Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: S102-S103
DOI: 10.1055/s-2004-831387
Kurzübersicht
Infektionen in der Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hepatobiliäre Infektionsprobleme bei Reiserückkehrern

Hepatobiliary problems in travelers returning from the tropicsG. D. Burchard1
  • 1Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
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Prof. Dr. G. D. Burchard

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Bernhard-Nocht-Straße 74

20359 Hamburg

Publication History

eingereicht: 17.6.2004

akzeptiert: 22.7.2004

Publication Date:
15 September 2004 (online)

Table of Contents

Symptome seitens der Leber oder der Gallenwege stellen eine häufige Differentialdiagnose bei Reiserückkehrern aus den Tropen dar. Häufige klinische Fragestellungen sind insbesondere Fieber mit Leberbeteiligung oder der Nachweis von unklaren intrahepatischen Raumforderungen sowie eine unklare Cholestasesymptomatik [1].

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Fieber mit Leberbeteiligung

Selbstverständlich wird man bei Fieber und deutlicher Transaminasenerhöhung zunächst Virushepatitiden ausschließen [2]. Es ist zu beachten, dass Fieber bereits in der präikterischen Phase einer Hepatitis A auftreten kann. In Einzelfällen muss bei einer unklaren Hepatitis auch einmal an eine Hepatitis E gedacht werden, besonders nach Aufenthalt in Afrika oder Asien. Begleithepatitiden durch Infektionen mit zum Beispiel Epstein-Barr- oder Cytomegalieviren treten weltweit bei etwa gleicher Häufigkeit auf und werden auch bei Reisenden relativ häufig nachgewiesen. Dengueviren sind weltweit in den Tropen verbreitet, Denguefieber ist nicht selten die Ursache einer fieberhaften Hepatopathie. Auch bei Tropenrückkehrern werden in Einzelfällen beim Denguefieber Hepatitis-typische Transaminasen nachgewiesen. Bakterielle Erkrankungen können regelmäßig oder bei bestimmten Reaktionslagen mit Zeichen einer Hepatopathie einhergehen. Grundsätzlich sollten deshalb bei unklaren Transaminasenerhöhungen nach Tropenaufenthalt serologische Untersuchungen auf Rickettsiosen, Q-Fieber, Brucellose und Leptospirose durchgeführt werden [3]. Schließlich ist daran zu erinnern, dass bei unklarenTransaminasenerhöhungen mit Fieber immer auch eine Malaria ausgeschlossen werden muss [4]. Die Plasmodium-falciparum-Infektion kann zu einer unspezifischen hepatozellulären Dysfunktion mit Dilatation der Sinusoide führen, evt. mit Stase in den zentrolobulären Kapillaren sowie Hyperplasie und Pigmentspeicherung der Kupfferschen Sternzellen. Ein leichter Ikterus kann Folge der Hämolyse sein, leichte Transaminasenanstiege bis zum 10-fachen des Normalwertes und Hyperbilirubinämie können aber auch aufgrund der direkten Leberschädigung durch die Malaria auftreten. Auch die GGT kann hierbei leicht erhöht sein,das Serumalbumin erniedrigt und die Prothrombinzeit verlängert, ein hepatisches Koma tritt allerdings nicht auf.

Bei Fieber sowie Zeichen einer Leber- mit zusätzlicher Nierenbeteiligung sind das Vorliegen einer Leptospirose und eines Hantaanfiebers zu prüfen. Fieber, Ikterus und Hämorrhagien können ansonsten natürlich in seltenen Fällen auch einmal durch Lassafieber oder andere hämorrhagische Fieberviren verursacht sein.

Bei eher länger anhaltenden subfebrilen Temperaturen und bei einer zusätzlichen Splenomegalie ist unbedingt eine Leishmania-donovani-Infektion, also eine Kala Azar, auszuschließen [5]. Verbreitungsgebiete sind Südamerika, der Mittelmeerraum, der vordere Orient, Indien, China, Südamerika und weite Teile Afrikas. Es kommt bei der Kala Azar nach einer stark wechselnden Inkubationszeit zu Fieberschüben, oftmals mit zwei Fiebergipfeln pro Tag und dann zu einer Hepatosplenomegalie, laborchemisch ist eine Panzytopenie typisch. Die Diagnose erfolgt durch den direkten Parasitennachweis in Giemsa-gefärbten Knochenmarkausstrichen (Tab. [1]).

Tab. [1] Untersuchungsprogramm bei Fieber Leberbeteiligung.

Starke Transaminasen-Erhöhung (Erstuntersuchung):

  • Basisdiagnostik inkl. Dicker Tropfen

  • HAV-IgM, HBsAg und anti-HBc

Erstuntersuchung o. B.:

  • Serologie oder PCR: Hepatitis C, Hepatitis E

Leichte Transaminasen-Erhöhung

  • Serologie: Zytomegalie, EBV, HIV, Denguefieber, Coxsackie, Chlamydiosen, Rickettsiosen, Q-Fieber, Brucellose, Yersiniose, Legionellose (evtl. auch Antigen-Nachweis im Urin), Leptospirose, Borreliose, Lues, Toxoplasmose

Bei Fieber:

  • Dicker Tropfen auf Plasmodien

  • Blutkultur: Salmonella typhi

Bei rezidivierendem Fieber:

  • Untersuchungen auf Rückfallfieber (s. o.): Dicker Tropfen, Serologie

Zusätzlich Splenomegalie und Panzytopenie:

  • Leishmanien-Serologie

  • Histoplasmose-Serologie

  • Knochenmark-Aspirat auf Leishmanien und Histoplasma capsulatum

Zusätzlich Nierenfunktionsstörung.

  • Leptospirose-Serologie

  • Hantavirus-Serologie

Zusätzlich Hämorrhagien:

  • Rücksprache mit tropenmedizinischer Einrichtung zum Ausschluss viraler hämorrhagischer Fieber (z. B. Lassa, Ebola, Gelbfieber)


kurzgefasst: Bei Fieber, Hepatosplenomegalie und Panzytopenie an Kala-Azar denken!

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Intrahepatische Raumforderungen

Bei jedem Patienten mit Fieber und Schmerzen im rechten Oberbauch ist eine Sonographie zu veranlassen. Bei Nachweis einer intrahepatischen Raumforderung ist von einem Amöben-Leberabszess (ALA) auszugehen [6] [7]. Da die serologische Bestätigung mehrere Tage in Anspruch nimmt und die Therapie eines bakteriellen Abszesses prinzipiell die gleiche ist, muss unverzüglich eine Therapie eingeleitet werden. Eine Beschleunigung der Blutsenkung und erhöhte Akute-Phase-Proteine sind immer nachweisbar, eine Leukozytose bei mehr als 75 % der Fälle. Die Transaminasen sind meist nur gering erhöht, das Auftreten einer Cholestase hängt von der Lokalisation des Abszesses und dem daraus resultierenden Druck auf die Gallenwege ab. Die Diagnose eines ALA lässt sich sichern durch den Nachweis spezifischer Antikörper. Eine Echinokokkose lässt sich im Allgemeinen aufgrund des fehlenden Fiebers und aufgrund der fehlenden Entzündungszeichen problemlos von einem Amöben-Leberabszess abgrenzen. Differentialdiagnostisch müssen auch Leberabszesse im Rahmen einer Ascaris-Infektion oder auch im Rahmen einer Fasciola-hepatica-Infektion bedacht werden [8]. Schwierig kann die Abgrenzung eines hepatozellulären Karzinoms sein, insbesondere sonographisch, da ein ALA auch als echoreiche Struktur imponieren kann. Unbehandelt ist die Letalität beim ALA sehr hoch, behandelt liegt die Letalität bei 1 - 3 %.


kurzgefasst: Bei Fieber, hohen Entzündungspametern und Oberbauchschmerzen nach Tropenaufenthalt (auch noch nach Jahren) an Amöbenleberabszess denken!

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Erkrankungen der Gallenwege

Bei Erkrankungen der Gallenwege, die nach einem Tropenaufenthalt mit Ikterus oder Cholangitis einhergehen, ist in seltenen Fällen auch einmal an Leberegelinfektion oder an eine Spulwurminfektion zu denken. Die Diagnose der Fasciola-hepatica-Infektion erfolgt durch den Nachweis der Eier im Stuhl oder im Duodenalsaft, in einigen Fällen können die adulten Würmer auch in den bildgebenden Verfahren innerhalb der Gallenwege dargestellt werden. Adulte Spulwürmer können aus dem Intestinaltrakt in die Gallenwege oder in den Pankreasgang einwandern. Auch sie sind häufig in den bildgebenden Verfahren darstellbar. Ansonsten erfolgt die Diagnose durch den Einachweis im Stuhl.


kurzgefasst: Bei hepatobiliären Symptomen bedenken, dass Würmer in den Gallenwegen parasitieren können!

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Literatur

  • 1 Burchard G D. Fieber nach Tropenaufenthalt.  Der Internist. 1999;  40 1143-1149
  • 2 Hadem J, Wedemeyer H, Manns M P. Hepatitis als Reisekrankheit.  Der Internist. 2004;  45 655-668
  • 3 Herzog C. Bacterial infections involving the liver.  BaillièreŽs Clin Gastroenterol. 1987;  1 231-250
  • 4 Wilairatana P. et al . Liver profile changes and complications in jaundiced patients with falciparum malaria.  Trop Med Parasitol. 1994;  45 298-302
  • 5 Herwaldt B L. Leishmaniasis.  Lancet. 1999;  354 1191-1199
  • 6 Haque R, Huston C D, Hughes M, Houpt E, Petri W A. Amebiasis.  N Engl J Med. 2003;  17 1565-1573
  • 7 Stanley S L. Amoebiasis.  Lancet. 2003;  361 1025-1034
  • 8 MacLean J D, Graeme-Cook F M. A 50-year old man with eosinophilia and fluctuating hepatic lesions.  N Engl J Med. 2002;  346 1232-1239

Prof. Dr. G. D. Burchard

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Bernhard-Nocht-Straße 74

20359 Hamburg

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Literatur

  • 1 Burchard G D. Fieber nach Tropenaufenthalt.  Der Internist. 1999;  40 1143-1149
  • 2 Hadem J, Wedemeyer H, Manns M P. Hepatitis als Reisekrankheit.  Der Internist. 2004;  45 655-668
  • 3 Herzog C. Bacterial infections involving the liver.  BaillièreŽs Clin Gastroenterol. 1987;  1 231-250
  • 4 Wilairatana P. et al . Liver profile changes and complications in jaundiced patients with falciparum malaria.  Trop Med Parasitol. 1994;  45 298-302
  • 5 Herwaldt B L. Leishmaniasis.  Lancet. 1999;  354 1191-1199
  • 6 Haque R, Huston C D, Hughes M, Houpt E, Petri W A. Amebiasis.  N Engl J Med. 2003;  17 1565-1573
  • 7 Stanley S L. Amoebiasis.  Lancet. 2003;  361 1025-1034
  • 8 MacLean J D, Graeme-Cook F M. A 50-year old man with eosinophilia and fluctuating hepatic lesions.  N Engl J Med. 2002;  346 1232-1239

Prof. Dr. G. D. Burchard

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