Dtsch Med Wochenschr 2025; 150(12): 661-667
DOI: 10.1055/a-2365-0537
Klinischer Fortschritt
Angiologie

Update Raynaud-Syndrom

Update Raynaud Phenomenon
Ludwig Caspary
1   Angiologische Praxis, Hannover, Deutschland
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Was ist neu?

Sozioökonomische Auswirkungen

Unter der Allgemeinbevölkerung in Nordschweden lag die Prävalenz des Raynaud-Phänomens (RP) bei 12%; dies wirkte sich bei auch in kälterer Umgebung arbeitenden Berufstätigen nicht auf die Dauer und Häufigkeit von Erkrankungen und den Lebensunterhalt aus. Patienten mit RP im Rahmen einer Systemischen Sklerose (SSc) hatten zu 25% Beeinträchtigungen in der Gebrauchsfähigkeit der Hände, mit Tendenz zur Verschlechterung, allerdings oft durch Sehnenschäden.

Einflussfaktoren

Patienten mit niedrigerem Body-Mass-Index (BMI) sind häufiger vom RP betroffen. Es tritt auch öfter auf, wenn Patienten Gewicht verlieren, durchaus auch als Folge von Diäten. Auch bei niedrigen Außentemperaturen kommt das RP häufig vor. Diese Abhängigkeit betrifft nicht nur das primäre RP – ein klarer Zusammenhang lässt sich auch bei zugrunde liegender SSc nachweisen.

Ursachen

Angststörungen und Depressionen sind bei Menschen mit RP öfter anzutreffen als in der Normalbevölkerung – und können umgekehrt die Entstehung eines RP offenbar mit hervorrufen. Auch bei Diagnose einer peripheren sensorischen Polyneuropathie tritt das RP häufiger auf. Mehrere Medikamente können zur Liste der RP-Verursacher addiert werden, auch Silikon aus Brustimplantaten.

Diagnostik

Bei neu aufgetretenem RP kann es sich um eine Frühform der SSc (VEDOSS) handeln. Die Nagelfalz-Kapillarmikroskopie ist ein wichtiger Baustein für die Diagnose der SSc. Um diese zu stellen, sind die Kapillarveränderungen allein aber nicht hinreichend. Treten keine weiteren Krankheitsmerkmale hinzu, kann man nach 5–10 Jahren wohl von einem primären RP ausgehen.

Therapie

Beim primären RP stehen kälteprophylaktische Maßnahmen im Vordergrund. Beheizbare Handschuhe helfen, ein RP zu reduzieren. Dabei scheint die Verwendung von Silberfäden keine zusätzlichen Vorteile zu bringen. Zur medikamentösen Behandlung bei der SSc sind neue Leitlinien der EULAR (European Alliance of Associations for Rheumatology) und der BSR (British Society for Rheumatology) erschienen. Kalziumkanalblocker (CCB) werden zur Initialtherapie empfohlen, daneben Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE5-Hemmer) und Prostanoide. Beim Auftreten von Fingernekrosen bringen CCB offenbar keine Vorteile. Hier kann neben PDE5-Hemmern, Prostanoiden und dem Endothelin-Antagonisten Bosentan auch Botulinum-A-Toxin lokal angewendet werden – empfohlen wird dies bisher nur von der britischen Leitlinie. Beim RP ist ein erheblicher Placebo-Effekt zu berücksichtigen. Euphorischen Fallstudien stehen oft ernüchternde kontrollierte Studien gegenüber. Eine lokale Applikation von aus Fettgewebe gewonnenen Fett-, Bindegewebe- und Stammzellen könnte bei RP-Patienten mit SSc deren Schmerzen und die Gebrauchsbeeinträchtigung der Hände bessern.

Abstract

Several new aspects concerning Raynaud’s phenomenon (RP) are highlighted. Low weight is a known factor for the manifestation of RP, but RP may also be triggered by intended or unintended weight loss. RP is more frequent in presence of depression or anxiety disorders which may be revealed by questionnaires. The socioeconomic effect of RP is small in most of the patients; as far as they aren’t engaged in professions with cold exposition, ability to work is not restricted. However, if systemic sclerosis (SSc) is the underlying disease of RP, disability rates are considerable due to finger necrosis and soft tissue damages. Capillaroscopy may be a decisive tool to disclose SSc being the underlying disorder for RP. However, a pathological capillaroscopy pattern is no proof of SSc and not diagnostic if antinuclear antibodies are absent; the predictive value of puffy fingers and specific antibodies is superior. Medical treatment is restricted to severe forms of RP, which are often caused by SSc. Calcium channel blockers have the highest propagation but should not be used in case of digital ulcers. Prostanoids seem to be of greater value, phophodiesterase inhibitors have a small effect and Bosentan may reduce the appearance of new ulcers. Botulinum-A may be considered if ulcers and pain are prevailing. With all options of treatment a considerable placebo effect has to be regarded. Promising case series for several drugs were followed by disillusioning controlled studies. Autologous fat or adipose-derived stem cell grafting is a recent therapeutic approach for SSc patients with severe and disabling course of disease who cannot use their hands anymore, but the best form of application is not yet determined.



Publication History

Article published online:
19 May 2025

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