Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(33): 1679-1681
DOI: 10.1055/s-2002-33376
Serie Prävention
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hautkrebs

Malignant tumours of the skinAndreas Blum1 , Matthias Volkenandt2
  • 1Hautklinik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
  • 2Dermatologische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München
Further Information
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Korrespondenz

PD Dr. Andreas Blum

Univ.-Hautklinik

Liebermeisterstr. 25

72076 Tübingen

Phone: 07071/2984555

Fax: 07071/294561

Email: andreas.blum@med.uni-tuebingen.de

Publication History

Publication Date:
15 August 2002 (online)

Table of Contents

Summary:The current status, clinic, causes and prevention strategies of malignant tumours of the skin are described. Dermatologists, physicians and health professionals have made tremendous efforts to improve the public education and early detection of these tumours especially during the last decade. Further campaigns and continual medical education are demanded to continue this improvement for patients and public health system.

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Aktuelle Situation

Weltweit zeigte sich in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Zunahme von Hautkrebs (Parkin DM et al. Cancer Incidence in Five Continents. Volume VII. IARC Scientific Publications No. 143. International Agency for Research on Cancer, Lyon 1997; Garbe C, Dummer R, Kaufmann R, Tilgen W (Hrsg.): Dermatologische Onkologie, Springer Verlag, Berlin 1997). Die Inzidenz von Basalzellkarzinomen und Plattenepithelkarzinomen (auch epitheliale Hauttumore genannt) stieg in Deutschland jährlich von 15 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner zu Beginn der 70er Jahre auf 55 Neuerkrankungen bei den Frauen und 85 pro 100000 bei den Männern zu Beginn der 90er Jahre (Tab. [1]). Somit sind die epithelialen Hauttumoren mit ca. 80 000 Neuerkrankungen die zweithäufigsten Malignome bei beiden Geschlechtern. Die altersstandardisierte Mortalität liegt bei den Frauen bei ca. 0,3-0,6 und bei den Männern bei ca. 0,5-0,8/100 000 Einwohnern (alle Angaben aus Garbe C. et al. 1997).

Tab. 1 Inzidenz und Mortalität von epithelialen Hauttumoren und dem malignen Melanom in Deutschland (jeweils pro 100 000 Einwohner und Jahr). (Garbe C et al. (Hrsg.) Dermatologische Onkologie, Springer, Berlin, 1997).

{P}

Inzidenz

Mortalität

Basalzell- u. Plattenepithelkarzinom

55-85

0,3-0,8*

Malignes Melanom

12-15

1,7-2,6

(*durch Plattenepithelkarzinome bedingt)

Beim malignen Melanom, dem "schwarzen Hautkrebs", wird weltweit ebenfalls eine deutliche Zunahme von Neuerkrankungen beobachtet. In den 70er Jahren wurden in Deutschland pro 100 000 Einwohner jährlich drei Fälle registriert, in den 90er Jahren ca. 12-15. Dies entspricht ca. 10 000 Neuerkrankungen an einem malignen Melanom pro Jahr. Die altersstandardisierte Mortalität ist bei den Frauen in den letzten 20 Jahren von 1,4 auf 1,7, bei den Männern von 1,7 auf 2,6/100 000 Einwohnern gestiegen (Garbe C. et al. 1997).

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Klinik und Prozedere

Das Basalzellkarzinom (Abb. [1]) zeigt sich zumeist als hautfarbener bis rötlich erhabener Hauttumor oder auch rötlich-weißlich sklerodermiform flache Hautveränderung zumeist in lichtexponierten Hautarealen. Der als semimaligne geltende Hauttumor metastasiert nicht, wächst jedoch lokal infiltrierend und gegebenenfalls auch destruierend über einen langen Zeitraum. Die frühzeitige und vollständige Entfernung eines Basalzellkarzinoms führt zur vollständigen Heilung mit gutem kosmetischem Ergebnis.

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Abb.1 Beispiel eines Basalzellkarzinoms an der Nasolabialfalte.

Das Plattenepithelkarzinom (Abb. [2]) wächst meist rascher als das Basalzellkarzinom und zeigt sich meistens als exophytischer und keratotischer Hauttumor. Dieser kann in Abhängigkeit von der Tumordicke in die umliegende Haut, in die regionären Lymphknoten und auch in Organe (z.B. Lunge) metastasieren. Die frühzeitige und vollständige Entfernung eines Plattenepithelkarzinoms kann die vollständige Heilung bedeuten. Je länger ein Plattenepithelkarzinom wächst und je dicker es wird, desto größer ist das Risiko, dass dieses metastasiert.

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Abb.2 Beispiel eines Plattenepithelkarzinoms an der Stirnmitte.

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Abb.3 Beispiele für maligne Melanome: Superfiziell spreitendes Melanom (SSM), noduläres Melanom (NM), Lentigo-maligna-Melanom (LMM) und akrolentiginöses Melanom (ALM).

Das maligne Melanom zerstört weniger die Haut, birgt jedoch eine hohe Gefahr der Metastasierung um den Primärtumor bzw. dessen Narbe, in die regionären Lymphknoten und auch in Organe (z.B. Lunge, Leber, Gehirn, Knochen). Die Gefahr der Metastasierung steigt mit zunehmender Tumordicke: Patienten mit einer Tumordicke von kleiner als 0,75 mm haben eine Zehnjahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 97%, bei der Tumordicke über 4,00 mm sinkt diese unter 60%. Insbesondere beim malignen Melanom ist die frühzeitige und vollständige Entfernung für die Chance vollständiger Heilung von entscheidender Bedeutung. Die meisten Menschen, die am Hautkrebs in Deutschland sterben, sind Patienten mit malignen Melanom (ca. 2000-2500 pro Jahr) (Tab. [1]).

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Ursachen von Hautkrebs

Die UV-Strahlung wird als der wichtigste bekannte Risikofaktor für die Entstehung der verschiedenen Hautkrebsarten angesehen.

Die Basalzell- und Plattenepithelkarzinome treten in 70% der Fälle im Kopf- und Halsbereich auf. Desweiteren sind bevorzugt die Hände und Unterarme betroffen. Personen mit heller und rötlicher Haut und Haaren haben ein erhöhtes Risiko, einen Hautkrebs zu entwickeln. Am stärksten betroffen sind Personen mit einem lichtempfindlichen Hauttyp (Tab. [2]), mit blonden oder roten Haaren sowie mit Sommersprossen. Eine Übersicht der Risikogruppen für die Basalzell- und Plattenepithelkarzinome ist in Tab. [3] dargestellt.

Tab. 2 Beschreibung der Hauttypen und deren unterschiedlicher Reaktionen bei Sonnenexposition (Garbe C. et al. (Hrsg.): Dermatologische Onkologie, Springer Verlag, Berlin 1997)

Hauttyp

Beschreibung

Reaktion auf Sonne

"Eigenschutzzeit" bei Sonnenexposition

Sonnenbrand

Bräunung

I

Haut: auffallend hell, blass

Sommersprossen: stark

Haare: rötlich

Augen: grün, blau, selten braun

immer schwer, schmerzhaft

keine Bräunung; nach 1-2 Tagen weiß, Haut schält sich

10 min

II

Haut: etwas dunkler als Typ I

Sommersprossen: selten

Haare: blond bis braun

Augen: blau, grün, grau

meistens schwer, schmerzhaft

kaum, Haut schält sich

15 min

III

Haut: hellbraun

Sommersprossen: keine

Haare: dunkelblond, braun

Augen: grau, braun

seltener, mäßig

gut

20 min

IV

Haut: braun

Sommersprossen: keine

Haare: dunkelbraun, schwarz

Augen: dunkel

kaum

schnell und tief

30 min

Tab. 3 Merkmale von Risikogruppen für die Entwicklung von Basalzell- und Plattenepithelkarzinomen (Garbe C et al. (Hrsg.): Dermatologische Onkologie, Springer Verlag, Berlin 1997)

Basalzellkarzinom

Plattenepithelkarzinom

Sehr heller Hauttyp I (-II)

Sehr heller Hauttyp I (-II)

Sommersprossen in der Kindheit

Chronische Sonnenexposition in den letzten 10 Jahren vor Auftreten der Hautveränderung und Diagnosestellung

Starke Sonnenbrände in der Kindheit

Starke Sonnenexposition bis zum 19. Lebensjahr

Für die Entstehung des malignen Melanoms ist ebenfalls die UV-Strahlung ein wichtiger bekannter Risikofaktor. Zudem hängt das Risiko der Entstehung auch von der Anzahl und Form der melanozytären Nävi und aktinischen Lentigines ab (Tab. [4]), außerdem vom Haut- und Haartyp des jeweiligen Menschen, von Sonnenbestrahlung, die zum Sonnenbrand führt und insbesondere von intensiver Sonnenbelastung und Sonnenbränden in der Kindheit. Weiterhin gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass auch UVA-Strahlen (z.B. im Solarium) das Risiko für die Entstehung von Melanomen erhöht. Zu weiteren Risikofaktoren gehört eine genetische Belastung, die beim Auftreten von familiären Melanomen gegeben sein kann.

Tab. 4 Merkmale von Risikopersonen für die Melanomentwicklung (modifiziert nach Garbe C. Hautarzt 1995; 46: 309-314).

Merkmal

Risikoerhöhung

Mehr als 50 melanozytäre Nävi

4fach

Mehr als 100 melanozytäre Nävi

8fach

Fünf oder mehr atypische Nävi

6fach

Viele aktinische Lentigines ("Sonnenflecken")

3,5fach

Kombination von mehr als 50 melanozytären Nävi, 5 oder mehr atypischen Nävi und vielen aktinischen Lentigines

120fach

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Prävention von Hautkrebs

Den verschiedenen Hautkrebsarten lässt sich mit unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen erfolgreich begegnen. Diese sind zum einen vernünftiges Verhalten gegenüber den bekannten Risikofaktoren (primäre Prävention). Zum anderen beinhalten diese die Früherkennung von Hautkrebs (selkundäre Prävention).

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Verhalten (Primäre Prävention)

Information und das richtige Verhalten in der Sonne sind der beste Schutz vor Hautkrebs. Alle Altersgruppen der Bevölkerung, vor allem Kinder und Jugendliche, sollten möglichst wenig in die pralle Sonne gehen, ohne sich ausreichend gegen diese zu schützen (Tab. [5] und [6]). Dies ist unabhängig vom Hauttyp. Jedoch benötigen Menschen mit hellem Hauttyp (I und II) deutlich mehr Schutz als Menschen mit dunklerem Hauttyp (III und IV). Mit den aufgeführten Beispielen kann sowohl im Beruf als auch in der Freizeit ein vernünftiger Umgang mit der Sonne zum eigenen Schutze erlernt und umgesetzt werden. Als langfristiges Ziel kann somit die Inzidenz von Hautkrebs gesenkt werden, wie es sich bereits in Australien in jüngeren Geburtenkohorten andeutet (Giles GG et al. BMJ 1996; 312: 1121-1125).

Tab. 5 Sonne mit Vernunft: Empfehlung für einen vernünftigen Umgang mit der Sonne (Blum et al. Hautarzt 1998; 49: 826-834).

1.

Meiden der direkten Sonnenexposition zwischen 11 und 15 Uhr

2.

Schatten aufsuchen, Schatten schaffen und schützende Kleidung tragen

3.

Sonnenbrille tragen (Schutz der Retina)

4.

Ergänzend Sonnenschutzmittel (Lichtschutzfaktor > 15) einsetzen (Applikation 30 Minuten vor Sonnenexposition)

Tab. 6 Lichtschutzfaktor verschiedener Schutzmaßnahmen (Blum et al. Hautarzt 1998; 49: 826-834).

{P}

Lichtschutzfaktor

Dichte Baumwollkleidung

ca. 40

Leichte Baumwollkleidung

ca. 10

Schatten unter einem Baum

ca. 5-15

Schatten unter einem Sonnenschutzschirm

ca. 5

Sonnenhut mit breitem Rand

ca. 10

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Früherkennung (Sekundäre Prävention)

Schon im frühen Stadium ist es möglich, maligne Hauttumoren mit dem bloßem Auge und mit Hilfe des Dermatoskopes zu erkennen. Die Untersuchung der gesamten Haut ist ohne Belastung für den Patienten möglich. Wird der Hautkrebs im Frühstadium rechtzeitig erkannt, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine operative Entfernung eine vollständige Heilung erzielt werden. So kommen immer mehr Patienten mit kleineren malignen epithelialen Hauttumoren sowie dünneren malignen Melanomen zur Erstversorgung. Die mediane Tumordicke des malignen Melanoms sank seit Beginn der 80er Jahre von 1,5 mm auf 0,75 mm Ende der 90er Jahre. Durch eine weitere Verbesserung der Früherkennung kann zudem die finanzielle Belastung für das Gesundheitswesen im Bereich der malignen Hauttumoren reduziert werden.

Für die Früherkennung des malignen Melanoms hat sich die ABCD-Regel bewährt (Tab. [7]). Beim Auftreten von zwei, spätestens drei dieser Merkmale sollte ein Hautarzt zur genaueren differentialdiagnostischen Einordnung aufgesucht werden.

Tab. 7 Das ABC des schwarzen Hautkrebses: Kriterien zur Diagnose maligner Melanome (Blum et al. Hautarzt 1998; 49: 826-834).

A = Asymmetrie der Hautveränderung

B = Begrenzung unregelmäßig z. T. mit kleinen zungenförmigen Ausläufern

C = Colorit (Farbe) der Hautveränderung variierend z. T. schwarze rötliche oder graue Anteile neben brauner Pigmentierung

D = Durchmesser ≥ 5 mm

E = Erhabenheit

Fachliche Betreuung der Serie:

Prof. Dr. Dr. h. c. Peter C. Scriba, München

Prof. Dr. Friedrich W. Schwartz, Hannover

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Korrespondenz

PD Dr. Andreas Blum

Univ.-Hautklinik

Liebermeisterstr. 25

72076 Tübingen

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Fax: 07071/294561

Email: andreas.blum@med.uni-tuebingen.de

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Abb.1 Beispiel eines Basalzellkarzinoms an der Nasolabialfalte.

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Abb.2 Beispiel eines Plattenepithelkarzinoms an der Stirnmitte.

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Abb.3 Beispiele für maligne Melanome: Superfiziell spreitendes Melanom (SSM), noduläres Melanom (NM), Lentigo-maligna-Melanom (LMM) und akrolentiginöses Melanom (ALM).