Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(44): 2325
DOI: 10.1055/s-2002-35183
CME
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pankreaskarzinom - Der konkrete Fall

Pancreatic cancer - Case reportG. A. Pistorius, M. K. Schilling
  • 1Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar
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Prof. Dr. med. Martin K. Schilling

Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätskliniken des Saarlandes

66424 Homburg/Saar

Telefon: 06841/162 2605

Fax: 06841/162 2697

eMail: martin.schilling@uniklinik-saarland.de

Publikationsverlauf

eingereicht:7.6.2002

akzeptiert: 9.9.2002

Publikationsdatum:
31. Oktober 2002 (online)

Inhaltsübersicht #

Anamnese

Der 74-jährige Patient stellte sich notfallmäßig wegen zunehmender Übelkeit, Abgeschlagenheit und Benommenheit sowie postprandialen Oberbauchschmerzen in der internistischen Notaufnahme vor. Er hatte innerhalb von 6 Wochen 5 kg Gewicht abgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren keine Vorerkrankungen bekannt, es bestand lediglich der Z.n. laparoskopischer Cholezystektomie 3 Jahre zuvor bei unkomplizierter Cholezystolithiasis. Zum Zeitpunkt der Diagnostik bemerkte der Patient erstmals eine Dunkelfärbung des Urins.

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Untersuchungen

Bei der körperlichen Untersuchung befand sich der Patient in leicht reduziertem Ernährungszustand (181 cm, 70 kg). Der klinische kardiopulmonale Befund und das Abdomen waren unauffällig. Es fand sich ein deutlicher Haut- und Sklerenikterus. Laborchemisch bestand eine Cholestase (Bilirubin 4,5 mg/dl, AP 380 U/l), sowie ein erhöhter Glucosewert 158 mg/dl, sonst keine Auffälligkeit. Bei der transabdominellen Sonographie zeigten sich ein gestauter Ductus hepatocholedochus (>8,5 mm) mit intrahepatischer Cholestase; sowie eine Raumforderung im Pankreaskopfbereich von 2,2 × 2,5 × 2,8 cm Größe mit gestautem Pankreasgang (5,8 mm). Die ERCP am Folgetag erbrachte ein „Double-duct-sign”. Es erfolgte eine Sphincterotomie und Stenteinlage. Die Bestimmung des CA 19 - 9 erbrachte mit 571 U/ml einen deutlich pathologischen Wert. In der Endosonographie fiel ein 4,2 × 3,2 cm großer Pankreaskopftumor mit Infiltration des Gallengangs auf. Der Venenkonfluens war verlagert und möglicherweise infiltriert. Es bestand kein Anhalt für eine Milzvenen- oder Pfortaderthrombose. Das CT-Abdomen zeigte ein Pankreaskopfkarzinom mit Verdacht auf Infiltration der Duodenalwand sowie Tumorgewebe im Bereich des Venenkonfluens. Eine Infiltration der Pfortader war nicht sicher auszuschließen. Lungenfunktion, Echokardiographie und Belastungs-EKG ergaben altersentsprechende Befunde.

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Therapie und Verlauf

Nach 8 Tagen erfolgte die Übernahme in die Chirurgie zur Laparotomie und Exploration. Es fand sich ein ca 3 cm großer Pankreaskopftumor, palpatorisch kein Anhalt für Lebermetastasen. Bei dem Verdacht auf eine Abtropfmetastase am Magenantrum, wurde die Indikation zur klassischen Whipple’schen Resektion mit Lymphadenektomie im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale sowie retropankreatisch und retroperitoneal gestellt. Die Ablösung des Pankreas von der Pfortader und der V. mesenterica superior war auf einer Strecke von 3 cm nicht möglich, hier schien eine Infiltration des Tumors vorzuliegen. Daher wurde der betroffene Gefäßwandabschnitt reseziert und mit einem Goretex-Patch rekonstruiert. Die Rekonstruktion der Passage erfolgte mit Pankreatikojejunostomie, Hepatikojejunostomie und Gastrojejunostomie (OP-Dauer 320 min).

Nach der postoperativen Intensivüberwachung erfolgte am 2. postoperativen Tag die Verlegung auf Normalstation. Am 4. postoperativen Tag wurde der Kostaufbau begonnen, die Entlassung erfolgte am 14. Tag. Die Histologie ergab ein ca 2,5 cm großes, mäßig bis gering differenziertes Pankreaskarzinom mit zahlreich nachweisbaren Nervenscheideninvasionen und Lymphspalteneinbrüchen, kein Metastasennachweis am Magen. Somit UICC-Stadium pT2, pN0/26, GIII, pM0, R0.

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Fazit

Der vorliegende Fall zeigt die Problematik der Einschätzung des Tumorausmaßes sowohl in der präoperativen Diagnostik als auch im Rahmen der Operation. Weder die Gefäßinfiltration noch die intraoperativ vermutete Abtropfmetastase wurden histologisch bestätigt. Es findet sich jedoch als prognostisch ungünstige Situation eine nur histologisch nachweisbare Nervenscheideninvasion sowie Lymphspalteneinbrüche. Der klinische Verlauf zeigt, dass auch bei älteren Patienten die ausgedehnte Pankreasresektion mit vertretbarem Risiko durchführbar ist.

Prof. Dr. med. Martin K. Schilling

Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Universitätskliniken des Saarlandes

66424 Homburg/Saar

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Fax: 06841/162 2697

eMail: martin.schilling@uniklinik-saarland.de

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