Schwitzen ist eine natürliche Funktion des Körpers, die in erster Linie der Steuerung
des Wärmehaushaltes (Thermoregulation) dient. Bei Wärme wird die Schweißabsonderung
der ekkrinen Schweißdrüsen gesteigert und damit Verdunstungskühlung erzeugt. Unter
maximaler thermischer Stimulierung können vom Körper kurzfristig bis zu 3 l Schweiß/h
sezerniert werden. Der Mensch besitzt gut zwei Millionen ekkrine Schweißdrüsen, die
überall an der Haut vorkommen, besonders zahlreich aber an den Handflächen, Fußsohlen,
der Stirn und den Achselhöhlen. Ekkrine Schweißdrüsen sind die einzigen Strukturen
der Haut, die über das sympathische Nervensystem mit Azetylcholin als Neurotransmitter
innerviert werden.
Ekkriner Schweiß ist eine geruchslose, klare wässrige Flüssigkeit, die vorwiegend
Natrium-, Kalium-, Kalzium-, Magnesium- und Chloridionen enthält, außerdem Laktat,
Harnstoff und Spuren von Aminosäuren, biogenen Aminen und Vitaminen. Die Schweißdrüsen
an Handflächen, Fußsohlen und in den Achselhöhlen stehen vorwiegend unter emotionaler
Kontrolle. Die entwicklungsgeschichtliche, physiologische Bedeutung der hohen Zahl
von Schweißdrüsen an Handflächen und Fußsohlen liegt in der optimalen Durchfeuchtung
der Hornschicht, um eine möglichst hohe Reibung für sicheren Griff und sicheren Tritt
bei Jagd und Flucht zu gewährleisten. So steigert Stress über eine Aktivierung des
Sympathikus die Schweißproduktion. Die axillären Schweißdrüsen dienen wahrscheinlich
dazu, präformierte geruchsaktive Substanzen durch Verdunstung als Duftwolke freizusetzen.
Damit bilden apokrine und ekkrine Schweißdrüsen zusammen in der Achselhöhle ein atavistisches
Organ [1]
[2].
Definition und Einteilung
Definiert wird eine Hyperhidrose als eine generalisierte oder lokalisierte Überfunktion
ekkriner Schweißdrüsen, die symptomatisch im Rahmen von internistischen bzw. neurologischen
Erkrankungen oder genuin vorkommen kann [1].
Eine Einteilung des Schwitzens kann nach Ursache (idiopathisch oder sekundär) und
nach Ausbreitung (fokal oder generalisiert) vorgenommen werden.
Die als sekundäre oder symptomatisch bezeichnete Hyperhidrose zeigt sich vorwiegend
bei endokrinologischen Erkrankungen mit Überfunktion von Hypophyse oder Schilddrüse,
bei Diabetes mellitus oder bei Zuständen, die mit erhöhter Katecholaminausschüttung
einhergehen wie Schock, Hypoglykämie und Phäochromozytom. Ferner kommt sie bei neurologischen
Erkrankungen mit partieller Schädigung sympathischer Bahnen, beispielsweise der Halsrippe,
dem Karpaltunnelsyndrom oder bei Läsionen des Rückenmarks (Tabes dorsalis, Hemiplegie,
Syringomyelie, Tumorerkrankungen) vor. Die Hyperhidrose kann dann halbseitig oder
herdförmig auftreten. Eine exogen induzierte Hyperhidrose kann auch durch die Einnahme
von Phytosubstanzen wie Lindenblüten entstehen [2] [Tab. 1]. Weitere assoziierte Erkrankungen sind bei der generalisierten Hyperhidrose die
Häufung von grippalen Infekten aufgrund der ständigen Verdunstungskälte am Körper,
sowie das vermehrte Auftreten von Mykosen, Verrucae vulgaris, Erythrasma oder gramnegativen
Fußinfekten. Häufiger erweisen sich diese Erkrankungen als therapieresistent, bis
es gelingt, gleichzeitig nicht nur die Erreger, sondern im Sinne der Terrainsanierung
auch die Hyperhidrose zu beseitigen.
Die als genuine oder emotional bezeichnete Hyperhidrose ist eine konstitutionell bedingte
Überfunktion ekkriner Schweißdrüsen in bevorzugten Körperarealen (axillär, palmoplantar,
Gesicht, Nacken). Auslösend sind Faktoren, die zu einer emotionellen Anspannung führen
wie Schmerz, Angst, Lampenfieber oder Freude. Zusätzlich verstärkend wirken Nikotin
und Koffein; auch eine erhöhte Wärmebelastung wirkt konditonierend. Bei längerem Bestehen
kommt es häufig zu einer vollständig autonomen Fehlsteuerung, so dass die Patienten
auch plötzliche Schweißausbrüche ohne jeden erkennbaren Anlass erleiden. Patienten
mit genuiner Hyperhidrose sind häufig Astheniker mit Zeichen psychovegetativer Übererregbarkeit
wie Pseudoleukoderma angiospasticum und Akrozyanose. Die genaue Ätiologie ist letztendlich
nicht bekannt. Pathogenetisch kann eine „Übersteuerung” der sympathischen Innervation
der Schweißdrüsen nachgewiesen werden. Die neuronale Impulsrate kann dabei nicht nur
durch thermische, sondern auch und gerade durch emotionale Faktoren gesteigert werden.
Die Erkrankung beginnt oft schon im Kindesalter, vielfach findet man auch eine familiäre
Häufung [3]. In der Ausprägung reicht das Spektrum von mäßig durchfeuchteten Hand- und Fußflächen
bis zum ständigen Abtropfen des Schweißes (Abb. 1). Eine Verringerung der Symptomatik
wird oft im höheren Lebensalter gefunden. Der Nachweis der Hyperhidrose wird in der
Regel durch den Iod-Stärke-Test nach Minor gestellt, der die Methode bereits 1928
beschrieb. Hierbei wird durch eine Farbreaktion, vermittelt durch Iod, Stärke und
Chloridionen des Schweißes, die sichtbare Darstellung von neu austretendem Schweiß
ermöglicht. Zur Quantifizierung der Hyperhidrose kann die Gravimetrie zur Hilfe genommen
werden. Hierbei wird ein Filterpapier für eine definierte Zeiteinheit (1 min) auf
das schwitzende Areal (idealerweise Axilla, Hände, Füße) aufgebracht, um den abgesonderten
Schweiß abzufangen. Mittels einer Feinwaage wird die Gewichtszunahme nachher gegenüber
vorher ermittelt. Eine deutliche Hyperhidrose liegt bei > 30 mg/min für Hände und
bei > 50 mg/min für Axillen vor.
Die Hyperhidrosis palmoplantaris und die Hyperhidrosis axillaris werden in drei Schweregrade
eingeteilt. Für die Hyperhidrosis palmoplantaris bezieht sich Grad I auf eine Anfeuchtung
der Hand- und Fußflächen. Grad II bedeutet die Bildung von Schweißperlen, jedoch beschränkt
sich das Schwitzen streng auf Palmae und Plantae. Bei einer starken Hyperhidrose Grad
III bilden sich Schweißperlen auch an den distalen dorsalen Flächen von Fingern, Zehen
und am seitlichen Fußrand sowie ein Abtropfen des Schweißes.
In Anlehnung an die Hyperhidrosis palmoplantaris bezieht sich Grad I bei der Hyperhidrosis
axillaris lediglich auf eine verstärkte Anfeuchtung der Haut, die Schwitzflecke in
der Kleidung betragen 5-10 cm im Durchmesser. Bei Grad II bilden sich Schweißperlen
auf der Haut, Schwitzflecke messen 10-20 cm im Durchmesser. Grad III besagt, dass
der Schweiß von der Haut abtropft und die Schwitzflecken in der Kleidung mehr als
20 cm im Durchmesser betragen [4].
Für die Patienten bedeutet die Hyperhidrose häufig eine massive Einschränkung ihres
Berufs- und Soziallebens und somit ihrer Lebensqualität. Die weitverbreitete Erkrankung
kann in ihrer akzentuierten Form zur sozialen Ausgrenzung und psychischen Belastung
der Betroffenen und ebenso zu dermatologischen Folgeerkrankungen führen. Da die Hyperhidrosis
axillaris und palmaris als peinlich empfunden wird, entsteht ein Circulus vitiosus
mit zusätzlicher psychischer Belastung, welche die Hyperhidrose wiederum verstärkt.
Viele Patienten empfinden diese Hyperhidrose als ein soziales Stigma und haben einen
ausgeprägten Behandlungswunsch. Somit entsteht meist ein pragmatischer, symptombezogener
Therapieansatz, sofern sich kein Hinweis auf systemische Manifestationsfaktoren wie
hormonelle oder psychische Störungen, insbesondere Hyperthyreose, Phäochromozytom
oder Angsterkrankung findet.
Allgemeine Behandlungsmaßnahmen
Bei der Behandlung der Hyperhidrose sollten mit dem Patienten allgemeine Therapiemaßnahmen
besprochen werden. Dies beinhaltet die Vermeidung zusätzlicher Stimuli der Hyperhidrose.
Der Patient sollte passende Kleidung (lockere Baumwollkleidung, keine Kunstfaser)
und Schuhwerk (Lederschuhe, keine Gummi- oder Kunststoffsohlen) tragen. Die Ernährung
sollte überprüft werden. Meidung von Kaffee, Tee, Alkohol, heißen und scharfen Speisen,
Umstellung auf kleine, kalorienreduzierte Kost ist sinnvoll. Maßnahmen der täglichen
Körperhygiene wie duschen und Antiperspiranzien können eine Hyperhidrose ebenfalls
beeinflussen.
Spezifische Behandlungsmaßnahmen
Bei den spezifischen Behandlungsmaßnahmen muss unterschieden werden, ob eine generalisierte
oder eine fokale (lokalisierte) Hyperhidrose vorliegt.
Generalisierte Hyperhidrose
Liegt eine generalisierte Hyperhidrose vor, sollte eine systemische Therapie mit Antihidrotika
in Betracht gezogen werden. Die gebräuchlichsten Medikamente sind die Anticholinergika
wie Bornaprin und Methantheliniumbromid. Der Einsatzbereich von Anticholinergika wie
dem Bornaprin gilt vor allem der Parkinsonkrankheit.
Die beiden auf dem deutschen Markt erhältlichen und für die Indikation Hyperhidrose
zugelassenen Präparate Bornaprin (Sormodren®) und Methantheliniumbromid (Vagantin®)
wirken über eine Blockade der Muskarinrezeptoren. Beide Präparate können aufgrund
ihrer parasympathikolytischen Wirkung bei empfindlichen Patienten systemische Nebenwirkungen
wie Obstipation, Schlafstörungen, Tachykardien, Mundtrockenheit und Akkomodationsstörungen
auslösen [5].
Kontraindikationen für den Einsatz von Anticholinergika sind u.a. Blasenentleerungsstörungen,
Tachyarrhythmien und das Engwinkelglaukom. Im Allgemeinen wird Methantheliniumbromid
(Vagantin®) besser als Bornaprin (Sormodren®) vertragen.
Die Dosierung für Bornaprin sollte einschleichend erfolgen. Die mittlere Tagesdosis
in der Parkinson-Behandlung liegt bei 6-12 mg (1 Tablette entspricht 4 mg). Zur Behandlung
der Hyperhidrose empfiehlt es sich, mit einer viertel bis halben Tablette zu beginnen
und alle zwei Wochen um eine viertel Tablette zu steigern. Häufig wird eine antihidrotische
Wirkung mit einer Tagesdosis von 4-8 mg erreicht. Für die Patienten bedeutet das eine
spürbare Erleichterung, aber in den meisten Fällen keine vollständige Beseitigung.
Der limitierende Faktor dieser Therapie besteht im Auftreten von den oben genannten
systemischen Nebenwirkungen, die zu einer Reduzierung oder Absetzen des Medikamentes
zwingen.
Methantheliniumbromid ist ein quarternäres Ammoniumderivat mit anticholinerger Wirkung,
das sich von Atropin durch das Überwiegen der Blockade der ganglionären gegenüber
der peripheren muskarinischen Übertragung unterscheidet. Die Dosierung sollte mit
50 mg/d begonnen werden und kann im Einzelfall bis zu 150 mg erhöht werden. In der
Regel sind 50 mg morgens und mittags eingenommen ausreichend. Als häufige Nebenwirkung
wird bei der Einnahme von Methantheliniumbromid über eine vorübergehende Mundtrockenheit
geklagt [6].
Auch pflanzliche Mittel vor allen Dingen auf der Grundlage von Salbeiextrakten werden
von einigen Patienten als durchaus hilfreich beschrieben. Die antihidrotische Wirkung
von Salbei und anderen pflanzlichen Extrakten erwies sich allerdings bisher nicht
als objektivierbar. Als unterstützende Therapiemaßnahmen können sich diese Präparate
(z.B. Sweatosan „N”, 3 x 2 Kps./d) dennoch nützlich erweisen.
Fokale Hyperhidrose
Die fokalen (lokalisierten) Formen des idiopathischen Schwitzens vom emotionalen Muster,
also vorwiegend die axilläre und palmoplantare Hyperhidrose, sind den externen therapeutischen
Maßnahmen sehr gut zugänglich. Verschiedene therapeutische Interventionen stehen zur
Behandlung der fokalen Hyperhidrose zur Verfügung: Metallsalze wie Aluminiumchlorid
als wichtigster Vertreter der Lokaltherapeutika, Leitungswasser-Iontophorese, intrakutane
Botulinumtoxin-A-Injektionen sowie operative Verfahren wie axilläre Kürettage oder
die transthorakale endoskopische Sympathektomie [7].
Für die Hyperhidrosis axillaris hat sich in erster Linie die topische Anwendung von
Aluminiumchlorid, in Form von Aluminiumchloridhexahydrat (AlC3 x 6 H2O) bewährt. Aluminiumchloridhexahydrat kann als Gel, wässrige oder alkoholische Lösung
in einer Magistralrezeptur hergestellt werden [2]. In genügender Konzentration (10-30 %) angewandt, bewirkt es eine Obstruktion des
Ausführungsganges im Bereich der unteren und mittleren Epidermis. Als Resultat bildet
sich ein obstruktiver Pfropf aus Metallionen, Mukopolysacchariden und nekrotischen
Zellen. Die Behandlung sollte anfangs alle zwei bis drei Tage abends durchgeführt
werden. Wichtig ist dabei die abendliche Anwendung, da nachts die Sympathikusaktivität
minimal ist und die Lösung durch den Schweiß nicht sofort weggewaschen wird. Das Metallsalz
kann somit tief in die Schweißdrüse eindringen, um seine Wirkung vollständig zu entfalten.
Als Nebenwirkung treten unmittelbar nach der Anwendung gelegentlich stechende Schmerzen,
Prickeln oder Juckreiz auf. Nach wiederholten Anwendungen verschwindet dieses subjektiv
störende Symptom fast vollständig. Aufgrund des niedrigen pH-Wertes der Lösung sollten
die Patienten darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Textilien beschädigt werden
können.
Gerbsäuren zeigen ebenfalls eine antihidrotische Wirkung, wenn auch im Vergleich zu
Aluminiumchlorid im geringerem Ausmaß. Gerbsäuren wirken eiweißfällend und erzeugen
bei äußerlicher Anwendung durch die Denaturierung des Keratins einen Verschluss des
Schweißdrüsenausführungsganges. Dieser ist allerdings nur kurzfristig wirksam, da
mit der oberflächlichen Desquamation der Hornzellen der Pfropf wieder beseitigt wird.
Bei Versagen dieser Behandlungsmaßnahmen kann eine Therapie mit Botulinumtoxin-A-Injektionen
in Erwägung gezogen werden. Zur Verfügung stehen mittlerweile drei Präparate Dysport®,
Xeomin® und Botox®, wovon Botox® seit Herbst 2003 die Zulassung zur Behandlung der
therapieresistenten Hyperhidrosis axillaris besitzt. Die Durchführung der Botulinumtoxin-A-Injektionen
ist bei der Hyperhidrosis axillaris leicht zu erlernen, in der Regel kann hierbei
auf eine Lokalanästhesie verzichtet werden. Zur Abgrenzung des zu behandelnden Areals
sollte ein Iod-Stärke-Test nach Minor erfolgen. Für die Behandlung beider Axillen
werden ca. 100 U Botox® und 500 U Dysport® benötigt, dies entspricht jeweils einer
Ampulle Botulinumtoxin A. Das Toxin wird mit 5 ml Kochsalzlösung 0,9 % verdünnt. Die
Injektionspunkte werden in ca. 1-1,5 cm Abständen in dem zu behandelnden Areal verteilt.
Meist werden 8-12 Injektionen/Axilla benötigt. Die Injektionen erfolgen tief intrakutan,
bei der Verwendung von Botox® werden ca. 5 U/Injektion und bei Dysport® ca. 20 U/Injektion
appliziert [Abb. 2]. Die Wirkung setzt nach ca. drei bis fünf Tagen ein und hält für ca. sechs Monate
an, danach gewinnen die betroffenen Schweißdrüsen ihre Funktionstüchtigkeit graduell
durch Einsprossung neuer Nervenendigungen aus den angrenzenden Regionen zurück. Die
Behandlung kann je nach Bedarf des Patienten in ca. 6-8-Monatsabständen wiederholt
werden [9].
Operative Verfahren sind bei Patienten zu diskutieren, bei denen konservative Methoden
keine zufrieden stellende Wirkung erzielt haben. Für die Hyperhidrosis axillaris stehen
zwei Operationsmethoden zur Verfügung. Zum einen die Schweißdrüsenexzision mit Kürettage
und zum anderen die subkutane Schweißdrüsensaugkürettage. Bei der ersten Methode wird
ein Teil des hidrotischen Areals exzidiert, die Wundränder unterminiert und weitere
Schweißdrüsen kürettiert. Anschließend erfolgt der primäre Wundverschluss. Bei der
subkutanen Schweißdrüsensaugkürettage erfolgt die Entfernung durch Absaugen (Liposuktion)
des entsprechenden Areals oder mit einem scharfen Löffel durch kleine Hautschnitte
[7]. Beide Therapieoptionen sollten nur durch erfahrene Operateure durchgeführt werden,
um die Nebenwirkungen von Wundheilungsstörungen und ungenügender Schweißreduktion
möglichst gering zu halten.
Zur Behandlung der Hyperhidrosis palmoplantaris stellt die Leitungswasser-Iontophorese
die Therapie der ersten Wahl dar. Die Wirkung dieser Therapie ist zwar noch nicht
vollständig geklärt, doch scheint eine reversible Störung des Ionentransports im sekretorischen
Knäuel der ekkrinen Schweißdrüse einzutreten. Als Wirkungsmechanismus wird eine postsynaptische
Störung des sekretorischen Epithels im Sinne einer Störung der Stimulus-Sekretion-Kopplung
diskutiert [10]. Strukturelle Veränderungen durch die Iontophorese wurden an den Schweißdrüsen bislang
nicht gefunden.
Die Durchführung der Iontophorese kann unter fachkundiger ärztlicher Aufsicht an nichtärztliches
Personal delegiert werden. Im Prinzip werden Hände und Füße in kleine Wannen mit reinem
Leitungswasser getaucht, durch das schwache Gleichströme geleitet werden [Abb. 3]. Der Füllungsgrad der Wannen soll so bemessen sein, dass beim Eintauchen der Hände
oder Füße lediglich Fußsohlen bzw. Handflächen sowie die dorsalen Endglieder der Zehen
oder Finger vom Wasser bedeckt sind. Eine Therapiesitzung dauert je nach Gerät für
zwei Extremitäten ca. 15-30 min. Am Anfang sollte die Therapie mit ca. vier Sitzungen/Woche
durchgeführt werden. Sobald sich eine antihidrotische Wirkung eingestellt hat, kann
die Behandlungsfrequenz reduziert werden. Häufig sind zwei Sitzungen/Woche ausreichend.
Nach Abbruch der Therapie muss damit gerechnet werden, dass sich die Hyperhidrose
nach ca. zwei Wochen wieder einstellt. Neben einer hohen Effektivität (> 90 %) können
jedoch auch Nebenwirkungen im Sinne von Missempfindungen, wie Kribbeln und Brennen,
und Irritationen der Haut, wie Erytheme und Bläschenbildung auftreten. Ebenfalls können
durch abrupte Spannungsänderungen wie schnelles Herausnehmen einer Extremität Stromschläge
in Form eines so genannten „Weidezauneffektes” entstehen. Um diese Nebenwirkungen
zu reduzieren, wurden neuere Geräte mit gepulstem Gleichstrom entwickelt [11]
[12]. Die Effektivität der gepulsten Gleichstromgeräte ist etwas geringer als bei Geräten
mit kontinuierlichem Gleichstrom, es empfiehlt sich jedoch, Kinder mit gepulsten Gleichstromgeräten
zu behandeln, um bei unsachgemäßem Gebrauch Stromschläge im Sinne des Weidezauneffektes
möglichst zu vermeiden.
Kontraindikationen für die Durchführung der Leitungswasser-Iontophorese bestehen bei
Patienten mit einem implantierten elektronischen Gerät (z.B. Herzschrittmacher) und
Metallimplantaten sowie Frauen in der Schwangerschaft, Frauen mit Intrauterinpessaren
und Patienten mit Herzrhythmusstörungen.
Die Verordnung eines Heimgerätes ist möglich und wird auch bei der Mehrzahl der Patienten
von den Krankenkassen erstattet. Es existieren jedoch Unterschiede zwischen den angebotenen
Geräten hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit, der Nebenwirkungen
und Kosten.
Ähnlich wie bei der Hyperhidrosis axillaris besteht auch bei der Hyperhidrosis palmoplantaris
die Möglichkeit der Therapie mit Botulinumtoxin A. Die Dosierung und Verdünnung erfolgt
gemäß den Vorgaben der axillären Hyperhidrose. Die Durchführung der Injektionen im
Bereich der Palmae und Plantae erfordert in einigen Fällen noch die Verabreichung
einer entsprechenden Analgesie. Diese kann mittels eines chlorethanhaltigen Kühlspray
oder Lokalanästhetikum in Form eines Handwurzel- oder Fußwurzelblocks erfolgen. Hilfreich
kann auch die Kombination von Emla-Creme® (Lidocain- und Prilocain-Gemisch) mit 1000
mg Paracetamol sein. Bei dieser Therapie sollten die Patienten über diskrete reversible
Muskellähmungen aufgeklärt werden, da es in geringen Fällen zur leichten Diffusion
von Botulinumtoxin A in die entsprechenden Muskelgruppen kommen kann.
Als operative Möglichkeit steht bei der Hyperhidrosi#s palmaris die transthorakale
endoskopische Sympathektomie zur Verfügung. Diese sollte jedoch erst bei einer massiven
Hyperhidrose und einem ausgeprägten Leidensdruck des Patienten in Erwägung gezogen
werden. Hierbei werden über kleine Hautschnitte an der seitlichen Brustwand eine Kameraoptik
und Instrumente in den Brustraum eingeführt. Der sympathische Grenzstrang schimmert
durch die transparente Pleura an der Brusthöhlenrückwand. An den entsprechenden Ganglien
wird der Grenzstrang durch Metallklammern oder durch Hitze zerstört. Postoperative
Komplikationen treten selten auf und umfassen den Pneumothorax, den Hämatothorax sowie
das Horner-Syndrom (Engstellung der Pupille, Hängen des Oberlids, Zurücktreten des
Bulbus in die Augenhöhle). Als häufigste Nebenwirkung (> 50 %) des Eingriffs kann
ein kompensatorisches Schwitzen an anderen Körperstellen, vor allem am Stamm und an
der unteren Extremität auftreten [13]. In geringer Ausprägung wird sie von den Patienten als wesentlich weniger störend
empfunden als die ursprüngliche palmare Hyperhidrose. Bei starker Ausprägung kann
sie allerdings die vorbestehenden Beeinträchtigungen übertreffen.
Das Frey- und das Ross-Syndrom sowie der Naevus sudoriferus stellen Sonderformen der
fokalen Hyperhidrose dar. Das Frey-Syndrom beschreibt ein gustatorisches Schwitzen
häufig im Bereich der Aurikulotemporalregion. Diese Hyperhidrose resultiert wahrscheinlich
aus einer postoperativen Regeneration des N. auriculotemporalis mit Einwachsen postganglionärer
sympathischer Fasern. Das Frey-Syndrom kann nach Herpes zoster, Parotitis oder anderen
Verletzungen auftreten.
Das Ross-Syndrom beinhaltet den Symptomenkomplex aus unilateraler tonischer Pupille
und Areflexie mit einer segmentalen progressiven Hypohidrose. Diese wird von den Patienten
meist nicht wahr genommen, stattdessen wird das Restschwitzen, das kompensatorisch
verstärkt ist, als besonders störend empfunden.
Der Naevus sudoriferus bezeichnet eine unilaterale, scharf umschriebene Hyperhidrose,
die durch eine nävoide Fehlbildung mit Vermehrung von Schweißdrüsen bedingt ist. Auch
bei diesen Sonderformen der Hyperhidrose ist eine gute Behandlungsmöglichkeit die
Therapie mit Botulinumtoxin-A-Injektionen [14] [Tab. 2].
Insgesamt lässt sich sagen, dass die oben beschriebenen Therapieoptionen individuell
auf den Patienten abgestimmt werden sollten. Neuere Studien zeigen, dass eine ausgeprägte
Hyperhidrosis axillaris durchaus auch von einer systemischen Therapie mit Methantheliniumbromid
profitieren kann, und bei einer generalisierten Hyperhidrose kann es sinnvoll sein,
einzelne Areale zusätzlich mit Externa wie Aluminiumchlorid oder Botulinumtoxin A
zu behandeln [15].