ergopraxis 2019; 12(01): 34-38
DOI: 10.1055/a-0732-9550
Ergotherapie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

2 × 3 = 4 – Rechenfertigkeiten in der Vor- und Grundschule

Kerstin Diehl

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Publikationsdatum:
04. Januar 2019 (online)

 

Kindern mit Dyskalkulie fällt es schwer, mit schulischen Methoden rechnen zu lernen. Durch ihre Rechenschwäche brauchen sie besondere Unterstützung, wenn es darum geht, ein Verständnis für Mengen zu entwickeln. Erfahren Sie, wie Ergotherapeuten Kinder im Vor- und Grundschulalter beim Erlernen der grundlegenden Rechenfertigkeiten unterstützen können.


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Kerstin Diehl

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Kerstin Diehl, Ergotherapeutin seit 1989, arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis mit Bärbel Endres in Bad Dürkheim. Sie behandelt Kinder mit Entwicklungs-, Verhaltens- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie Erwachsene mit neurologischen und demenziellen Erkrankungen. Die Autorin hat ein Patent zum vorgestellten Rechenrahmen am 29.3.2018 eingereicht. Kontakt: diehlkerstin@web.de

Dennis ging schon im Vorschulalter regelmäßig in die Ergotherapie, immer aufgrund einer Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörung. Nach der Diagnosestellung Rechenstörung (Dyskalkulie) kam er im Verlauf der dritten Klasse einer Schwerpunktschule wieder zu uns in die Praxis. In einer solchen Schule bieten Lehrer und Sonderpädagogen (Förderschulkräfte und pädagogische Fachkräfte) gemeinsam einen inklusiven Unterricht an.

Der 8-jährige Dennis entwickelte während der Vorschule keinen Mengenbegriff und konnte deshalb auch nicht lernen, Zahlen zu zerlegen. So fehlte ihm in der Schule die Grundlage, um das Dezimalsystem zu begreifen. Er fasste im Rechenunterricht Lerninhalte anders auf als Kinder ohne Rechenschwäche. Die Anschauungsmaterialien und Begrifflichkeiten wie Zehnerstangen können für andere Kinder Orientierung bieten, aber Dennis' fehlende Grundlagen nicht ersetzen. Auch die intensive Arbeit mit der Hundertertafel in der Schule unterstützte sein Festhalten am Ordinalprinzip. Das wiederholende Üben der Aufgaben auf der Grundlage dieser Missverständnisse brachte ihm nur Frustrationen, welche in Verweigerung mündeten. In der Schule rechnet Dennis nur mit intensiver Betreuung durch einen Lehrer oder einen Sonderpädagogen. Zu Hause eskaliert die Hausaufgabensituation oft: Er ist aktiv, impulsiv und motorisch unruhig. Im Unterricht spricht der Schüler häufig unaufge-fordert. Er antwortet schnell und unreflektiert. Ohne Betreuung arbeitet Dennis ineffektiv und unsystematisch.

S3-Leitlinie zur Dyskalkulie

Im März 2018 erschien die S3-Leitlinie für Dyskalkulie zur Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung unter Federführung der Fachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) [1]. Darin wird unter anderem definiert, hinsichtlich welcher Kompetenzen sich Menschen mit Rechenstörung von Menschen ohne Rechenstörung unterscheiden:

  • Sie machen bei mathematischen Aufgaben mehr Fehler und benötigen länger zum Lösen einer Rechen- oder Textaufgabe.

  • Häufig weisen sie geringere Kompetenzen im sogenannten „visuell-räumlichen Notizblock“, auf. Dabei handelt es sich um den Teil des Arbeitsgedächtnisses, der für das vorübergehende Speichern von räumlich-visuellen Informationen verantwortlich ist. Mit ihm kann man sich das Gesehene vorstellen und manipulieren.

  • Sie haben Schwierigkeiten, ablenkende Reize zu unterdrücken, um Aufgaben zügig zu lösen.


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Verständnis für Mathematik

Tiefgreifende Verständnisprobleme im arithmetischen Grundlagenbereich und dem Dezimalsystem verhindern das Erlernen der einfachen Grundrechenarten und das Verständnis für Textaufgaben. Kinder mit Dyskalkulie …

  • erkennen Zahlen und Ziffern zwar und ordnen sie zu, sie erfassen sie jedoch numerisch/ordnend und nicht als Mengenangabe. Sie können die Zahl nicht zerlegen. Das Hinzurechnen und Abziehen von Mengen erfolgt zählend.

  • bewältigen ihre Rechenaufgaben mechanisch nach Anleitung, verstehen sie aber nicht. Bei veränderten Aufgabenstellungen können sie erlernte Lösungswege nicht anpassen. Sie verknüpfen Zahlen- und Mengenangaben wahllos.

Das Rechnen bleibt abhängig von Rechenhilfen wie diversen Rechenschiebern, der Hundertertafel, dem Zahlenstrahl, LÜK-Kästen oder auch den Fingern. Der gezielte Einsatz dieser Hilfen ist häufig aufgrund von Ungeschicklichkeit, Koordinationsstörungen oder Problemen der Selbststeuerung erschwert.

Menschen mit Dyskalkulie rechnen mechanisch nach Anleitung.

Da das reine Üben von Rechenoperationen den Kindern nicht hilft, sinken Inner Drive, Aufmerksamkeit und Selbstvertrauen. Sie resignieren. Dies äußert sich bei den einen durch Passivität, bei den anderen durch unreflektierte Aktivität. Beides führt zu negativen Gefühlen, welche das Lernen blockieren. Ohne Interventionen ist das Niveau der Schulabschlüsse der Betroffenen laut BVL deutlich geringer im Vergleich zu den nicht Betroffenen.


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Rechnen lernen

Abzählen erlernen Kinder in der Regel mit sprachmotorischer Kontrolle. Die visuelle Gedächtnisspur, also die Merkfähigkeit für den bereits gezählten Bereich, entwickelt sich, sodass die Kinder vorgegebenes Material sicher abzählen können, ohne etwas doppelt zu zählen oder auszulassen. Sie zählen hoch und runter, teilen, punkten, gewinnen und verlieren, mit einem ständigen Wechsel zwischen Abzählen (Ordinalzahlen) und Mengenvergleich (Kardinalzahl). Sie lernen Verhältnis- und Zahlwörter kennen (weniger, mehr, gleich, das Doppelte, die Hälfte). Die Entscheidung, „wer mehr hat“, birgt das Mächtigkeitsverständnis. Es beschreibt die Fähigkeit, mehrere Elemente zu einer Summe zusammenzufassen und daraufhin diese Summe mit anderen Mengen in Beziehung zu stellen: „Ist Menge A mehr oder weniger als Menge B?“

Der Zahlenbegriff festigt sich zunächst im ein-, später im zweistelligen Bereich. Das Verständnis für das Dezimal- und Stellenwertsystem sowie der Umgang mit einer Menge durch Rechenoperationen befördern sich gegenseitig. Die Kinder lernen, Aufgaben selbstständig zu lösen. Sie steigern ihr Tempo und arbeiten trotz Ablenkung weiter.


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Mit Zehnern und Einern rechnen

Dennis zeigt mir in der Ergotherapie, welche mathematischen Fertigkeiten er in der Schule gelernt hat. Das sind vor allem das Schreiben von Zehnern und Einern, die Subtraktion und das Rechnen im Kopf.

Er erklärt mir das Zahlenschreiben und Rechnen in Rot und Blau. Er schreibt eine 27 so: 27. In der Schule hat er gelernt, dass man die Zehner blau und die Einer rot schreibt. Ich frage ihn, was passiert, wenn man einen Zehner von der 27 wegnimmt. Daraufhin sagt er: „Dann habe ich 17, weil aus der 2 eine 1 wird.“ Ich möchte, dass er mir die Menge 27 auf einer Hundertertafel zeigt, die er auch aus der Schule kennt. Dennis deckt durch Abzählen einen Teil der Hundertertafel ab, sodass nur noch 27 Kästchen zu sehen sind. Dann zählt er 10 Kästchen ab und verdeckt auch diese. Stolz zeigt er mir die Menge 17. Ich lobe ihn und möchte ihm zeigen, dass es auch ohne Abzählen geht: „Kannst du noch mal 27 zeigen? Schau her, ich verdecke diese ganze obere Reihe mit 10 Kästchen …“. Dennis wird ungehalten und möchte nicht mehr mitmachen. Er erklärt: „Das kann so gar nicht gehen. Wie soll ich denn jetzt noch den richtigen Platz der Zahl finden, wenn du an der falschen Seite was abdeckst!“ Dennis möchte mir nicht die Menge 27, sondern das Kästchen der 27 als Ordinalzahl zeigen. Dies macht deutlich, dass der Schüler noch kein Mächtigkeitsverständnis von Mengen entwickelt hat.

In der Schule bekommen Kinder beigebracht, die Hundertertafel „auswendig“ zu lernen, so als würden sie in einem Hochhaus genau wissen, wer neben, unter oder über wem wohnt. Sie ordnen den Namen einer Zahl einem bestimmten Platz zu. Die Zahlen sollten beim Rechnen aber nicht an ihren Platz gebunden sein. Das herkömmliche Arbeiten mit der Hundertertafel unterstützt das ordinale Denken und verhindert das Arbeiten mit der Menge. Das Kind arbeitet mechanisch nach Anleitung und gibt auf, wenn die Darstellung eines Rechenvorgangs nicht mehr in das System passt, das es auswendig gelernt hat.


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Mechanisches Subtrahieren

Dennis hat in der Schule ein mechanisches Vorgehen gelernt, wenn er „minus 9“ rechnen soll: Im ersten Schritt rechnet er minus 10, im zweiten plus 1, wie bei der Rechnung 44 – 9. Dafür schreibt Dennis zunächst: 44. Dann rechnet er: 449 = 53. Das ist falsch, da Dennis gelernt hat, dass er von einer der Ziffern 1 abziehen und zu der anderen 1 dazuzählen soll. Er hat sich aber nicht gemerkt, bei welcher Ziffer er was machen muss. Im ersten Schritt rechnet er also nicht minus 10, sondern zieht von einer 4 eins ab und zählt zu der anderen 4 eins dazu. Beim Notieren des Ergebnisses weiß er nicht mehr, wo welche Ziffer stehen soll.

Aufgrund des mangelnden Verständnisses für das Dezimalsystem ist die Anwendung der Farben und Positionen der Ziffern leeres Wissen, welches leicht zu Fehlern führt. Die Zuordnung einer Farbe zum Stellenwert lenkt von der Bedeutung des Platzes für den Wert ab und birgt dazu noch das Problem der Ähnlichkeitshemmung.


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Lust am Rechnen entwickeln

Beim Kopfrechnen macht Dennis häufig Fehler. Wenn er beim Einkaufenspielen beispielsweise zwei Dinge einkauft, passiert es ihm, dass er zunächst den Preis der einen Ware von dem der anderen subtrahiert, statt beides von seinem Geld abzuziehen. Dennis erklärt: „Hier habe ich 20 €. Jetzt kaufe ich eine Puppe für 11 € und ein Kaugummi für 1 €. Jetzt rechne ich 11 – 1= 10. Dann habe ich noch … 10 € übrig.“ Er weiß nicht, wie er im Kopf zu einem sinnvollen Ergebnis kommen soll.

Dennis‘ Eltern wünschen sich, dass er Lust am Rechnen entwickelt und sich langfristig ausreichende Rechenfertigkeiten aneignet, um einen entsprechenden Schulabschluss zu machen. Mit der Ergotherapeutin erarbeiten die Eltern eine erste Zielsetzung: Zur Verbesserung seiner Rechenfertigkeiten entwickelt Dennis einen sicheren Zahlenbegriff, ein Mächtigkeitsverständnis, Sicherheit im Zahlenschreiben (keine Zahlendreher) und ein Verständnis für das Dezimalsystem bei Addition und Subtraktion. Er lernt, selbstständig und fehlerfrei einfachste Aufgaben in einem schnelleren Tempo zu rechnen und aufzuschreiben. Außerdem soll er Rechenaufgaben zunächst selbstständig mit Rechenhilfen und später aus der Vorstellung heraus lösen und aufschreiben.


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Der Auftrag an die Ergotherapie

Der ergotherapeutische Auftrag besteht zunächst darin, die Motivation für das Lernen beim Kind zu wecken. Ohne diese Grundlage ist es nicht möglich, an den Schwierigkeiten beim Rechnen zu arbeiten. Folgendes gehört dazu:

  • Motivation sichern: Dennis hat momentan keine Lust zu rechnen. Er hat die Erfahrung gemacht, dass er trotz Anstrengung nicht besser wird. Ich finde mit ihm gemeinsam einen Anreiz, gut mitzuarbeiten, indem er Punkte für Spielminuten am Ende einer Therapieeinheit sammelt.

  • Impulskontrolle steigern: Aufgrund seiner Aufmerksamkeitsstörung arbeitet Dennis mit reduzierter Impulskontrolle. Er erhält Angebote, bei denen er lernt, automatisierte Handlungen zu unterbrechen und seine Reaktion noch mal kurz zu überdenken, zum Beispiel bei Reaktionsspielen wie Halli Galli.

  • Schwierigkeitsgrad anpassen: Dennis bekommt Aufgaben, die er mit gutem Tempo und annähernd fehlerfrei schaffen kann, sodass eine Automatisierung einsetzen kann.

  • Selbstkontrolle ermöglichen: Fehler werden von der Therapeutin nicht als Fehler benannt. Das Kind erhält die Aufforderung, zu der ein oder anderen Aufgabe zu zeigen, wie es die Aufgabe gelöst hat, also den Rechenweg Schritt für Schirtt zu erklären. Dadurch reflektiert es sein Tun, überprüft und verbessert Fehler aus sich heraus. Es erlebt sich kompetent und selbstwirksam.

  • Nicht ablenken lassen: Dennis übt, sich bei simplen Aufgaben nicht ablenken zu lassen und die Augen bei der Aufgabe zu halten.

  • Entlastung des visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses: Die Möglichkeit, Rechenschritte handelnd darzustellen, erhöht die kognitiven Kapazitäten für den Rechenvorgang, zum Beispiel durch Einkaufsspiele mit Spielgeld.

  • Anregungen zum Aufbau des mentalen Zahlenraums: Dennis kann Gedächtniskapazitäten aufbauen, indem er sich zum Beispiel beim Rechnen mit Gummibärchen vorstellt, wie viele sich davon unter einer Hand befinden.

  • Zusammenarbeit der Lehrer, Eltern und der Ergotherapeutin: Je mehr Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Disziplinen bestehen, umso besser kann das Lernen funktionieren.


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Zahlenbegriff und Mächtigkeitsverständnis entwickeln

Ich gebe Dennis Anregungen zum Zählen, er soll zum Beispiel beim Kegeln abzählen, wie viele Kegel er umgeworfen hat. Wir zählen sie laut ab, wobei deutlich werden soll, dass die zuletzt genannte Zahl die gesuchte Menge an umgefallenen Kegeln bezeichnet.

Das simultane Erkennen löst das Zählen kleiner Mengen ab und ermöglicht es, zwei bis vier Stimuli in ihrer Summe zu erfassen: Hierfür erhält Dennis die Aufforderung, blitzschnell zu erkennen, wie viele Steine unter meiner Hand liegen. Dazu hebe ich die Hand im Sekundenfenster ab und lege sie wieder auf, um zu verhindern, dass er die Steine, die ich ihm zeige, abzählt.

Dann folgt ein erster Schritt zum Rechnen: Dennis sieht und benennt eine Menge von zum Beispiel 5 Gummibärchen. Ich zeige ihm einen Teil dieser Menge (3) unter meiner rechten Hand. Den Rest verstecke ich unter meiner linken Hand. Dann frage ich ihn: „Wie viele liegen unter der linken Hand?“

Mithilfe der Rechenschieber bleibt der Rechenweg vollständig sichtbar.

Eine Rechenhilfe in Form eines Hauses bildet den Übergang zum Kopfrechnen ([ABB. 2], S. 35). Das Haus hat eine Tür und einen Verbindungsschlitz, in den man Mengenkarten so einschieben kann, dass nur noch ein Teil der Menge sichtbar ist. Dabei kann spielerisch die Sprache des Rechnens gelernt werden: teilen, das Gleiche, wer hat weniger/mehr, eins dazu, zwei weg.

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ABB. 2 Eine Rechenhilfe für Kinder ist dieses dieses Haus: Die Tür kann Mengen teilweise ab- und wieder aufdecken.
Abb.: K. Diehl [rerif]

Eine weitere Rechenhilfe ist der 10er-Schieber ([ABB. 3], s. 37). Dennis lernt mit ihm das schnelle Ergänzen auf den vollen Zehner. Je fünf Kästchen nebeneinander haben eine Farbe, um das simultane Erkennen der Menge zu unterstützen. Er übt mit seinem 10er-Schieber zu Hause gemeinsam mit seinen Eltern weiter und beginnt die Ergänzungen im Zehnerbereich zu automatisieren.

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ABB. 3 Dennis erkennt beim 10er-Schieber auf einen Blick, dass fünf blaue und zwei rote Kästchen angezeigt sind. Er rechnet 5 + 2 und kommt auf 7.
Abb.: RFBSIP/adobe.stock.com (nachgestellte Situation)

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Mehrstellige Zahlen richtig schreiben

Ist Dennis unsicher beim Zahlenschreiben, notiere ich Ziffern auf kleine Karten. Wenn er eine zweistellige Zahl schreiben soll, benennt er sie zunächst und „baut“ sie dann aus den Kärtchen zusammen. Die Kärtchen können beispielsweise von 1 bis 20 gehen. Wenn Dennis eine „22“ legen soll, nimmt er sich eine 20 und eine 2 und legt sie übereinander. Dadurch trainiert er sein Verständnis für Mengen. In diesem Fall besteht eine Summe aus zwei Mengen, die sich zusammenfügen.


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Mengen mithilfe des Ergänzungsschiebers darstellen

Damit sich Kinder den Aufbau des Zahlenraums besser vorstellen können, habe ich zwei Rechengeräte entwickelt: einen Ergänzungsschieber und einen Rechenrahmen. Der Ergänzungsschieber hilft beim Lösen von Ergänzungsaufgaben ([ABB. 4], S. 37). Dabei muss das Kind beispielsweise die Menge nennen, die fehlt, um von 34 auf 50 zu kommen. Mit dem Schieber kann man Mengen nach oben durch einen Schlitz schieben, wodurch nacheinander Zehnerstreifen verschwinden. Der unterste Zehnerstreifen kann nach links verschwinden, sodass nur noch Teile des Zehnerstreifens (Einer) sichtbar sind. Die verschwundene Menge versteckt sich hinter zwei Klappen, die man umdrehen kann, Die Zehner oben, die Einer links.

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ABB. 4 Ergänzungsschieber: Mit dieser Rechenhilfe kann man Ergänzungsaufgaben mit der Menge 50 durchführen. Die herausgeschobene Menge verbirgt sich hinter Klappen. So kann sich das Kind stets selbst überprüfen. Es gibt je eine Klappe für die Zehner (oben) und die Einer (links).
Abb.: K. Diehl [rerif]

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Addition und Subtraktion mithilfe des Rechenrahmens lösen

Die zweite Rechenhilfe, die ich entwickelt habe, ist ein Rechenrahmen ([ABB. 5] UND [6], S. 37). Damit kann Dennis beliebige Additions-, Subtraktions- und Ergänzungsaufgaben im Hunderterbereich lösen beziehungsweise seine Ergebnisse selbstständig überprüfen. Für Additionsaufgaben verwendet man Zehner- und Einer-Streifen in zwei verschiedenen Farben ([ABB. 5], S. 37). So kann man den ersten Summanden in Weiß und den zweiten Summanden in Orange darstellen. Beide zusammen ergeben die gesuchte Menge. Bei der Subtraktion verwendet man wieder Zehner- und Einer-Streifen in zwei Farben ([ABB. 6], S. 37). Zunächst stellt man die Ausgangsmenge ein, in diesem Fall 55 (weiße Streifen). Danach legt man die Menge, die davon abgezogen wird, mit einem halbtransparenten Steifen darüber, hier 30 (blaue Streifen). Die Menge, die danach noch weiß bleibt, ist das gesuchte Ergebnis, also 25.

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ABB. 5 Rechenrahmen: Bei der Addition fügt man zwei verschiedenfarbige Mengen in einem Rechenrahmen zusammen. Die Summe daraus ist das Ergebnis der Rechnung. Hier: 66 (weiß) + 20 (orange) = 86.
Abb.: K. Diehl [rerif]
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ABB. 6 Rechenrahmen: Bei der Subtraktion verwendet man halbtransparente Farbstreifen, um die Menge zu kennzeichnen, die abgezogen werden soll. Hier: 55 (weiß) – 30 (blau) = 25.
Abb.: K. Diehl [rerif]

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Rechnen lernen mit der richtigen Hilfe

Die Schieber entlasten das visuell-räumliche Arbeitsgedächtnis, da der Rechenweg mit allen beteiligten Zahlen vollständig sichtbar bleibt – im Gegensatz zu dem herkömmlichen Rechenschieber, bei dem durch das Ergänzen einer Menge der erste Summand verschwindet. Muss sich das Kind nicht mehr so anstrengen, um sich den Rechenweg zu merken, werden kognitive Kapazitäten für das Verständnis der Rechenoperationen frei. Die Kinder lösen sich von der Ordnungszahl, da die Zahlen nicht den Plätzen zugeordnet bleiben, sondern als Menge gesehen werden. Die Selbstkontrolle durch die Rechenhilfen entlastet die Beziehung zwischen Lehrer/Eltern und Kind. Aufgaben selbstständig zu lösen, zu überprüfen, den Fehler zu finden und die Aufgaben neu zu probieren, bis es klappt, entspricht dem Drang der kindlichen Entwicklung. Dieser innere Antrieb mit dem Bewusstsein für die Selbstwirksamkeit schafft die Basis für die weitere Entwicklung der rechnerischen Fertigkeiten.


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ABB. 2 Eine Rechenhilfe für Kinder ist dieses dieses Haus: Die Tür kann Mengen teilweise ab- und wieder aufdecken.
Abb.: K. Diehl [rerif]
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ABB. 3 Dennis erkennt beim 10er-Schieber auf einen Blick, dass fünf blaue und zwei rote Kästchen angezeigt sind. Er rechnet 5 + 2 und kommt auf 7.
Abb.: RFBSIP/adobe.stock.com (nachgestellte Situation)
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ABB. 4 Ergänzungsschieber: Mit dieser Rechenhilfe kann man Ergänzungsaufgaben mit der Menge 50 durchführen. Die herausgeschobene Menge verbirgt sich hinter Klappen. So kann sich das Kind stets selbst überprüfen. Es gibt je eine Klappe für die Zehner (oben) und die Einer (links).
Abb.: K. Diehl [rerif]
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ABB. 5 Rechenrahmen: Bei der Addition fügt man zwei verschiedenfarbige Mengen in einem Rechenrahmen zusammen. Die Summe daraus ist das Ergebnis der Rechnung. Hier: 66 (weiß) + 20 (orange) = 86.
Abb.: K. Diehl [rerif]
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ABB. 6 Rechenrahmen: Bei der Subtraktion verwendet man halbtransparente Farbstreifen, um die Menge zu kennzeichnen, die abgezogen werden soll. Hier: 55 (weiß) – 30 (blau) = 25.
Abb.: K. Diehl [rerif]