Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(49): 2833-2842
DOI: 10.1055/s-2005-922084
CME
Nuklearmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Szintigraphische Verfahren in der Inneren Medizin - Indikationen, Grenzen, Möglichkeiten

Scintigraphic Procedures in Internal MedicineA. Drzezga1 , A. Stahl1 , H. Wieder1 , G. Meisetschläger1 , M. Souvatzoglou1 , K. Scheidhauer1 , M. Schwaiger1
  • 1Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität, München
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Dr. med. Alexander Drzezga

Nuklearmedizinische Klinik u. Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

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Publication History

eingereicht: 16.8.2005

akzeptiert: 28.11.2005

Publication Date:
29 November 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Der Nutzen vieler konventioneller szintigraphischer Untersuchungen für die Diagnostik in der Inneren Medizin ist ungebrochen: Zahlreiche Fragestellungen sind nur mit szintigraphischen Verfahren zu beantworten. Die Verwendung spezifischer Tracer bietet oft die einzigartige Möglichkeit funktionelle (patho-) physiologische Prozesse zu visualisieren, die mit Erkrankungen aus dem internistischen Formenkreis assoziiert sind. Das Potential modernerer Methoden wie der PET ist auch für den Einsatz in der Inneren Medizin derzeit nicht ausgeschöpft und wird durch die Verfügbarkeit der neuen Hybrid-Systeme (PET/CT, SPECT/CT) weiteren Zuwachs erfahren.

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Summary

Scintigraphy continues to play an important diagnostic role in internal medicine. Many diagnostic questions can only be answered with scintigraphic methods. The application of specific radiopharmaceutical tracers offers the unique possibility to visualize ongoing functional changes, associated with diseases concerning internal medicine. The diagnostic potential of modern scintigraphic procedures such as PET for internal medicine is not yet sufficiently used and will continue to grow with hybrid systems, such as PET-CT and SPECT-CT.

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Glossar

CT = Computertomographie

EUS = Endoluminaler Ultraschall

FDG = 2-Fluoro-2-Deoxy-D-Glukose

HDP = Hydroxymethylendiphosphonat

HIDA = Hepato-Iminodiacetat

low dose = Niedrigdosis

LSZ = Lungenperfusionsszintigraphie

MDP = Methylendiphosphonat

MAG3 = Mercaptoacetyltriglycin

MIBG = Metaiodbenzylguanidin

MIBI = Methoxy-Isobutyl-Isonitril

MRT = Magnetresonanztomographie

PET = Positronen-Emissions-Tomographie

SPECT = Single photon emission computed tomography

Tc-99m = Technetium-99m

Tracer = radioaktive Markersubstanz

Uptake = Aufnahme

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Der konkrete Fall

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Anamnese

Ein 15-jähriger Patient stellte sich wegen einer Lymphknotenschwellung rechts supraklavikulär vor. Die Schwellung hatte in relativ kurzer Zeit rasch an Größe zugenommen. Der Patient klagte über gelegentlichen Nachtschweiß, darüber hinaus bestanden keine wesentlichen Beschwerden.

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Untersuchungen

Der Patient befand sich bei Aufnahme in gutem altersgemäßen Allgemeinzustand (Gewicht: 53 kg, Größe: 168 cm). Bei der körperlichen Untersuchung fiel eine deutlich tastbare Schwellung rechts supraklavikulär auf. Außerdem waren beidseits zervikal weitere vergrößerte Lymphknoten tastbar. Darüber hinaus war der körperliche Untersuchungsbefund weitgehend unauffällig.

Die MRT-Hals/Thorax-Untersuchung zeigte eine große teils zystische, teils solide Raumforderung rechtsbetont supraklavikulär, die sich bis weit ins vordere Mediastinum ausdehnte. Außerdem waren multiple Lymphknoten paratracheal, mediastinal sowie rechts supra- und infraklavikulär vergrößert. Die histologische Aufarbeitung einer Lymphknotenexstirpation/Probeexzision rechts supraklavikulär ergab ein Hodgkin-Lymphom vom nodulär-sklerosierenden Subtyp. Eine Ultraschalluntersuchung aller Lymphknotenstationen zeigte pathologisch vergrößerte Lymphknoten beidseits jugulär, beidseits supraklavikulär, im vorderen Mediastinum, im Leberhilus und fraglich iliakal. Außerdem wurde der Verdacht auf einen Milzbefall geäußert. Knochenmarkpunktion und Beckenkammstanzbiopsie brachten keinen Hinweis auf das Vorliegen eines T-Zell- oder eines Non-Hodgkin-Lymphoms, bzw. auf eine Knochenmark-Infiltration durch den M. Hodgkin. In einer CT-Thorax-Untersuchung fanden sich multiple mediastinale, zum Teil rundliche Gewebsvermehrungen. Die axillären Lymphknoten waren vergrößert. Auch hier stellte sich die Milz inhomogen dar mit fraglichem Milzbefall. Eine zusätzlich durchgeführte MR-Abdomen/Becken-Untersuchung zeigte suspekte Herdbefunde in der Milz und mehrere, teils konfluierende suspekte Lymphknoten beidseits inguinal. Intraabdominale Lymphknoten ließen sich nicht klar nachweisen.

In der PET-CT(low dose)-Ausgangs-Untersuchung mit F-18 FDG fanden sich deutliche stoffwechselaktive Lymphommanifestationen beidseits zervikal, rechts paraklavikulär, im oberen mittleren und vorderen Mediastinum, beidseits hilär und beidseits zöliakal. Außerdem ergab sich der klare Nachweis eines Parenchymbefalls der Milz. Inguinal war der Befund dagegen unauffällig ohne Nachweis malignitätstypischer Läsionen (Abb. [1]).

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Abb. 1 Oberflächenprojektion PET/CT: Grüne Pfeile: physiologisch gesteigerter Glukosemetabolismus in: A) Gehirn, B) Nierenbecken, C) Harnblase. Rote Pfeile: malignitätstypische Stoffwechselsteigerung in Lymphomherden: D) zervikal-mediastinal, E) zöliakal, F) Milz.

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Therapie und Verlauf

Es wurde eine Chemotherapie (gemäß HD 2002 Pilot VECOPA-Schema) eingeleitet. Nach zwei Zyklen (ca. 2 Monate nach Therapiebeginn) wurde das Therapieansprechen umfassend evaluiert. Die sonographische Verlaufskontrolle ergab eine Verkleinerung der zervikalen Lymphknoten Die vorbeschriebenen Veränderungen in der Milz hatten sich ebenfalls fast vollständig zurückgebildet. Allerdings konnte weiterhin eine Raumforderung unklarer Dignität im vorderen Mediastinum nachgewiesen werden. Die CT-Kontrolluntersuchung von Hals, Thorax und Abdomen zeigte Restlymphknoten von bis zu 1 cm Größe im Kieferwinkelbereich sowie weitere kleinnoduläre Einlagerungen entlang der Halsgefäße und supraklavikulär. Allerdings konnte auch hier weiterhin eine große flächig imponierende Raumforderung im vorderen Mediastinum sowie ein 2 cm messender Lymphnoten rechts iliakal nachgewiesen werden. Die PET-Verlaufskontrolle zeigte keinen Nachweis von malignitätstypischen Stoffwechselsteigerungen im Untersuchungsgebiet mehr, insbesondere nicht mediastinal und iliakal (Abb. [1], Abb. [2]).

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Abb. 2 Axiale Schnittbilder PET, CT („low dose”) und PET/CT fusioniert. Rote Pfeile: pathologische retrosternale Raumforderungen mit malignitätstypischer Stoffwechselsteigerung im Sinne von Lymphomgewebe. Grüne Pfeile: Posttherapeutisch verbliebene Raumforderung ohne tumortypische Stoffwechselsteigerung (avitales Residuum/DD: Thymusgewebe).

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Schlussfolgerungen

Die Diagnose eines M. Hodgkin Stadium IIIb wurde gestellt. In den Ausgangsuntersuchungen zum Initial-Staging konnten mit Hilfe der F-18 FDG PET Aussagen zu folgenden Fragestellungen getroffen werden, die mit anderen Untersuchungstechniken (CT/Sonographie/MRT) nicht oder nur fraglich zu beantworten waren:

  • Klarer Nachweis eines Milzbefalls,

  • Nachweis zöliakaler Herde (in den restlichen Untersuchungen nicht nachweisbar) sowie

  • Ausschluss inguinaler Herde.

Im Verlauf gelang mit allen eingesetzten Untersuchungsmethoden der Nachweis eines guten Ansprechens auf die Chemotherapie. In den morphologischen bildgebenden Verfahren fanden sich aber persistierende Raumforderungen mediastinal sowie rechts iliakal unklarer Dignität. Exklusiv mit der PET gelang der Nachweis eines vollständigen Ansprechens auf die Therapie: Die verbliebenen Raumforderungen wiesen keine malignitätstypische Stoffwechselsteigerung mehr auf (Abb. [2]). Die mediastinale Raumforderung wurde bei fehlender Stoffwechselsteigerung am wahrscheinlichsten Thymusgewebe zugeordnet (DD: avitales Residuum).

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Zeitgemäße Anwendung szintigraphischer Verfahren in der Inneren Medizin

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Technische Grundlagen

Moderne nuklearmedizinische Gerätetechnik erlaubt den hochempfindlichen Nachweis geringer Mengen (bis hin zu pmol Konzentrationen) einer radioaktiven Substanz im Körper. Hierfür werden Gammakameras zur Messung von Einzelphotonenstrahlern und PET für die Koinzidenzmessung von Positronenstrahlern verwendet.

Moderne Gammakameras basieren auf dem Prinzip der Auslesung eines großflächigen Szintillationskristalls (z. B. 40¥50 cm2) mittels einer Matrix von Lichtsensoren (Photomultiplier). Je nach Anwendungsgebiet kann zwischen Gammakameras mit Einkopf-, Doppelkopf- oder Dreikopf-Detektoren gewählt werden. Durch Rotation der Kameraköpfe um das Aufnahmegebiet lassen sich 3-dimensionale Schnittbildaufnahmen erstellen, so genannte SPECT-Aufnahmen. Heute stehen Kameras zur Verfügung, die bezüglich Auflösung, Zählratenverhalten und Homogenität optimiert sind und über moderne Datenverarbeitung eine schnelle Bildrekonstruktion ermöglichen.

Der Einsatz von radioaktiven Positronenstrahlern bei der PET verbessert die räumliche und zeitliche Auflösung erheblich. Für Fragestellungen aus der Inneren Medizin wird vor allem der Tracer F-18 FDG eingesetzt. Aber auch Atome wie Kohlenstoff und Sauerstoff können radioaktiv markiert werden. So können köperidentische radioaktive Tracer synthetisiert werden. Die Szintillationskristalle in der PET-Kamera sind ringförmig um die Untersuchungsliege angeordnet, so dass eine Rotation nicht erforderlich ist. Der Patient wird ähnlich wie in der CT oder MRT in die PET-Röhre hineinbewegt. Verbesserungen in der Gerätetechnik für die PET zielen auf eine höhere Empfindlichkeit und bessere Auflösung. Dadurch lassen sich - bei gleich bleibender injizierter Aktivität - die Messzeiten verkürzen und der Kontrast verbessern. Moderne PET-Geräte decken ca. 20 cm in axialer Richtung ab und erreichen eine Ortsauflösung im Schnittbild von etwa 6 mm.

Da die funktionelle Bildgebung von SPECT oder PET nur limitierte anatomische Information liefert, gewinnen multimodale Systeme mehr und mehr an Bedeutung. Hybridsysteme, die ein PET- und ein CT-Gerät kombinieren, werden für onkologische Fragestellungen bereits im Routine-Betrieb eingesetzt. Die Akquisition erfolgt seriell (zunächst CT, dann PET), da die beiden Modalitäten mit einem axialen Versatz miteinander gekoppelt sind. Modernes (3D) PET kombiniert mit Mehrzeilen-CT von bis zu 64 Zeilen wird zur Zeit kommerziell angeboten. Dabei entspricht die Qualität der Einzelkomponenten (PET und CT) der kombinierten Geräte in jeder Hinsicht der Qualität modernster Einzelgeräte. Gleiches gilt für die resultierenden Aufnahmen, die isoliert und in Fusion betrachtet werden können. Es ist möglich, den CT-Teil der PET-CT-Untersuchungen in „low-dose”-Technik durchzuführen, um die Strahlenbelastung des Patienten zu minimieren. Eine „low-dose”-CT-Untersuchung kann zur Schwächungskorrektur der PET-Daten und zur groben anatomischen Zuordnung verwendet werden, kann aber eine diagnostische CT-Untersuchung nicht ersetzen.

In gleicher Weise werden SPECT und Mehrzeilen-CT in Hybridsystemen angeboten. So könnten z. B. auch Skelettszintigraphie, Entzündungsszintigraphie und die direkte Tumorszintigraphie in Zukunft erheblich durch die direkte Kombination mit einer CT-Aufnahme in einem Hybrid-Gerät profitieren.

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Onkologische Diagnostik

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Skelettszintigraphie

Die Skelettszintigraphie dient der Darstellung pathologischer Veränderungen des Knochenstoffwechsels. Als „Tracer” werden Diphosphonate (z. B. MDP, HDP) verwendet, die mit dem Gammastrahler Tc-99m markiert sind. Der Tracer bindet über einen unspezifischen Adhäsionsmechanismus an die Oberfläche kalzifizierenden Knochens. Die Intensität der Aktivitätsaufnahme nimmt in erster Linie mit der Osteoblastentätigkeit (maximal um den Faktor 20), in zweiter Linie mit der Durchblutung zu (maximal um den Faktor 3).

Der Knochenstoffwechsel wird typischerweise in den Spätaufnahmen ca. 3 h nach i. v. Injektion anhand einer planaren Ganzkörperuntersuchung mit zusätzlich gegebenenfalls planaren und/oder tomographischen Aufnahmen (SPECT) beurteilt. Die Frühaufnahmen ca. 10-30 sec. p. i. erlauben die Beurteilung der regionalen Perfusion, die Aufnahmen ca. 3-5 min. p. i. die des Blutpools (Die Aufnahme zu allen drei Zeitpunkten wird als 3-Phasen-Szintigraphie bezeichnet). Ein gesteigerter oder (seltener) verminderter Knochenstoffwechsel ist ein sensitives Zeichen verschiedenster pathologischer Knochenvorgänge: Es können neoplastische, degenerative, entzündliche, traumatische, vaskuläre oder metabolische Veränderungen zugrunde liegen.

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Suche von Skelettmetastasen

Metastasen werden indirekt nachgewiesen, d. h. es wird kein tumoreigener Prozess, sondern die Reaktion des Knochens auf Tumorgewebe dargestellt [2]. Daher können nur Metastasen mit reaktiver Stimulation der Osteoblastenaktivität (osteoblastische Metastasen) als „hot spot” dargestellt werden können. Rein osteolytische Metastasen (z. B. Nierenzellkarzinom) sind schwieriger bzw. nur als „cold spot” erkennbar. Reine Knochenmarkmetastasen (z. B. beim Plasmozytom) sind in der Regel nicht nachweisbar. Bei reiner Knochenmarkmetastasierung ist die MRT oder auch eine Knochenmarkszintigraphie (z. B. mit Tc-99m-Nanokolloid) der Skelettszintigraphie diagnostisch überlegen.

Indikationen für eine Skelettszintigraphie sind z. B. der Nachweis/Ausschluss von Skelettmetastasen z. B. bei Skelettschmerz, Anstieg der alkalischen Phosphatase, Tumormarkeranstieg oder zum Screening/primären Tumorstaging (in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit für Skelettmetastasen und der therapeutischen Konsequenz) (Tab. [1]). So ist die Skelettszintigraphie z. B. indiziert beim Prostatakarzinom bei PSA > 8-10 ng/ml (unter Hormontherapie auch früher!), beim Mammakarzinom ab Stadium II bzw. bei Lymphknoten-Metastasen und beim Primärstaging des Bronchialkarzinoms in jedem Tumorstadium.

Die Sensitivität zum Nachweis von Skelettmetastasen liegt für alle Tumorentitäten bei ca. 95 %. Sie ist deutlich höher als die des konventionellen Röntgen, da Änderungen des Knochenstoffwechsels morphologischen Veränderungen in der Regel vorausgehen. Ein weiterer Vorteil der Skelettszintigraphie ist die Möglichkeit das gesamte Skelettsystem zu überblicken.

Tab. 1 Übersicht über Indikationen für nuklearmedizinische Verfahren in der Inneren Medizin und ergänzende Untersuchungen.

Verfahren

Tracer

Indikation

Ergänzende Untersuchungen

Skelettszintigraphie

Tc-99m markierte Diphosphonate

Skelettmetastasen (Suche, Verlaufsbeurteilung, Artdiagnostik); Entzündliche Veränderungen (Suche, Verlaufsbeurteilung), V.a. Osteomyelitis

Knochenmarkszintigraphie

Tc-99m Nanokolloid

Knochenmarkmetastasen (z.B. Plasmozytom)

Direkte Tumorszintigraphie

Iod-123-MIBG

Tumore des sympathischen Nervensystems

In-111-Octreotid

neuroendokrine Tumoren

PET, PET/CT

F-18 FDG

Primärstaging, Therapiekontrolle, Rezidivdiagnostik bei verschiedenen Tumoren

Entzündungsszintigraphie („Antigranulozytenszintigraphie“)

Tc-99m-markierten Maus-Antikörpern (AK) oder -AK-Fragmente

Suche nach einem Infektherd, chronisch entzündliche Darmerkrankung

Lungenperfusionsszintigraphie

Tc-99m-MAA

Verdacht auf Lungenembolie

Röntgen Thorax in 2 Ebenen, Lungenventilationsszintigraphie

Schilddrüsenszintigraphie

Tc-99m-Pertechnetat

Iod-123, Iod-131 Tc-99-MIBI

Knoten oder Zysten in der Schilddrüse; Über-/Unterfunktion oder Autonomie der Schilddrüse;

retrosternale Struma, Schilddrüsenkarzinom; Nebenschilddrüsenadenom

Sonographie der Schilddrüse, Hormonstatus, (Antikörperbestimmung)

Speicheldrüsenszintigraphie

Tc-99m-Pertechnetat

Beurteilung von Perfusion und exkretorischer Funktion der Speicheldrüsen

Radioaktiv markierte Testmahlzeiten

Tc-99m-Schwefelkolloid

Beurteilung von Ösophaguspassage, Reflux und Magenentleerung

Leberdiagnostik: „HIDA”-Szintigraphie

Tc-99m-markierte Immidoacetat-Verbindungen

Perfusion und Parenchymfunktion des Lebergewebes; Beurteilung der Gallenwege, Leberläsionen

Blutpoolszintigraphie

Tc-99m-markierte Eryhtrozyten

Differentialdiagnostik von Leberläsionen

Nierenfunktionsszintigraphie

Tc-99m-MAG3

Beurteilung von Nierenfunktion, Harnabfluss, Nierenarterienstenosen

Myokardperfusionsszintigraphie

Tc-99m-MIBI, Tc-99m-Tetrofosmin, Tl-201

Beurteilung myokardiale Ischämie oder Narbe, funktionelle Bedeutung einer Stenose, myokardiale Vitalität

Radionuklid-Ventrikulographie

Tc-99m markierte Erythrozyten

Beurteilung Ventrikelfunktion, Verlaufskontrolle z. B. unter kardiotoxischer Chemotherapie

Myokardiale PET

F-18-FDG

Unterscheidung Myokardnarbe/hibernierendes Myokard

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Verlaufsbeurteilung von Skelettmetastasen

Durch Wiederholung der Untersuchung kann das Ansprechen von Skelettmetastasen auf Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie beurteilt werden (z. B. ossäre Metastasen beim Prostata- oder Mammakarzinom). Ein Ansprechen auf die Therapie kann anhand der Abnahme von Intensität und Zahl der Knochenmetastasen dokumentiert werden.

Innerhalb der ersten 3 Monate nach Therapieeinleitung/-umstellung muss das gelegentlich auftretende „flare”-Phänomen (Zunahme der Intensität der Metastasierung im szintigraphischen Bild) beachtet werden: Dieses wird durch eine einsetzende Knochenheilung und einer damit verbundenen passageren Steigerung des Knochenstoffwechsels erklärt.

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Artdiagnostik von Skelettläsionen

Diese Fragestellung ist in der Inneren Medizin von untergeordneter Bedeutung. Sie spielt vor allem bei der Dignitätsbeurteilung primärer Knochentumore eine Rolle. Die Untersuchung wird als 3-Phasen-Szintigraphie durchgeführt, um die Durchblutung einer Läsion als zusätzliches Diagnosekriterium heranzuziehen.


kurzgefasst: Indikationen für eine Skelettszintigraphie sind der Nachweis oder Ausschluss von Skelettmetastasen, die Verlaufsbeurteilung von Skelettmetastasen unter Therapie und die Artdiagnostik von Skelettläsionen.

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Direkte Tumorszintigraphie

Neben F-18 FDG als allgemein hochsensitivem Tumor-Tracer für die PET (siehe dort) existieren verschiedene Tracer, die spezifische Tumoreigenschaften darstellen können.

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Iod-123-MIBG

Iod-123-MIBG ist ein Noradrenalin-Analogon, das selektiv von Tumorabkömmlingen des sympathischen Nervensystems aufgenommen wird. Dadurch können z. B. das Phäochromozytom, das Paragangliom und das Neuroblastom hochspezifisch dargestellt werden. Einige Tage vorher sind interferierende Medikamente möglichst abzusetzen: z. B. trizyklische Antidepressiva, Sympathomimetika, Reserpin. Mit dem therapeutischen Analogon Iod-131-MIBG kann bei den entsprechenden Tumoren eine Radionuklidtherapie durchgeführt werden.


kurzgefasst: Indikationen für eine Szintigraphie mit Iod-123-MIBG sind Artdiagnose/Zugehörigkeit einer Läsion im Bereich der Nebenniere bzw. des Grenzstrangs, Tumorsuche bei erhöhter Katecholaminausscheidung/Produktion und Staging.

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In-111-Octreotid

In-111-Octreotid ist ein Somatostatin-Analogon, das selektiv an Somatostatinrezeptoren (vor allem Subtyp2) bindet. In hoher Dichte werden diese Rezeptoren auf neuroendokrinen Tumoren (v. a. Karzinoid, Gastrinom, Glukagonom) exprimiert. Das Insulinom weist in ca. 50 % der Fälle eine hohe Rezeptorexpression auf. Weitere Tumorentitäten wie das kleinzellige Bronchialkarzinom, das medulläre Schilddrüsenkarzinom oder Lymphome zeigen eine variable Expression von Somatostatinrezeptoren.


kurzgefasst: Indikationen für eine Szintigraphie mit In-111-Octreotid sind Artdiagnose/Zugehörigkeit bei Verdacht auf einen neuroendokrinen Tumor, Primariussuche bei metastasiertem neuroendokrinen Tumor, Staging und Nachweis der Somatostatinrezeptorexpression vor geplanter Therapie mit Octreotid (Sandostatin®).

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Onkologie PET, PET/CT

Die klassischen morphologischen Verfahren zum Tumorstaging wie Sonographie/EUS, MRT oder CT erlauben nicht immer eine zuverlässige Differenzierung zwischen malignen und benignen Raumforderungen. So erfolgt z. B. die Beurteilung der Dignität von Lymphknoten oft ausschließlich anhand der Größe („Durchmesser > 1cm = suspekt”). Jedoch können auch kleinere Läsionen maligne Zellen enthalten oder umgekehrt verbliebene relativ große Raumforderungen nach Therapie frei von vitalen Tumorzellen sein.

Ein wesentliches Merkmal maligner Zellen ist der gegenüber dem gesunden Gewebe deutlich erhöhte Glukosemetabolismus. Die PET kann unter Verwendung des F-18 markierten Glukoseanalogons FDG den regionalen Glukosemetabolismus im Körper darstellen. Dieser Mechanismus erlaubt eine hochsensitive funktionelle Charakterisierung von Gewebe, wie sie mit keinem anderen Verfahren möglich ist. F-18 FDG ist der wichtigste onkologische Tracer. Andere PET-Tracer wie markierte Aminosäuren, Cholin, etc. kommen z. B. zur Diagnostik von Hirntumoren oder bei Prostatakarzinomen zum Einsatz. Neben der Darstellung der Tumorausbreitung ermöglicht die FDG-PET auch eine quantitative Beurteilung der Stoffwechselaktivität des Tumorgewebes mittels so genannter „standardized uptake values” (SUV) die im zeitlichen Verlauf bestimmt werden.

Die FDG-PET hat sich in den letzen Jahren als eine der sensitivsten und spezifischsten Methoden bei Primärstaging, Therapiekontrolle und Rezidivdiagnostik vieler maligner Tumoren erwiesen. Viele dieser Anwendungen spielen bei primär chirurgischen Fragestellungen eine wesentliche Rolle (z. B. Staging zur Entscheidung Operation (OP) vs. nicht-chirurgisches Procedere, Bestimmung des Ausmaßes des Tumorbefalls zur OP-Planung, Frage wiederholte OP bei Rezidivverdacht, Ausschluss weiterer Metastasen vor geplanter Resektion singulärer Filiae, etc.). Allerdings kommt auch die internistische Onkologie in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachgebieten mit diesen Fragestellungen wesentlich in Berührung. Im Folgenden Abschnitt soll der Stellenwert der FDG-PET in der Diagnostik des Lymphoms exemplarisch erläutert werden.

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Staging

Ein genaues Staging ermöglicht neben der Wahl der richtigen therapeutischen Strategie auch eine Aussage über die Prognose von Patienten mit Lymphom. Mit der FDG-PET kann mit hoher Genauigkeit sowohl das Hodgkin-Lymphom (HL), als auch das hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) nachgewiesen werden. In der Literatur werden für die FDG-PET Sensitivitäten von 85 - 99 % angegeben (10 - 20 % über der CT) [4] [12]. Im Vergleich zur CT konnten verschiedene Studien zeigen, dass die FDG-PET in 10 - 25 % zu einer therapeutisch relevanten Änderung des Stagings führt. Insbesondere auch Vorteile der FDG-PET im Nachweis eines extranodulären Lymphombefalls (Knochenmark, Milz, Leber) werden in vielen Studien betont. Es existieren zahlreiche weitere, etablierte und nach den Leitlinien ebenfalls evidenzbasierte (Evidenzstufe 1a/1b) Staging-Einsatzmöglichkeiten der FDG-PET [5] [10] [11], wie z. B. Bronchialkarzinom, Ösophagus- und Rektumkarzinom, Mammakarzinom, malignem Melanom und Kopf-Halstumoren. Außerdem kann die Dignität von pulmonalen Rundherden sowie von Pankreasläsionen bewertet werden.

Um die Limitation der PET (geringe anatomische Information) zu reduzieren, werden zunehmend PET/CT-Hybridsysteme eingesetzt. Dadurch werden morphologische und metabolische Information kombiniert. Bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom konnte bereits nachgewiesen werden, dass mittels PET/CT die diagnostische Genauigkeit im Tumorstaging signifikant erhöht wird.

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Verlaufskontrolle

Ein häufiges Problem in der Beurteilung des Therapieerfolges sowohl beim HL als auch beim NHL ist das Vorhandensein einer residuellen Tumormasse nach Beendigung der Therapie. Etwa 2/3 der Patienten mit HL zeigen nach Abschluss der Therapie morphologisch Restgewebe im Bereich der Tumormanifestation, während jedoch bei nur ca. 20 % der Patienten vitales Resttumorgewebe vorliegt. Mit morphologischen Untersuchungsmodalitäten (CT/MRT) ist häufig schwierig zu differenzieren ob das Restgewebe nur narbig/fibrotische Anteile oder auch vitales Resttumorgewebe enthält. Mit der FDG-PET kann dagegen der Remissionsstatus nach Therapie mit hoher Sensitivität (84 - 100 %) und Spezifität (83 - 92 %) vorausgesagt werden. Es konnte gezeigt werden, dass ein „PET-positives” Resttumorgewebe mit einer 1-Jahres-Rezidivfreiheit von nur 0 - 18 % verbunden war, während Patienten mit „PET-negativen” Tumorresten eine 1-Jahres-Rezidivfreiheit von 86 - 100 % aufwiesen. Bei Lymphomen und anderen Tumorentitäten lässt sich nicht nur das Therapieansprechen nach Abschluss der Therapie beurteilen, sondern bereits unter Therapie (z. B. nach 1 - 2 Zyklen Chemotherapie) das spätere Ansprechen voraussagen [13] [16]. Auch bei Mammakarzinom, Ösophaguskarzinom und Magenkarzinom kann mit Hilfe der FDG-PET ein Ansprechen auf die Therapie beurteilt werden.

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Rezidivdiagnostik

Sowohl beim NHL als auch beim HL ist es von Bedeutung ein Tumorrezidiv zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu diagnostizieren, da die Einleitung einer Salvage-Therapie zu einer entscheidenden Verlängerung des Überlebens führen kann. Bei Lymphomen wie bei vielen anderen Tumoren wie z. B. Ösophagus-, Rektum-, Pankreaskarzinom, malignem Melanom, Kopf-Halstumoren sowie Bronchialkarzinomen, weisen Studien darauf hin, dass mit FDG-PET ein Rezidiv sehr früh (vor morphologischen Untersuchungsmodalitäten) mit hoher diagnostischer Genauigkeit entdeckt werden kann. Ein grundsätzliches Problem der PET-Diagnostik ist die in Deutschland bisher noch nicht allgemein gewährleistete Kostenübernahme durch die Krankenkassen (im Gegensatz zu den USA und den meisten andren europäischen Ländern.


kurzgefasst: Indikationen für die F-18 FDG PET in der onkologischen Diagnostik sind: Primärstaging, Therapiekontrolle und Rezidivdiagnostik zahlreicher Tumorentitäten sowie die Bewertung der Dignität unklarer Raumforderungen, z.B. pulmonaler Rundherde.

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Patientenvorbereitung

Optimale Untersuchungsbedingungen für die onkologische F-18 FDG-Diagnostik bestehen bei niedrigem Insulin und Blutglukosespiegel. Daher müssen Patienten vor einer PET-Untersuchung mindestens 6 Stunden nüchtern sein (bis auf Wasser/kalorienfreie Getränke). Die Untersuchungsqualität kann weiter verbessert werden durch die i. v. Injektion von Furosemid nach der Injektion des F-18 FDG (schnellere Ausscheidung der Aktivität aus der Niere/ableitenden Harnwegen) sowie durch i. v.-Gabe von N-Butylscopolamin (Reduktion der intestinalen FDG Aufnahme). Nach der FDG-Injektion sollte sich der Patient möglichst wenig bewegen und auch nicht sprechen, um die FDG-Aufnahme in die Muskulatur zu verringern. Nach etwa 40 - 60 min. Wartezeit wird der Scan durchgeführt.

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Entzündungsdiagnostik

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Skelettszintigraphie

Infektiöse und nicht-infektiöse entzündliche Veränderungen des Skeletts gehen in der Regel mit einer erhöhten Durchblutung einher. Daher wird die Skelettszintigraphie bei entzündlichen Skelettveränderungen als 3-Phasen-Szintigraphie durchgeführt. Die Sensitivität der Skelettszintigraphie für floride und chronische Entzündungen liegt bei > 95 % [3]. Ein normaler Skelettbefund schließt eine entzündliche Skeletterkrankung aus. Bei positivem Skelettbefund und der Frage nach einer Osteomyelitis sollte besonders bei komplizierenden Faktoren wie kürzliche Operation, Fremdmaterial etc. zur Diagnosesicherung eine Entzündungsszintigraphie angeschlossen werden (siehe dort). Im Stammskelett ist ggf. eine Knochenmarkszintigraphie sinnvoll, um eine unspezifische Knochenmark-Aufnahme der Entzündungs-Tracer von einer entzündlich bedingten Aufnahme zu unterscheiden.

Indikationen für eine Skelettszintigraphie bei entzündlichen Prozessen sind der Verdacht auf eine Osteomyelitis, die Frage nach einer Knochenbeteiligung bei Weichteilentzündung (z. B. Diabetes mellitus), die Beurteilung der Floridität von Arthritiden (v. a. des rheumatischen Formenkreises) und die gezielte Arthritisabklärung vor therapeutischer Intervention (z. B. Radiosynoviorthese).

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Entzündungsszintigrapie

Die Entzündungsszintigraphie wird in der Regel mit Tc-99m-markierten Maus-Antikörpern (AK) oder -AK-Fragmenten durchgeführt, die gegen Epitope auf Granulozyten (NCA 95 bzw. NCA 90) gerichtet sind („Antigranulozyten-Szintigraphie”). Die Traceranreicherung beruht auf Exsudation und Bindung an Granulozyten im Entzündungsherd. Wegen der physiologischen Traceranreicherung in Leber, Milz, Knochenmark, Niere und Harnblase ist die diagnostische Genauigkeit der Untersuchung in diesen Regionen herabgesetzt. Bei der Verwendung kompletter Maus-Antikörper muss im Falle einer Wiederholungsuntersuchung auf die Bildung von Anti-Maus-AK (HAMA) geachtet werden (in < 10 % der Fälle). Die Markierung patienteneigener Leukozyten mit In-111 ist mindestens als gleichwertig zu betrachten, aber aufwändiger. Im Gegensatz zur Antigranulozyten-Szintigraphie kommt es zu einer weniger intensiven Anreicherung im Stammskelett, im Magen-Darm-Trakt und in den Nieren. Aus diesem Grund sollte die Untersuchung bei entsprechenden Fragestellungen vorgezogen werden. Die Anreicherung von 67Gallium ist nicht an eine leukozytäre Infiltration gebunden und hat daher einen Stellenwert in der Entzündungsdiagnostik bei neutropenischen und immungeschwächten Patienten speziell bei der Frage nach pulmonalen Infekten (z. B. Pneumocystis carinii-Infektion bei HIV-Erkrankung).

Es liegen Hinweise vor, dass durch eine antibiotische Vorbehandlung die Sensitivität der Entzündungsszintigraphie gering reduziert wird. Nach Möglichkeit sollte die Untersuchung daher vor Einleitung einer Antibiotikatherapie durchgeführt werden. Der Abbruch einer bereits eingeleiteten Antibiotikatherapie oder gar die Unterlassung der Untersuchung bei klinischer Indikation erscheinen allerdings nicht gerechtfertigt. Eine entzündungsdiagnostik ist grundsätzlich auch mittels F-18 FDG PET möglich (über den Glukose-“Uptake“ in aktivierten Makrophagen), die vorliegenden Erfahrungen sind hier jedoch bisher weniger umfassend.


kurzgefasst: Indikationen für eine Entzündungsszintigraphie sind die Suche nach einem Infektherd bei Fieber unklarer Genese, Endokarditis, Protheseninfekt (z. B. Katheter) und die Diagnosesicherung einer Osteomyelitis bei positivem Skelettszintigramm (nur im peripheren Skelett). Der Verdacht auf eine Lokalisation im stammnahen Skelett kann den Versuch einer In-111 Leukozytenszintigraphie rechtfertigen). Auch bei (chronisch) entzündliche Darmerkrankungen (z. B. M. Crohn, auch Appendizitis) kann eine Entzündungsszintigraphie durchgeführt werden.

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Lungendiagnostik

Die Lungenperfusionsszintigraphie (LSZ) ist ein hochsensitives Verfahren für den Nachweis einer Lungenarterienembolie (LE) bei gleichzeitig geringer Belastung und fast fehlenden Nebenwirkungen für den Patienten. Durch die i. v. Injektion von gering radioaktiv markierten makroaggregierten Albuminpartikeln (Tc-99m-MAA) kann der Perfusionsdefekt jenseits des embolischen Gefäßverschlusses nachgewiesen werden. Die Lungenperfusionsszintigraphie kann alleine oder in Kombination mit einer Lungenventilationsszintigraphie durchgeführt werden (Inhalation von Tc-99m-markierten radioaktiven Aerosolen oder verdampften Kohlepartikeln). So wird eine Differenzierung von reinen Perfusionsdefekten (LE-typisch) oder kombinierten Ventilations-/Perfusionsdefekten (LE-atypisch) möglich. Das Verfahren ist als primärer diagnostischer Test bei Verdacht auf eine Lungenarterienembolie ausgiebig evaluiert und wird entsprechend auch in aktuellen Leitlinien als Verfahren der Wahl für diese Fragestellung empfohlen [15]. Die Perfusionsszintigraphie sollte immer zusammen mit einer aktuellen Ventilationsszintigraphie oder einem Röntgen-Thorax in zwei Ebenen beurteilt werden, um eventuell vorhandene sekundäre Perfusionsstörungen (z. B. Infiltrate) zu identifizieren.

Die Spiral-CT steht der LSZ als einziges Verfahren mit potenziell gleichwertigen diagnostischen Möglichkeiten gegenüber. Die Spiral-CT kann in kurzer Zeit durchgeführt werden und wird im klinischen Alltag daher bereits z. T. als primärer diagnostischer Test eingesetzt. Nachteile der Spiral-CT sind allerdings eine erheblich höhere Strahlenbelastung (5 - 10 mSv versus 0,4 - 1,7 mSv bei der LSZ), ein höheres Komplikationsrisiko (vorwiegend Kontrastmittel-assoziiert) und eine geringere Sensitivität gegenüber kleineren peripheren Embolien. Zudem ist das Verfahren bisher nicht vergleichbar solide evaluiert und wird in der Literatur z. T. noch kontrovers diskutiert. In zahlreichen relevanten Studien wird der Einsatz der Spiral-CT nicht anstatt der LSZ sondern als ergänzende komplementäre Maßnahme befürwortet (bei unklarer Röntgen-Thorax-Aufnahme, bekannten pulmonalen und pleuralen Erkrankungen). Neben der Diagnostik der LE ist der Nutzen der LSZ auch für klinisch seltenere Fragestellungen wie die präoperative Bestimmung der anteiligen Lungenleistung oder des Shunt-Volumens ausführlich belegt.


kurzgefasst: Die Lungenperfusionsszintigraphie ist ein hochbewährtes Verfahren zur Diagnostik der Lungenembolie. Die „Konkurrenzverfahren“ Spiral-CT und die Lungenszintigraphie haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, die einen komplementären Einsatz der Methoden rechtfertigen

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Schilddrüsendiagnostik

Die Schilddrüsenszintigraphie beruht auf der aktiven Aufnahme von Iod in funktionell aktive Schilddrüsenzellen über den Natrium-Iodid-Symporter. Iodisotope werden aus Kostengründen (Iod-123) (Zyklotronprodukt) und aufgrund relativ hoher Strahlenexposition (Iod-131) in der Regel nur für seltenere Fragestellungen eingesetzt. Dazu gehören retrosternale Struma (höherer prozentualer „Uptake”) und die Ganzkörper-Diagnostik beim Schilddrüsen-Karzinom (hohe Sensitivität zum Nachweis von Lokalrezidiven und Metastasen).

Aufgrund der sterischen Ähnlichkeit zu Iod kann Tc-99m-Pertechnetat zur Schilddrüsenszintigraphie verwendet werden. Dieses wird in die Schilddrüse aufgenommen, aber nicht in die Schilddrüsenhormone eingebaut. Funktion, Form Lage und Größe der Schilddrüse können so beurteilt werden. Die Messung der globalen Tc-99m-Pertechnetat-Aufnahme in die Schilddrüse etwa 10 - 20 min p. i. korreliert dabei ausreichend gut mit der Iodid-Clearance.

Der Technetium-Uptake in der Schilddrüse ist ein Indikator der globalen und regionalen Aktivität des Schilddrüsengewebes. So zeigen autonome Areale einen gesteigerten Uptake, der sich auch unter Suppressionsbedingungen (bei vollständig unterdrückter basaler TSH-Inkretion) nicht vollständig ausschalten lässt. Auf diesem Phänomen beruht die Bezeichnung der „heißen Knoten” (Abb. [3]). Zum Nachweis einer Autonomie wird daher die Durchführung einer Szintigraphie unter Suppressionsbedingungen angestrebt, die auch künstlich durch externe Hormonzufuhr herbeigeführt werden können. Bei disseminierter Autonomie und beim M. Basedow findet sich ein generalisiert gesteigerter Uptake über der gesamten Schilddrüse ( Abb. [3]). Eine Differenzierung erfolgt hier über den Antikörper-Status. Bei einer Thyreoiditis findet sich typischerweise ein erniedrigter und inhomogener Uptake. So genannte „kalte Knoten” entsprechen Arealen verminderter funktioneller Aktivität, die in einem gewissen Prozentsatz (ca. 5 %) ein Schilddrüsenkarzinom darstellen können. Für die konklusive Beurteilung der Schilddrüsenszintigraphie ist die Kenntnis der zugrunde liegenden morphologischen Information (Sonographie) und des aktuellen Hormonstatus unerlässlich. Die Indikation zu einer Szintigraphie ist im Regelfall bei Nachweis von sonographischen Auffälligkeiten (Knoten/Zysten/echoarme Areale) gegeben [1] [9]. Ergänzend zur Schilddrüsenszintigraphie ist mittels eines weiteren geeigneten Tracers (Tc-99m MIBI) szintigraphisch auch der Nachweis eines Nebenschilddrüsenadenoms möglich.

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Abb. 3 Beispiele Schilddrüsenszintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat: A) unauffällige Schilddrüse, Tc-Uptake 1,5 %; B) unifokale Autonomie, Tc-Uptake 2,0 %; C) Morbus Basedow, Tc-Uptake 9 %.


kurzgefasst: Indikationen zur Schilddrüsenszintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat sind: Definition von Form, Lage, Größe und Funktion der Schilddrüse, Differenzierung hyperfunktionelle (heiße)/ und hypofunktionelle (kalte) Knoten, Verdacht auf eine Autonomie der Schilddrüse oder auf einen M. Basedow sowie Verdacht auf eine aktive Thyreoiditis. Andere Tracer werden verwendet zur Identifikation von ektopem Schilddrüsengewebe/retrosternaler Struma (I-123), zum Nachweis von Nebenschilddrüsenadenomen (Tc-99m-MIBI) und zum Nachweis von SD-Tumor/Metastasen (I-131).

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Diagnostik des Gastrointestinaltraktes

Es stehen zahlreiche szintigraphische Untersuchungsmöglichkeiten für die Funktionsdiagnostik des Gastrointestinaltraktes zur Verfügung.

Dazu zählt die Speicheldrüsenszintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat, das über die Speicheldrüsen sezerniert wird. Sie erlaubt Aussagen über Perfusion und exkretorische Funktion der Speicheldrüsen. Die Beurteilung von Ösophaguspassage, Reflux und Magenentleerung (z. B. nach Magen-Operation, bei Dumping Syndrom oder Gastroparese) sind mit radioaktiv markierten Testmahlzeiten (flüssig/fest) möglich (z. B. Tc-99m-Schwefelkolloid-markiertes Rührei).

Nach i. v. Injektion von Tc-99m-Kolloidpartikeln ist eine szintigraphische Darstellung von Leber und Milz möglich, die insbesondere für die Darstellung von Nebenmilzen/akzessorischen Milzen eine klinische Bedeutung haben kann. Eine exzellente Methode zur Beurteilung der hepatobiliären Funktion ist die Szintigraphie mit Tc-99m-markierten Iminodiacetatverbindungen (z. B. Tc-99m-„HIDA”-Szintigraphie). Diese Tracer werden aktiv von den Leberzellen aufgenommen und biliär ausgeschieden. So können eine Vielzahl von Fragestellungen beantwortet werden über Perfusion und Parenchymfunktion des Lebergewebes bis zur Differentialdiagnostik fokaler Leberläsionen. Insbesondere in Kombination mit der Blutpoolszintigraphie (Tc-99m-markierte Eryhtrozyten) können Läsionen wie die fokale noduläre Hyperplasie (FNH), Hämangiom, hepatozelluläres Adenom und Lebermetastase differenziert werden. So findet sich z. B. ein erhöhter Blutpool nur beim Hämangiom, das „Trapping” der Aktivität nur bei der fokalen nodulären Hyperplasie.

Die Ausscheidung der Iminodiacetat-Tracer über die Gallenwege ermöglicht Aussagen zu Gallenwegsmorphologie und den Gallenabflussverhältnissen. Somit können zahlreiche Diagnosen wie Gallenwegsverschluss, -leckage und auch akute Cholezystitis (mit höherer Sensitivität als mit der Sonographie) gestellt werden.


kurzgefasst: Indikationen für die Szintigraphie im Gastrointestinaltrakt sind z. B. die Beurteilung der Nahrungspassage, der hepatobiliären Funktion, der Gallenabflussverhältnisse sowie die Frage nach Nebenmilzen und die Differentialdiagnostik fokaler Leberläsionen.

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Diagnostik des hämatopoetischen Systems

Neben unterschiedlichen Resorptionstests stehen in der Nuklearmedizin auch szintigraphische Verfahren zur Diagnostik des hämatopoetischen Systems zur Verfügung. Nach i. v. Gabe eines langlebigen radioaktiv markierten Eisenisotops (Fe-59) kann z. B. durch szintigraphische Messung der Aktivitätsverteilung über Leber, Knochenmark und Milz über mehrere Tage der Erythrozyten-Bildungs- und -Abbauort bestimmt werden. So werden Aussagen zu extramedullärer Erythropoese sowie eine Differenzierung zwischen aplastischer und hämolytischer Anämie möglich. Neben diesen Verfahren können durch direkte Markierung der Erythrozyten mit Cr-51 die Erythrozyten-Überlebenszeit und der -Hauptabbauort (durch Messung über Leber und Milz) bestimmt werden. Auch Thrombozyten-Überlebenszeit und -Hauptabbauort sind mittels markierter Thrombozyten (z. B. mit In-111) zu ermitteln.

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Nierendiagnostik

Die wichtigste Form der Nierenszintigraphie ist die Nierenfunktionsszintigraphie mit Tc-99m-MAG3, mit der in einer Untersuchung zahlreiche Parameter der Nierenfunktion erfasst werden können. Der Tracer erlaubt über die Anflutung im Nierenparenchym nach i. v. Applikation die Beurteilung der Nierenperfusion, über den Parenchymtransfer die Beurteilung von Form, Lage und Größe sowie über die regelrechte Parenchymfunktion der Nieren. Im Verlauf kommt es zu einer tubulären Sekretion des Tracers, so dass die gesamte und seitengetrennte Nierenclearance bestimmt werden kann (bei gleichzeitiger serieller Bestimmung der Aktivitätsabnahme in Blutproben). Über die Erfassung der Aktivität in den ableitenden Harnwegen bis zur Harnblase ist eine Aussage über funktionell relevante Abflussbehinderungen möglich. Korrespondierend wird die Beurteilung der Nierenszintigraphie in drei Phasen unterteilt: Perfusionsphase, Sekretionsphase (Funktionsphase) und Exkretionsphase. Durch Applikation von Furosemid (ca. 20 min nach Tracer-Injektion) wird eine forcierte Diurese erreicht, die die Differenzierung einer funktionellen, urodynamisch nicht relevanten Obstruktion von einer organisch fixierten, urodynamisch relevanten Obstruktion ermöglicht.

Zur Beurteilung der hämodynamischen Relevanz einer Nierenarterienstenose wird eine Nierenszintigraphie nach vorheriger ACE-Hemmer-Gabe („Captopril-Szintigraphie”) durchgeführt. Dabei soll der durch eine Nierenarterienstenose induzierte Kompensationsmechanismus (Renin-Erhöhung; Aldosteron hoch; Konstriktion des vas efferens, ausreichender glomerulärer Filtrationsdruck, seitengleiche Tracer-Anflutung) demaskiert werden.

Indikationen für eine Funktionsbeurteilung der Nieren sind z. B. eine geplante Nephrektomie bei Schrumpfnieren oder Nierentumoren, vor Lebendnierenspende, im Verlauf unter zytostatischer Therapie, bei lageabhängigen Perfusions- und Funktionsstörungen. Keine andere Untersuchung ist derzeit in der Lage in ähnlich verlässlicher Form nicht-invasiv dieses Ausmaß an Information zu liefern. Die Strahlenexposition ist dabei deutlich geringer als bei einer radiologischen Ausscheidungsurographie, so dass sich die Untersuchung gerade auch bei Kindern empfiehlt.


kurzgefasst: Die Nierenperfusionsszintigraphie eignet sich zur Beurteilung von Form, Lage, Größe der Nieren. Sie ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Nierenfunktion, von Abflussbehinderungen und der hämodynamischen Relevanz einer Nierenarterienstenose. Die Strahlenexposition ist deutlich niedriger als bei einer Ausscheidungsurographie.

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Kardiale Diagnostik

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Myokardperfusionsszintigraphie

Die Myokardperfusionsszintgraphie beruht auf der bildlichen Darstellung des myokardialen Blutflusses nach intravenöser Injektion eines Radiopharmazeutikums. Dieses wird anteilig zu den relativen Durchblutungsverhältnissen im Myokard angereichert und spiegelt die myokardiale Perfusion wider. Einige Tracer haben eine lange Verweildauer im Myokard ohne wesentliche Umverteilung (z. B. Tc-99m-MIBI). Daher ist es möglich, dass die Applikation des Tracers (z. B. im akuten Myokardinfarkt vor Intervention) und die Aufnahme an der Kamera in großem zeitlichen Abstand (bis zu ca. 8 h) erfolgen können. So können die Perfusionsverhältnisse zum Zeitpunkt der Injektion zu einem späteren Zeitpunkt dargestellt werden (z. B. nach bereits erfolgter Intervention).

Die szintigraphische Aufnahme des Herzens erfolgt in SPECT-Technik, damit eine dreidimensionale Beurteilung des Myokards möglich wird. Die Szintigramme werden im Regelfall visuell qualitativ ausgewertet anhand entlang der Herzachsen rekonstruierter Schnittbilder. Der Blutfluss kann somit regional koronaren Versorgungsgebieten zugeordnet werden.

Durch den Vergleich der Perfusion in Ruhe und unter Belastungsbedingung erlaubt die Myokardperfusionsszintgraphie die Identifikation von belastungsinduzierten Perfusionsstörungen, die als sicherer Hinweis auf relevante Koronarstenosen zu betrachten sind. Perfusionsdefekte, die in beiden Untersuchungen korrespondierend auftreten („persistierende Perfusionsdefekte”) werden als narbiges bzw. chronisch ischämisch kompromittiertes (hibernierendes) Myokard interpretiert. Veränderungen, die sich dagegen nur unter Belastung und nicht in Ruhe nachweisen lassen („reversible Perfusionsstörungen”) werden als Ischämie in Folge einer relevanten Koronarstenose gewertet (Abb. [4]).

Eine weitere Option ist die so genannte Herzzyklus-getriggerte („gated”) Akquisition der SPECT-Aufnahmen. Bei dieser Aufnahmetechnik steht nach der Rekonstruktion eine Art 3D-Filmsequenz der Herzaktion zur Verfügung. Diese ermöglicht sowohl die Bestimmung der globalen linksventrikulären Pumpfunktion als auch die Beurteilung der regionalen Wandbewegung, z. B. nach Myokardinfarkt.

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Abb. 4 Beispiele: Myokardszintigraphie mit Tc99m-MIBI. Axiale Schnitte in Ruhe und unter körperlicher Belastung. Die persistierende Perfusionsminderung (rote Pfeile mittlere Spalte) weist auf eine Narbe hin, die belastungsinduzierte Perfusionsminderung (roter Pfeil rechte Spalte) auf eine Ischämie.

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Durchführung der Untersuchung

Die körperliche Belastung des Patienten kann ähnlich wie beim Belastungs-EKG mit Hilfe eines Fahrrad- oder Laufbandergometers erfolgen. Bei Erreichen der vollständigen Ausbelastung, oder Erschöpfung des Patienten erfolgt die Applikation des Perfusions-Tracers, der sich der aktuellen Perfusionssituation entsprechend im Myokard verteilt. Nach Ende der Belastung kann dann die Szintigraphie durchgeführt werden, die weiterhin die Perfusionsverhältnisse unter Belastung widerspiegelt. Bei Kontraindikationen gegen eine körperliche Belastung kann alternativ eine pharmakologische Belastung durchgeführt werden (z. B. mit Adenosin, Dipyridamol und Dobutamin). Grundsätzlich ist bei Patienten mit Linksschenkelblock eine pharmakologische Belastung (mit Dipyridamol oder Adenosin) vorzuziehen, da für die körperliche Belastung (und die Dobutamin-Belastung) hier falsch-positive Befunde im Bereich des Kammerseptums beschrieben sind.

Derzeit stehen als gleichwertige Tracer für die Myokardperfusionsszintigraphie radioaktives Thallium (Tl-201) und die beiden Tc-99m-markierten Tracer MIBI und Tetrofosmin zur Verfügung. Die Technetium-markierten Tracer machen aufgrund ihrer fixierten Retention im Myokard eine zweimalige Applikation notwendig. Thallium zeigt eine Redistribution, so dass auch nach einmaliger Applikation (während Belastung) durch eine Spätaufnahme die Ruheperfusionsbedingungen erfasst werden können. Wegen dieser Eigenschaft von Thallium ist dieser Tracer auch für die Vitalitätsdiagnostik geeignet (siehe dort).

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Indikationen

Die Indikationen für die Myokardszintigraphie können allgemein in drei große Gruppen eingeteilt werden, nämlich Nachweis bzw. Ausschluss einer myokardialen Ischämie oder Narbe, Abklärung der funktionellen Bedeutung einer bekannten (angiographisch erfassten) Stenose und der Nachweis bzw. Ausschluss myokardialer Vitalität [6] [7] [14].

Eine besondere Wertigkeit kommt der Myokardperfusionsszintigraphie in der Risikostratifizierung zu. Die Anzahl der fixierten Defekte (= Myokardnarben) ist ein wichtiger Prädiktor für die Sterblichkeit, die Zahl der nicht fixierten Perfusionsdefekte (Myokardischämien) hingegen ist ein wichtiger unabhängiger Prädiktor für koronare Ereignisse wie Herzinfarkt. Besonders hervorzuheben ist der hohe negative prädiktive Wert der Untersuchung, d. h. Patienten mit einer unauffälligen Myokardszintigraphie haben eine ausgesprochen gute Prognose. Sogar für Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit (>85 %) für das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung besteht für den Fall einer unauffälligen Ruhe-/Belastungs-Szintigraphie ein Risiko von < 1 % /Jahr für schwerwiegende koronare Ereignisse.

Den höchsten Nutzen von der Untersuchung haben Patienten mit mittlerem Risiko: a) für das Vorliegen einer KHK, b) für das Auftreten kardialer Ereignisse bei bekannter KHK. Patienten mit niedrigem a priori Risiko (unauffälliges Belastungs-EKG, keine typischen Beschwerden) oder sehr hohem Risiko (typische Angina pectoris, suspektes EKG) profitieren dagegen weniger von diesem Test. Das Verfahren ist sehr gut als „gatekeeper” geeignet, um über die Notwendigkeit einer möglichen Herzkatheter-Untersuchung zu entscheiden. In Deutschland werden Patient allerdings im Vergleich zu den USA oder anderen europäischen Staaten erheblich häufiger einer Herzkatheter-Untersuchung unterzogen. Die nicht-invasive Myokardszintigraphie kommt hier seltener zum Einsatz.

Auch für die Verlaufskontrolle nach Therapie ist das Verfahren gut geeignet. Die Risikoabschätzung oder Prognosebestimmung vor chirurgischen Eingriffen gehört ebenfalls zu den wichtigen Indikationen. Bei bekannter KHK sind folgende Fragen nur mit der Myokardszintigraphie befriedigend zu beantworten: die Identifizierung der Zielläsion, das heißt derjenigen Stenose die ursächlich für die Beschwerden des Patienten ist, die Bestimmung der hämodynamischen Relevanz einer vorhandenen Stenose und die Frage nach der führenden Stenose im Rahmen einer Mehrgefäßerkrankung.


kurzgefasst: Indikationen zur Myokardszintigraphie sind: Nachweis/Ausschluss KHK bei mittlerer Wahrscheinlichkeit a) für das Vorliegen einer KHK, b) für das Auftreten kardialer Ereignisse bei bekannter KHK, Definition der Relevanz bekannter Stenosen, Identifizierung der für die Beschwerden ursächlichen Stenose. Außerdem können Ausdehnung, Lokalisation und Schweregrad einer Ischämie bestimmt sowie eine Risikostratifikation und eine Verlaufskontrolle nach Therapie durchgeführt werden.

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Radionuklidventrikulographie

Die Radionuklidventrikulographie (RNV) dient in erster Linie der Darstellung der globalen und regionalen linksventrikulären Pumpfunktion in Ruhe und unter Belastung. Das Prinzip der RNV ist die Markierung von patienteneigenen Erythrozyten in der Regel mit Tc-99m (in vitro oder in vivo mit anschließender Re-Injektion). Dies ermöglicht die Erfassung der Ventrikelfunktion durch Messung der Signalaktivität im Herzbinnenraum über einen längeren Zeitraum. Es werden mehrere hundert Herzzyklen EKG-gesteuert in einen einzelnen Datensatz aufsummiert und anschließend in einer Art Filmschleife des Herzzyklus dargestellt. Die Akquisition kann dabei in Ruhe wie auch unter Fahrradergometrischer Belastung durchgeführt werden.

Die Untersuchung erlaubt Aussagen über Ventrikel- und Schlagvolumina, globale und regionale links- und rechtsventrikuläre Funktion (einschließlich Wandbewegungsparametern) sowie über systolische und diastolische Indizes (Entleerungs- und Füllungsgeschwindigkeiten). Der wesentliche Vorteil gegenüber anderen Verfahren ist das Fehlen einer geometrischen Annahme und die automatisierte Auswertung. Dadurch wird die ventrikuläre Funktion objektiv und Beobachter-unabhängig bestimmt.

Eine Indikation für eine RNV ist z. B. die Bestimmung der hämodynamischen Relevanz einer angiographisch diagnostizierten Hauptstammstenose (mögliche globale Minderperfusion, sog. „balanced ischemia” kann in der Myokardszintigraphie übersehen werden, führt aber in der RNV zur Reduktion der Ejektionsfraktion unter Belastung). Außerdem kann eine Verlaufskontrolle z. B. unter kardiotoxischer Chemotherapie durchgeführt und die Ventrikelfunktion bei Klappenvitien (Beginn LV-Dysfunktion) bzw. vor geplanter Herztransplantation bewertet werden.


kurzgefasst: Wesentlicher Vorteil der RNV ist, dass die links- und rechtsventrikuläre Funktion objektiv und Beobachter-unabhängig bestimmt werden kann.

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Myokardiale Positronen-Emissions-Tomographie

Die größte Bedeutung hat wie schon in der onkologischen Diagnostik auch in der Kardiologie der Tracer F-18 FDG erlangt. Der damit messbare Glukoseumsatz des Myokards ist ein Maß für die regionale Vitalität [8]. Um eine ausreichende Aufnahme von FDG in den Herzmuskel zu erreichen, wird vor der Untersuchung ein „Insulin-Clamp” (= eine gleichzeitige Infusion von Insulin und Glukose) durchgeführt. Dadurch erreicht man die Umstellung des myokardialen Stoffwechsels auf Glukosekonsum. Die Untersuchung erlaubt die Identifikation von „Myokard im Winterschlaf” („hibernating myocardium”). Das sind Areale, deren versorgende Gefäße hochgradig stenosiert sind, in denen aber die Vitalität erhalten ist. In diesen Bereichen findet sich eine hochgradiger Funktionseinschränkung und ein weitgehender Perfusionsausfall in der Myokardperfusionsszintigraphie bei erhaltenem Glukosemetabolismus. Im Gegensatz zu Vernarbungen profitieren diese Areale aber von einer Revaskularisierung.

Außerdem stehen für die PET des Herzens an einigen Zentren sehr kurzlebige Perfusions-Tracer zur Verfügung (z. B. N-13 Ammoniak). Diese Tracer sind ähnlich wie die erwähnten Tc-99m markierten Substanzen geeignet die myokardiale Perfusion in Ruhe und unter (pharmakologischer) Belastung darzustellen, erlauben aber aufgrund der kurzen Halbwertszeit die Durchführung serieller Untersuchungen in einer Sitzung. Insbesondere zur Bestimmung der koronaren Flussreserve kann die PET eingesetzt werden. In Zukunft eröffnen sich durch den Einsatz von PET-CT-Geräten neue Möglichkeiten durch die Kombination von z. B. CT-Koronarangiographie und funktioneller Information aus der PET-Untersuchung.


kurzgefasst: Indikationen für eine PET-Untersuchung des Myokards sind Vitalitätsbestimmung des Myokards z. B. vor Bypass-Operation, myokardiale Flussmessung z. B. zur Bestimmung der koronaren Flussreserve und bei uneindeutigen Befunden in der Myokardszintigraphie. Grundsätzlich haben alle Indikationen für die Myokardszintigraphie in vergleichbarer Form auch für die PET-Flussmessung Gültigkeit.

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Konsequenz für Klinik und Praxis

  • Zahlreiche internistische Fragestellungen sind exklusiv mit szintigraphischen Verfahren zu beantworten.

  • Mit spezifischen Tracern können funktionelle (patho)-physiologische Prozesse visualisiert werden.

  • Das Potential nuklearmedizinischer Verfahren wird durch die Verfügbarkeit neuer Hybrid-Systeme (PET/CT, SPECT/CT) weiteren Zuwachs erfahren.

Danksagung: Dank für wichtige Unterstützung und essentielle Beiträge gebührt Herrn Dr. Martin Schöniger aus der Hämatologischen Klinik des Krankenhauses München Schwabing unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stefan Burdach (Direktor). Darüber hinaus Herrn Dr. K. Herrmann, Dr. M. Essler, Dr. M. Miederer und Fr. PD Dr. S. Ziegler aus der Nuklearmedizinischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München für wertvolle Teilbeiträge.

Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben, deren Produkt in dem Artikel eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

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Literatur

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  • 14 Strauss H W. et al . Procedure guideline for myocardial perfusion imaging. Society of Nuclear Medicine.  J Nucl Med. 1998;  39 918-923
  • 15 Task Force on Pulmonary Embolism, European Society of Cardiology Guidelines on diagnosis and management of acute pulmonary embolism . Task Force on Pulmonary Embolism, European Society of Cardiology.  Eur Heart J. 2000;  21 1301-1336
  • 16 Weber W A. et al . Prediction of response to preoperative chemotherapy in adenocarcinomas of the esophagogastric junction by metabolic imaging.  J Clin Oncol. 2001;  19 3058-3065

Dr. med. Alexander Drzezga

Nuklearmedizinische Klinik u. Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

Ismaninger Straße 22

81675 München

Phone: 0049/89/41406085

Fax: 0049/89/41404950

Email: a.drzezga@lrz.tum.de

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Literatur

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Dr. med. Alexander Drzezga

Nuklearmedizinische Klinik u. Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

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Abb. 1 Oberflächenprojektion PET/CT: Grüne Pfeile: physiologisch gesteigerter Glukosemetabolismus in: A) Gehirn, B) Nierenbecken, C) Harnblase. Rote Pfeile: malignitätstypische Stoffwechselsteigerung in Lymphomherden: D) zervikal-mediastinal, E) zöliakal, F) Milz.

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Abb. 2 Axiale Schnittbilder PET, CT („low dose”) und PET/CT fusioniert. Rote Pfeile: pathologische retrosternale Raumforderungen mit malignitätstypischer Stoffwechselsteigerung im Sinne von Lymphomgewebe. Grüne Pfeile: Posttherapeutisch verbliebene Raumforderung ohne tumortypische Stoffwechselsteigerung (avitales Residuum/DD: Thymusgewebe).

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Abb. 3 Beispiele Schilddrüsenszintigraphie mit Tc-99m-Pertechnetat: A) unauffällige Schilddrüse, Tc-Uptake 1,5 %; B) unifokale Autonomie, Tc-Uptake 2,0 %; C) Morbus Basedow, Tc-Uptake 9 %.

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Abb. 4 Beispiele: Myokardszintigraphie mit Tc99m-MIBI. Axiale Schnitte in Ruhe und unter körperlicher Belastung. Die persistierende Perfusionsminderung (rote Pfeile mittlere Spalte) weist auf eine Narbe hin, die belastungsinduzierte Perfusionsminderung (roter Pfeil rechte Spalte) auf eine Ischämie.