Klin Monbl Augenheilkd 2001; 218(8): 581-582
DOI: 10.1055/s-2001-17143
OFFENE KORRESPONDENZ

Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Laudatio Prof. Dr. J. Reiner - IFOS/ICO-Fellowships - An unsere Leser

Laudatio Prof. Dr. J. Reiner - IFOS/ICO-Fellowships - To our Readers
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Publication Date:
13 September 2001 (online)

Laudatio Prof. Dr. J. Reiner

Herr Professor Dr. rer. nat. Josef Reiner vollendete am 19. 5. 2001 sein 80. Lebensjahr. Die Klinischen Monatsblätter gratulieren dem Jubilar herzlich.

Geboren in Arad in Rumänien wandte er sich nach dem Abitur dem Beruf seines Vaters zu und begann eine Lehre als Augenoptiker und Uhrmacher. Nach der Meisterprüfung 1942 folgte das Studium der Physik, Mathematik und Chemie an der Universität Jena und der Besuch der Staatlichen Ingenieurschule für Optik in Jena. 1945 legte der Absolvent die Ingenieurprüfung und auch die Diplomprüfung als Physiker in Jena ab. 1946 bestand der Diplomphysiker Herr Reiner die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen und promovierte 1947 zum Dr. rer. nat.

Ab dem Wintersemester 1945/46 arbeitete er als Dozent an der Staatlichen Ingenieurschule für Optik und Meisterschule für das Augenoptikerhandwerk in Jena, wechselte 1952 an die Fachschule für Augenoptiker in Köln und übernahm 1957 deren Leitung. Er blieb der Direktor der 1960 in die Höhere Fachschule für Augenoptik umgewandelten Einrichtung bis 1989.

1975 bekam Herr Dr. Reiner einen Lehrauftrag für ophthalmologische Optik an der Universität Münster und habilitierte sich dort 1977; 1981 wurde er zum apl. Professor ernannt.

Unterstützt durch die Augenklinik Münster, hat Herr Prof. Reiner 1979 eine Fortbildungsreihe für Augenärzte ins Leben gerufen, die „Ophthalmologisch-Optische Fortbildung”. Diese Veranstaltung erfuhr regen Zuspruch und wird im Zwei-Jahres-Rhythmus jeweils an einem Wochenende in Münster durchgeführt, seit einigen Jahren organisiert durch seinen dortigen Schüler, Herrn Prof. Dr. Krause.

Für die Augenärzte ist Herr Prof. Reiner der Mittler zwischen dem Gebiet der Optik und der Sichtweise von Ärzten geworden. Mit seiner enormen didaktischen Begabung hat er es verstanden, optische Fakten für Ärzte anhand von einfachen Modellen verständlich zu machen. Hier sind zwei seiner Bücher zu erwähnen, „Auge und Brille” sowie „Grundlagen der ophthalmologischen Optik”. Weitaus bekannter aber haben ihn seine fesselnden Vorträge - ob Fortbildung oder originelle Wissenschaft - gemacht. Herr Prof. Reiner war - und ist jetzt leider seltener - faszinierender Redner auf Tagungen der DOG, des Vereins Rheinisch Westfälischer Augenärzte, der EFA, der Fortbildungsveranstaltung des BVA in Wiesbaden und verschiedener Refraktionskurse, vor allem des „Schober Kurses”. Seine Erklärung von Refraktionsfehlern mit dem Refraktionsdefizit als Fehlerlinse eröffnete leicht verständliche Erklärungen für die Vergrößerung durch Brillen, für den anamorphotischen Effekt der Brillenkorrektion bei Astigmatismus (wohl fast jeder Augenarzt kennt die anamorphotischen Abbildungen seines PKW) und den Einfluss der Brille auf den äußeren Akkommodationserfolg.

Täglich werden von Herrn Prof. Reiner entwickelte Geräte von Augenärzten verwendet. Der Phoropter-Visutest, der erste ferngesteuerte Sehzeichenprojektor, Mesoptometer II und Mesotest (Entwicklung in Kooperation mit Frau Prof. Aulhorn) sind Beispiele. Auch SDI und BIOM (Entwicklung in Kooperation mit Herrn Prof. Spitznas) sind für Glaskörperchirurgen wichtige Geräte. Die Entwicklung des SDI - ausgehend von der Beobachtung, dass es nicht genügt, das umgekehrte Bild der Ophthalmoskopierlinse einfach aufzurichten, da dann inverse Stereopsis erfolgt - ist ein Musterbeispiel für die Kooperation eines genial einfach denkenden Physikers und Ingenieurs mit einem interessierten Kliniker.

Verfahren für die Bestimmung der Refraktion werden täglich nach Ideen von Herrn Prof. Reiner durchgeführt. Am bekanntesten ist seine Methode der dynamischen Nah-Prüfung, die aus der sehr einfach zu bestimmenden relativen Akkommodationsbreite schnell und bequem zu einer ausgezeichnet verträglichen Nahbrille führt.

Nicht zuletzt hat Herr Prof. Reiner einige interessante wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt oder angeregt, die auf der „virtuellen Linse” beruhen. Man kann nicht so einfach beurteilen, welcher Seheindruck bei Blick durch Kontaktlinsen, Gleitsichtgläser oder intraokulare Linsen entsteht, wenn man nicht selbst ein solches Korrektionsmittel benötigt. Herr Prof. Reiner hatte die Idee, diese Korrektionsmittel als virtuelle Linsen so abzubilden, dass ein gesunder Beobachter die Eigenschaften eines Korrektionsmittels, insbesondere die resultierende Sehschärfe, beurteilen und mit der eines Gesunden vergleichen kann. Diese Idee der virtuellen Linse ist Basis einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, zum Teil auch als Kooperation mit Klinikern.

Herr Prof. Reiner hat nicht nur in der ophthalmologischen Optik die Brücke zwischen Augenärzten und Augenoptikern geschlagen, sondern er tat und tut dies auch im beruflichen Miteinander beider Berufsgruppen. Oft hat er an gemeinsamen Besprechungen von Vertretern der Augenärzte und der Augenoptiker teilgenommen und nicht selten vermittelnd moderiert. Er war immer überzeugt, dass beide Berufsgruppen einander brauchen und unbedingt möglichst harmonisch kooperieren müssen. Noch in diesem Jahr hat er die Vorsitzenden des Berufsverbandes der Augenärzte und des Zentralverbandes der Augenoptiker in sein Privathaus zu einem Meinungsaustausch eingeladen. Nach außen sichtbares Ergebnis dieses Gesprächs war eine Einladung an den Vorsitzenden des ZVA, Herrn Nosch, als offizieller Gast des BVA an der Eröffnung der AAD in Düsseldorf im März 2001 teilzunehmen.

Herr Prof. Reiner ist für die Augenärzte gleichsam zum Synonym für ophthalmologische Optik geworden. In Anerkennung seiner Verdienste sind ihm seitens der Augenärzte Ehrungen zuteil geworden wie die BVA-Verdienstmedaille, die Ehrenbürgerwürde der TU München, vor allem aber die Ehrenmitgliedschaft in der DOG im Jahre 1992.

Prof. Dr. med. D. Friedburg, Krefeld

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