen mitgetragen worden ist. Und schließlich erwartet der Patient in seinem Gastroenterologen einen verständnisvollen Arzt mit Gespür auch für die psychosomatischen Determinanten von Befinden und Befindlichkeit.

Der Leser dieses Themen-Schwerpunktheftes wird verschiedene Aspekte des oben skizzierten gastroenterologisch-hepatologischen Aufgabenfeldes angesprochen finden. Lassen Sie uns drei Themen stellvertretend herausgreifen: Die Übersicht (S. 988) befasst sich mit den genetischen Grundlagen und der molekularen Pathophysiologie der sogenannten hereditären chronischen Pankreatitis. Daraus lassen sich Empfehlungen für entsprechende Vorsorgeuntersuchungen und Verhaltensmaßnahmen ableiten und damit werden natürlich auch Hoffnungen für künftige kausale Therapieansätze verbunden. Ähnliches gilt für andere Krankheiten unseres Fachs mit genetischem Hintergrund, z.B. die Mukoviszidose, die Hämochromatose, den Morbus Crohn und das hereditäre kolorektale Karzinom ohne Polypose (HNPCC).

Auch in der Pro & Contra-Diskussion zur endoskopischen Mukosektomie von gastrointestinalen Frühkarzinomen (S. 994) und dem CME-Beitrag zum Thema »Leberzirrhose« (S. 973) wird deutlich, wie differenziert die Anforderungen an das diagnostisch-therapeutische Vermögen des modernen Gastroenterologen und Hepatologen geworden sind: Klinische Erfahrenheit und pharmakotherapeutische Gewandtheit müssen sich mit profundem endoskopischen und sonographischen Geschick verbinden, damit die Verfahren z.B. der Chromoendoskopie, photodynamischen Diagnostik und Therapie, endoskopischen Mukosektomie, Varizenligatur und transjugulären portosystemischen Stentshunt-Anlage (TIPS) zum Wohle der uns anvertrauten Patienten situationsadäquat eingesetzt werden können.

Wir laden Sie zur Lektüre dieses Themen-Schwerpunktheftes und zum Besuch des Münsteraner DGVS-Kongresses herzlich ein.

Prof. Dr. Dr. h. c. W. Domschke, Münster 
Prof. Dr. Dr. h. c. H. E. Blum, Freiburg