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DOI: 10.1055/s-0045-1808176
Physiotherapie in Deutschland – Wo stehen wir? Eine Analyse und Bewertung der physiotherapeutischen Versorgungssituation im Bereich der Neurologie, Orthopädie und Inneren Medizin in Deutschland im Kontext der Akademisierung
Einleitung Die Physiotherapie hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Im Jahr 2020 wurden 443 physiotherapeutische Leistungen je 1.000 Versicherten verordnet, was mehr als dem Zehnfachen im Vergleich zur Ergotherapie entspricht [1]. Im Bereich der deutschen Physiotherapie ist die Versorgungssituation und -forschung eines der größten Diskussionsthemen, denn anders als in anderen Ländern (Vergleichsland: Niederlande) zeigen Studien hohe Verbesserungspotentiale und Forschungslücken in diesem Bereich. Der Bedarf an Veränderungen reicht bis tief in das deutsche Gesundheitssystem. Beginnend beim Medizinstudium und dem Ärzt/innenmangel, über Verordnungsregelungen und Versorgungsfinanzierung bis hin zur Anpassung des physiotherapeutischen Berufes im Sinne der Akademisierung und des „Direkten Zugangs“.
Methodik Unter Verwendung verschiedener Datenbanken wurde eine systematische Literaturrecherche zur aktuellen Versorgungssituation durchgeführt, welche sich an der „PRISMA-S“ Leitlinie für wissenschaftliches Arbeiten orientierte [2]. Im ersten Schritt wurden deutsche Heilmittelberichte gesichtet, anschließend Leitlinien zu den häufigsten Krankheitsbildern sowie wissenschaftliche Arbeiten zur Versorgungssituation und -finanzierung. Es wurden jeweils der Abstract und/oder die Gliederung sowie das Fazit der Publikation gescreent. Lagen Schnittstellen zur Forschungsfrage vor, wurde die Arbeit vertiefend analysiert. Extrahierte Informationen wurden hinsichtlich der physiotherapeutischen Versorgungssituation in Deutschland im Kontext der Akademisierung betrachtet und zusammenfassend eingeschätzt.
Ergebnisse Die aktuelle physiotherapeutische Versorgungssituation in Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern (Vergleichsland: Niederlande) unzureichend entwickelt. Zum einen besteht eine starke Abhängigkeit von den verordneten Ärzt/innen, welche unter Einfluss des Ärzt/innenmangels und reduzierter Zeitfenster teilweise diagnose- und empfehlungsunabhängig und damit fehlerhaft physiotherapeutische Heilmittel verordnen. Zum anderen befindet sich der Beruf der Physiotherapie selbst immer noch in der Entwicklung, welche bedingt durch die bestehenden stetig wachsenden Anforderungen an die Therapeut/innen rückständig ist.
Zusammenfassung In naher Zukunft muss die Akademisierung und eine Änderung zur Autonomie in der Verordnung von physiotherapeutischen Heilmitteln in der Physiotherapie dringend verwirklicht werden.
Publication History
Article published online:
21 May 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Waltersbacher A.. WIdO– Wissenschaftliches Institut der AOK: Heilmittelbericht 2021/2022. Zugriff am 16.01.2023 unter: https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/Buchreihen/Heilmittelbericht/wido_hei_heilmittelbericht_2021_2022_final.pdf
- 2 Rethlefsen ML, Kirtley S, Waffenschmidt S. et al. PRISMA-S: an extension to the PRISMA Statement for Reporting Literature Searches in Systematic Reviews. BMC 2021; 10: 39