Sprache · Stimme · Gehör 2007; 31(2): 40
DOI: 10.1055/s-2007-980186
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fit für Kommunikation

Fit for CommunicationM. Spiecker-Henke, M. Büttner
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Publication Date:
29 May 2007 (online)

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Titel des vorliegenden Heftes wird Sie aufmerken lassen: ‚Kommunikationsfitness’ heißt das Schwerpunktthema. In einer Zeitschrift, die sich ‚Zeitschrift für Kommunikationsstörungen’ nennt, durften Sie dies nicht unbedingt erwarten. Trotzdem haben wir uns keineswegs vor dem Zeitgeist verneigt, wir widmen uns einfach nur der Frage, wie vorhandene Kommunikationsfähigkeiten leistungsfähiger, ausdauernder und variabler zu gestalten wären. Eine Frage, die für Gesunde wie für Kranke gleichermaßen interessant ist. Hierfür haben wir den Begriff der ‚Fitness’ gewählt.

‚Fitness’ beschreibt zunächst einmal eine gute körperliche Verfassung und Leistungsfähigkeit, die durch Training erworben werden kann bzw. erhalten wird. In einer Leistungsgesellschaft steht Fitness generell hoch im Kurs, weil die körperlich-geistigen Anforderungen, denen sich der einzelne im alltäglichen Leben ausgesetzt sieht, ständig wachsen. Fit zu sein in diesem Sinne heißt, bis ins hohe Alter mit allen Anforderungen Schritt zu halten.

Müssen wir deshalb aber auch ‚fit sein’ für Kommunikation? Weil wir in einer ‚Kommunikationsgesellschaft’ leben, muss diese Frage eindeutig bejaht werden. Kommunikation bedeutet eben auch, sich untereinander gut verständigen zu können, dem Gegenüber Ideen, Absichten und Gefühle eindeutig mitteilen zu können.

Damit passt es nur schlecht zusammen, dass an Universitäten und Hochschulen Studierende für sprechintensive Berufe ausgebildet werden, ohne dabei nur eine Stunde lang eine Sprecherziehung bzw. ein Kommunikationstraining erhalten zu haben: Nur sieben Bundesländer geben derzeit Lehramtskandidaten die Möglichkeit, ihre Stimme und ihre sprecherischen Fähigkeiten auszubilden. Offensichtlich gilt ‚Kommunikationsfitness’ weithin als angeboren - später stehen die Schulbehörden dann ratlos vor stimmstörungsbedingten Unterrichtsausfällen. Biographisch schließen sich weitere Fragen an: Wie kann die Fähigkeit zu kommunizieren frisch gehalten werden? Wie können wir noch im hohen Alter die Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben sichern?

Die Beiträge des vorliegenden Heftes versuchen, Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu geben - aus unterschiedlicher, immer aber praxisorientierter Perspektive. Der erste Beitrag untersucht die Möglichkeiten gesangspädagogischer und körperorientierter Einflussnahme auf stimmliche und körpersprachliche Kompetenzen von Studierenden in stimmintensiven Berufen. Der zweite Beitrag exemplifiziert den Begriff ‚Fitness’ am Beispiel junger Sänger und Musiker: Welche Übungen im Fitness- Studio tun ihnen gut, um welche Geräte sollten sie lieber einen großen Bogen machen? Bis ins hohe Alter stimmaktiv zu bleiben, das ist das Anliegen des dritten Beitrages: Hier wird ein Trainingsprogramm für die alternde Stimme vorgestellt, das mittlerweile als „Anti-Aging für die Stimme” Einzug ins deutsche Patentregister gehalten hat. Und schließlich wenden wir uns jenen Berufsgruppen zu, die am stärksten auf eine gute, tragfähige und leistungsstarke Stimme angewiesen sind: den Schauspielern und Sängern. Wie meistern sie die Anforderungen, welches Stressmanagement kommt zum Einsatz, um sich stimmlich auf höchstem Niveau fit zu halten.

Alle Beiträge in diesem Heft bringen die ‚Stimmen von Praktikern’ zu Gehör: Menschen mit langjähriger Erfahrung bei der Therapie oder in der Ausbildung von Menschen für stimm- und kommunikationsintensive Berufe geben hier ihr Wissen weiter.

Wir hoffen, dass Sie viele neue Anregungen für Ihre eigene praktische Arbeit erhalten und erfolgreich sind bei der Umsetzung neu gewonnener Ideen. Wir danken Herrn F. W. Bernstein für die Zuverfügungstellung der Karikaturen.

Korrespondenzadresse

M. Spiecker-Henke

Hochschule für Künste Bremen

FB Musik

Am Speicher XI Nr. 8

28217 Bremen

Email: spiecker@uni-bremen.de

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