Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(1): 47
DOI: 10.1055/s-2007-965853
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Aktion Schmerz 60plus - Circadianer Schmerzrhythmus wird zu wenig berücksichtigt

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Publication Date:
07 March 2007 (online)

 
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Im Jahr 1990 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) den ersten Oktober zum Internationalen Tag der älteren Menschen. "Da die Menschen weltweit immer länger leben, muss die gesamte Menschheit daran interessiert sein, den Prozess des Alterns so produktiv, aktiv und gesund wie möglich zu gestalten", betont Generalsekretär Kofi Annan in seiner Erklärung zum diesjährigen Aktionstag. Die Lebensqualität Älterer müsse verbessert werden. "Hierzu ist eine effektive Schmerztherapie eine wichtige Voraussetzung", sagt Dr. Uwe Junker, Beiratsmitglied der Aktion Schmerz 60plus. Denn laut des Experten vom Sana-Klinikum in Remscheid leiden in Deutschland 60-80% der über 60-Jährigen an chronischen Schmerzen, die das Alltagsleben beeinträchtigen.

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Tageszeitliche Schwankungen im Schmerzempfinden

Junker schildert den Fall einer 84-jährigen Patientin mit Polyarthrose. Gegen ihre Schmerzen bekommt sie dreimal täglich 8 mg Hydromorphon (Palladon®). Dennoch sind die Schmerzen am Tag unerträglich, jede Bewegung fällt ihr schwer. Der Grund: Arthrotische Beschwerden verursachen am Tag bei Belastung wesentlich stärkere Schmerzen als in der Nacht. Dadurch werden sie am Tag nicht ausreichend gelindert, während die Patientin in der Nacht relativ überdosiert ist. Nach Diagnose dieser tageszeitlichen Schwankungen im Schmerzempfinden wurde sie auf eine flexible Medikation mit zweimal täglicher Gabe umgestellt. Sie bekommt nun morgens 16 mg Hydromorphon, abends genügen 8 mg. Durch diese schmerzangepasste Analgesie, die ihrem individuellen Schmerz-Rhythmus entspricht, braucht sie 50% weniger Nicht-Opioidanalgetika und Bedarfsmedikation und hat ihre Lebensqualität zurück gewonnen.

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Chronobiologie des Schmerzes

Eine Erklärung für dieses unterschiedliche Schmerzempfinden liefern Erkenntnisse aus der Chronobiologie. Laut Prof. Björn Lemmer, Experte für Chronobiologie und -pharmakologie an der Universität Heidelberg, sind endogene Rhythmen genetisch determiniert und werden durch biologische Uhren angetrieben. "Diese gehen von Natur aus falsch und laufen mit einem 24,3- bis 24,6-Stunden-Tag", erklärt Lemmer. Die inneren Uhren werden erst durch den Wechsel von Licht und Dunkelheit, von Aktivität und Ruhe oder durch soziale Faktoren auf einen 24-Stunden-Tag synchronisiert. Der Nachweis circadianer Rhythmen in den Konzentrationen von Endorphinen und Enkephalinen im Gehirn stützt die Annahme, dass dies auch in der Schmerztherapie eine wichtige Rolle spielt. Zudem erklärt es, warum Lokalanästhetika, nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) und Opioide zu verschiedenen Tageszeiten eine unterschiedliche analgetische Wirkung aufweisen. Außerdem hat jeder Schmerz seinen eigenen Rhythmus. So treten Schmerzen bei Arthrose vor allem bei Belastung auf. Rheuma-Patienten hingegen klagen besonders früh morgens nach dem Aufstehen über Schmerzen und Symptome wie steife und geschwollene Gelenke. Krebspatienten haben den höchsten Opioidbedarf meist tagsüber.

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Tag/Nacht-Schmerz in die Anamnese einbeziehen

"Dieses Wissen muss der Arzt berücksichtigen, indem er einen eventuell unterschiedlichen Tag/Nacht-Schmerz in seine Anamnese einbezieht. Sind tageszeitliche Schwankungen vorhanden, muss er flexibel dosieren", erläutert Junker. Dafür sei das Stufe-III-Opioid Palladon® gut geeignet: Die Retard-Formulierung ermöglicht eine effektive Analgesie mit zwei Kapseln am Tag. Das Analgetikum gibt es in den Wirkstärken 4, 8, 16 und 24 mg. So kann morgens und abends so hoch wie nötig und so niedrig wie möglich dosiert und damit der Tag/Nacht-Schmerz berücksichtigt werden.

Für Durchbruchschmerzen eignet sich das schnell wirkende Palladon® 1,3 und 2,6 mg. Da der Wirkstoff Hydromorphon nicht über Cytochrom P450 metabolisiert wird sowie eine geringe Plasma-Eiweißbindung und ein günstiges Nebenwirkungsprofil hat, ist er auch bei Polypharmakotherapie sicher und gut verträglich. Auch für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion eignet er sich, weil bei der Metabolisierung von Hydromorphon keine therapeutisch aktiven Zwischenprodukte entstehen. "Solch eine adäquate Schmerztherapie für die Generation 60plus kann einen effektiven Beitrag dazu leisten, das Altern aktiv und so gesund wie möglich zu gestalten"; betont Junker.

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Abb. 1 Die orale Gabe mit retardiertem Hydromorphon berücksichtigt den circadianen Schmerzrhythmus. Die Pilotstudie ergab weniger analgetische Bedarfsmedikation, weniger gastrointestinale Probleme und besseren Nachtschlaf.

Quelle: Pressemitteilung der Aktion Schmerz 60plus, unterstützt von Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG

 
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Abb. 1 Die orale Gabe mit retardiertem Hydromorphon berücksichtigt den circadianen Schmerzrhythmus. Die Pilotstudie ergab weniger analgetische Bedarfsmedikation, weniger gastrointestinale Probleme und besseren Nachtschlaf.