Klin Monbl Augenheilkd 1996; 208(3): 196-200
DOI: 10.1055/s-2008-1035195
Kasuistik

© 1996 F. Enke Verlag Stuttgart

Schwere perforierende Augenverletzung durch Airbag bei Schleuderunfall*

Penetrating Injury from AirbagKarin S. Biechl-Lautenbach1 , Balder Gloor1 , Felix Walz2
  • 1Aus der Augenklinik des Universitätsspitals Zürich (Direktor Prof. Dr. med. B. Gloor)
  • 2Aus dem Rechtsmedizinischen Institut der Universität Zürich (Direktor Prof. Dr. med. W. Bär), Arbeitsgruppe für Unfallmechanik
* Teilweise vorgetragen im „Consilium Diagnosticum”, DOG 1994, Mannheim
Further Information

Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 12.11.1995

in der vorliegenden Form angenommen

Publication Date:
24 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Wenn es bei einem eher harmlosen Autounfall nach Auslösung des Airbags zu einer schwersten, zum Augenverlust führenden Perforatio bulbi gekommen ist, stellt sich bei neuen Schutzeinrichtungen sofort die Frage nach deren Tauglichkeit oder gar Gefährlichkeit. Man gelangt selten zu einer Analyse des Unfallmechanismus durch ein Institut der Rechtsmedizin, im vorliegenden Fall wurde aber vom Verunfallten eine solche verlangt. Diese zeitigte unerwartete, sehr wichtige Befunde.

Fallbericht Nach einem Tunnel gelangte ein mit Fahrer-Airbag und Gurtstraffern ausgerüstetes Fahrzeug unerwartet in Schneematsch und ins Schleudern. Nach Aufprall zuerst an der einen, dann an der anderen Leitplanke kam es zum Stehen. Der Fahrer, nachdem der Airbag sich entfaltet hatte, erlitt am rechten Auge eine schwerste Perforatio bulbi, die zur Erblindung dieses Auges führte. Die mit Sicherheitsgurte gesicherte Beifahrerin blieb unverletzt. Der Fahrer, überzeugt von der ursächlichen Wirkung des Airbags, verlangte eine Untersuchung durch das Rechtsmedizinische Institut Zürich.

Ergebnis der Untersuchung des Rechtsmedizinischen Instituts Der Airbag hatte ordnungsgemäß gezündet, die Bedeckung des Airbags ließ sich ohne Substanzdefekte zusammenfügen. Die Rekonstruktion des Unfallherganges, die Untersuchung des Unfallfahrzeuges sowie der Verletzungen des Patienten legen den Schluß nahe, dass nicht der Airbag an sich, sondern höchstwahrscheinlich eine in der Hand gehaltene Tabakspfeife Schuld an den schweren Folgen sind.

Schlußfolgerungen Generell zeigt dieser Fall die Risiken, denen ein Autoinsasse ausgesetzt ist, wenn sich zwischen ihm und dem Airbag feste Gegenstände befinden, wenn es zur Auslösung des Airbags kommt. Die Insassen eines mit Airbag ausgerüsteten Fahrzeuges profitieren nur dann von der erhöhten Sicherheit, wenn sie ausdrücklich auf diese Gefahren hingewiesen werden und ihr Verhalten den Randbedingungen anpassen.

Summary

Background After a penetrating injury of the eye following a car accident the driver demanded accurate investigations by the Institue for Legal Medicine of Zurich concerning the security of the equipment, especially the airbag. This led to an astonishing explication of the mechanism of the injury, not without consequences for safety measures for drivers and front seat passengers in air bag equipped cars.

Case report Due to a relatively harmless accident, the driver suffered from a severe penetrating injury of the right eye after the airbag deployed. The front seat passenger, having the seat belts fastened, was not injured. The accident was investigated by the Institue of Legal Medicine of Zurich.

Results The analysis of the accident showed that the airbag had deployed properly. The cover of the airbag showed no defects of substance. With the precise examination of the interior of the car a broken tabacco pipe came to light.

Conclusions In this case not the airbag itself but a tabacco pipe held in the hand by the driver during the airbag ignition caused a severe injury of the eye. This case report illustrates the hazard of having any rigid object between the occupant and the deploying air bag. In conclusion, the drivers and front seat passengers of an airbag equipped car can only profit from the considerable security gain, if they know about these risks and adapt their behaviours to the new surroundings, but also the car manufacturers have to instruct the customers properly.

    >