Krankenhaushygiene up2date 2008; 3(3): 196-201
DOI: 10.1055/s-2008-1077657
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Therapie der nosokomialen MRSA-Pneumonie

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Publication Date:
07 October 2008 (online)

Ethan Rubinstein, Martin Kollef, Dilip Nathwani. Pneumonia caused by Methicillin-resistant Staphylococcus aureus. Clin Infect Dis 2008; 46 Suppl 5: S378 – 385

Die Übersicht von Rubinstein, Kollef und Nathwani behandelt die Diagnostik und Therapie von nosokomial und ambulant erworbenen Pneumonien durch MRSA. Herausgegriffen werden im Folgenden Aspekte der Therapie der nosokomialen MRSA-Pneumonie.

Die nosokomiale MRSA-Pneumonie ist mit einer hohen Mortalitätsrate verbunden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit diversen Grunderkrankungen, die beatmungspflichtig werden. Wenn aufgrund der Konstellation (bekannte MRSA-Besiedlung und klinisches Bild einer Staphylokokkenpneumonie) MRSA im Erregerspektrum berücksichtigt werden muss, ist die zügige Einleitung einer Therapie, in deren Wirkspektrum MRSA enthalten ist, von entscheidender Bedeutung. Bei der beatmungsassoziierten Pneumonie konnte gezeigt werden, dass bei schneller Einleitung einer adäquaten Initialtherapie eine signifikant geringere Mortalität erreicht werden konnte. In einer anderen Arbeit war jede Stunde einer Therapieverzögerung bei Patienten mit septischem Schock mit einer Erhöhung der Mortalität verbunden. Ähnliches konnte auch speziell bei MRSA-Bakteriämien mit gleichzeitig nicht eradizierbarem Infektionsfokus einschließlich einer Lungenbeteiligung gezeigt werden.

Für viele Jahre stellte Vancomycin das hauptsächlich eingesetzte Antibiotikum für die Behandlung der MRSA-Pneumonie dar. Leider sind jedoch die in der Literatur berichteten Heilungsraten enttäuschend. Sowohl nosokomiale MRSA-Pneumonien als auch durch Methicillin-sensible Staphylococcus aureus verursachte Pneumonien wiesen unter Behandlung mit Vancomycin Mortalitätsraten um die 50 % auf, wohingegen MSSA-Pneumonien unter Behandlung mit Betalaktam-Antibiotika nur mit einer Mortalität um die 5 % verbunden waren. Dafür werden verschiedene Gründe angeführt. Zunächst einmal ist das Vancomycin-Molekül relativ groß und penetriert nur schlecht in die Alveolarflüssigkeit und in Alveolarmakrophagen. Im Ergebnis findet sich in der Alveolarflüssigkeit nur etwa ein Sechstel der Plasmakonzentration von Vancomycin. In einer klinischen Untersuchung wiesen 36 % der Patienten Alveolarflüssigkeitskonzentrationen unterhalb des mikrobiologischen „break points” der Vancomycinresistenz für S. aureus auf. Mittlerweile gehen die Meinungen in Bezug auf die anzustrebenden Talspiegelkonzentrationen von Vancomycin bei der Behandlung der Pneumonie auseinander: So werden teilweise in der Literatur statt der üblichen 5-10mg/l 15-20mg/l angestrebt. Ein schlechteres Ansprechen der Therapie kann auch durch MRSA-Stämme mit einer leicht reduzierten Empfindlichkeit (MHK-Werte über 1,0mg/ml) verursacht werden, die bei den derzeitigen Break-Point-Werten noch als empfindlich klassifiziert werden. Abgesehen davon können höhere Vancomycindosen mit Nierenfunktionsstörungen einhergehen, wenn gleichzeitig weitere potenziell nephrotoxische Medikamente gegeben werden müssen.

Heute steht mit Linezolid ein Antibiotikum zur Verfügung, das im Vergleich zu Vancomycin eine günstigere Pharmakokinetik in Bezug auf die Alveolarflüssigkeit aufweist. In zwei prospektiven randomisierten klinischen Studien wurden vor einigen Jahren Vancomycin und Linezolid für die beatmungsassoziierte Staphylokokkenpneumonie nosokomialen Ursprungs verglichen. In der einen [Clin Infect Dis 2001; 32: 402 – 412] erhielten die Patienten entweder Linezolid und Aztreonam oder Vancomycin plus Aztreonam. Nur bei 32 Patienten wurde jedoch die Diagnose einer MRSA-Pneumonie gestellt. Die Heilungsraten unterschieden sich nicht zwischen Vancomycin und Linezolid. In einer zweiten Untersuchung mit 623 Patienten [Clin Ther 2003; 25: 980 – 992] zeigten sich ebenfalls keine signifikant unterschiedlichen Heilungsraten. Allerdings betrug die Eradikationsrate für mikrobiologisch nachgewiesene MRSA-Pneumonien 63 % bei den 19 Patienten, die Linezolid erhielten und nur 43 % bei den 23 Patienten, die Vancomycin erhielten. Auch hier wurde jedoch das Signifikanzniveau nicht erreicht. Lediglich in einer gepoolten Analyse aus beiden Untersuchungen, in denen Linezolid mit Vancomycin speziell für die Behandlung der nosokomial erworbenen beatmungsassoziierten MRSA-Pneumonie verglichen wurde, zeigten sich klinisch signifikant bessere Ergebnisse bei der Linezolid-Therapie. Diese Subgruppenanalyse wird jedoch von einer Reihe von Experten aus methododischen Gründen kritisiert.

Fazit: Auch bei derzeit unbefriedigender Datenlage müssen Therapieentscheidungen bei der nosokomialen beatmungsassoziierten MRSA-Pneumonie getroffen werden. Linezolid ist in der beschriebenen Indikation wahrscheinlich nicht schlechter als optimal dosiertes Vancomycin. Einige Experten empfehlen höhere Dosen von Vancomycin (Loading Dose 15mg/kgKG und Talspiegel von 15 – 20 g/l) bei jüngeren Patienten mit normaler Nierenfunktion. Bei Patienten mit MRSA-Stämmen, die eine reduzierte Vancomycin-Empfindlichkeit aufweisen (MHK ≥ 1,0 mg/ml) oder bei Patienten, die außer Vancomycin andere potentiell nephrotoxische Medikamente erhalten bzw. Nierenfunktionsstörungen haben, scheint Linezolid nach Einschätzung der Autoren ratsam. Es wird jedoch nicht näher auf eine weitere Möglichkeit, wie z. B. die Kombination von Vancomycin mit Rifampicin oder einem anderen Kombinationspartner eingegangen.

Dr. med. Thomas Hauer, Freiburg

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