Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(1/2): 50
DOI: 10.1055/s-2005-837376
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Propofol statt Midazolam zur Endoskopie

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Publication Date:
13 January 2005 (online)

Anlässlich eines Referates aus dem Jahr 2003 „Propofol statt Midazolam zur Endoskopie“ (DMW Nr. 46 2003, Seite 2408) schrieb uns ein Leser. Zu dem nach wie vor aktuellen Thema publizieren wir hier den Leserbrief und einen kurzen Expertenkommentar.

Über das Fazit zu diesem Referat bin ich sehr überrascht. Ich denke, es kann so nicht unkommentiert bleiben.

Die Potenz des Hypnotikums Propofol lässt sich mit der sedierenden Wirkung von Midazolam in keiner Weise vergleichen. Zwar wird das Hypnotikum Propofol zunehmend von Internisten zur Durchführung einer Endoskopie und sonstiger diagnostischer Maßnahmen angewandt, allerdings muss hier erwähnt werden, dass bereits sehr ernsthafte Zwischenfälle bei der Anwendung dieses Medikamentes anlässlich einer Endoskopie aufgetreten sind. Aus diesem Grund ist im Beipackzettel zum Propofol auch aufgeführt, dass die Applikation nur von einem intensivmedizinisch geschulten Arzt vorgenommen werden darf und es nicht statthaft ist, dass derjenige, der das Propofol injiziert und damit für die Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten verantwortlich ist, auch gleichzeitig die Endoskopie erbringt. Die Aufmerksamkeit des Arztes, der das Propofol injiziert, muss sich auf die Überwachung der Vitalfunktionen beschränken, solange wie dieses Medikament wirkt, und er darf seine Aufmerksamkeit nicht teilen und quasi nebenher noch die Endoskopie durchführen. Bei der Sedierung eines Patienten zur Endoskopie mit Propofol sind daher unbedingt zwei Ärzte erforderlich, wobei ein Arzt ausschließlich für die Überwachung der Vitalfunktionen zur Verfügung stehen muss.

Diese Voraussetzungen sind allerdings bei den allermeisten Endoskopien in Deutschland nicht gegeben: In der Regel ist während der Endoskopie nur ein Arzt anwesend, der die Untersuchung durchführt, mit Unterstützung durch eine nichtärztliche Assistenzkraft. Außerdem ist in den meisten Endoskopie-Einrichtungen bzw. Untersuchungszimmern nicht das Notfall-Equipment vorhanden, das z. B. an einem Narkosearbeitsplatz zu finden ist.

Ich kann daher aus Sicht eines Gutachters nur dringend davor warnen, das Hypnotikum Propofol unkritisch und und ohne einen zweiten intensivmedizinisch geschulten Arzt bei einer Endoskopie zu verwenden.

Das hier publizierte Fazit ist hingegen wenig überzeugend und aus meiner Sicht irreführend, da nicht erwähnt ist, dass in der hier kommentierten Studie speziell geschultes Personal zur Verfügung stand zur Applikation und Überwachung der Patienten. Genauso gut könnte man folgern, dass auch die stärksten und potentesten Narkosemittel bei einer Endoskopie sicher angewandt werden können, wenn eine geschulte Kraft (z. B. ein Arzt oder Anästhesist) die Applikation durchführt und überwacht. Dann unterscheidet sich diese Maßnahme allerdings nicht mehr von einer regulären Narkose.

Dr. Helmut Ziegler

MDK Baden-Württemberg

Marlenerstr. 6

77656 Offenburg

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