Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(33): 1651
DOI: 10.1055/s-0031-1281567
Editorial
Rheumatologie, Immunologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rheumatologie heute – dynamisch zum Wohle der Patienten

Rheumatology today – a dynamic discipline for the patients’ goodH. Schulze-Koops1 , H. E. Blum2
  • 1Rheumaeinheit, Medizinische Poliklinik, Klinikum der Universität München
  • 2Abteilung Innere Medizin II, Medizinische Universitätsklinik Freiburg
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Publication History

Publication Date:
10 August 2011 (online)

Nur wenige Jahre ist es her, dass mit Einführung von Inhibitoren des Tumornekrosefaktors eine neue Ära in der Therapie von rheumatischen Erkrankungen eingeläutet wurde. Basierend auf dem immer besseren Verständnis der molekularen und immunologischen Vorgänge sowie der Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen konnten gezielt Substanzen entwickelt werden, die in Schlüsselvorgänge der Entzündung oder des Knochenabbaus eingreifen. Inzwischen sind mehr als zehn dieser Substanzen – wegen ihrer Proteinnatur „Biologika” genannt – in die Therapie von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen eingeführt und haben Quantensprünge ausgelöst. Quantensprünge zunächst in der medikamentösen Therapie, in der Folge aber auch im gesamten Betreuungskonzept unserer Patienten.

Gerade im letzten Jahr wurden die neuen Kriterien des „American College of Rheumatology” (ACR) und der „European League against Rheumatism” (EULAR) zur Klassifikation der rheumatoiden Arthritis aufgestellt. Diese sind genauso wie die ebenfalls 2010 publizierten EULAR-Empfehlungen zum Vorgehen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und zur zielorientierten Therapie Ausdruck eines grundlegend geänderten Konzepts der frühen, konsequenten und intensiven Therapie mit einem klaren Ziel. Wenn wir heute als Therapieziel die „Remission” haben, ist dieses sowohl ambitioniert wie auch realistisch. Wenn wir mit unseren Patienten über therapiefreie Intervalle sprechen und uns zunehmend damit beschäftigen, wann wir eine erfolgreiche Therapie gefahrlos wieder absetzen können, ist das eine Entwicklung, die noch vor 20 Jahren nicht zu ahnen war, war man doch froh, die klinischen Beschwerden überhaupt unterdrücken zu können.

Die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Zusammenarbeit mit der Assoziation für orthopädische Rheumatologie und der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, die vom 31.8. bis zum 3.9.2011 in München stattfindet, beleuchtet gesamthaft die sich aus der ungebremsten Dynamik unseres Faches ergebenden Aspekte. Dazu gehören nicht nur die medikamentösen Therapien, ihre Sicherheit und Effizienz, sondern auch zunehmend neue Indikationen und Behandlungsmöglichkeiten.

Das vorliegende Schwerpunktheft zum Kongress zeigt einige der besonders spannenden neuen Entwicklungen. Dazu gehört die adaptive, also die spezifische Immunologie, deren Verständnis die Grundlage für die Entwicklung der Biologika ist, das ewig aktuelle Thema der Borreliosen, eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Absetzen einer erfolgreichen Therapie gewagt werden kann und wenn ja, bei wem, aber auch die Frage, ob im Zeitalter der Biologika lang erprobte Medikamente wie das Gold noch einen Stellenwert haben. Zu den neuen Indikationen, für es es Innovationen gibt oder bald geben wird, gehören u. a. die Gicht und der Morbus Still des Erwachsenen. Eine besonders spannende Diskussion findet zunehmend bei den Erkrankungen statt, bei denen vermutlich das Inflammasom eine Rolle spielt, wie die periodischen Fiebersyndrome. So wird in diesem Heft die häufige Kombination von Fieber und Arthritis unter einem besonderen Aspekt dargestellt.

Und letztlich wären wir nicht Rheumatologen, wenn wir nicht bereits über neue Therapieprinzipien nachdenken würden. Die sicher umfassendste Erneuerung, die bisher therapeutisch eingesetzt wird, ist die Stammzelltransplantation zur ultimativen Behandlung therapierefraktärer entzündlich-rheumatischer Erkrankungen. Der Beitrag in diesem Heft gibt einen hervorragenden Überblick über bisherige Erfahrungen und Zukunftsaussichten. Last but not least bietet das MediQuiz die Möglichkeit, die eigenen Kenntnisse zu prüfen und einen für die zu Grunde liegende Erkrankung typischen radiologischen Befund einzuordnen. Das gelingt bestimmt!

Viel Freude mit der Rheumatologie und viel Freude in München auf der Jahrestagung

Ihr

Hendrik Schulze-Koops

Hubert E. Blum

Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops

Rheumaeinheit
Medizinische Poliklinik
Klinikum der Universität München

Pettenkoferstr. 8a

80336 München

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