Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(45): 2417
DOI: 10.1055/s-2004-835279
CME
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiogener Schock - Der konkrete Fall

Cardiogenic shock - case reportA. Link1 , M. Böhm1
  • 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)
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Prof. Dr. med. Michael Böhm

Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)

Kirrberger Straße

66421 Homburg/Saar

Telefon: 06841/1623372

Fax: 06841/1623369

eMail: Boehm@Med-In.uni-saarland.de

Publikationsverlauf

eingereicht: 12.7.2004

akzeptiert: 8.9.2004

Publikationsdatum:
04. November 2004 (online)

Inhaltsübersicht #

Anamnese und klinischer Untersuchungsbefund

Ein 49-jähriger Patient stellte sich bei seit 4 Stunden progredienten retrosternalen Schmerzen im Sinne einer Angina pectoris und begleitender Dyspnoe-Symptomatik mit Tachypnoe (Atemfrequenz 32/min) in der Notaufnahme vor. Bei blassem Hautkolorit, kalten und marmorierten Extremitäten bestand ein systemarterieller Blutdruck von 100/60 mmHg, die Herzfrequenz betrug 110/min. Auskultatorisch fanden sich feinblasige Rasselgeräusche; kein vitientypisches Herzgeräusch.

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Befunde

Bei positivem Schockindex (Herzfrequenz/RR systolisch > 1) zeigte sich im 12-Kanal-EKG eine Sinustachykardie (110/min) mit normaler AV-Überleitung ohne ischämietypische Kammerendteilveränderungen. Laborchemisch fanden sich folgende Auffälligkeiten: Troponin T 0,5 ng/ml, CK 256 U/l, CK-MB 48 U/l, Laktat 3,1 mmol/l. Es bestand eine respiratorische Partialinsuffzienz bei respiratorisch überkompensierter metabolischer Azidose. Echokardiographisch war die systolische linksventrikuläre Funktion bei anteroseptaler und apikaler Hypokinesie (FS = fraktionelle Verkürzung: 10 %; LVEDD = linksventrikulärer enddiastolischer Druckmesser: 54 mm) deutlich eingeschränkt, ein Klappenvitium konnte ausgeschlossen werden. Im Röntgen-Thorax ergaben sich Hinweise auf eine deutliche pulmonalvenöse Stauung.

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Therapeutisches Vorgehen und weiterer klinischer Verlauf

Die Diagnose lautete Troponin-positives akutes Koronarsyndrom bei Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (NSTEMI). Aufgrund des positiven Schockindex, der klinischen Zeichen der akuten Linksherzdekompensation und des echokardiographischen Nachweises einer deutlichen LV-Funktionseinschränkung bestand die Indikation zur Akut-Koronarangiographie. In Vorbereitung hierauf entwickelte sich ein progredientes Schockgeschehen mit Zeichen der peripheren Kreislaufzentralisation (RR 80/40 mmHg; Herzfrequenz 130/min). Ein zentraler Venenkatheter wurde gelegt; die initiale gemischtvenöse Sauerstoffsättigung betrug 45 %. Eine Therapie mit Dobutamin (maximal 9 µg/kg KG/min) wurde eingeleitet und bei unzureichendem Anstieg der systemarteriellen Druckwerte um Adrenalin (0,05 µg/kg KG/Min) erweitert. Hierunter stabilisierte sich der Kreislauf und die Koronarangiographie konnte durchgeführt werden. Bei deutlicher LV-Funktionseinschränkung (EF 25 %; linksventrikulärer enddiastolischer Druck (LVEDP) 22 mmHg) mit anteriorer Hypokinesie zeigte sich ein subtotaler Verschluss der LAD im proximalen Drittel bei diffuser koronarer 3-Gefäßerkrankung. Es erfolgte eine Koronarintervention sowie die Einlage einer intraaortalen Ballongegenpulsation (IABP). Zur hämodynamischen Untersuchung wurde ein Swan-Ganz-Katheter gelegt. Initial zeigte sich ein kardiogener Schock: Herzzeitvolumen (HZV) 1,8 l/min, pulmonalkapillärer Verschlussdruck (PCWP) 25 mmHg, systemvaskulärer Widerstand (SVR) 1800 dyn × s × cm-5. Aufgrund des erhöhten systemvaskulären Widerstandes wurde eine Therapie mit dem Phosphodiesterase-III-Hemmer Enoximon eingeleitet. Innerhalb der nächsten 48 Stunden besserte sich die Kreislaufsituation und der Katecholaminbedarf nahm ab, so dass die IABP entfernt werden konnte. Im Zeitraum von weiteren 48 Stunden wurden die positiv inotropen Substanzen kontinuierlich reduziert.

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Fazit

Der infarktbedingte kardiogene Schock ist die häufigste Form des kardiogenen Schocks. Entscheidend ist das frühzeitige Erkennen eines drohenden oder manifesten kardiogenen Schocks, zumal sich bei vielen Patienten mit akutem Myokardinfarkt das Vollbild eines Schocks erst innerhalb von 48-72 Stunden präsentiert. Neben klinischen Schockzeichen und einem positiven Schockindex ist es wichtig, auch Patienten im drohenden aber noch nicht manifesten Schock zu erkennen und umgehend einer Revaskularisationstherapie zuzuführen. Dabei hat die Echokardiographie als nicht-invasives Verfahren einen hohen Stellenwert. Weitere Parameter sind Laktatentwicklung und eine erniedrigte gemischtvenöse Sauerstoffsättigung. Die effektive Therapie des infarktbedingten kardiogenen Schocks basiert auf zwei Säulen:

  1. myokardiale Reperfusionstherapie mit prä-/ intrahospitaler Fibrinolyse, Akutkoronarintervention, IABP-Einsatz und ggf. Notfall-Operation sowie

  2. klassische Schocktherapie mit Oxygenierung und medikamentöser Kreislaufstabilisierung mittels vasoaktiver Substanzen.

Prof. Dr. med. Michael Böhm

Universitätsklinikum des Saarlandes, Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie/Internistische Intensivmedizin)

Kirrberger Straße

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