ergopraxis 2015; 8(07/08): 6-7
DOI: 10.1055/s-0035-1558874
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Publication Date:
10 July 2015 (online)

GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – Erste Schritte in die richtige Richtung

Gesundheitsthemen halten zurzeit den Bundestag auf Trab. Neben dem E-Health-Cesetz und dem Präventionsgesetz wurde am 11. Juni 2015 nun auch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (CKV-VSC) auf den Weg gebracht. Es soll die ambulante Patientenversorgung auch künftig auf möglichst hohem Niveau sichern. Denn durch die alternde Gesellschaft entstehen gerade in den ländlichen Regionen Versorgungsengpässe. Wenn Gesetze verabschiedet werden, hagelt es in der Regel Kritik. Doch im GKV-VSG ist für die Therapeuten manch vielversprechend klingende Veränderung zu erwarten, ergopraxis hat beim Deutschen Verband der Ergotherapeuten (DVE) nachgefragt, wie er die Ergebnisse bewertet: „Wir können uns an kein Gesetzgebungsvorhaben erinnern, in das man so viele Vorschläge von uns aufgenommen hat“, sagt Wolfgang Schränkler, DVE-Geschäftsführer. „Das ist ein großer Verdienst des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) und seiner Mitgliedsverbände. Das Gesetz trägt eindeutig zur Verbesserung unserer Situation, zur Entbürokratisierung und zur Erhöhung unseres Einflusses bei. Wir müssen dafür allerdings verschmerzen, dass eine unserer Hauptforderungen – der Wegfall der Grundlohnsummenbindung – zumindest dieses Mal noch nicht vollzogen wurde. Dies muss und wird daherunsere Hauptforderung fürdie weiteren Reformgesetze sein und bleiben“, versichert Schränkler.

Auch der Bundestagsabgeordnete und Physiotherapeut Dr. Roy Kühne bewertet auf Facebookdas Gesetz positiv: „Das sind erste Schritte in die richtige Richtung, aber wir sind noch nicht am Ziel. Ich hoffe weiter auf Unterstützung der Heilmittelverbände und der Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis.“ Es braucht also weiterhin medienwirksame Aktionen und engagierte Therapeutinnen und Therapeuten.

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Folgende Beschlüsse des GKV-VSG sind für Therapeuten relevant:

  1. Zum I.Januar 2017 wird eine Arztsoftware eingeführt werden, die ein fehlerhaftes Ausfüllen der Heilmittelverordnungen verhindern soll. Die Spitzenverbände von Kassen und Ärzten werden hierfür die der Software zugrunde liegenden Vorgaben vereinbaren. „Das Thema Absetzung der Vergütung/Retaxation ist damit endlich in der Politik angekommen“, sagt Wolfgang Schränkler.

  2. SHV und GKV-Spitzenverband werden bundeseinheitliche Vereinbarungen zur Prüfpflicht treffen und sich einigen, welche Angaben auf einer Heilmittelverordnung notwendig sind. „Auf diesem Weg werden wir zu weiteren Vereinfachungen in den Praxisabläufen beitragen können“, ist Schränkler überzeugt.

  3. Im Zeitraum von 2016 bis 2021 soll es eine Preisangleichung für Heilmittel geben, sodass es danach für gleiche Leistungen innerhalb eines Landes keine unterschiedlichen Preise mehr gibt. Dabei dient der gezahlte Höchstpreis eines Landes als Zielmarke. „Dies bedeutet letztlich in absehbarer Zeit den kompletten Ost-West-, aber auch Nord-Süd-Angleich, denn auch diverse Bundesländer im Westen werden davon profitieren“, sagt Wolfgang Schränkler. „Dies ist ein gesetzlicher Meilenstein, den im Übrigen wir selbst als SHV zusammen mit dem Verband der Ersatzkassen (vdek) ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht haben.“

  4. Patienten, die aus der stationären Behandlung bzw. Reha entlassen werden, kann der Klinikarzt für einen Zeitraum von sieben Tagen danach Heilmittel verordnen. Damit soll das Entlassmanagement verbessert werden.

  5. Bei Praxisbesonderheiten und Verordnungen mit langfristigem Behandlungsbedarf soll es Erleichterungen geben. Der DVE geht davon aus, dass sich das Genehmigungsverfahren bei Verordnungen mit langfristigem Behandlungsbedarf weiter vereinfacht oder auch wegfällt. „Die Beantragung selbst wird sich unter Umständen gar nicht so sehr ändern. Man muss nun in vielen Punkten erst einmal die Umsetzung des Gesetzes abwarten, um dessen konkrete praktische Auswirkungen bewerten zu können“, sagt Wolfgang Schränkler.

  6. Neue Versorgungsformen und die Versorgungsforschung soll durch einen Innovationsfonds gefördert werden. „Wir sehen den Bedarf in der Ergotherapie eher im Bereich der Versorgungsforschung“, meint Schränkler. „Ziel muss es sein, die Evidenzbasierung kontinuierlich zu verbessern.“

  7. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen sollen aufgewertet werden. Sie erhalten mehr Anspruch auf nichtärztliche Leistungen.

  8. Auch im Bereich Ergotherapie können nun Modellvorhaben durchgeführt werden (63 Abs. 3b SGB V). Neben den Physiotherapeuten dürfen nun auch Ergotherapeuten die Auswahl und die Dauer ihrerTherapie und die Frequenz der Behandlungseinheit im Rahmen von Modellvorhaben selbst bestimmen. Dem DVE ist es wichtig, eine Rechtsgrundlage für mehr Eigenständigkeit zu schaffen. Die Modellvorhaben sind ein Schritt in diese Richtung; Ideen dazu liegen auch vor: „Wir werden diese nun ausarbeiten, verbandsintern diskutieren und dann versuchen, mit Kostenträgern Modellvorhaben durchzuführen“, sagt Schränkler. Ein weiterer Schritt ist die Änderung im Berufsgesetz. „In Gesprächen mitverantwortlichen sind wir hierzu schon lange.“

  9. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird das Angebot an strukturierten Behandlungsprogrammen (Disease-Management-Programme) um ein Programm für Patienten mit Rückenleiden und ein Programm für Patienten mit Depressionen erweitern. „Der DVE wird vom G-BA über den SHV auch hierzu angehört und kann auf diesem Weg Einfluss nehmen. Wir sind bestrebt, im Rahmen des Behandlungsprogramms Depression die bestmögliche Einbindung der Ergotherapie einzubringen“, versichert Schränkler.


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