Klin Monbl Augenheilkd 1996; 209(10): 205-210
DOI: 10.1055/s-2008-1035303
© 1996 F. Enke Verlag Stuttgart

Der Einfluß der Interpupillardistanz auf die Tiefensehschärfe

The Influence of Interpupillary Distance on Depth PerceptionRoland Gockeln
  • Klinik für Orth- und Pleoptik (Direktor: Prof. Dr. med. W. de Decker) Augenklinik der Christian-Albrechts-Universität Kiel
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Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 29.02.1996

in der vorliegenden Form angenommen am 11.04.1996

Publication Date:
08 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, welchen Einfluß die Interpupillardistanz (IPD) auf die Tiefensehschärfe ausübt. In der aktuellen Fachliteratur finden sich Hinweise, dass durch die haploskopische Bildtrennung Versuchspersonen mit großer IPD benachteiligt und solche mit kleiner IPD bevorzugt werden. Der Zweck dieser Studie war, den Einfluß der IPD auf das stereoskopische Sehen zu verifizieren, um bei Überprüfung der Stereofähigkeit von verschiedenen Versuchspersonen ein möglichst valides und vergleichbares Resultat zu erzielen.

Versuchspersonen und Methoden Wir untersuchten 58 nor-mosensorische Soldaten auf ihre Stereofähigkeit sowohl bei eigenst bestehender, individueller IPD als auch bei Veränderung der IPD. Durch verstellbare planparallele Glasplatten konnte die IPD der Versuchspersonen stufenlos verändert werden, um anschließend die Tiefenempfindungen bei haploskopischer Stereoprüfung zu bestimmen.

Ergebnisse Grundsätzlich muß streng zwischen der IPD verschiedener Menschen und der intraindividuellen Pupillendistanzänderung unterschieden werden. Die Veränderung der intraindividuellen IPD führt über die Änderung der Konvergenz zu einer Veränderung der Tiefenempfindung. Bei Verkleinerung der intraindividuellen IPD kommt es zu einer Vergrößerung der Tiefensensation, wobei diese Sehtiefenänderung einer logarithmischen Gesetzmäßigkeit zu folgen scheint. Auch die Sehgröße wird bei intraindividueller Veränderung der IPD beeinflußt.

Schlußfolgerungen Der Interpupillarabstand verschiedener Menschen hat bei herkömmlicher Stereoprüfung einen denkbar geringen Einfluß auf die Tiefensehschärfe. Die zu beobachtende unterschiedliche Ausprägung der Tiefenwahrnehmung bei stereoskopischer Untersuchung von z.B. normo-sensorischen Probanden entspricht wohl einer individuellen, egozentrisch orientierten Bearbeitung der visuellen Abstandslokalisationen (Sehferne, Sehgröße, Sehtiefe).

Summary

Background Until today it is not really known, what kind of influence the interpupillary distance (IPD) has on depth perception. Actual literature says that haploscopic separation of pictures is of disadvantage for subjects with small IPD. This study intented to verify the influence of IPD on stereopsis in order to get valid and conparable results when testing the depth perception of different subjects.

Subjects and Methods We examined 58 normosensoric soldiers for their stereoscopic sensation while changing their individual IPD. By using flexible flat plates of glass, the subjects' IPD could be changed infinitely variable to fix depth perception in haploscopic stereotesting.

Results The variety of the interpupillary distance (IPD) of different people has to be strictly differentiated from the intraindividual changes of interpupillary distance, which, by a change of convergence, lead to a change of depth perception. A decrease in intraindividual IPD reveals an increase of depth perception. This change of perception follows, in mathematical terms, the law of logarithm. In case of intraindividual change of IPD the size of objects is also influenced.

Conclusions Using conventional stereotests, the IPD of different subjects has negligible influence on the depth perception. Different results of depth perception obtained with the help of stereoscopic examination of normosensoric subjects probably correspond with an individual and egocentric dealing with the visual localization of distances (distance between objects, size of objects, depth of objects).