Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222(4): 361
DOI: 10.1055/s-2005-858032
Offene Korrespondenz

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Stellungnahme zur Publikation von C. Jandeck, U. Kellner, M. H. Foerster: „Die Frühgeborenenretinopathie”

W. Hammerstein1
  • 1Direktor der Augenklinik Lüdenscheid
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Publication History

Publication Date:
21 April 2005 (online)

Publiziert in den Klinischen Monatsblättern für Augenheilkunde 2004; 221: 147 - 159

Zu der Übersichtsarbeit „Die Frühgeborenenretinopathie” gebe ich folgende ergänzende Stellungnahme ab:

Bereits im Jahr 1991 erschien die von mir verfasste Arbeit: „Pathophysiologie und Prophylaxe der Frühgeborenenretinopathie” (Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde 1991; 199: 177 - 182). In dieser Arbeit wird ausführlich dargestellt, dass die Ursache für die Frühgeborenenretinopathie das fetale Hämoglobin (HbF) ist. Es ist nicht nur in der Lage, die Phänomene der retinalen Hypoxie zu erklären, sondern stimmt auch mit vielen Parametern der Erkrankung überein. In der Literatur finden sich mehrere Hinweise, dass auch eine retrolentale Fibroplasie bzw. eine Retinopathia praematurorum auftreten kann, wenn die Kinder nicht im Inkubator waren. Auch eine Korrelation zwischen dem Geburtsgewicht und dem HbF sowie zwischen dem Schweregrad und dem fetalen Hämoglobin weist auf eine Kausalität hin. Auch das Phänomen des Erkrankungszeitraums stimmt mit dem Vorhandensein des fetalen Hämoglobins überein. Die Erkrankung tritt erstmalig nur in den ersten 6 Lebensmonaten auf. Eine spätere Manifestation findet nicht mehr statt. Lediglich Sekundärveränderungen der Erkrankung spielen auch im weiteren Krankheitsverlauf eine Rolle. Auch die Regression der Erkrankung geht mit dem Verlauf des fetalen Hämoglobins parallel.

Diese zahlreichen Hinweise führen zu der Schlussfolgerung, dass das fetale Hämoglobin eine kausale Bedeutung für die Entstehung der Frühgeborenenretinopathie hat. Mehrere Indizien deuten auf den engen Zusammenhang zwischen fetalem Hämoglobin und der Entstehung der Frühgeborenenretinopathie hin. Die einzelnen Ausführungen können der genannten Arbeit entnommen werden.

In der Publikation wird auch eine sekundäre Prävention der Frühgeborenenretinopathie dargestellt. Durch Austausch der fetalen Erythrozyten gegen adulte Blutkörperchen wird die Chance eröffnet, die Frühgeborenenretinopathie in ihrem Entstehen zu verhindern. Der entscheidende Ansatz bei der Frühgeborenenretinopathie ist die Vermeidung dieser Erkrankung, da einer späteren Therapie nur symptomatische Bedeutung zukommt. Mit der Erkenntnis, dass dem fetalen Hämoglobin kausale Bedeutung für die Entstehung der Frühgeborenenretinopathie zukommt, ergibt sich die Möglichkeit, durch den Austausch von fetalen Erythrozyten gegen adulte diese Erkrankung in Zukunft zu verhindern.

Eine Bluttransfusion kann das Problem natürlich nicht lösen. Ein Austausch von Blut ist ebenfalls nicht indiziert. Vielmehr kommt es darauf an, fetale durch adulte Erythrozyten zu ersetzen. Diese Maßnahme kann auch nur dann zum Erfolg führen, wenn der Zeitpunkt des Austausches vor der Manifestation der RPM liegt. Die Indikation ergibt sich durch hohe HbF-Werte. Wenn die Retinopathia praematurorum sich bereits manifestiert hat, kommt eine Praevention zu spät. Der Erythrozytenaustausch sollte deshalb frühzeitig erfolgen. Nur eine Orientierung an der Pathogenese kann zum Erfolg führen.

Diese zielgerichtete Praevention ist nach meiner Kenntnis noch nicht durchgeführt worden.

Prof. Dr. W. Hammerstein
Direktor der Augenklinik Lüdenscheid

Literatur

  • 1 Allegaert K, de Coen K, Devlieger H. on behalf of the EpiBel Study group . Threshold retinopathy at the threshold of viability: the EpiBel study.  Br J Ophthalmol. 2004;  88 239-242
  • 2 Brooks S E, Marcus D M, Gillis D. et al . The effect of blood transfusion protocol on retinopathy of prematurity: A prospective, randomized study.  Pediatrics. 1999;  104 514-518
  • 3 Cooke R W, Clark D, Hickey-Dwyer M. et al . The apparent role of blood transfusions in the development of retinopathy of prematurity.  Eur J Pediatr. 1993;  152 833-836
  • 4 Hesse L, Eberl W, Schlaud M. et al . Blood transfusion. Iron load and retinopathy of prematurity.  Eur J Pediatr. 1997;  156 465-70
  • 5 Hirano K, Morinobu T, Kim H. et al . Blood transfusion increases radical promoting non-transferrin bound iron in preterm infants.  Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. 2001;  84 F188-193
  • 6 Teoh S L, Boo N Y, Ong L C. et al . Duration of oxygen therapy and exchange transfusion as risk factors associated with retinopathy of prematurity in very low birthweight infants.  Eye. 1995;  9 733-737

Dr. C. Jandeck, Berlin

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