ergoscience 2006; 01(3): 100-109
DOI: 10.1055/s-2006-927098
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist das Überkreuzen der Körpermittellinie ein Indikator für die Handpräferenz bei Kindern?

Is Crossing the Body Midline an Indicator for Hand Preference in Children?E. Kraus1
  • 1Alice-Salomon-Fachhochschule, Berlin
Further Information

Publication History

eingereicht: 18.7.2006

angenommen: 9.8.2006

Publication Date:
05 October 2006 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Handpräferenz wird zunehmend mit kontralateralen Handbewegungen ausgetestet, wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass das Überkreuzen der Mittellinie ein Indikator für die Handpräferenz ist.

Ziel/Methode: Anhand der Testreihe Handedness Profile [39], die Handpräferenz in ihrem Ausprägungsgrad und in der Konstanz des Handgebrauchs sowie Überkreuzen der Mittellinie getrennt voneinander evaluiert, wurde eine differenzierte Analyse zwischen 30 links- und 30 rechtshändigen Kindern im Alter von 5 - 7 Jahren in Subgruppen von konstanten und inkonstanten, ausgeprägten und weniger ausgeprägten sowie die Mittellinie beim Handgebrauch überkreuzenden und diese nicht überkreuzenden Kindern durchgeführt.

Ergebnisse: Die Studie weist auf wesentliche Unterschiede zwischen links- und rechtshändigen Kindern im Alter von 5 - 7 Jahren in Bezug auf Handpräferenz und das Überkreuzen der Mittellinie hin. Rechtshänder waren ausgeprägter in ihrer Handpräferenz und überkreuzten die Mittellinie häufiger als Linkshänder, aber nicht im Verhältnis zum Ausprägungsgrad und Konstanz ihrer Handpräferenz. Im Gegensatz dazu waren bei den getesteten Linkshändern der Ausprägungsgrad und die Konstanz der Handpräferenz für das Überkreuzen ausschlaggebend.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Testreihe hinterfragen die Annahme, dass das Überkreuzen der Mittellinie undifferenziert als Indikator für Handpräferenz eingesetzt werden kann. Handpräferenz - im Ausprägungsgrad und ihrer Konstanz - sowie das Überkreuzen der Körpermitte sollten umfassend und unabhängig voneinander ausgetestet werden, um das Verhältnis zwischen Handpräferenz und Überkreuzen der Mittellinie weiter zu erforschen, bevor andere externe Faktoren wie Komplexität der Aktivität oder Distanz zur Mittellinie berücksichtigt werden können.

Abstract

Background: Hand preference is increasingly assessed by means of contralateral reaching, based on the assumption that crossing the body midline is an indicator for hand preference.

Objective/Method: Using tests of the test battery Handedness Profile [39], hand preference was assessed both in terms of degree of hand preference as well as consistency within tasks, and midline crossing was tested separately. 30 left-handed and 30 right-handed children aged 5 - 7 years were analysed in subgroups of consistent versus inconsistent, with explicit versus variable hand preference, and crossing over versus avoiding crossing-over.

Results: The study indicates significant differences between left- and right-handed children in regard to hand preference and crossing the midline. Right-handed children showed a more explicit hand preference and more frequent contralateral reaching, but not in relation to the degree and consistency of their hand preference. This was not the case in left handed children, where degree and consistency correlated strongly with the extent of midline crossing.

Conclusions: These results question the assumption that crossing the midline could serve as an undifferentiated indicator for hand preference. Hand preference should be assessed in terms of degree and consistency and independently of midline crossing in order to further explore the actual relationship between hand preference and midline crossing, before investigating other external factors such as task complexity and distance to the midline.

Literatur

Prof. Dr. Elke Kraus, PhD, BScOccTher, Dip.Ad.Ed

Alice-Salomon-Fachhochschule

Alice-Salomon-Platz 5

12627 Berlin

Email: kraus@asfh-berlin.de