Glossar
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Deutsch
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adjustieren
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bedingte logistische Regression
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conditional logistic regression
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Biomarker
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biomarker
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epidemiologischer Fragebogen
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study questionnaire
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Ernährungsfragebogen
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food frequency questionnaire
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Fall-Kontroll-Studie
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case-control study
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Hazard Ratio
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hazard ratio
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interne Analyse
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internal analysis
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Kohortenstudie
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cohort study
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logistische Regression
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logistic regression
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Odds Ratio
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odds ratio
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Querschnittstudie
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cross-sectional study, survey
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relatives Risiko
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relative risk
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Selektionsfehler
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selection bias
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statistische Macht
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statistical power
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Stichprobe
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sample
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Störgröße
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confounder
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Überlebenszeiten
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survival data
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Verzerrung
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bias
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zensiert
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censored
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Die Epidemiologie ist die Lehre von der Verteilung der Krankheiten in der Bevölkerung.
Diese Krankheitsverteilung (deskriptive Epidemiologie) und die Assoziation zwischen
einzelnen Krankheiten und verschiedenen Risikofaktoren (analytische Epidemiologie)
können in epidemiologischen Studien untersucht werden. Die wichtigsten Studientypen
der analytischen Epidemiologie sind Kohortenstudien, oder auch Längsschnittstudien
genannt, Fall-Kontroll-Studien und Querschnittstudien (Surveys) [10]
[11]
[15]
[19]
[24]. Diese unterschiedlichen, beobachtenden Studiendesigns kommen in Abhängigkeit
von Fragestellung und Studienziel zur Anwendung (Tab. [1], Abb. [1]). Bei allen drei Studientypen können zusätzlich zur Datenerhebung mit epidemiologischen
Fragebogen und Interviews (klassische Epidemiologie) auch biologische Materialien,
wie z. B. Blutproben, der Studienteilnehmer und Studienteilnehmerinnen gesammelt
werden. Biologische Materialien oder Biomarker werden zunächst mit molekularbiologischen
Methoden im Labor analysiert und anschließend in Verbindung mit den epidemiologischen
Daten statistisch ausgewertet (Molekulare Epidemiologie) [21]
[23].
Kohortenstudien
Kohortenstudien
Kohortenstudien sind Längsschnittstudien über die Zeit. Individuen werden bezüglich
einer Exposition, wie z. B. Rauchen oder einer beruflichen Tätigkeit, ausgewählt
und über die Zeit beobachtet, um in der Auswertung Exponierte mit Nicht-Exponierten
bezüglich der Inzidenz von Krankheiten (Inzidenzstudie) oder der auftretenden
Todesursachen (Mortalitätsstudie) zu vergleichen. Bei einer prospektiven Kohortenstudie
werden Exposition und andere Kovariablen zu Beginn der Studie, also vor dem möglichen
Eintritt der Erkrankung erhoben. Personen, die bei der Baseline-Untersuchung an
einer der Zielerkrankungen erkrankt sind, werden aus der Studienkohorte ausgeschlossen.
Die Kohorte wird anschließend meist über Jahre beobachtet und auftretende
Erkrankungen und Todesfälle dokumentiert (Follow-up).
Einen Sonderfall stellt die retrospektive oder historische Kohortenstudie dar,
die vor allem in der Arbeitsepidemiologie Anwendung findet. Hier werden Expositionen
aus der Vergangenheit erhoben und anschließend die Kohorte für Erkrankungen oder
Todesursachen verfolgt.
Ein weiterer Sonderfall der Kohortenstudien sind Interventionsstudien, die der
experimentellen Epidemiologie zuzuordnen sind. Beispiele hierfür sind gemeindebezogene
Interventionsstudien und auch randomisierte klinische Studien.
Abb. 1 Darstellung des zeitlichen Ablaufs der Datenerhebung bei den verschiedenen Studientypen.
*In retrospektiven Kohortenstudien, bei denen die Exposition retrospektiv erfasst
wurde, kann das Follow-up zur Erfassung des möglichen Eintretens der zu untersuchenden
Krankheiten oder Todesursachen auch prospektiv durchgeführt werden.
Analyse
Durch den Vergleich der Anzahl der beobachteten Erkrankungsfälle unter den exponierten
Personen in der Kohorte mit einer nicht-exponierten Bezugsbevölkerung (externe
Analyse) können Standardisierte Mortalitäts-Ratios (SMR) oder Standardisierte
Inzidenz-Ratios (SIR) berechnet werden [9]. SMR und SIR sind zumeist für Alter und Geschlecht standardisiert. Über den
Vergleich zwischen exponierten Personen mit nicht-exponierten Personen innerhalb
der Kohorte (interne Analyse) können rohe relative Risiken (RR) über Häufigkeitstabellen
geschätzt werden [2]. Ein wichtiger Aspekt bei der Auswertung von Kohortenstudien ist allerdings
in der Regel die Berücksichtigung von Einflüssen anderer Variablen, z. B. Störgrößen
(confounder), um eine mögliche Verzerrung (bias) bei der Effektschätzung so
weit wie möglich zu reduzieren [3]. Werden alle Kohortenmitglieder gleich lange beobachtet, kommt als Auswertungsmethode
die logistische Regression in Frage [4]. Bei unterschiedlich langen Follow-up Zeiten der Kohortenmitglieder entstehen
zensierte Daten, die mit Methoden für Überlebenszeiten analysiert werden [26]. Adjustierte relative Risiken können mit Hilfe der Poisson Regression und adjustierte
Hazard Ratios (HR) mit Hilfe des Cox Proportional Hazards Modells berechnet werden
[9]
[19]
[27].
Vor- und Nachteile
Große epidemiologische Kohortenstudien liefern meist Daten hoher Qualität und
Ergebnisse mit hoher Repräsentativität. Die zeitliche Sequenz von Exposition und
Erkrankung ist eindeutig und dieser Studientyp ist auch für seltene Expositionen
geeignet. Aussagen zu möglichen kausalen Zusammenhängen von Exposition und Erkrankung
können nur aus solchen großen prospektiven Kohortenstudien abgeleitet werden,
und auch hier nur unter Berücksichtigung der Kriterien von Bradford Hill [12]. Die Nachteile von Kohortenstudien sind hohe Kosten und lange Dauer, auch sind
sie für die Untersuchung seltener Erkrankungen ungeeignet.
Tab. 1 Übersicht über Charakteristika der wichtigsten epidemiologischen Studientypen.
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Studientyp
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Studienpopulation/Auswahlkriterien
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Datenerhebung
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Effektmaße
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Kohortenstudie
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Stichproben aus Exponierten und Nicht-Exponierten
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Prospektiv oder retrospektiv
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Inzidenz, RR, SMR, SIR
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Fall-Kontroll-Studie
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Inzidente Fälle (Kranke) und definierte Kontrollen (Gesunde)
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retrospektiv
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OR
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Querschnittstudie
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Repräsentative Stichprobe aus der Zielpopulation
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Stichtermin, retrospektiv
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Prävalenz
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Beispiele
Ein Beispiel für eine prospektive Kohortenstudie ist die internationale EPIC Studie
(European Prospective Investigation into Cancer). Hier wurden in neun europäischen
Ländern, darunter auch an zwei Standorten in Deutschland (Potsdam und Heidelberg),
ca. 400 000 Personen nach festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien in die Studie
aufgenommen. Untersucht wird der Zusammenhang zwischen Expositionen, wie Ernährungsgewohnheiten
und Lebensstilfaktoren, und künftigen Krebserkrankungen [7] [17]. Die Personen in der Studienkohorte mussten zur Erhebung der Exposition bei
der Baseline-Untersuchung (erster Studienkontakt) und bei den verschiedenen Follow-up
Untersuchungen epidemiologische Fragebögen (study questionnaire) und spezielle
Ernährungsfragebögen (food frequency questionnaire) ausfüllen. Ausserdem wurden
Blutproben entnommen, die zentral gelagert und analysiert werden. Die Inzidenz
und Mortalität der Kohorte für unterschiedliche Krebserkrankungen wird in der
Zukunft beobachtet.
In der Arbeitsepidemiologie werden hauptsächlich retrospektive Kohortenstudien
durchgeführt. Die Exposition der Studienkohorte fand in der Vergangenheit statt.
Ein Beispiel ist eine kürzlich abgeschlossene internationale Studie beim fliegenden
Personal bei verschiedenen europäischen Luftfahrtgesellschaften. Hier wurde der
Zusammenhang zwischen kosmischer Strahlung und Krebserkrankungen untersucht [5]
[6] [25]. Die Daten zur Exposition von mehr als 26 000 Piloten und Kabinenpersonal wurden
aus den archivierten Datenbeständen der Luftfahrtgesellschaften abstrahiert und
die Mortalität wurde über ein Follow-up erhoben. Berufliche Expositionen scheinen
keine starken Auswirkungen auf die Mortalität in dieser Kohorte zu haben.
Bei beiden Beispielen handelt es sich um multizentrische Studien, die durch eine
große Studienkohorte zu präzisen Schätzungen führen und in ihren Ergebnissen internationale
Gültigkeit aufweisen.
Fall-Kontroll-Studien
Fall-Kontroll-Studien
In Fall-Kontroll-Studien werden neuerkrankte Personen (inzidente Fälle) mit nicht
erkrankten Personen (Kontrollen) bezüglich verschiedener Risikofaktoren (Exposition)
verglichen. Die Fälle werden zumeist aus Krankenhäusern rekrutiert. Die Kontrollen
können entweder aus demselben Krankenhaus wie die Fälle stammen (Krankenhauskontrollen)
oder eine Zufallstichprobe der Bevölkerung aus dem Einzugsgebiet des Krankenhauses
darstellen (Bevölkerungskontrollen). In jedem Fall hat die Auswahl der Kontrollen
mit großer Sorgfalt zu erfolgen, um Selektionsfehler zu vermeiden. Fälle und Kontrollen
werden meist für Geschlecht und Alter angepasst (matching).
Analyse
Fall-Kontroll-Studien werden deskriptiv mit Hilfe von Vierfeldertafeln ausgewertet
[2]. Durch Stratifizierung und der Anwendung der Mantel-Haenszel-Methode können
einige wenige kategorielle Variablen, z. B. Confounder wie Alter, berücksichtigt
werden [8]. Bei Vorliegen mehrerer Confounder, die auch stetiges Messniveau besitzen können,
kommt die Anwendung der logistischen Regression in Frage [4]
[8]. Das berechnete Effektmaß ist das Odds Ratio (OR) [2]. Bei seltenen Erkrankungen gilt, dass das OR in etwa dem relativen Risiko (RR)
entspricht. Fall-Kontroll-Studien, bei denen Fälle und Kontrollen z. B. für
Alter im Studiendesign aneinander angepasst wurden (matching), werden mit Hilfe
der bedingten logistischen Regression ausgewertet [8].
Vor- und Nachteile
Fall-Kontroll-Studien sind besonders für seltene Erkrankungen geeignet und sie
sind weniger zeit- und kostenintensiv als Kohortenstudien. Die Auswahl der Kontrollgruppe
ist oft problematisch und die zeitliche Abfolge von Exposition und Erkrankung
unklar. Durch Fall-Kontroll-Studien können keine Aussagen zur Inzidenz einer Erkrankung
getroffen werden.
Beispiele
Durch eine Serie von Fall-Kontroll-Studien, die weltweit durchgeführt wurden,
erhärtete sich der Verdacht, das eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV)
den Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Zervixkarzinom darstellt [16] [18]
[20]. Inzidente Fälle und Krankenhauskontrollen wurden in einem fragebogengestützten
Interview zu Risikofaktoren, wie reproduktivem und sexuellem Verhalten, zu Früherkennungsuntersuchungen,
sowie zu sozio-demographischen Informationen befragt. Tumorbiopsien und zervikale
Zellen wurden mit molekularbiologischen Methoden auf eine HPV Infektion untersucht.
Das Risiko einer mit einem bestimmten HPV Typ, wie z. B. HPV 16 oder 18 infizierten
Frau an einem Zervixkarzinom zu erkranken, war stark erhöht. Die Ergebnisse dieser
Fall-Kontroll-Studien wurden von molekularbiologischen Experimenten gestützt
und in Kohortenstudien bestätigt, wodurch heute die Aussage zulässig ist, dass
HPV eine notwendige Ursache für die Entstehung eines Zervixkarzinoms ist [14].
Querschnittstudien
Querschnittstudien
Querschnittstudien umfassen eine definierte Auswahl von Personen aus der festgelegten
Zielpopulation und ermitteln Expositionen und Erkrankungen gleichzeitig zu einem
festen Stichtermin. Da aber häufig lange Zeit zwischen Exposition und Erkrankung
liegt, ist dieser Studientyp in der analytischen Epidemiologie zum Kausalitätsnachweis
nur sehr bedingt einsetzbar. Querschnittstudien sind daher hauptsächlich ein Instrument
der deskriptiven Epidemiologie, wo sie besonders der Hypothesengenerierung
dienen.
Analyse
Die Prävalenz von Erkrankungen, Risikofaktoren oder von bestimmten Gesundheitsverhalten
kann durch relative Häufigkeiten geschätzt werden.
Vor- und Nachteile
Querschnittstudien sind relativ schnell und bei vergleichsweise niedrigen Kosten
durchführbar. Sie liefern oft gute Hinweise auf Risikofaktoren, allerdings bleibt
die zeitliche Sequenz zwischen Exposition und Erkrankung unklar. Querschnittstudien
sind zudem für seltene Erkrankungen und seltene Expositionen ungeeignet.
Beispiel
Von 1997 bis 1999 wurde das erste gesamtdeutsche Gesundheitssurvey (Bundesgesundheitssurvey)
durchgeführt [1] [22]. Insgesamt nahmen 7124 Personen daran teil, die einen epidemiologischen Fragebogen
ausfüllten, ärztlich untersucht wurden und eine Blut- und Urinprobe abgaben. Ein
Ergebnis dieser umfangreichen Querschnittstudie war zum Beispiel, dass lediglich
22,6 % der Männer und 36,5 % der Frauen im Jahre 1997 an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen
teilgenommen haben [13].
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kurzgefasst: Die wichtigsten epidemiologischen Studientypen sind Kohortenstudien, Fall-Kontroll-Studien
und Querschnittstudien. Je nach Fragestellung und Datenlage erlauben diese
verschiedenen Studientypen die Untersuchung des Zusammenhangs von Expositionen
und Erkrankungen (Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien) oder beschreiben
Prävalenzen (Querschnittstudie).
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