Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(4): 175-176
DOI: 10.1055/s-2005-837397
Leserbriefe

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Hypothenar-Hammer-Syndrom als Ursache einer schweren digitalen Ischämie

Zum Beitrag in DMW 44/2004
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Publication Date:
20 January 2005 (online)

Die Kasuistik von Wörnle et al. [4] beschreibt ein Hypothenar-Hammer-Syndrom als seltene Ursache einer digitalen Ischämie. Hierzu einige ergänzende Anmerkungen:

Wörnle et al. bemerken korrekterweise, dass „das Hypothenar-Hammer-Syndrom (HHS) derzeit in Deutschland nicht als Berufserkrankung anerkannt“ ist [4]. Nach § 1 der Berufskrankheitenverordnung vom 31. Oktober 1997 sind Berufskrankheiten solche, die in der Anlage zu diesem Gesetzblatt aufgelistet sind; und tatsächlich befindet sich das HHS nicht in dieser Liste. De facto kann es sich bei dem HHS aber um einen Arbeitsunfall handeln, welcher als „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden (oder zum Tod) führt“ definiert ist (§ 8, Abs.1, SGB VII) [1]. Die präsumptive Pathophysiologie des HHS (Alteration der Gefäßwand der A. ulnaris durch Gewalteinwirkung von außen mit nachfolgender Thrombosierung, Aneurysmabildung und ggf. Embolisation des nachgeschalteten Gefäßbettes) deckt sich mit dieser Definition [2] [5]. Ein vorbestehender Gefäßschaden (z. B. eine Arteriosklerose) ist kein zwingender Ausschlussgrund, sofern das exogene Ereignis die wesentliche Teilursache für das Krankheitsbild darstellt. Insofern muss vom behandelnden Arzt bei Vorliegen eines HHS, welches im Rahmen einer versicherten beruflichen Tätigkeit entstanden ist, eine Anzeige über einen Arbeitsunfall bei der zuständigen Berufsgenossenschaft erfolgen und ein D-Arzt-Verfahren (bei ambulanter Behandlung) sollte eingeleitet werden. Daher empfehlen wir in vorliegendem Fall zu prüfen, inwiefern der Patient überhaupt und die Anbauarbeiten an seinem Restaurant im Speziellen berufsgenossenschaftlich versichert waren. Dies insbesondere im Hinblick auf die Übernahme der aktuellen und der nachfolgenden Behandlungskosten und eventueller Rentenansprüche.

Der in oben gemachten Ausführungen gefallene Begriff „zeitlich begrenzt“ wird im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall als Schichtlänge interpretiert. Die Traumatisierung beim typischen HHS kann sicherlich im zeitlichen Rahmen einer Schicht bei deutlicher Gewalteinwirkung erfolgen (singuläres Trauma), jedoch sind auch Fälle nach wiederholter, z. T. regelmäßiger und langjähriger Einwirkung beschrieben. Sollte es sich daher nicht um ein typisches Einzeltrauma, sondern eine langsam progrediente Symptomatik handeln, empfehlen wir die Meldung des HHS als „Quasi-Berufskrankheit“ im Rahmen der sog. „Öffnungsklausel“ (§ 9, Abs. 2, SGB VII). Einzelne Anerkennungen auf diesem Weg sind in der Vergangenheit bereits erfolgt [3].

Einen Sonderfall stellt schließlich das akut einsetzenden HHS nach prolongierter Traumatisierung (über Wochen und Monate) dar. Hier sollte eine Meldung als Arbeitsunfall - wobei hier das letztlich schädigende Ereignis als herausragendes Trauma angesehen wird - erfolgen.

Literatur

  • 1 Bundesministerium für Arbeit und Soziales .Sozialgesetzbuch VII. 
  • 2 Letzel S, Rose  D M, Buchta M. Hypothenar-Hammer-Syndrom.  Zbl Arbeitsmed. 2003;  53 48-51
  • 3 Schönberger A. et al .Arbeitsunfall und Berufskrankheit,. 7. Auflage Erich Schmidt Verlag, Berlin 2003
  • 4 Wörnle M, Tatò F, Hoffmann U. Hypothenar-Hammer-Syndrom als Ursache einer schweren digitalen Ischämie.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 2352-2355
  • 5 Zell L, Scheffler P, Heger M, Buchter A. Paget-von Schroetter-Syndrom als Arbeitsunfall.  Dtsch Med Wochenschr. 2001;  126 326-328

Dr. med. M. Müller
Univ.-Prof. Dr. med. A. Buchter

Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin der Universität des Saarlandes

66421 Homburg/Saar

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