Zusammenfassung
Hintergrund und Fragestellung: Chronische Nierenerkrankungen sind eine zunehmend häufige und relevante Komplikation
bei HIV-Infizierten. Das Spektrum der zugrunde liegenden Ursachen ist vielfältig und
umfasst sowohl HIV-assoziierte als auch HIV-unabhängige Ursachen. Ziel der Studie
war, den Einfluss der antiretroviralen Therapie (ART) auf das Spektrum der Nierenerkrankungen
bei HIV-Infektion zu untersuchen.
Patienten und Methodik: Retrospektive Analyse aller Patienten der Frankfurter HIV-Kohorte (FHC), bei denen
zwischen 1989 und 2012 aufgrund unklarer progressiver Niereninsuffizienz eine Nierenpunktion
durchgeführt wurde. Es wurden 2 Perioden definiert, um Veränderungen über die Zeit
zu beschreiben (frühe Periode: 1989–2000, späte Periode: 2001–2012).
Ergebnisse: Insgesamt wurde bei 69 Patienten (meist männliche Kaukasier) eine Nierenpunktion
durchgeführt. Im Gesamtzeitraum waren Immunkomplex-vermittelte Glomerulonephritiden
(26,1 %), hypertensive (20,3 %) und diabetische Nephropathie (20,3 %) die häufigsten
Ursachen für eine chronische Niereninsuffizienz. Während HIV-assoziierte Nierenerkrankungen
die frühe Periode dominierten, waren hypertensive und diabetische Nephropathie für
etwa 50 % aller Fälle von Niereninsuffizienz nach dem Jahr 2000 verantwortlich. Weitere
häufige Nierenerkrankungen in der späten Periode waren renale AA-Amyloidosen und Tenofovir(TDF)-bedingte
Nierenschäden.
Folgerung: Das Spektrum der Nierenerkrankungen bei HIV-Infizierten ist sehr breit und hat sich
in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt. Seit Einführung der ART sind die häufigsten
Nierenerkrankungen bei HIV-Infizierten, wie hypertensive Nephropathie, nicht direkt
durch das HI-Virus bedingt. Dies spiegelt die wachsende Bedeutung von traditionellen
Risikofaktoren, wie Diabetes und Hypertonie, auch in dieser alternden Population wider.
Abstract
Background and objective: Renal disease is a common complication in HIV-infected patients. The causes and
spectrum of kidney disease among these patients is extensive, including HIV-related
and HIV unrelated causes. Our objective was to assess the changes in distribution
of renal disease under antiretroviral therapy (ART).
Patients and methods: Retrospective analysis of all patients from the Frankfurt HIV Cohort (FHC) who underwent
renal biopsy because of chronic, progressive renal disease between 1989 and 2012.
Two time periods were defined: 1989–2001 (early period) and 2000–2012 (late period).
Results: 69 HIV-infected patients, mostly Caucasian and male, underwent renal biopsy (early
period: 22 patients, late period: 47 patients). During the total observation time
immuncomplex-mediated glomerulonephritis (26.1 %), hypertensive (20.3 %) and diabetic
nephropathy (20.3 %) were the most frequent causes of chronic renal disease. HIV-associated
renal diseases were predominant in the first period, whereas hypertensive and diabetic
kidney disease accounted for almost 50 % of cases diagnosed in the late period. Other
types of renal disease frequently encountered during the late period include renal
AA-amyloidosis and tenofovir-related kidney disease.
Conclusion: The underlying pathology of renal disease in HIV-infected patients is highly variable
and evolving. Since the introduction of HAART, renal disease not directly related
to HIV has become the predominant cause, reflecting the growing burden of co-morbidities
in this aging population.
Schlüsselwörter
HIV - hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) - Nierenerkrankungen - HIV-assoziierte
Nephropathie (HIVAN) - Tenofovir - AA-Amyloidose
Keywords
HIV - highly active antiretroviral therapy (HAART) - kidney disease - HIV-associated
nephropathy (HIVAN) - tenofovir - AA-amyloidosis