Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(7): 391
DOI: 10.1055/s-2007-985516
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Optimale Therapie für kardiale Risikopatienten - Freiräume schaffen für eine individuelle Verordnung

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Publication Date:
01 August 2007 (online)

 
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Der Druck auf Hausärzte, ihr Verordnungsverhalten zu verändern, steigt immens. Anstatt die Therapie nur an der Wirksamkeit auszurichten, soll die Verordnung nach wirtschaftlichen Aspekten mehr in den Vordergrund rücken. "Die Wahl des geeigneten Medikaments ist jedoch eine ärztliche Entscheidung, jeder Patient ist differenziert zu betrachten und individuell zu therapieren", erklärte PD Dr. Peter Bramlage aus Dresden im Rahmen eines Expertendialogs [1].

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Differenziert vorgehen - individuell therapieren

Zur Senkung des Blutdrucks stehen dem Arzt heute fünf Substanzklassen zur Verfügung: ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika, Kalziumantagonisten und Sartane. "Diese werden von der Deutschen Hochdruckliga als First-Line-Substanzen empfohlen und in den Leitlinien 2005 bestätigt", sagte Bramlage [2]. Da nicht jeder Patient mit Bluthochdruck gleich zu behandeln ist, ist für Dr. Werner Mischke aus Hamburg zunächst eine Differenzialdiagnose unverzichtbar. "Ich unterscheide in meiner Praxis zwischen Hochdruckpatienten ohne weitere Risiken und Patienten mit weiteren Risiken, den sogenannten kardialen Risikopatienten (Tab. 1)", erklärte er. Erstere erhalten eine gute Standardtherapie zum Beispiel mit ACE-Hemmern. Patienten, die neben dem Hochdruck noch ein oder mehrere zusätzliche Risiken aufweisen, wie beispielsweise einen beginnenden Diabetes, Adipositas und Dyslipidämie, behandelt er mit Sartanen, bevorzugt mit Candesartan. Auch Bramlage sieht Sartane als besonders geeignet für die Behandlung von kardialen Risikopatienten. Sie konnten in großen Endpunktstudien Folgeerkrankungen des Bluthochdrucks wie Herzinsuffizienz, Schlaganfall und Diabetes reduzieren.

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Tab. 1 Wer ist der kardiale Risikopatient?

  • Bluthochdruck (> 130/85 mmHg)

  • Bauchbetonte Adipositas (Bauchumfang bei Frauen > 88 cm, bei Männern > 102 cm, BMI > 30)

  • Dyslipidämie (LDL > 130 mg/dl, HDL < 40 mg/dl bei Männern und < 50 mg/dl bei Frauen, Triglyzeride > 150 mg/dl)

  • Störungen des Glukosestoffwechsels (Nüchternglukose > 100 mg/dl)

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Sartane können Folgeerkrankungen des Bluthochdrucks verhindern

So untersuchte die CHARM-Studie die Reduktion der kardiovaskulären Mortalität oder Hospitalisierung bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Die Patienten im CHARM-Added-Arm waren vorher mit einem ACE-Hemmer behandelt worden und erhielten dann entweder Candesartan (z. B. Blopress®) oder Placebo. Nach 3,5 Jahren zeigte sich unter Candesartan eine relative Risikoreduktion der kardiovaskulären Mortalität von 15% gegenüber Placebo [3]. In den CHARM-Alternative-Arm waren Patienten eingeschlossen, die keine ACE-Hemmer vertragen haben. Hier zeigte sich die gleiche kardiale Risikoreduktion, die Hospitalisierungsrate sank um 32% (Abb. [1]) [3]. Schlaganfallpatienten in der ACCESS-Studie erhielten Candesartan ab dem ersten Tag, insgesamt ein Jahr lang. Der zweite Studienarm erhielt die ersten sieben Tage Placebo. Ab dem siebten Tag erhielten diese Teilnehmer entweder Candesartan zur Hypertoniebehandlung, bei Normotension weiterhin Placebo. Bei den Patienten, die Candesartan von Anfang an bekamen, zeigte sich ein signifikanter Rückgang der Mortalität und vaskulärer Ereignisse um 47% [4]. "Es ist also nicht nur die Auswahl der Substanz wichtig, sondern auch der rechtzeitige Einsatz", fasste Bramlage zusammen.

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Abb. 1 Signifikante Reduktion der kardiovaskulären Mortalität oder der Hospitalisierung (primärer Endpunkt) in der CHARM-Added-Studie

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Dokumentation von Verordnungen hilft Freiräume zu schaffen

Sartane zeichnen sich durch ihre direkte Wirkung am AT1-Rezeptor aus. Im Gegensatz zu ACE-Hemmern bleibt dadurch die positive Wirkung von Angiotensin-II auf den AT2-Rezeptor erhalten. "Keine der bisherigen Medikamente erzielen die AT1-Rezeptorblockade eines Sartans", betonte Bramlage. Seiner Meinung nach sollte daher jeder Hypertoniker einen AT1-Rezeptorblocker erhalten. Wenn die ökonomischen Zwänge nicht beständen, würde Mischke bei allen kardialen Risikopatienten direkt mit Sartanen beginnen. "Wenn ich Hochdruckpatienten ohne weitere kardiovaskuläre Risiken mit der guten, preisgünstigen Standardtherapie behandle, schaffe ich mir budgetäre Freiheiten, die ich für kardiale Risikopatienten nutzen kann", kalkulierte Mischke. Um Regressforderungen zu umgehen, empfahl Dr. Roman Leischik aus Hagen, alle Verordnungen zu dokumentieren. Bramlage schlug vor, am Anfang der Therapie eventuell etwas mehr zu investieren, um im Ergebnis Folgekosten sparen zu können. Auch Leischik ist der Meinung, dass ein Mehr an Lebensqualität und eine verbesserte Prognose für den Patienten auch für das Gesundheitssystem eine Entlastung bedeutet. "Wenn es erst mal zum Schlaganfall oder zur Herzinsuffizienz gekommen ist, ist es zu spät", warnte er und plädierte dafür, das Geld zum geeigneten Zeitpunkt in innovative Medikamente zu investieren.

ts

Mit freundlicher Unterstützung der Takeda Pharma GmbH.

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Quellen

  • 01 Experten im Dialog: Innovative Hochdrucktherapie - Freiheiten schaffen, Freiheiten nutzen, 20.06.07 in Frankfurt a.M.  
  • 02 Deutsche Hochdruckliga: Hypertonie-Leitlinien 2005. 
  • 03 Granger et al. 2003. 
  • 04 Schrader et al. 2003. 
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Quellen

  • 01 Experten im Dialog: Innovative Hochdrucktherapie - Freiheiten schaffen, Freiheiten nutzen, 20.06.07 in Frankfurt a.M.  
  • 02 Deutsche Hochdruckliga: Hypertonie-Leitlinien 2005. 
  • 03 Granger et al. 2003. 
  • 04 Schrader et al. 2003. 
 
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Abb. 1 Signifikante Reduktion der kardiovaskulären Mortalität oder der Hospitalisierung (primärer Endpunkt) in der CHARM-Added-Studie