Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209(2): 51-58
DOI: 10.1055/s-2005-864114
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Peripartale psychische Störungen - Früherkennung und multiprofessionelle Kooperation

Mood Disorders in the Peripartum Period - Early Detection and Multiprofessional CooperationA. Nagel-Brotzler1 , J. Brönner2 , C. Hornstein3 , C. Albani2
  • 1Krankenhaus St. Trudpert, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, Pforzheim
  • 2Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin, Leipzig
  • 3Psychiatrisches Zentrum Nordbaden, Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie, Wiesloch
Das Projekt „Früherkennung und Verbesserung der therapeutischen Erreichbarkeit von Frauen mit perinatalen psychischen Störungen” der deutschsprachigen Sektion der „International Marcé Society for Psychiatric Disorders of Childbearing” wird durch die Dürr-Stiftung (Hamburg) und die Günter Reimann-Dubbers-Stiftung (Heidelberg) gefördert
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Publication History

Eingereicht: 17.8.2004

Angenommen nach Überarbeitung: 14.1.2005

Publication Date:
26 April 2005 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: Angesichts der hohen Prävalenz psychischer Störungen in der frühen Mutterschaft, der erheblichen Chronifizierungsgefahr v. a. depressiver Störungen und der nachgewiesenen negativen Folgen psychischer Störungen der Mutter auf die Entwicklung des Kindes sind sowohl eine frühzeitige Diagnostik wie auch spezifische, individuelle Behandlungsangebote dringend notwendig. Hebammen kommt eine wesentliche Mediatorenfunktion zwischen betroffenen Frauen und anderen Mit- und WeiterbehandlerInnen zu. Die „Deutschsprachige Sektion der International Marcé Society” initiierte deshalb in Kooperation mit Hebammen ein Projekt zur „Früherkennung und Verbesserung der therapeutischen Erreichbarkeit von Frauen mit perinatalen psychischen Störungen”. In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse einer Voruntersuchung vorgestellt. Material und Methodik: 111 Hebammen aus 12 verschiedenen Zentren in Deutschland, der Schweiz und Österreich wurden bezüglich ihrer Erfahrungen und ihres Wissens zur Thematik psychischer Beschwerden in der frühen Mutterschaft befragt. Ergebnisse: Die befragten Hebammen bewerten diese Thematik als wichtig und schätzen, dass 39 % der von ihnen betreuten Schwangeren psychisch besonders belastet sind, und sie vermuten in 43 % der Fälle, in denen körperliche Beschwerden bei Schwangeren auftreten, eher psychische Hintergründe. Neben den „klassischen” psychischen Beschwerden beschreiben die Hebammen Beziehungsstörungen zwischen Mutter und Kind und mit dem Partner im Kontext psychischer Beschwerden der Mutter. Schlussfolgerung und Diskussion: In der Diagnostik psychischer Beschwerden in der frühen Mutterschaft sollten Beziehungsstörungen zum Kind bzw. zum Partner beachtet werden. Eine kollegiale Zusammenarbeit zwischen Hebammen und GynäkologInnen und anderen Mit- und WeiterbehandlerInnen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung von Frauen mit psychischen Beschwerden in der frühen Mutterschaft.

Abstract

Given the great prevalence of mood disorders in early motherhood, the danger of chronic, particularly depressive mood disorders and the negative long-term effects on the socio-emotional development of the child requires specific and individual treatment. Midwives could serve as mediators between women patients and health care professionals. Therefore the project „Early detection and care of peripartum mood disorders, increasing options for reaching affected women” was initiated by the „German chapter of the International Marcé Society” in cooperation with midwives. This paper presents results of the preliminary investigation. 111 midwives were interviewed in 12 centres in Germany, Switzerland and Austria regarding their experience and knowledge of psychic disturbances in early motherhood. Psychic disturbances are seen as an essential issue by the participating midwives. In their estimation 39 % of the pregnant women they cared for are exceptionally psychically burdened. In approximately 43 % of the cases they believe that the physical complaints of pregnant women have a psychic background. In addition to „classic” mood complaints, midwives often perceive dysfunctions in the relationship between the mother and her child and that with her partner in the context of psychic disturbances during the peripartum period. In the diagnosis of psychic disturbances in early motherhood, attention should be paid to possible dysfunctional interactions between the mother and her child and that with her partner. Successful treatment of women with psychic disturbances in early motherhood requires cooperation between midwives, obstetricians and other health professionals.

Literatur

1 Wir möchten den beteiligten KollegInnen für die Durchführung der Befragung danken: Dr. C. Klier (Universitätsklinik für Psychiatrie, Wien), Dr. P. Britsch (DRK Kliniken Berlin Westend), Dr. C.-L. von Ballestrem (Forschungsstelle für Psychotherapie, Stuttgart), E.-M. Chrzonsz (Hebammenpraxis Fulda), Dr. B. Scheid (Klinik für Psychiatrie, Universität Halle), Dr. L. Turmes (Westfälisches Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie, Herten), Frau Rave und Dr. S. Schenk (Psychiatrisches Zentrum Nordbaden, Wiesloch).

2 Wir möchten uns bei allen Hebammen, die an unserer Untersuchung teilgenommen haben, recht herzlich bedanken.

Dr. med. Almut  Nagel-Brotzler

Krankenhaus St. Trudpert

Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin

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D-75177 Pforzheim

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