Sprache · Stimme · Gehör 2007; 31(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-2007-971058
Editorial

Georg Thieme Verlag KG

Welch ein Glücksfall…

What a Stroke of Luck…M. Ptok 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie, Med. Hochschule Hannover
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Publication History

Publication Date:
05 April 2007 (online)

Die Anatomie galt seit Jahren als ein Fach, in dem wirklich nichts Neues mehr zu erwarten ist. Seit Jahren haben sich Generationen von Medizinern, aber auch Logopäden, Sprachheiltherapeuten und andere Professionen abgemüht, die komplizierte Nomenklatur auswendig zu lernen und dann auch noch mit den komplizierten Strukturen in Einklang zu bringen.

Wo war denn gleich noch mal der Musculus digastricus? Was ist die Membrana thyreohyoidea? Und wie war das mit dem Musculus cricothyreoideus? Hieß der mit drittem Namen lateralis? Oder medialis? Oder posticus?

Und wenn man endlich Namen und Struktur gedanklich verbinden konnte, musste man auch noch die Funktion dazu lernen. Schließlich: der Posticus ist ja für das Atmen - Können ganz wichtig. (Welcher Posticus?)

Und man lernte aus den alten, mehr oder weniger lieb gewordenen Atlanten, die man günstig als gebrauchtes Buch erwerben konnte. Wie gesagt, es gab ja nichts Neues, deshalb brauchte man auch wahrlich kein neues Buch.

Bis, ja bis…

Seit kurzem gibt es nämlich ein sensationell neues, geradezu revolutionäres Anatomiebuch auf dem Markt: den Prometheus. Das wirklich Neue ist, dass sämtliche Schnitte am Computer gezeichnet und erstellt wurden. Dies erlaubt eine noch nie da gewesene Rekonstruktion sämtlicher Schnittverfahren, die man sich denken kann. Und das hilft dann den Studierenden, Struktur und Funktion leichter zu begreifen und zu lernen. Und in der Tat, mittlerweile hat dieser Prometheus eine kleine Revolution am Anatomiebuch-Markt ausgelöst.

Als ich zum ersten Mal den Prometheus in den Händen hatte, war mein erster Gedanke, die für die Sprach-Sprech-Stimm- und Schlucktherapie wichtigsten Seiten auch für die Leserschaft von Sprache-Stimme-Gehör zur Verfügung zu stellen. Ein echter Glücksfall für die Realisation ist, dass der Prometheus ebenfalls im Thieme Verlag erscheint. Aufgrund der ausgezeichneten Qualität dieses Buches scheue ich mich, entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten, keinesfalls, also ein bisschen Reklame zu machen.

Ein weiterer Glücksfall: Der Thieme Verlag gab ausnahmsweise sein Einverständnis, dass wir die Prometheus Seiten übernehmen, dass wir sie sogar 1:1 übernehmen dürfen.

Jetzt war nun noch zu klären, ob die Autoren des Prometheus auch ihr Plazet dazu geben würden. Und wie das Leben manchmal so spielt - auf einer privaten Feier habe ich mich ganz angeregt mit meinem Tischnachbarn unterhalten. Im Laufe dieser Unterhaltung stellte sich heraus, dass dieser Tischnachbar just einer der Herausgeber des Prometheus, Prof. Schumacher, ist, der nicht nur „so grade eben” sein Plazet gab, sondern begeistert bei der Auswahl der Seiten half.

Welch ein Glücksfall! Oder noch besser: welch eine grandiose Reihe von Glücksfällen!

So liegt nun also der „Prometheus” Auszug in Ihren Händen. Gemeinsam mit Herrn Schumacher haben wir, wie gesagt, die Seiten herausgesucht, von denen wir meinen, dass sie für Sie und Ihre Arbeit besonders wichtig sind:

Die ersten Seiten beschäftigen sich mit den oberflächlichen Halsmuskeln. Eine detaillierte Kenntnis dieser ist Voraussetzung, um das Konzept der Rahmenmuskulatur des Kehlkopfes zu verstehen. Nahezu alle Stimmtherapien, aber auch viele Gesangstechniken beruhen ja, wie Sie wissen, auch auf einer Beeinflussung dieser Rahmenmuskulatur via Entspannungstechniken. Auch der Begriff „Kehlkopf-/Hals Gestus” erschließt sich einem ohne Kenntnisse der funktionellen Anatomie nicht.

Noch komplizierter als die Muskulatur ist die Nervenversorgung des Halses bzw. die Hirnnerven. Ihre überragende Bedeutung für alles, was mit Kommunikation und den Sinnesorganen zusammenhängt, brauchte eigentlich nicht extra betont zu werden: wer z.B. nicht versteht, wie der Vagus mit dem Rekurrens zusammenhängt, wird wohl nie die Feinheiten der Pathogenese der Stimmlippenlähmungen verstehen.

Natürlich wird auch der Kehlkopf mit seinen Besonderheiten ausreichend berücksichtigt.

Nicht nur für die Resonanzbildung, sondern auch für den Schluckakt und das Verständnis für Schluckstörungen wichtig ist die funktionelle Anatomie des Rachens, die auf den folgenden Seiten dargestellt wird.

Es folgt dann ein großer Sprung hin zu den atemrelevanten Strukturen Zwerchfell und Lunge, die bei der Atmung eine entscheidende Rolle spielen.

Die Auswahl der Seiten aus dem Prometheus ist uns, wie Sie sich sicherlich denken können, außerordentlich schwer gefallen. Dafür sind die anderen Seiten, die jetzt nicht berücksichtigt werden konnten, einfach zu spannend. Trotzdem müssen sie „unter den Tisch” fallen, da der Umfang jedes SSG Heftes begrenzt ist.

Trotz der zugegebenermaßen kleinen Auswahl - vielleicht haben wir Ihnen ja auch Appetit auf den ganzen Prometheus gemacht - bin ich sehr froh, dass es erstmalig in der Geschichte von Sprache-Stimme-Gehör gelungen ist, einen solchen Anatomie-Grundlagen Schwerpunkt zu realisieren.

Aber wie gesagt: Kollege Glück stand mir diesmal ja sehr tatkräftig zu Seite…

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. M. Ptok

Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie

Med. Hochschule Hannover

OE6510

Carl-Neuberg-Str. 1

30625 Hannover

Email: Ptok.Martin@mh-hannover.de

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