Sprache · Stimme · Gehör 2005; 29(2): 81-89
DOI: 10.1055/s-2005-864178
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kinder mit CI - elterliches Verhalten und Förderung in der Rehabilitation

Children with Cochlear Implant - Educational Practice of Parents in the Rehabilitation ProcessG. Diller1 , P. Graser1
  • 1Pädagogische Hochschule Heidelberg, Hörgeschädigtenpädagogik - Didaktik, Heidelberg
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 July 2005 (online)

Zusammenfassung

In der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz wurden im Jahr 2000 etwa 350 prälingual gehörlose Kinder aus vorwiegend deutschsprachigen Elternhäusern mit einem Cochlea-Implantat versorgt. Die CI-Operationen verliefen ohne besondere Komplikationen, doch was geschah eigentlich mit diesen Kindern danach? Wer unterstützte die Kinder dabei, das High-Tech-System sinnvoll nutzen zu können - für die Zwecke, für die es implantiert wurde? Welche Zwecke waren das überhaupt? Wie sah die Unterstützung im konkreten Fall aus? Und: Auf welchen Gebieten lag der Nutzen, den die Kinder und ihre Familien vom CI haben? Solche und viele weitere Fragen, die mit der postoperativen CI-Rehabilitation bei Kindern zu tun haben, waren Gegenstand einer Studie der PH Heidelberg.

Aus der Fülle der Ergebnisse wird in diesem Artikel der Aspekt des elterlichen Kommunikations- und Förderverhaltens vor und nach der CI-Versorgung herausgegriffen. Es erweist sich, dass sich die Merkmale des elterlichen Verhaltens nach der Implantation deutlich in Richtung eines natürlichen hörgerichteten Umgangs mit den Kindern verschieben. Unterstützt werden die Eltern dabei nicht unerheblich von den professionellen Fachkräften, die in den CI-Rehabilitationseinrichtungen in erfreulichem Umfang wichtige Grundsätze einer modernen audiopädagogischen Therapie in beispielhafte Förderpraxis umsetzen. Wenn auch an einzelnen Punkten die Förderpraxis von Eltern und Professionellen nicht übereinstimmt, so ist doch eine grundsätzliche Zufriedenheit mit den Ergebnissen der CI-Rehabilitation bei den Eltern zu protokollieren: sowohl was den Nutzen der Kinder betrifft wie auch hinsichtlich des Gewinns für den elterlichen Umgang mit ihren Kindern im Alltag.

Abstract

In the year 2000 in the Federal Republic of Germany, Austria and the German-speaking regions of Switzerland some 350 prelingually deafened children of predominantly German-speaking parents were provided with cochlear implants. While the operations were for the most part successful, a post-operative follow-up of the results was lacking. Several questions remained to be answered. How were the children coping with the High-Tech device? Did they receive qualified support? What was the nature of the support? In what way did the CIŽs prove useful to the children and their families? These were some of the many questions concerning post-operative CI rehabilitation that were the subject of a study conducted by the University of Education Heidelberg.

Of the many aspects of the study the behaviour of parents towards their child before and after the CI operation was picked out to be the subject of this article. The results showed a distinct shift, after the operation, towards a natural auditory-verbal behaviour. Under professional guidance in the CI rehabilitation centres parents were able to adopt important concepts of a modern auditory-verbal therapy. Although the practice of parents and professionals did not coincide on all points, the result of CI rehabilitation was a gain both for the children themselves and for the parents in their daily intercourse with them.

Literatur

  • 1 Lehnhardt E. Das Cochlear Implant von den Anfängen bis zur verlässlichen Hilfe für gehörlose Kinder. In: Leonhardt A (Hrsg.) Das Cochlear Implant bei Kindern und Jugendlichen. München; 1997
  • 2 Lehnhardt E. Das Hannover-Cochlear-Implant-Programm für Kinder - Entwicklungen und zukünftige Perspektiven. In: T. Lenarz, E. Lehnhardt, B. Bertram (Hrsg.) Cochlear-Implant bei Kindern. Stuttgart; 1994
  • 3 Bertram B. Rehabilitation von Kindern mit einem Cochlear Implant (CI) im Cochlear Implant Centrum (CIC) Hannover. In: Lehnhardt E, Bertram B Rehabilitation von Cochlear-Implant-Kindern. Berlin; 1991
  • 4 Diller G. Hören mit einem Cochlear-Implant. Heidelberg; 1997: 103
  • 5 Tsirigotis C. Qualität in der CI-Rehabilitation.  In: Hörgeschädigtenpädagogik. 2003;  Heft 3 130
  • 6 Diller G, Graser P, Schmalbrock C. Hörgerichtete Frühförderung hochgradig hörgeschädigter Kleinkinder. Heidelberg; 2000
  • 7 Diller G. Bikulturell-Bilingual-Cochlear Implant: Ergebnisse einer Vergleichsstudie. In: Hörgeschädigtenpädagogik 2001: 275-282
  • 8 Szagun G. Spracherwerb bei Kindern mit Cochlea-Implantat im Vergleich mit normal hörenden Kindern.  Sprache-Stimme-Gehör. 2001;  3 124-132
  • 9 Markides A. Age of fitting of hearing aids and speech intelligibility. In: British Journal of Audiology 1986: 20
  • 10 Yoshinaga-Itano C, Sedey A L, Coulter D K, Mehl A L. Language of early- and later-identified children with hearing loss.  Pediatrics. 1998;  102 1161-1171
  • 11 List G. Die Bedeutung der frühkindlichen Kommunikation für die Entwicklung hörender und hörgeschädigter Kinder.  In: Das Zeichen. 2002;  Heft 61 370-378
  • 12 Ruben A. Language - A Medical Concern, unveröff. Manuskript. Albert Einstein College of Medicine New York; 2000
  • 13 Wallace I F, Gravel J S, Ruben R J. Parental Language: Influence on the Language: Outcome of Young Children with early Histories of Otitis-Media. Proceedings of Second Extraordinary International Symposium on Recent Advances in Otitis Media. Oita. Japan; 1993: 851-854
  • 14 Diller G. Das Frühförderkonzept an der Johannes-Vatter-Schule, Schule für Gehörlose in Friedberg/Hessen. Frühförderung gehörloser Kinder nach den Grundsätzen muttersprachlich reflektierter Hörerziehung. In: Kröhnert O (Hrsg.) Aufgaben und Probleme der Frühförderung gehörloser und schwerhöriger Kinder unter dem Aspekt der Begabungsentfaltung, Tagungsbericht. Lichtenstein; 1990: 227-258
  • 15 Papoušsek M. Vom ersten Schrei zum ersten Wort. Göttingen; 1994
  • 16 Papoušsek M, Papoušsek H. Stimmliche Kommunikation im Säuglinsalter als Wegbereiter der Sprachentwicklung. In: Keller H (Hrsg.) Handbuch der Kleinkindforschung. Berlin; 1997: 535-562
  • 17 Grimm H. Sprachentwicklung - allgemeintheoretisch und differentiell betrachtet. In: Oerter, Montada (Hrsg.) Entwicklungspsychologie. Weinheim; 1995

1 Die Pädagogische Hochschule Heidelberg brachte zur Durchführung der Studie 50 % der benötigten Forschungsmittel auf. Die andere Hälfte wurde von den CI-Firmen Cochlear GmbH, Med-El Deutschland GmbH und Advanced Bionics GmbH zur Verfügung gestellt.

2 Die Studie umfasste in ihrer Gesamtheit noch weitere methodische und forschungspragmatische Aspekte, die in diesem Kontext jedoch nicht weiter angeführt werden, da diese mit den hier präsentierten Inhalten nicht unmittelbar zusammenhängen. Eine umfassende Veröffentlichung aller Untersuchungsergebnisse erfolgt demnächst.

Prof. Dr. Gottfried Diller

Köpperner Straße 16

61194 Niddatal

Email: g.diller@ph-heidelberg.de

    >