Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(39): 1092
DOI: 10.1055/s-2001-17493
Pro & Contra
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hochdosis-Chemotherapie beim Mammakarzinom - Contra!

High-dosage treatment of breast cancer - against
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Publication Date:
27 September 2001 (online)

Für die Hochdosis-Chemotherapie mit nachfolgendem Stammzellersatz wurden und werden drei Argumente angeführt.

Das Konzept der steilen Dosis-Wirkbeziehung, namentlich für Alkylanzien. Ich meine, dass dieses Konzept fragwürdig ist, weil es in erster Linie an Zellinien mit logarithmischen Wachstumsmerkmalen entwickelt wurde. Solche Zellinien sind durch Homogenität charakterisiert. Eptheliale Tumoren des Menschen weisen hingegen nur eine sehr geringe Fraktion proliferierender Zellen und eine beträchtliche zelluläre Heterogenität auf. Das zweite Argument, wonach wenn wenig gut ist, mehr besser sein muss, ließ sich weder in der Onkologie-Hämatologie im allgemeinen noch bei Patienten mit Mammakarzinom im speziellen belegen. Die Vervierfachung der Cyclophosphamid-Dosis oder die Dosissteigerung von z. B. Epirubicin von 90 auf 135 mg/m 2 hat die Resultate in der adjuvanten Therapie der Patientinnen mit Mammakarzinom nicht verbessert. Der Glaube, dass insbesondere beim Mammakarzinom mehr besser ist, beruhte auf dem Fehler, dass suboptimale Dosen als Bezugsgrößen herangezogen wurden. Das dritte Argument ist das einzige, was mich beeindruckt. Es gibt Patienten mit verschiedenen onkologisch-hämatologischen Erkrankungen, die mit Hochdosis-Chemotherapie geheilt wurden. Aufgrund der bislang publizierten Phase-III-Studien können diese Beobachtungen auf die adjuvante Hochdosistherapie beim Mammakarzinom jedoch nicht übertragen werden. Allerdings haften diesen Studien unterschiedliche Schwächen an, indem sie entweder noch nicht reif zur Publikation waren oder Rekrutierungsprobleme hatten oder so konzipiert waren, dass der Beweis des Prinzips, wonach der Dosissteigerung ein Effekt zukommt, nicht geführt werden konnte. Bei den bislang publizierten Studien handelt es sich um die von Hortobagyi et al., Peters et al. sowie Rodenhuis et al. In keiner dieser Studien war durch die Hochdosistherapie ein Vorteil für die Patienten nachweisbar. Eine weitere, von Bergh et al. publizierte Studie fällt aus dem zu diskutierenden Rahmen, weil in dieser Studie kein Vergleich einer konventionellen Therapie mit einer Hochdosistherapie vorgenommen wurde. Vielmehr waren die Chemotherapie-Gesamtdosen im so genannten konventionellen Rahmen deutlich höher als in dem so genannten Hochdosisarm.

Etwa 15 Jahre nach Einführung des Konzeptes haben die bislang vorliegenden Resultate die Hochdosis-Euphorie insbesondere beim Mammakarzinom zum Erliegen gebracht. Aber auch hartnäckige Skeptiker der Hochdosistherapie müssen konzedieren, dass es verfrüht wäre, diese Therapiemodalität in der adjuvanten oder metastasierten Situation schon jetzt zu Grabe zu tragen. Es gilt, die Resultate einiger größerer europäischer und amerikanischer Studien abzuwarten. Hierzu gehört insbesondere die Untersuchung von Rodenhuis et al., deren Zwischenanalyse einen geringen, aber signifikanten Vorteil für die Hochdosistherapie zeigte. Problematisch ist, dass die Therapie von Patienten mit Mammakarzinom in ständigem Fluss ist, dass neue Prognoseparameter, neue diagnostische Verfahren, neue, wirksame Therapiemodalitäten in die Behandlung von Patienten mit Mammakarzinom eingeführt wurden, so dass die vor vielen Jahren konzipierten Hochdosis-Therapiestudien der Entwicklung hinterherhinken.

Derzeit muss resümiert werden, dass die Hochdosis-Chemotherapie für Patientinnen mit Mammakarzinom kein etabliertes Verfahren ist.

Literatur

  • 1 Hortobagyi G N. et al . Randomized trial of high-dose chemotherapy and blood cell autographs of high-risk primary breast carcinoma.  JNCI. 2000;  92 225-233
  • 2 Peters W. et al . A prospective, randomized comparison to two doses of combination alkylating agents (AA) as consolidation after CAF in high-risk primary breast cancer involving ten ore more axillary lymph nodes (LN): Preliminary results of CALGB 9082/SWOG 9114/NCIC MA-13.  Proc ASCO. 1999;  18 1a
  • 3 Rodenhuis S. et al . Randomised trial of high-dose chemotherapy and haematopoietic progenitor cell support in operable breast cancer with extensive axillary lymph node involvement.  Lancet. 1998;  352 515-521
  • 4 Bergh J. et al . Tailored fluorouracil, epirubicin, and cyclophosphamide compared with marrow-supported high-dose chemotherapy as adjuvant treatment for high-risk breast cancer: a randomised trial.  Lancet. 2000;  356 1384-1391
  • 5 Rodenhuis S. et al . Randomised phase III study of high-dose chemotherapy with cyclophosphamide, thiotepa and carboplatin in operable breast cancer with 4 or more axillary lympho nodes.  Proc ASCO. 2000;  19 286

Prof. Dr. med. D. K. Hossfeld

Abteilung Onkologie-Hämatologie der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

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