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DOI: 10.1055/s-2006-955042
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Ohne Stärkung der Prävention ist jede Gesundheitsreform unvollständig
Without improving prevention no public health prevention is effectivePublication History
Publication Date:
07 November 2006 (online)

Präventionspolitik
Prävention funktioniert nicht automatisch und allein aus sich heraus, nur weil sie sinnvoll und vernünftig ist. Es müssen die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Prävention zu einem starken Instrument zur Senkung der Krankheitslast zu etablieren. Damit lassen sich langfristig auch die Krankheitskosten besser beherrschen.
Das Präventionsgesetz liegt auf Eis. Dies ist symptomatisch für den Stellenwert der Prävention in unserem Land. Der Entwurf war allerdings bisher auch kein großer Wurf: Er sah zwar eine Stärkung der betrieblichen Prävention vor, medizinische und ärztliche Prävention haben darin jedoch nicht den Stellenwert, der ihnen zusteht. Ein überarbeitetes Gesetz ist dringend notwendig, und es wäre ein sehr wichtiges Signal. Ohne eine kräftige Stärkung der Prävention werden alle gesundheitspolitischen Bemühungen auf Dauer nicht erfolgreich sein.
Voraussetzung für eine Gesundheitsreform, die den Namen auch tatsächlich verdient, ist zunächst eine Auseinandersetzung und Verständigung über die medizinischen Inhalte, Ziele und Prioritäten. Dabei spielt die Prävention in ihren verschiedenen Ebenen (Tab. [1]) für eine in die Zukunft gerichtete Medizin eine überragende Rolle.
Tab. 1 Die verschiedenen Ebenen der Prävention/Definitionen. Primordiale Prävention Die Verhütung von Risikofaktoren bei Gesunden: z. B. die Verhütung der Manifestation von Hypertonie, Diabetes, metabolisches Syndrom usw. bei übergewichtigen und bewegungsarmen Kindern Ziel: Verhütung der Entwicklung von Risikofaktoren Primärprävention Behandlung der manifesten Risikofaktoren um den Gesundheitszustand zu verbessern und die Entstehung von Krankheiten (oder Unfällen) zu vermeiden, z. B. durch antihypertensive Behandlung, Nikotinentzug, Cholesterinsenkung, Gewichtsabnahme usw. Ziel: Verringerung der Zahl von Neuerkrankungen (Inzidenzen) Sekundärprävention Behandlung einer Erkrankung möglichst in einem frühen Stadium, z. B. bei bekannter Arteriosklerose, KHK um ein Fortschreiten zu verhindern, bzw. eine Regression herbeizuführen Ziel: Chronifizierung, Unheilbarkeit oder Behinderung verhindern, Senkung der Prävalenz durch Früherkennung Tertiärprävention Verhinderung einer Verschlechterung oder eines erneuten Ereignisses z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall bzw. Folgeschäden Ziel: Verringerung oder Beseitigung von Folgeschäden
Bisher fehlt das medizinische Verständnis, und leider fehlt auch die entsprechende Expertise: Man schaue sich nur die Zusammensetzung der Expertenrunden an, die über unser Gesundheitssystem zu Rate sitzen. Die Finanzierung ist das bestimmende Thema. Die medizinischen Perspektiven und daraus folgende Konsequenzen für eine moderne Umgestaltung bzw. Anpassung unseres Gesundheitssystems stehen nicht auf der Tagesordnung. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt. Die Finanzierung ist nämlich ganz wesentlich abhängig von der Medizin, die wir in Zukunft haben wollen. Die Ressourcen müssen nach vernünftigen medizinischen Maßstäben verteilt werden.
Es muss eine gesellschaftliche Diskussion über die Prioritäten geführt werden. Dafür muss der Stellenwert der Prävention zunächst von der Politik tatsächlich ernst genommen werden. Die öffentliche Diskussion muss auch um die Mitverantwortung des Einzelnen für seine Gesunderhaltung und die ernsthafte Mitarbeit des Kranken an seinem Gesundungsprozess geführt werden [4]. Präventive Maßnahmen sind geeignet, die hohe Krankheitslast zu reduzieren [18] [19] [20].
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Prof. Dr. Martin Middeke
DMW Chefredaktion, Georg Thieme Verlag
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