ergopraxis 2019; 12(05): 43-45
DOI: 10.1055/a-0864-3021
Perspektiven
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Qualifizierte Mitarbeiter finden

Dennis Kraus

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Publication Date:
03 May 2019 (online)

 

Im Schnitt suchen Inhaber von physiotherapeutischen Praxen mehr als 150 Tage nach neuen Mitarbeitern. Bei Ergotherapeuten ist die Lage nicht anders – man kann also sagen, dass die aktuelle Mitarbeitersituation mehr als bescheiden aussieht. Es braucht Ideen, auch ungewöhnliche. physiopraxis-Themenscout Dennis Kraus gibt ein paar wertvolle Tipps, wie die Suche erfolgreich werden kann.


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Dennis Kraus ist seit 18 Jahren mit Leib und Seele Physiotherapeut. Er referiert national und international zu den Themen Werbung und Marketing.

Fehlende Therapeuten bedeuten mangelhafte Versorgung der Patienten und Klienten und führen zu Problemen beim zeitnahen Bereitstellen von Terminen für Akutpatienten. Das ist für Therapeuten unbefriedigend und lässt auch die Patientenzufriedenheit sinken. Jeder nicht besetzte Therapeutenplatz führt zudem zu fehlenden Umsätzen und Gewinnen für die Praxis, was je nach Struktur der Einrichtung ein existenzielles Problem für den Inhaber sein kann. Es ist also entscheidend, sich Gedanken darüber zu machen, wie sich neue Mitarbeiter für die Praxis rekrutieren lassen. Und dies im Idealfall bereits dann, wenn noch kein Mangel besteht. Denn längst gibt es keinen Kampf mehr um Patienten oder Klienten unter den Therapeuten, sondern einen Kampf um qualifiziertes Personal.

Verlassen Sie sich bei der Mitarbeitersuche nicht mehr auf die klassischen Mittel und Wege. Eine nichtssagende Zeitungsannonce nach dem Motto: „Junges dynamisches Team sucht flexiblen engagierten Mitarbeiter“ hat früher eventuell mal funktioniert, ist heute aber sehr wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt. Es braucht mehr Kreativität.

Gehen Sie bei der Mitarbeitersuche neue Wege. Die klassische Zeitungsannonce ist längst nicht mehr zeitgemäß.

Hier kommen fünf Tipps für die erfolgreiche Mitarbeitersuche.

1. Machen Sie Ihre Website zur Mitarbeiter „Suchmaschine“

Längst müssen Therapeuten nicht mehr um Patienten buhlen. Stellen Sie statt Infos für Patienten Ihr Jobangebot auf die Startseite Ihrer Website. Idealerweise mit einem Video, in dem Sie Ihre Praxis vorstellen, sich selbst oder das gesamte Team, und in dem Sie aufzeigen, warum es sich lohnt, bei Ihnen zu arbeiten – und nicht bei der Nachbarpraxis. Vermeiden Sie dabei Floskeln wie „junges und dynamisches Team“ und erklären Sie stattdessen, was die Begriffe konkret für den Suchenden bedeuten. Zeigen Sie, dass Sie mit solch einem Team arbeiten.

Verlinken Sie auf diese Website in allen Ihnen zugänglichen Social-Media-Kanälen wie Facebook, Instagram, YouTube etc. Und bitten Sie aktiv darum, dass dieser Link geteilt wird, um Ihre Reichweite zu erhöhen. Trauen Sie sich das einfach. Es geht um Ihr Unternehmen und Ihre Klienten und Patienten.


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2. Nutzen Sie Social Media

Heute existieren beispielsweise auf Facebook physiotherapeutische Gruppen mit mehr als 30.000 Mitgliedern. Stellen Sie dort Ihr aussagekräftiges Angebot ein. Das kostet nichts und zeigt erfahrungsgemäß immer wieder den gewünschten Erfolg. Auch hier gilt: Stechen Sie aus der Masse heraus. Es reicht nicht, eine gedruckte Anzeige abzufotografieren und online zu bringen. Schreiben Sie stattdessen einen frischen, mutigen Text, so als würden Sie sich mit einem sehr guten Freund über Ihre Suche unterhalten. Ergänzen Sie den Text mit einem Bild, das Aufmerksamkeit weckt – und das im Übrigen gar nichts mit Ihrer Praxis zu tun haben muss. Lizenzfreie Bilder finden Sie zum Beispiel auf www.pixabay.com.

Werden Sie konkret. Zeigen Sie direkt auf, welche Vorteile der Arbeitssuchende hat, wenn er sich für Sie entscheidet.

Neben den genannten fachspezifischen Gruppen können Sie auch die Facebook-Algorithmen für sich arbeiten lassen und eine kostenpflichtige Anzeige erstellen (lassen), die „lasergenau“ Ihre Zielgruppe erreicht. Hier ist die Hilfe eines Profis mehr als hilfreich. Lassen Sie sich nicht von den Kosten abschrecken. Eine nicht besetzte Stelle kostet in 150 Tagen dramatisch viel mehr Geld als eine professionelle Hilfe bei der Mitarbeitersuche. Beherzigen Sie das.


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3. Stellen Sie immer den Benefit für zukünftige Mitarbeiter klar heraus

Ein Benefit ist der Nutzen hinter einer Aussage. Ein Beispiel: „Gut ausgestattete Praxis mit Trainingsgeräten“ – was bedeutet das? Es ist eigentlich nur eine Floskel, hinter der sich alles und nichts verstecken kann.

„200 Quadratmeter Trainingsfläche mit modernen Geräten und einem funktionellen Bereich mit Kurz- und Langhanteln sowie multifunktionellen Seilzügen steht für die Arbeit mit Ihren Patienten zur Verfügung. Diese kann jederzeit kostenlos auch von Ihnen für Ihre Gesundheit und zum Vergnügen benutzt werden.“ Das ist eine Aussage mit Benefit. Andere konkrete Beispiele:

  • Mitarbeiter dürfen das Dienstfahrzeug für Hausbesuche als Geschäftswagen nutzen.

  • Abends und an den Wochenenden finden Yogakurse in den Praxisräumen statt – die Teilnahme an diesen Kursen ist für Mitarbeiter kostenlos.

  • ICF, ergotherapeutische Modelle, Leitlinien und Betätigungsorientierung sind nicht nur theoretische Begriffe, sie werden bei Ihnen gelebt.

Hinterfragen Sie grundsätzlich jede Ihrer Aussagen im Jobangebot. Verzichten Sie bewusst auf jeden Lückenfüller und jede Floskel, trumpfen Sie auf mit Nutzwert.

Hier noch ein paar Beispiele für Texte, die den Benefit betonen:

  • klare Arbeitszeiten (Die junge Generation liebt Sicherheit und Planbarkeit.)

  • keine Wochenendarbeit (oder gezielt nach Menschen suchen, die NUR das wollen)

  • betriebliche Altersvorsorge (Altersarmut droht den meisten Therapeuten)

  • Diensthandy, Tablet etc.

  • Tankgutschein

  • Dienstfahrzeug für Hausbesuche

  • Abnahme von Organisationstätigkeiten durch Rezeptionskraft

  • Bereitstellen von Dienstkleidung

  • Übernahme von Weiterbildung

  • regelmäßige Teambesprechungen

  • kostenlose Vereinsmitgliedschaften

  • Hilfe bei der Wohnungssuche

  • Übernahme von Kitakosten

  • praxisinterne Events und Ausflüge in der Freizeit, zum Beispiel einmal im Jahr ein Wellness-Wochenende als Betriebsausflug

  • praxisinterne Schulungen, auch durch externe Dozenten

  • regelmäßige Einzelgespräche, um individuelle Stärken und Talente zu fördern

  • Gehaltsmodelle, die zusätzlichen Anreiz für Mehrarbeit bieten, wie beispielsweise Provisionsmodelle


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4. Gehen Sie an die Quelle

Machen Sie dort auf sich aufmerksam, wo die nächste Generation an Therapeuten in den Startlöchern sitzt: an Schulen und Hochschulen! Bieten Sie Praktikumsplätze an. Bieten Sie Vorträge über Ihr Fachgebiet direkt vor Ort für Schüler und Studenten an.

Eine 150 Tage nicht besetzte Stelle ist deutlich teurer als professionelle Hilfe bei der Mitarbeitersuche

Machen Sie sich Gedanken über die Übernahme der Ausbildungskosten beispielsweise des letzten Ausbildungsjahrs im Sinne eines Stipendiums bei vorzeitiger Verpflichtung für Ihre Praxis. Was auf den ersten Blick irrsinnig und teuer klingt, ist bei genauer Betrachtung immer noch günstiger als eine 150 Tage unbesetzte Stelle.


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5. Nutzen Sie Netzwerke

Zufriedene Mitarbeiter haben in der Regel kein Problem damit, für Sie aktiv nach Mitarbeitern Ausschau zu halten. Jeder Therapeut kennt jede Menge weitere Therapeuten, die wiederum weitere Therapeuten kennen … Besonders interessant für Ihre Mitarbeiter wird diese Art der Suche durch „Erfolgsprämien“ für die erfolgreiche Vermittlung.

Knüpfen Sie beispielsweise auf lokalen Messen Kontakte zu anderen Therapeuten. Zeigen Sie Präsenz bei Therapeuten-Stammtischen etc. Je mehr Sie wahrgenommen werden, desto einfacher wird die Suche – und gepflegte Netzwerke sind unendlich wertvoll.


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Ein wichtiger Hinweis zum Schluss

Der beste Mitarbeiter ist der, der Ihre Praxis gar nicht erst verlässt und deshalb auch nicht ersetzt werden muss. Deshalb ist es enorm wichtig, für optimale Bedingungen zu sorgen, um eine Abwanderung zu verhindern.

Hier gelten grundsätzlich die gleichen Punkte, die zuvor bereits aufgeführt wurden. Zusätzlich möchte ich Ihnen folgende Überlegung ans Herz legen: Nur ein Mitarbeiter, der Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten hat und Chancen auf eine – geregelte – Selbstbestimmung, wird langfristig zufrieden sein und Ihnen somit eher erhalten bleiben.

Lassen Sie ruhig einmal eine externe Person Ihre Praxis analysieren und Sie oder am besten Ihr ganzes Team (Teambuilding) gezielt beraten. Denn oft tritt nach Jahren eine gewisse Betriebsblindheit auf, die nicht nur Ihnen selbst, sondern auch Ihrem wirtschaftlichen Praxiserfolg schaden kann. Lassen Sie es nicht soweit kommen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!


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