Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225(11): 917-918
DOI: 10.1055/s-2008-1027560
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Endophthalmitis

EndophthalmitisW. Behrens-Baumann1
  • 1Augenklinik der Otto-von-Guericke-Universität
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 November 2008 (online)

Die Endophthalmitis stellt nach wie vor ein aktuelles Thema und eine zu bewältigende Aufgabe dar. Und das trotz weiterentwickelter Antiinfektiva sowie verfeinerter Operationstechniken.

Allein die zunehmende Resistenz vieler Erreger, z. B. methicillinresistenter Staphylococcus aureus (MRSA) und Staphylococcus epidermidis (MRSE) sowie vancomycinresistente Enterokokken (VRE), bereitet Sorge. Die Ursache liegt sicherlich und hauptsächlich in der unkritischen Anwendung der Antibiotika z. B. in der Veterinärmedizin (bei der Tierhaltung bzw. -aufzucht). Aber auch unter den Antimykotika wirkt z. B. Fluconazol nur noch gegen Candida albicans und nicht mehr gegen die übrigen Candida-Arten [1].

Bei der medikamentösen Therapie der Endophthalmitis (Seite 919) sollten zur Vermeidung weiterer Resistenzentwicklung die Dosishöhe und die Anwendungsdauer beachtet werden. Eine niedrige Dosierung ermöglicht der Bakterienzelle, das einflutende Antibiotikum wieder herauszupumpen („efflux pump”), zu überleben und Resistenzmechanismen zu entwickeln. Nur eine hohe Dosierung führt zur Eradikation der Erreger [2] [3]. Bei systemischer Gabe bedeutet das „Hirndosierung”. Hierfür haben wir bereits 1991 ein nach Indikation und Applikation differenziertes Schema erarbeitet und dieses als Magdeburger Dreistufenschema weiterentwickelt, welches ständig aktualisiert wird (www.med.uni-magdeburg.de/augenklinik).

Die Anwendungsdauer der Antiinfektiva sollte begrenzt bleiben. Entweder sind bei hoher Dosierung die Erreger nicht mehr vital oder das Antibiotikum wirkt primär sowieso nicht. In jedem Fall ist ein „Ausschleichen” sinnlos. Auch devitale Keime können über die „immunassoziierte Schädigung” der körpereigenen Leuko- und Monozyten mit deren Produkten wie Proteasen und Zytokinen schädigend wirken [4] [5], sodass Kortikosteroide zusätzlich gegeben werden müssen. Diese sollten dann später im Gegensatz zu den Antibiotika nicht abrupt abgesetzt, sondern ausgeschlichen werden.

Bei der Endophthalmitis ist neben der medikamentösen besonders die chirurgische Therapie (Seite 924) (Pars-plana-Vitrektomie) von entscheidender Bedeutung. Nach diagnostischer Probenentnahme können damit beträchtliche Volumina an Erregern sowie der körpereigenen schädigenden Substanzen entfernt werden. Die anschließende intravitreale Eingabe von Antiinfektiva führt zu den höchsten Wirkspiegeln am Ort des Geschehens. Gelegentlich reicht dieses Vorgehen zur Beseitigung der Endophthalmitis. Da aber die hohe Medikamentenkonzentration nachlässt („clearance”) und möglicherweise nicht alle Erreger devitalisiert sind, ist die zusätzliche systemische Gabe von Antiinfektiva sinnvoll.

Die posttraumatische Endophthalmitis kommt mit einer Inzidenz von 2–30 % wesentlich häufiger vor als die postoperative. Das ist verständlich, da der verursachende Gegenstand meist verunreinigt ist und damit eine hohe Keimdosis in das Augeninnere eingebracht wird. Die Therapie gleicht der bei postoperativer Endophthalmitis, wobei mit einem anderen Erregerspektrum gerechnet werden muss. So kommen öfter gramnegative Erreger vor – aber auch sonst seltene wie Bacillus species. Zur Prophylaxe der posttraumatischen Endophthalmitis geben manche Autoren intravitreale Antibiotika, die meisten systemische und wenige eine Kombination von beidem. In der Studie „Traumatic Endophthalmitis Prevention Trial (TEPT)” (Seite 941) soll untersucht werden, ob die zusätzliche Applikation von intravitrealen Antibiotika zur systemischen Antibiose sinnvoll ist oder nicht. Hierbei wird Moxifloxacin als systemisches Antibiotikum eingesetzt – wegen seiner besseren Wirkung auch im gramnegativen Erregerspektrum im Vergleich zu Cefuroxim.

Zur Prophylaxe der postoperativen Endophthalmitis nach Phakoemulsifikation stellt U. Pleyer die „medikamentöse” der ESCRS-Studie vor (Seite 934). Bei dieser umfangreichen prospektiven Untersuchung mit über 16 000 Patienten konnte eine signifikante Reduzierung der Endophthalmitisrate durch intrakamerales Cefuroxim erreicht werden. Allerdings sind das Studiendesign und damit die Schlussfolgerungen durchaus umstritten. So ist z. B. die Endophthalmitisrate der Kontrollgruppe mit 0,345 % unerklärt hoch. Weiterhin wurden nicht am Operationstag, sondern erst einen Tag später antibiotische Tropfen appliziert, und schließlich sind die Operations-(Schnitt-)Techniken (clear corneal incision, scleral incision, limbal incision, Lokalisation) nicht prospektiv festgelegt und über die Studiengruppen verteilt worden, sodass Bias nicht ausgeschlossen sind. Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, sollten das Ergebnis dieser Studie und die Umsetzung in den praktischen OP-Alltag zurückhaltend beurteilt werden. In einem weiteren Beitrag dieses Heftes wird daher die Bedeutung der „chirurgischen” Prophylaxe nach Phakoemulsifikation herausgestellt (Seite 924). Offenbar ist eine postoperative vorübergehende Hypotonie nicht so sehr selten, wodurch es zur Wundöffnung mit möglichem Keimeinstrom kommt, sodass die suffiziente Wundkonstruktion eine Schlüsselposition in der Endophthalmitisprophylaxe bei Katarakt-Operation einnimmt.

Weiterhin wird ein seltener Fall einer Actinomyces-Endophthalmitis vorgestellt (Seite 973). Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen heftigem intraokularem Befund und Verlauf einerseits und der geringen Schmerzsymptomatik sowie konjunktivalem Reiz andererseits.

Schließlich fasst die Münchener Arbeitsgruppe den derzeitigen Kenntnisstand zur endogenen Endophthalmitis zusammen (Seite 929). Anhand zweier interessanter Kasuistiken anderer Autoren weist sie darauf hin, dass selbst nach geringen zahnärztlichen Eingriffen (z. B. Zahnreinigung) eine solche auftreten kann. Sie selbst beschreibt erstmals den Fall einer durch Leuconostoc mesenteroides ssp cremoris verursachten Endophthalmitis.

W. Behrens-Baumann

Magdeburg

Literatur

  • 1 Behrens-Baumann W. Antiinfektive medikamentöse Therapie am Auge – Teil 3: Mykotische Infektionen.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 2005;  222 605-611
  • 2 Behrens-Baumann W, Pleyer U. Therapie und Prognose der bakteriellen Keratitis.  Ophthalmologe. 2007;  104 15-20
  • 3 Dalhoff A, Schmitz FJ. In vitro antibacterial activity and pharmacodynamics of new quinolones.  Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2003;  22 (4) 203-221
  • 4 Kain H L. Prinzipien in der Behandlung der Endophthalmitis.  Klin Monatsbl Augenheilkd. 1997;  210 274-288
  • 5 Pleyer U, Mondino B J, Adamu S A. et al . Immune response to Staphylococcus epidermidis-induced endophthalmitis in a rabbit model.  Invest Ophthalmol Vis Sci. 1992;  33  2650-2663

Prof. Dr. med. W. Behrens-Baumann

Direktor der Universitäts-Augenklinik Magdeburg

Leipziger Str. 44

39120 Magdeburg

Phone: ++ 49/3 91/6 71 35 71

Fax: ++ 49/3 91/6 71 35 70

Email: augenklinik@ovgu.de

URL: http://www.med.uni-magdeburg.de/augenklinik

    >