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DOI: 10.1055/s-2001-16960
Leberzirrhose - Der konkrete Fall
Liver cirrhosis - Case reportPublication History
Publication Date:
06 September 2001 (online)
Anamnese und klinischer Befund: Der 46-jährige Patient, der schon seit vielen Jahren regelmäßig Alkohol trank und vor 3 Jahren an einer Gelbsucht erkrankt war, bemerkte über 3 Wochen vor Aufnahme zunehmende Schlappheit und eine deutliche Gelbfärbung der Haut. Eine Woche vor Aufnahme hatte er versucht, komplett auf Alkohol zu verzichten.
Der Patient war nicht febril, allseits orientiert, aber leicht verlangsamt. Es bestanden Haut- und Sklerenikterus, vereinzelte »spider naevi« am Stamm, ausladende adipöse Bauchdecken mit einer Flankendämpfung, beidseitig Unterschenkelödeme und eine handbreit unter dem rechten Rippenbogen tastbare Leber.
Untersuchungen: Klinisch-chemisch zeigten sich folgende auffällige Werte: Bilirubin 35 mg/dl, γGT 137 U/l, GPT 30 U/L, GOT 50 U/l, Quick 56%, MCV 104 fl, Leukozyten 22 G/l, IgA 883 mg/dl, IgG 2280 mg/dl, Ferritin 1107 ng/dl, C-reaktives Protein 38 mg/l, Kreatinin 8,7 mg/dl, Harnstoff 243 mg/dl, Natriumausscheidung 16 mmol/24h. Nicht auffällig waren Hepatitis-Serologie (lediglich Antikörper gegen Hepatitis-A-Virus), Serumlipide, sämtliche Autoimmunparameter, Coeruloplasmin und Kupfer-Ausscheidung.
Folgende technische Untersuchungen waren bemerkenswert: Varizen Grad II bei der Endoskopie, sonographisch Zeichen der Leberzirrhose mit einer Splenomegalie (13 cm Länge), etwa 1,5 l Aszites, normal große Nieren, duplexsonographisch kräftige rekanalisierte Umbilikalvene bei offener Pfortader und erhöhten Resistenzindizes der renalen Interlobärarterien. Die Leberbiopsie ergab eine Leberzirrhose mit einer gleichzeitigen Fettleberhepatitis, Mallory Hyalin-Ablagerungen, jedoch keinen Nachweis von α1-Antitrypsin Typ Proteaseninhibitor Z (PiZ).
Diagnose, Therapie und Verlauf: Es handelt sich um eine äthyltoxische, jetzt durch eine Alkoholhepatitis und ein hepatorenales Syndrom komplizierte Leberzirrhose. In Anbetracht des noch guten Allgemeinzustandes und des Alters des Patienten wurde bei Oligoanurie und deutlich erhöhten Retentionsparametern eine Dialysetherapie (10mal, davon zweimal gegen Albumin, MARS [Molecular Absorbent Recirculating-System]) begonnen. Gleichzeitig erhielt der Patient 3 × 400 mg/d Pentoxifyllin, 40 mg/d Prednison über 28 Tage, dann in absteigender Dosierung, Humanalbumin 20 g/d über 7 Tage und Midodrin 3 × 7,5 mg/d über 14 Tage. Unter dieser Therapie bildete sich der Ikterus langsam zurück, und die Nierenfunktion besserte sich. 12 Wochen nach Einleitung dieser Therapie betrugen der Bilirubinwert 1,5 mg/dl, die GOT 11 U/l, der Quick-Wert 94%, die γGT 92 U/l und das Kreatinin 1,3 mg/dl.
Prognose und Kommentar: Unbehandelt beträgt das mittlere Überleben eines Patienten mit hepatorenalem Syndrom ca. 14 Tage. Ein positiver Effekt einer Therapie mit Midodrine/Octreotid oder anderen vasoaktiven Substanzen bei gleichzeitiger Albumingabe, einer TIPS-Anlage oder einer MARS-Dialyse im hepatorenalen Syndrom wurde bislang nur in kleinen Studien gezeigt. Auch der Einsatz von Steroiden zur Therapie der Alkoholhepatitis ist umstritten. Für die Gabe von Pentoxyfyllin exisitieren nur wenige Daten. Dennoch werden, wie unsere Kasuistik zeigt, in dieser prognostisch ungünstigen Situation Therapien, die teilweise nicht evidenzbasiert sind, eingesetzt, um Zeit bis zu einer eventuellen Lebertransplantation zu gewinnen.