Zusammenfassung
Hintergrund Das Optikusscheidenmeningeom manifestiert sich typischerweise mit einer diffusen
Papillenatrophie und mit einem diffusen Gesichtsfeldausfall. Ein zu strenges Befolgen
dieser Regel kann dazu führen, dass ein Optikusscheidenmeningeom im Frühstadium verkannt
wird.
Patient Eine 45jährige Patientin stellte sich wegen einer allmählich zunehmenden Sehverschlechterung
ihres rechten Auges vor. Die obere Papillenhälfte war atrophisch, die untere geschwollen.
Im Gesichtsfeld war die untere Hälfte ausgefallen und die obere deprimiert. Es wurde
die Diagnose einer zweizeitigen anterioren ischämischen Optikusneuropathie gestellt.
Siebzehn Jahre später kam die Patientin mit einem Exophthalmus wieder, als dessen
Ursache sich ein Optikusscheidenmeningeom herausstellte.
Diskussion Das Meningeom könnte vor 17 Jahren ein oder zwei hintere Ziliararterien umwachsen
und verschlossen und dadurch zum Bild der AlON geführt haben. Denkbar wäre aber auch,
dass das Meningeom zunächst die oberen Sehnervenfaserbündel zerstört hat, und die
Schwellung der unteren Papillenhälfte sich als Folge einer allmählichen Kompression
der Zentralvene und eines Rückstaus von Axo-plasma in den noch verbliebenen Fasern
erklärt.
Schlußfolgerung Bei der Kombination von Schwellung und Atrophie einer Papille ist an ein Optikusscheidenmeningeom
zu denken, selbst wenn die beiden Komponenten in unterschiedlichen Sektoren lokalisiert
sind. Im Gegensatz zu dem für anteriore ischämische Optikusneuropathie typischen akuten
Sehverlust entwickelt sich die Sehstörung beim Optikusscheidenmeningeom schleichend.
Summary
Background The optic nerve sheath meningioma usually presents with a diffuse atrophy of the
disc and a diffuse depression of the visual field. Applying this rule too rigidly
can lead to a false diagnosis.
Patient A 45y-old-woman presented with atrophy of the upper disc and a corresponding altitudinal
field defect in her right eye. AION was diagnosed. Seventeen years later the patient
returned with an exophthalmus. The disc was atrophic and a shunt vessel connected
the central retinal vein with the choroid. CT revealed an orbital mass. The diagnosis
of an optic nerve sheath meningioma was made and confirmed at surgery.
Discussion The meningioma may have occluded an upper posterior ciliary artery, mimiking an AION.
Alternatively, the meningioma may have destroyed the fibers running through the upper
half of the disc and caused swelling of the remaining fibers in the lower half of
the disc.
Conclusion In the combination of swelling and atrophy of one disc an optic nerve sheath meningioma
should be considered, even if the two components are located in different sectors.
In optic nerve sheath meningioma vision decreases insidiously as opposed to the acute
drop typical for anterior ischemic optic atrophy.
Schlüsselwörter
Optikusscheidenmeningeom - retinoziliare Shunts - anteriore ischämische Optikusneuropathie
Key words
Optic nerve sheath meningioma - retinociliary vessels - ischemic optic neuropathy