Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2004; 39(4): 191-196
DOI: 10.1055/s-2004-814388
Der besondere Beitrag
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Können wir uns die Fortschritte der Intensivmedizin noch leisten?

Ein Plädoyer für eine offene DebatteCan We Afford the Costs of New Developments in Intensive Care Medicine?J.  Boldt1
  • 1Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Joachim Boldt), Klinikum der Stadt Ludwigshafen
Dieser Beitrag wird von einem Editorial von K. Reinhart begleitet.Wegen der besonderen Bedeutung dieses Beitrages hat sich die Schriftleitung zum Nachdruck dieses in der Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: 36 - 40 erschienenen Artikels entschlossen.
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Publication Date:
19 April 2004 (online)

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Ohne die rasanten Entwicklungen in der lntensivmedizin sind die Erfolge in vielen Bereichen der konservativen und operativen Medizin kaum denkbar. Die Nachfrage nach Intensiv-Behandlungsplätzen wird aufgrund der Alterspyramide und der zunehmenden Tendenz, auch das „Unmögliche” zu operieren bzw. zu behandeln, deutlich zunehmen. Dadurch wird es zu einer weiteren Belastung finanzieller Ressourcen im Gesundheitssystem kommen.

Analysen über die tatsächlichen Kosten im Bereich der Intensivmedizin finden sich in Deutschland nur unzureichend [21]. In den Vereinigten Staaten machen Intensivbetten ca. 8 % aller Krankenhausbetten aus, sie verursachen jedoch 28 % aller Kosten im Krankenhaus [2]. Die unterschiedlichen nationalen Gesundheitssysteme lassen einen Vergleich nur bedingt zu. In Deutschland existierten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2000 23 115 Intensivbetten, in denen Patienten über 6,2 Mio Tage behandelt wurden. Der mittlere Hauptabteilungspflegesatz „Intensivmedizin” wurde mit ca. 750 Euro angegeben.

Es liegt außerhalb des Rahmens dieser Arbeit, ethische Aspekte bei der Behandlung von Intensivpatienten zu erörtern. Es soll nicht gefragt werden, „ob wir auch die richtigen Patienten auf unseren Intensivstationen behandeln” [24], und nicht darauf eingegangen werden, ob ein 80-jähriger Patient, der sein Leben lang gearbeitet hat, selten krank gewesen ist, nie rauchte und immer in die Sozialkassen einbezahlt hat, keine neueren kostenträchtigen Intensivtherapieverfahren erhalten sollte, der 50-jährige sozialhilfepflichtige Alkoholiker aber, der seit über 30 Jahren raucht, in neue Therapiestrategien mit einbezogen werden sollte. Ziel der vorliegenden Arbeit ist nicht zu beantworten, ob wir uns „lntensivmedizin in der derzeit ausgeübten Weise in Zukunft leisten können” [24]. Hier soll vielmehr mit einer persönlichen Bewertung zur Diskussion der Frage angeregt werden, ob wir die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Intensivmedizin an unsere Patienten weiter geben können.

Literatur

Prof. Dr. Joachim Boldt

Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin · Klinikum der Stadt Ludwigshafen

Bremserstraße 79 · 67063 Ludwigshafen

Email: BoldtJ@gmx.net