Psychotraumatologie 2001; 2(3): 17
DOI: 10.1055/s-2001-16559
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Unwirklichkeit des Todes

Erfahrungen und Überlegungen bei der Begleitung von Verkehrsunfallopfern und ihren AngehörigenTobias Trappe
  • Ruhr-Universität Bochum
Eurem Un-Aus-Gelebten
Further Information
#

Autor:

Dr. Tobias Trappe

Ruhr-Universität Bochum
Katholisch-Theologische Fakultät

44780 Bochum

Phone: 0234/32-2-4708

Email: tobias.trappe@ruhr-uni-bochum.de

Publication History

Publication Date:
27 September 2001 (online)

 
Table of Contents #

Zusammenfassung:

Der Text dokumentiert die Ergebnisse einer Studie zu den Auswirkungen von Verkehrsunfällen (mit Todesfolge). Er richtet sich an alle Institutionen (Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser, Bestattungsunternehmer etc.), die im Umkreis solcher Ereignisse zum Einsatz kommen. Untersucht wurde die psychosoziale Situation nicht nur der unmittelbaren Opfer, sondern erstmals auch ihrer Angehörigen. Angesichts der Tatsache, dass fast alle Befragten auch noch ein Jahr nach dem Unfall vor schweren psychischen wie sozialen Problemen standen, formuliert der Beitrag konkrete Vorschläge zur Verbesserung in der Begleitung der Opfer und ihrer Angehörigen vom Zeitpunkt des Unfalls bis zum Abschluss des rechtlichen Verfahrens. Allgemein zeigte sich, dass der Unfall und mit ihm der Tod von Angehörigen oft über Jahre hinaus in auffälliger Ungreifbarkeit und von daher auch in spürbarer Unwirklichkeit verbleibt. Intensive Information von der Unfallaufnahme an sowie die konkrete Begegnung mit dem oder den Verstorbenen sind von daher wichtige Elemente im schrittweisen Prozess der „Verwirklichung” des Todes.

#

The Unreality of Death

The study documents the consequences of fatal road accidents and addresses all institutions (police, fire brigades, hospitals, undertakers, etc.) who are confronted with such incidents. Contrary to other studies the present study not only examines the psychological and social situation of the victims; it also deals with the consequences the relatives have to face. Even after a year all of the people questioned were still confronted by severe psychological and social problems. The death of a relative remained unreal and inconceivable to them. The study found 2 main aspects responsible for this effect : 1. Lack of information. This ranges from information at the scene of the accident to advice on legal proceedings. 2. Absence of personal confrontation with death. This means the possibility to see the body and to say goodbye. lt also means to receive personal belongings collected on the scene.

Finally, the study suggests improvements in reacting at the scene of the accident, in communicating the news of death, for the work in the hospital and the behaviour of doctors towards the relatives, as well as in legal procedure.

#

1. Hintergrund, Vorgehensweise und Fragestellung

#

1.1 Anlass und Arbeitsweise des Projekts

Der Tod eines Menschen zieht weite Kreise. So ‚selbstverständlich‘ diese Tatsache auch sein mag, so wenig ist sie doch darum auch schon verstanden. Das gilt namentlich für die Polizei, die wie kaum eine andere Institution mit einer immer stärker werdenden Spannung zwischen persönlicher Begegnung und anonymer Sachbearbeitung konfrontiert ist. Vor diesem Hintergrund wurde 1997 unter dem Titel „Ein Jahr danach” ein gemeinsames Projekt der Kreispolizeibehörde Kleve und der Evangelischen Landeskirche im Rheinland ins Leben gerufen. Erwachsen aus dem persönlichen Engagement einer Gruppe von Polizeibeamten[1] und angesichts einer enormen Verdichtung von tödlich verlaufenden Verkehrsunfällen im Raum Kleve war es das erklärte Ziel dieses Vorhabens, die Möglichkeiten einer Verzahnung von sozialen und funktionalen Kompetenzen auszumessen.

Die folgenden Überlegungen sind aus diesen Studien hervorgegangen. Sie basieren auf einer Auswertung von 53 Gesprächen mit insgesamt 86 Personen, die alle in unterschiedlicher Art und Weise - als unmittelbar Betroffene und Angehörige ebenso wie als Beamte - mit der Erfahrung eines schweren Verkehrsunfalls konfrontiert waren. (Exemplarische Äußerungen aus diesen Gesprächen werden im folgenden an einigen Stellen in anonymisierter Form zur Verdeutlichung herangezogen.) Angesichts der Tatsache, dass psychologische bzw. psychopathologische Reaktionen oft erst nach einer bis zu 4-jährigen Latenz auftreten [1], [2], [3], [4], konzentrierte sich die Untersuchung auf solche Unfälle, die wenigstens 12 Monate zurücklagen.

Das Schwergewicht des im Vorfeld zu diesen Gesprächen durchgeführten Kommunikationstrainings lag auf einer Einübung in die Grundkompetenz eines nicht beurteilenden (non judgemental), vorurteilslosen und vor allem einfühlsamen Zu- und Hinhörens. Um möglichst schon von vornherein Einseitigkeiten in der Wahrnehmung sowie Bewertung von Aussagen und der dabei thematisierten Phänomene zu vermeiden, wurden die Gespräche mit den Betroffenen jeweils durch 2 Mitglieder der Projektgruppe geführt. Zu deren Aufgabe gehörte es weiter, im unmittelbaren Anschluss an die Gespräche deren Inhalte nach einem eigens hierfür ausgearbeiteten Schema in anonymisierter Form zu protokollieren. Dem folgte eine Phase eindringlicher Nachbereitung, in welcher die Berichte nach der Struktur eines Balint-Gespräches in regelmäßigen Abständen reflektiert, um „Aspekte der Gruppenauswertung” erweitert und schließlich systematisiert wurden.

#

1.2 Das Trauma als „transzendentales” „Phänomen”

Die vorliegende Aufbereitung der im Rahmen dieser Gespräche zu Tage geförderten Ergebnisse hält sich - das muss einschränkend vorausgeschickt werden - lediglich im Vorfeld zur eigentlichen Psychopathologie und -traumatologie schwerer Verkehrsunfälle. Grund hierfür ist ihr streckenweise ‚philosophischer‘ Charakter. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, den Sinn und das heißt, die Möglichkeiten und Grenzen eines philosophischen Beitrags insbesondere zur klinischen Psychologie und Psychiatrie zu diskutieren [5], [6], [7]. Für den speziellen Fall der hier im Vordergrund stehenden Traumatisierung sei jedoch wenigstens kurz auf folgendes hingewiesen: Wie vielleicht alles, was den Charakter dessen besitzt, was man auch „life event” nennt, so entzieht sich auch das Trauma letztlich einer rein einzelwissenschaftlichen Analyse, die in (guter und gewinnbringender) Weise immer „abstrakt” (im hegelschen Sinne), d. h. einseitig bleiben muss. Das, was in ‚einschneidenden‘ Ereignissen (auch) zur Disposition steht, ist ja gerade nichts Einzelnes, Partikuläres mehr, sondern das umfassende Ganze des menschlichen Selbst- und Weltverständnisses. Insofern berührt die Psychotraumatologie zwangsläufig die Dimension der Philosophie [8]. Aber welche Form philosophischer Reflexion? Darauf sei in 2 Schritten eine (allerdings ganz und gar vorläufige) Antwort versucht:

  • In traditionell philosophischer Begrifflichkeit ausgedrückt sind jene Bedingungen, durch die das alltägliche (und in weiterer Folge auch das wissenschaftliche, ästhetische, religiöse etc.) ‚Erfahren‘ allererst möglich wird (und die gerade in traumatischen Situationen gefährdet sind), „transzendentaler” Art. Nimmt man daher das theoretische Potential der von Kant entwickelten Transzendentalphilosophie zumindest für einen Moment in Anspruch, dann lässt sich (ohne dass dies hier im einzelnen begründet werden könnte) sagen: Ein Trauma ist strenggenommen weder ‚Erlebnis‘ noch ‚Ereignis‘, weder ‚subjektiv‘ noch ‚objektiv‘, sondern liegt diesen und vergleichbaren („kategorialen”) Scheidungen ermöglichend voraus. Schon das erklärt ein Stück weit, warum ein solches Trauma in der Erfahrung der ‚Betroffenen‘ ungeachtet seiner intensiven Unmittelbarkeit (‚Subjektivität‘) ein so überaus hohes Maß an Unzugänglichkeit und Äußerlichkeit (‚Objektivität‘) besitzt. Insofern bestätigt sich auch aus einer solchen transzendentalphilosophischen Perspektive die paradoxe Verfasstheit und Struktur traumatischer Situationen und damit die Notwendigkeit einer dialektischen Denkweise für die Psychotraumatologie.

  • Nun hat die transzendentale Reflexion im 20. Jahrhundert durch die Phänomenologie Husserls, vor allem aber Merleau-Pontys, eine spürbare ‚Vertiefung‘ und Konkretisierung erfahren und zwar zum Teil unter ausdrücklichem Rückgriff auf entwicklungspsychologische, psychopathologische und neurobiologische Forschungen. Denn die „präreflexiven” Bedingungen menschlichen (wieder mit Kant formuliert) ‚Anschauens‘ (Erlebens) und ‚Denkens‘ (Verstehens) oder anders gesagt: der verborgen ‚fungierende‘, insofern anonyme Grund unserer Lebensvollzüge wird jetzt in die Dimension des „Leibes” verlegt [9], [10], [11], [12]. Was im Prozess der Traumatisierung ‚erschüttert‘ wird [13], ist aus dieser Sicht die Leiblichkeit als jener ‚Boden‘, auf dem sich unser Leben immer schon bewegt, in welchem es verankert ist und durch den es mit so etwas wie „Welt” vertraut ist. Dies einmal vorausgesetzt und akzeptiert, wird vielleicht verständlich, warum die leibliche ‚Konfrontation‘ - nicht nur in Form eines persönlichen Abschiednehmens, sondern auch in Gestalt einer Rückkehr zum Unfallort - eine so entscheidende Rolle im Prozess der Verarbeitung traumatischer Erfahrung spielt.

#

1.3 Zwischen Natur und Freiheit: der Unfall

Es ist in der Literatur schon verschiedentlich darauf hingewiesen worden, dass es an einer intensiveren psychologischen Diskussion von Verkehrsunfallfolgen bisher immer noch mangelt [14], [15]. Dieses in vielerlei Hinsicht bedenkliche Forschungs- und Theoriedefizit - zumindest darauf sollte eigens hingewiesen werden - lässt Raum für äußerst fragwürdige Studien [16], mit denen Opfern von Unfällen faktisch jede Möglichkeit genommen wird, ihre Ansprüche etwa auf Übernahme der Behandlungskosten gegenüber den Autoversicherern rechtlich durchzusetzen [17]. Insofern kann man es nur begrüßen, wenn seit einiger Zeit das Bewusstsein für die Eigenart psychischer Folgen bei Verkehrsunfällen zu wachsen beginnt [18], [19], [20], [21], [22], [23].

Tatsächlich dürfte es problematisch sein, die psychosozialen Auswirkungen schwerer Verkehrsunfälle umstandslos mit denen von Naturkatastrophen („natural disaster”), vor allem aber von Gewaltverbrechen („man-made-disaster”, „disasters of human origin”) zu identifizieren. Ich möchte daher an dieser Stelle die Vermutung äußern, dass die Endlichkeit, mit der traumatische Ereignisse generell konfrontieren [24], und damit auch der Prozess ihrer ‚Bewältigung‘ bei schweren Verkehrsunfällen eine besondere Form annehmen. Denn Unfälle liegen irgendwo zwischen „Natur” und „Freiheit”, „Physik” und „Ethik”, „Sach-” und „Beziehungsebene”.

Dafür spricht schon die gar nicht so äußerliche Tatsache, dass Menschen wohl in Unfälle, nie jedoch in Gewalttaten ‚verstrickt‘ sind. Nicht anders als etwa in der Rede von einer ‚Verkettung unglücklicher Umstände‘ weiß die in der Alltagssprache ausgelegte Welt- und Selbstdeutung des Menschen sehr genau um den Umstand, dass es sich bei Unfällen um solche Ereignisse handelt, die auch bei schuldhafter Fahrlässigkeit nie den Charakter einer „Handlung” im strengen Sinne erhalten. Ihre Unvorhersehbarkeit und Schockartigkeit resultiert hier nicht aus der Unableitbarkeit einer personalen Tat eines (oder mehrerer) Menschen, der ein wie auch immer geartetes Moment von Freiheit, Willentlichkeit, damit von Zu- und daher auch Anrechenbarkeit eignet. (Das würde auch erklären, warum die bisher vorliegenden Studien zum Einfluss der Schuldattribution auf den Heilungsprozess zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen [25], [26], [27], [28]; vgl. auch Kap.2.1.). Andererseits sind Verkehrsunfälle augenscheinlich auch nicht von der Art einer Naturkatastrophe, wenngleich sie mitunter (insbesondere bei Massenunfällen) Züge eines solchen Geschehens annehmen können. Aus diesem Grund reicht etwa die Befriedigung des „Kausalitätsbedürfnisses” nicht aus, um Unfälle zu kontextualisieren: Eine lückenlose und detaillierte Rekonstruktion des Unfallhergangs „erklärt” im besten Fall den objektiven, raum-zeitlichen Verlauf des Geschehens, macht es aber durchaus noch nicht „verständlich”. Es ist dieser merkwürdig schillernde Charakter, der mit dafür verantwortlich sein dürfte, dass der Versuch einer ‚Verarbeitung‘ in auffälliger Weise ins Leere zu greifen scheint [29] (vgl. dazu auch unten Kap. 4.4.).

„Der Vater [eines der beiden getöteten Kinder] gibt keine Ruhe. Er bohrt immer weiter. Man kann dadurch doch nichts mehr ändern. Die Kinder kommen nicht mehr zurück. Wir müssen sehen, dass das Leben weitergeht ...”.

#

2. Unwirklichkeit des Todes

#

2.1 Zwei Besonderheiten des Verkehrsunfalls

Dass sich die Studie dabei auf Verkehrsunfälle mit Todesfolge beschränkt, resultiert u. a. aus dem eigentümlichen Charakter tödlich verlaufender Verkehrsunfälle bzw. ihrer Folgen sowohl a) in verfahrenstechnischer und b) psychosozialer Hinsicht:

  • Im auffälligen Gegensatz zu bestimmten strafrechtlichen Verfahren wird die Möglichkeit der Beteiligung von Opfern im Rahmen der Nebenklage so gut wie nie in Anspruch genommen. Dieser dem ersten Anschein nach vielleicht belanglose Umstand schlägt sich indessen auf die gesamte polizeiliche Tätigkeit in ausgeprägter Weise nieder und bestimmt deren Verlauf in seiner bisherigen Form. Denn so richtet sich das Interesse von Anfang an und fast ausschließlich auf die direkten Unfallbeteiligten sowie auf mögliche Zeugen, während alle anderen betroffenen Personengruppen (Angehörige, Ersthelfer, Mitinsassen etc.) aus dem gesamten weiteren Verfahren beinahe vollständig ausgeschlossen werden. Entsprechend verbleibt - das war der übereinstimmende Eindruck aller Befragten - der polizeiliche und rechtliche Prozess aus ihrer Sicht größtenteils in eigentümlicher Anonymität und Abstraktheit.

    „Die Verlobte hat Fahrzeugteile vom Pkw ihres Freundes an der Unfallstelle „eingesammelt” und bewahrt diese auf. Sie wurde von der Polizei nicht benachrichtigt, was sie aber sehr gewünscht hätte. Die Mutter des Verlobten rief schließlich an und teilte den Tod des Verlobten mit. „Ich hätte mir gerne die Unfallstelle während der Unfallaufnahme angesehen” ”.

    Unsere Untersuchungen haben von daher im Grunde erstmalig die Aufmerksamkeit gerade auf diese bisher ausgeblendete Gruppe von Betroffenen gelenkt. Indem zentral nach der Situation, der Verfassung und dem Lebensgefühl, den Erfahrungen und Ängsten auch der Angehörigen gefragt wurde, zielten wir von vornherein auf ein erweitertes Verständnis des „Opfers” und damit auch von „Opferschutz” und „Opferhilfe”: Der Begriff „Opfer” umfasst demzufolge über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus auch deren Verwandte sowie - dies dürfte angesichts der Auflösung der klassischen Familienstrukturen immer mehr in den Vordergrund rücken - das engere soziale Umfeld (Lebensgefährte, enge Freunde etc.) eines verunglückten bzw. verstorbenen Menschen. Streng genommen wird man sogar noch einen Schritt weiter gehen müssen. Denn im Gegensatz zu Verbrechen besitzt der Begriff des Opfers bei (Verkehrs-) Unfällen keinen eigentlichen Gegenbegriff, von dem er sich komplementär abheben ließe: Der Unfallverursacher ist hier in aller Regel kein „Täter” im geläufigen Sinne, sondern immer auch Opfer eines Geschehens, dass er vielleicht - etwa durch Fahrlässigkeit - herbeigeführt, jedoch nicht als solches beabsichtigt und gewollt hat. Auch wenn damit der Begriff des „Opfers” diffus zu werden droht, so ist doch diese Unschärfe in diesem Fall durchaus angemessen. Denn Unfälle sind gerade dadurch (mit-)definiert, dass sie von sich selbst her kontur- und gewissermaßen ‚grenzenlos‘ sind. Genau das macht ja ein Stück ihrer Un-um-fassbarkeit aus.

  • Die angesprochene Beziehungslosigkeit gegenüber dem polizeilichen wie rechtlichen Verfahrensablauf (s. u. Kap. 4.4.) ist nun keineswegs ein isoliertes Phänomen, sondern spiegelt gleichsam auf höherer Ebene die Situation der Angehörigen im Hinblick auf den Unfall selbst wider. Denn diese sind - sofern es sich nicht um Unfallbeteiligte oder Zeugen handelt - keine unmittelbar und direkt Betroffenen eines schweren Ereignisses. Sie fallen von daher zwar nicht einfachhin aus der im DSM IV festgelegten Schematik posttraumatischer (Belastungs-) Störungen heraus, werden jedoch in der Forschung fast vollständig ausgeblendet - ein in sich schon kennzeichnendes Phänomen, das noch einmal durch das Fehlen einer eindeutigen Terminologie für mittelbar Betroffene eines traumatischen Ereignisses („Mitbetroffene”) unterstrichen wird. Eine Folge mittelbarer Traumatisierung ist - und das ist entscheidend - die Unfähigkeit, dem Unfall gegenüber in ein echtes Verhältnis zu treten: Der Unfall und mit ihm der Tod des oder der Angehörigen verbleibt oft über Jahre hinaus in auffälliger Ungreifbarkeit und von daher auch in spürbarer Unbegriffenheit. Das Gefühl der Ferne, ja Unwirklichkeit des Geschehens, das sich ganz generell bei schweren Unglücksfällen einstellt, resultiert also hier nicht nur aus der Unfähigkeit bzw. Unmöglichkeit, das Trauma in ein bereits vorhandenes Welt- und Selbstverständnis einzuordnen. Hinzu kommt vielmehr das krasse Missverhältnis zwischen dem Gewicht bzw. den Auswirkungen des Ereignisses auf der einen und dem Fehlen jeder eigenen Wahrnehmung auf der anderen Seite.

#

2.2 Der Abbruch eines Lebens ...

Für die Situation sämtlicher Betroffenen ist mit dem gerade Gesagten ein, wenn nicht sogar der schlechthin entscheidende Punkt markiert: Denn sie alle haben in der Vielzahl der Gespräche ein außerordentlich starkes Bedürfnis nach einer „Verwirklichung” des Unfalls gezeigt. Kein anderer Aspekt hat sich in so bedrängender Weise durchgehalten wie die Suche nach unterschiedlichen Formen und Wegen, das Geschehen in irgendeiner Weise seiner angedeuteten quälenden Abstraktheit und Antlitzlosigkeit zu entreissen. Das gilt - wenngleich natürlich aus unterschiedlichen Gründen - sowohl a) für die unmittelbar Unfallbeteiligten wie auch b) für die Menschen, die dem bzw. den Verstorbenen nahestanden:

  • Für die unmittelbar Beteiligten sowie für Zeugen und Ersthelfer besitzt ein Unfall in aller Regel eine ganz ungeheure Erfahrungsdichte. Es fehlt hier jede Distanz, aufgrund deren sich das Erlebte ‚über-sehen‘, (ein-) ordnen und somit verstehbar machen ließe. Die Unwirklichkeit des Geschehens beruht näherhin auf einer als chaotisch empfundenen, unstrukturierten Masse an Eindrücken, die - wie die Alltagssprache sehr genau weiß - in einen Menschen ‚eindringen‘, eben damit eine aktive Stellungnahme zum Ereignis gerade verhindern: „Angst” ist gar nichts anderes als die letzte und primitivste subjektive Antwort auf eben diese Erfahrung, unentrinnbar an eine Situation gefesselt zu sein [30].

  • Einen ebenso irrealen Charakter besitzt ein Unfall auch aus der Sicht der Angehörigen des Verstorbenen und seines persönlichen Umfeldes: Der Tod eines Menschen bedeutet aus dieser Perspektive immer auch den ‚Untergang einer ganzen Welt‘, d. h. die Zerstörung eines komplexen, oft über Jahre gewachsenen Gewebes von vielfältigen Beziehungen und Orientierungszusammenhängen, aus denen die Angehörigen und engen Vertrauten ihre Lebenssicherheit gewonnen haben. Dies gilt naturgemäß auch für die Kinder, die der oder die Verstorbene hinterlässt.

In ausgesprochener Spannung zu diesem - man muss sagen: - Hunger nach Realisierung, konkretem (Er-) Fassen und Begreifen haben jedoch die Zusammenkünfte mit den Betroffenen vor Augen geführt, dass eine auch nur annähernde ‚Bewältigung‘ und Ausheilung tatsächlich so gut wie nie gelungen war. (Damit tendiert die Untersuchung zu einer pessimistischeren Einschätzung als eine ganze Reihe von früheren Untersuchungen [15], [31], [28].) Nicht nur die auch sonst bei vergleichbaren posttraumatischen Störungen zu beobachtenden Phänomene wie Schlaflosigkeit, Substanzmissbrauch oder Eheprobleme machten sichtbar, mit welcher Wucht ein Unfall die gesamte Lebensführung eines Menschen bedroht.

„Auch heute noch, so viele Jahre nach dem Unfalltod meines Sohnes, habe ich mit den anderen Kindern noch nicht darüber reden können. Jeder trägt das auf seine Art und leidet für sich. Wir haben seitdem nie mehr gemeinsam gegessen ...”

Zu den erschreckendsten Erscheinungen zählte darüber hinaus die Tatsache, dass die Gespräche mit den am Forschungsprojekt beteiligten Beamten für viele Betroffene die erste Gelegenheit überhaupt war, in der sie ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle mitteilen und sich über ihre Situation und Geschichte aussprechen konnten. Ursprünglich ‚nur‘ als Selbstkritik und ‚Evaluation‘ polizeilicher Arbeit angesetzt, wurden die im Rahmen dieses Projekts durchgeführten Gespräche so zum Teil als wichtiges Element eines ‚therapeutischen‘ Prozesses bewertet.

„Die Therapiestunden in der Klinik haben nicht weiter geholfen. Im Gegensatz zu diesem Gespräch, das jetzt schon sehr hilfreich ist ...”. „Das Gespräch mit uns war der erste Kontakt, in dem sich andere Menschen für ihre Belange interessiert haben. Ihr Umfeld zog sich zurück, da sie nach einer Woche nach dem Unfall immer noch in Tränen ausbrach ...” [Bericht aus der Projektgruppe].

#

2.3 ... und der organisierte Tod

Die eingehende Analyse dieser Gespräche machte dabei gleichwohl deutlich, dass für einen solchen ausbleibenden Heilungsprozess nicht nur die für unsere westliche Zivilisation in der Tat kennzeichnende „Enteignung”, „Verdrängung” und „Tabuisierung” des Todes sowie die damit verbundene Unfähigkeit zum Umgang mit Trauer und Leid verantwortlich gemacht werden können. Vielmehr hat sich gezeigt, dass gerade Angehörige und Betroffene von Verkehrsunfällen gewissermaßen ein zweites Mal zum Opfer werden - und zwar zum Opfer eines mitunter ‚blind‘ ablaufenden Verfahrens, das vor allem 2 im folgenden noch näher zu erläuternde Merkmale aufweist:

  • Es ist erstens „funktional segmentiert”, d. h. es ist Aufgabenbereich einer Vielzahl von Gruppen, Organisationen und Institutionen wie Polizei, Notärzte, Feuerwehr, Krankenhäuser, Bestattungsunternehmen, Justiz- und Versicherungswesen etc., deren Tätigkeiten jedoch noch keineswegs optimal aufeinander abgestimmt sind.

  • Trotz dieser „Ausdifferenzierung” und „Rationalisierung” verläuft das gesamte Verfahren zweitens weder effektiv - das gilt auch für die polizeiliche Ermittlungstätigkeit (vgl. unten Kap.4.6.) - noch kostensparend, sondern produziert im Gegenteil in anderen Bereichen neue und zum Teil sehr erhebliche Kosten (etwa durch Berufsunfähigkeit oder psychologische bzw. psychiatrische Nachbetreuung). Um welche finanziellen Dimensionen es sich hier handelt, deutet sich bereits durch einen Blick auf die Statistik an: Nach Angaben des statistischen Bundesamtes (www.statistik-bund.de) wurden 1999 insgesamt 2 413 473 Verkehrsunfälle polizeilich erfasst. Von den dabei Verletzten (521 127) starben 7 772 Menschen. Durchschnittlich kommen damit auf 100 000 Einwohner 635 Verletzte und 9,5 Tote. Den Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (www.bast.de) zufolge beliefen sich die volkswirtschaftlichen Kosten durch Straßenverkehrsunfälle 1998 auf 68 Mrd. DM, von denen 38,4 Mrd. DM - das sind etwa 56 % - auf Personenschäden entfielen.

Allerdings muss doch einschränkend festgehalten werden: Alle noch so professionelle und qualifizierte Hilfe bleibt darauf angewiesen, dass sie auch von denen mitgetragen wird, die zur privaten Umwelt der Opfer und Angehörigen gehören [32], [33], [34].

„Ich habe viele kleine Gesten der Menschlichkeit erfahren - auch von den Nachbarn. Menschlichkeit ist Leben. Ohne die Hilfe meiner Freundin hätte ich nicht gewusst, wie es weitergegangen wäre. Man braucht Menschen, die einem helfen”.

#

3. Die Verwirklichung des Todes -
Grundforderungen in der Begleitung von Unfallopfern und ihrer Angehörigen

Die im Rahmen unserer Untersuchungen zu Tage geförderten Ergebnisse lassen sich angesichts der oben angesprochenen Beobachtungen in 2 Kategorien einteilen: Sie betreffen zum einen die allgemeine Situation der Verunglückten und ihrer Angehörigen, aus der 2 ebenso generelle Forderungen resultieren (Kap.3). Und sie betreffen spezielle Bereiche, in denen sich die Arbeit der im Rahmen von Verkehrsunfällen professionell eingesetzten Kräfte verbessern lässt (Kap.4).

Zu den mitentscheidenden Elementen des Opferschutzes gehörte schon bisher die Minderung der Tatfolgen, und zwar nicht nur in materieller und physischer, sondern auch in psychischer Hinsicht. Dieser Gedanke wird durch unsere Untersuchungen um einen wesentlichen Punkt ergänzt: Denn Minderung der Tatfolgen muss unter anderem auch solche Vorkehrungen und Maßnahmen einschließen, die gezielt der Verwirklichung des Unfallgeschehens, vor allem aber des Todes dienen. Das gilt in 2-facher Hinsicht:

  • Zu den wichtigsten Elementen bei der Arbeit nicht nur am Unfallort, sondern auch im Anschluss daran, muss erstens eine möglichst vollständige Information der Unfallbeteiligten und/oder ihrer Angehörigen gehören. Das gilt - wie sich gezeigt hat - nicht nur, aber doch vor allem bei der Überbringung der Todesnachricht (s. u. Kap. 4.2.) sowie für sämtliche Personengruppen, die am Unfallort selbst tätig sind - also neben der Polizei auch Notärzte und Feuerwehrkräfte. Solche aufklärenden Hinweise betreffen dabei keineswegs nur den Fortgang des Verfahrens, die Möglichkeiten der Opferentschädigung oder die Angebote von insbesondere therapeutischen Hilfeeinrichtungen. Sie beziehen sich vielmehr auch, ja gerade auf den Unfall selbst, seinen Verlauf und die Schwere der Verletzungen, zu denen er geführt hat.

    „Ich habe den Notarzt gefragt, ob mein Sohn habe leiden müssen. Er gab mir keine Antwort. Er hat sich auf seine Schweigepflicht zurückgezogen. Der Notarzt hat mich sehr enttäuscht ...”

    Informieren kann zwar nach dem eingangs (Kap.1.3) Gesagten das Geschehen nicht verständlich werden lassen, aber es bildet doch die conditio sine qua non allen ‚Verstehens‘ und kann hier in gewisser Weise auch eine ‚vorbeugende‘ Funktion ausüben. Denn Informieren heißt die Opfer schützen vor den Mächten der Phantasie, vor der Gewalt der Bilder und dem ungehemmten Wuchern einer verzerrten Erinnerung; Informieren heißt den Opfern beistehen bei ihrem Versuch, sich einem furchtbaren Geschehen im ‚sanften‘ Medium des Wissens auszusetzen; Informieren heißt den Opfern helfen, damit sie sich nach und nach wieder in ihrer Lebenswelt zurechtfinden können. (Die Bedeutung des ‚subjektiven‘ Erlebens (im Unterschied zur ‚objektiven‘ Schwere der Verletzungen etc.) für die Entwicklung von post-traumatischen Belastungsstörungen ist denn auch in verschiedenen Arbeiten diskutiert worden [32], [35].)

     „Ich habe meinen Freund nicht mehr sehen können und habe daher ständig ein Bild vor Augen, dass sein Kopf abgerissen ist”.

  • Die Auswirkungen des Todes zu begrenzen wird zweitens nur gelingen, wenn eine reale und konkrete Konfrontation mit dem oder den Verstorbenen ermöglicht wird. Es gibt zwar einen guten und legitimen Sinn der ‚Verdrängung‘, die es von daher stets und unbedingt zu respektieren gilt. Doch darf vielleicht an dieser Stelle daran erinnert werden, dass der erste und ursprüngliche ‚Begriff‘ des Wirklichen aus dem leiblichen Erleben namentlich des Tastens gewonnen wird. Das Tasten ist der „(Spür-) Sinn der Grenze” par excellence, d. h. er vermittelt wie kein anderer Sinn die dialektische Erfahrung des Getrennt- wie Verbundenseins. Das verleiht dem Tastsinn die ihn auszeichnende reflexive Struktur: Berührend erfahren wir Anderes und darin je auch uns selbst. Beides aber ist gerade das, was in traumatischen Erlebnissen zur Disposition steht.

    • Insbesondere das persönliche Abschiednehmen gehört von daher zu den vielleicht wichtigsten Bedingungen für einen ‚gelungenen‘ Trauerprozess und sollte von daher auch in Krankenhäusern ausdrücklich angeboten werden. Oft vermittelt erst die direkte Gegenwart des Verstorbenen jene Wirklichkeit des Todes, auf welche die Angehörigen angewiesen sind. Selbst der Anblick schwerer Verletzungen fördert zumindest auf lange Sicht den Prozess der Verarbeitung und schließlichen Bewältigung des Geschehens.

    • Vergleichbares gilt für persönliche Gegenstände - insbesondere den (Ehe-) Ring -, die der Verstorbene bei sich geführt hat und die ihn gleichsam ‚in den Tod begleitet‘ haben. Solche Gegenstände verleihen daher dem Geschehen im Empfinden der Angehörigen ein Stück weit ein ‚Gesicht’.

      „Ich bin enttäuscht von der Polizei. Persönliche Gegenstände hätte man uns (den Eltern) geben müssen. Selbst auf der Beerdigung wurde uns noch von einem Kollegen Geld überreicht, das unser Sohn in der Tasche gehabt haben soll ... Wir haben nichts mehr, was uns an unseren Sohn erinnert ...”; „Frau T. holte ein Paar Schuhe, offensichtlich die Schuhe ihres Sohnes, die dieser bei dem Unfall trug. Sie umarmte die Schuhe mit schier unglaublicher Zärtlichkeit. Diese Schuhe seien alles, was sie an persönlichen Gegenständen nach dem Unfall habe retten können” [Bericht aus der Projektgruppe]. „Den Verlobungsring hatte Frau H. nicht gereinigt. Sie bewahrte ihn in einem Kästchen auf, so wie dieser ihr übergeben worden war. Erst vor einigen Wochen nahm sie ihren Ring vom Finger und legte ihn zum Ring ihres Verlobten. Wenn ihr Sohn groß ist, will sie die Ringe an ihn weitergeben und ihm von dem Unfall erzählen” [Bericht aus der Projektgruppe].

    • Ebenso wichtig wie das persönliche Abschiednehmen ist oftmals auch die unmittelbare Auseinandersetzung und Zuwendung der Unfallbeteiligten und ihrer Angehörigen untereinander. Denn nur hier: auf dieser zwischenmenschlichen Ebene sind so etwas wie ‚Sühne‘ und ‚Vergebung‘ überhaupt möglich (s. u. Kap.4.4.).

      „Ich bin erleichtert, dass die Ehefrau des getöteten Radfahrers mir gegenüber keine Hassgefühle hat, obwohl ich das verstehen könnte. Für die Vermittlung eines Gespräches mit ihr wäre ich sehr dankbar ...”

      Auch wenn er Geschehenes nicht ungeschehen machen kann, so stellt doch der komplexe, interpersonale Vorgang von ‚Reue‘ und Vergebung [36] eine wichtige Möglichkeit dar, die belastenden Ereignisse von ihrer reinen Negativität zu befreien, sie ein Stück weit zugänglicher werden zu lassen und sie damit in die individuelle wie soziale Dimension des menschlichen Lebens zu (re-)integrieren.

#

4. Der lange Weg des Heilens

Bei den vorhin genannten Anforderungen handelt es sich um übergreifende Elemente in der Begleitung von Unfallopfern und ihren Angehörigen. Sie beziehen sich somit nicht nur auf die Polizei in den verschiedenen Phasen, in denen sie sich der Verunglückten oder anderweitig Betroffenen annimmt, sondern auf sämtliche Organisationen, die im Umfeld tödlich verlaufender Verkehrsunfälle arbeiten. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Einsatz- und Tätigkeitsbereiche nehmen diese beiden Grundanforderungen gleichwohl unterschiedliche Formen und Gestalten an:

#

4.1 Unfallaufnahme - Aufnahme der Menschen

Schon bei der Unfallaufnahme fallen wichtige Vorentscheidungen, die den gesamten Verarbeitungsprozess nachhaltig und vor allem irreversibel bestimmen: ‚Aufnahme‘ eines Unfalls ist gerade kein bloßes ‚Protokoll‘ eines Ereignisses, vielmehr beginnt bereits hier die ‚Aufnahme‘, d. h. die Wiedereingliederung der Unfallbeteiligten und ihrer Angehörigen nach einer traumatischen Erfahrung.

  • Das gilt zum einen für das Verhalten von Polizeibeamten, aber auch Notärzten und Feuerwehrkräften am Unfallort. Über ihren unmittelbaren, eventuell lebensrettenden Einsatz hinaus fällt ihnen gegenüber den Unfallbeteiligten und Zeugen die Aufgabe zu, in einer als chaotisch empfundenen Situation ein Stück ‚Normalität‘ zu vermitteln. Schon das auf den ersten Blick einfache Angebot einer Flasche Wasser - um ein Beispiel zu nennen - gibt ihnen oft eine zumindest erste, wenngleich sicher nur partielle Handlungs- und Orientierungssicherheit zurück. Das gleiche gilt - was eigentlich selbstverständlich sein sollte - für menschliche Grundgebärden wie etwa das Halten der Hand: In den Grenzsituationen des Lebens kann die leiblich-konkrete Berührung zumindest einen Rest an (‚kindlicher‘) Geborgenheit vermitteln.

    Ebenso wichtig ist die Arbeit eines Ansprechpartners, der die Unfallbeteiligten und Zeugen so weit wie möglich über die Situation aufklärt und schon so dazu beiträgt, dem Geschehen am Unfallort eine gewisse Ordnung und damit Nachvollziehbarkeit zu verleihen. Diese Rolle muss nicht unbedingt durch einen Beamten oder eine Beamtin der Polizei übernommen werden. Alle Rettungskräfte werden aus der Sicht der Unfallbeteiligten in einem hohen Maße als kompetent angesehen und zwar nicht nur für den eingeschränkten Bereich der ärztlichen Versorgung, sondern darüber hinaus auch für die Situation insgesamt.

    Dem Ziel der ‚Normalisierung‘ dient schließlich auch ein in sich stimmiges und kohärentes Verhalten der Beamten wie überhaupt aller Einsatzkräfte; umgekehrt wird ein unstrukturiertes Vorgehen in solchen Situationen nicht nur als unprofessionell erlebt, sondern potenziert noch einmal das Gefühl einer nicht abschätzbaren Verunsicherung und Gefährdung der Menschen.

  • Wie wichtig eine Erweiterung der Arbeit bei der Unfallaufnahme ist, zeigt zum anderen der Blick auf die Angehörigen der Unfallopfer. Für den späteren Heilungsprozess sind - darauf wurde oben schon hingewiesen - persönliche Gegenstände des tödlich Verunglückten ganz entscheidend. Ihre bewusste Suche und Aufbewahrung gehört von daher mit zum Aufgabenbereich vor allem der Polizei.

    Das gleiche gilt für die sorgfältige und aufmerksame Reinigung der Straße von Körperteilen. Wie überhaupt bei folgenschweren Ereignissen so kehren auch Unfallopfer ebenso wie ihre Angehörigen zum Ort des Geschehens zurück, um sich ihm gleichsam „Auge in Auge” gegenüberzustellen und ihn so ein Stück weit zu ‚objektivieren‘. Ein Auffinden von Körperteilen hat hier, weil es im Gegensatz zum Abschiednehmen unvorbereitet und unbeabsichtigt geschieht, den Charakter dessen, was man exposal to the grotesque genannt hat, und bedeutet von daher eine nochmalige Traumatisierung, die verhältnismäßig leicht zu vermeiden ist.

    Mitentscheidend sind schließlich der (oder die) Ersthelfer. Die Angehörigen haben durchweg den Wunsch geäußert, mit ihm (oder ihnen) in Kontakt zu treten. Ersthelfer - dazu können natürlich auch Polizeibeamte oder Notärzte zählen - sind für die Angehörigen eine wichtige Möglichkeit, sich dem Geschehen zu nähern und mit dem Verstorbenen noch einmal in eine besondere Form des Gespräches zu treten; sie können oft wie kein anderer über die Verfassung des Unfallopfers Auskunft geben und sind mitunter sogar die letzten Menschen, mit denen der Verstorbene noch gesprochen hat.

    „Es wäre für mich wichtig gewesen, wenn ich den Arzt, der an der Unfallstelle anwesend war, als Ansprechpartner gehabt hätte. Viele Fragen blieben so für mich unbeantwortet. Hat mein Sohn noch gelitten? Wie lange hat er an der Unfallstelle gelegen? ...”

    Von daher ist unbedingt - hier dürften in erster Linie neben der Polizei die Feuerwehr und andere Rettungskräfte gefragt sein - der Name und die Adresse des oder der Ersthelfer festzuhalten, nicht zuletzt auch, weil diese oft selbst späterer Hilfe bedürftig sind („vicarisierende Traumatisierung”) [37].

    „Ich bin 2 Stunden nach dem Unfall durch die Gegend gefahren. Wo ich war, weiß ich nicht, auch nicht, wie ich nach Hause gekommen bin” [Aussage eines Ersthelfers].

#

4.2 Zeit-Not: Die Todesnachricht zwischen persönlicher Begegnung und öffentlichem Ereignis

Vielleicht an keiner anderen Stelle wird die Notwendigkeit einer Verzahnung der einzelnen Phasen und Bereiche innerhalb der ‚Bearbeitung‘ eines Unfalls so deutlich wie bei der Überbringung der Todesnachricht an die Angehörigen [38]. Denn hier kommt es zu einem ausgesprochenen Zielkonflikt, der sich in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach eher verschärfen als entspannen wird:

  • Zum einen müssen so viele Informationen über den Unfallhergang sowie über die eingeleiteten Maßnahmen wie nur irgend möglich vorliegen. Das gilt im Vorfeld schon für das ganz zentrale Problem, wer zum engen und vertrauten Umfeld des oder der Verstorbenen gerechnet werden muss, wer also der eigentliche Adressat einer solchen Todesnachricht ist. Darüber hinaus geht es in den Gesprächen mit den Angehörigen so gut wie immer um die Klärung von bestimmten, stets wiederkehrenden Fragegruppen, auf welche der oder die Benachrichtigende daher unbedingt vorbereitet sein sollte:

    • Sie betreffen zunächst das Opfer selbst: Hat er gelitten oder war er sofort tot? Wo befindet sich der Tote jetzt und wo gibt es die Möglichkeit des persönlichen Abschiednehmens?

    • Sie beziehen sich zweitens auf den Unfall und seinen genauen Hergang, ferner auf das Problem der Schuld.

    • Die Fragen betreffen weiter den (topographischen wie sozialen) Raum, in dem sich der Unfall ereignet hat; d. h. gefragt wird nach dem Ort des Geschehens ebenso wie nach Menschen, die bei dem oder den Verstorbenen anwesend waren, ferner nach Ersthelfer(n) sowie möglichen Zeugen.

    • Schließlich beziehen sich die Nachfragen der Angehörigen generell auf die Zukunft, also vor allem auf das, was in der unmittelbar anschließenden Zeit geschehen und was von ihnen selbst an einzelnen Schritten erwartet wird.

    Der Verlauf des Gespräches, näherhin das Maß an Vertrauen, das die Angehörigen dem Überbringer einer Todesnachricht entgegen bringen, wird dabei mit entscheidend davon abhängen, ob er selbst den Ort des Unfall gesehen hat. Die immer wiederkehrende Frage „Waren Sie da(bei)?” beweist schon hier, wie wichtig es im Umgang mit den Angehörigen ist, dass der Unfall von Anfang an Gestalt annimmt und gewissermaßen ‚ansprechbar‘ wird.

  • Im wahrscheinlich nie ganz aufzulösenden Gegensatz zu diesem Informationsbedarf steht (zum anderen) der enorme Zeitdruck, unter dem die Benachrichtigung faktisch vorgenommen werden muss. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Presse, insbesondere der (regionale) Rundfunk, die Nachricht über ein schweres Verkehrsunglück sehr frühzeitig und noch vor der persönlichen Mitteilung an die Öffentlichkeit bringt. Mehrfach berichteten die befragten Angehörigen davon, dass sie solche Pressemeldungen geradezu ‚instinktiv‘ richtig gedeutet und auf sich bezogen haben. Indem die Presse die Nachricht von einem Verkehrsunfall mit ‚Personenschaden‘ nicht ‚überbringt‘, wohl aber als anonymes Ereignis ‚sendet‘, ist hier unter Umständen der erste Zeitpunkt, mit dem der Tod eines Menschen in seiner jetzt ganz konkret verstandenen ‚Namenlosigkeit‘ in das Leben der Angehörigen einbricht.

    „Jeden Morgen um 6:00 Uhr höre ich Radio. An diesem Tag erfuhr ich durch Antenne Niederrhein von einem Unfall und bin anschließend die Treppe hinauf gestürzt um im Zimmer meines Sohnes nachzusehen. Er war nicht da; ich bin halb wahnsinnig geworden. Gegen 7:00 Uhr stand die Polizei vor der Tür ...”; „Ich habe ca.1/2 Stunde, nachdem meine Tochter das Haus verlassen hatte, von dem Unfall im Radio gehört. Ich höre eigentlich nur WDR 2. Das Radio läuft den ganzen Tag. Instinktiv habe ich gewusst, dass es sich um meine Tochter handelt ...”; „Man hat vergessen, uns zu benachrichtigen. Wir erfuhren von dem Vorfall, weil wir unsere Tochter gesucht haben und uns schließlich an die Polizei gewandt haben. Zu diesem Zeitpunkt wussten aber schon alle Nachbarn Bescheid, weil der Unfall in ‚Hier und Heute‘ gesendet worden war ...”

Zu diesem Problem der Zeit tritt das des Inhaltes einer solchen Pressemeldung. Wie die Art und Weise der Berichterstattung so verstärken auch Falschinformationen in ganz massiver Form die Verunsicherung der Angehörigen und erschweren den Prozess der Verarbeitung.

Vor dem Hintergrund dieses 2-fachen - zeitlichen wie inhaltlichen - Konfliktes beim Problem der Todesnachricht haben die mit den Angehörigen geführten Gespräche zu dem Ergebnis geführt, dass hier eine wechselseitige Abstimmung der polizeilichen und journalistischen Arbeit von kaum zu überschätzender Bedeutung für die gesamte weitere Entwicklung ist. Eine solche Koordinierung kann etwa in Form einer Vereinbarung geschehen, aufgrund deren die Meldung von einem schweren Verkehrsunglück erst im Anschluss an die persönliche Überbringung der Todesnachricht gesendet wird. Im Gegenzug könnte auf diesem Wege den verschiedenen Medien die Sicherheit gegeben werden, durch die Polizei an alle notwendigen und vor allem an alle gesicherten Informationen zu gelangen.

Mit dem Zustandekommen einer solchen Vereinbarung wäre überdies ein weiteres Argument dafür gewonnen, dass die Polizei selbst die Todesnachricht überbringen und dabei die kirchliche Seelsorge nur zur Unterstützung mit hinzuziehen sollte. Für ein solches Vorgehen spricht ferner, dass der Polizei alle relevanten Informationen kurzfristig zur Verfügung stehen. Insbesondere das Angebot, die Angehörigen zum Unfallort oder zum Krankenhaus zu fahren, dient hier wie ganz generell dem vorbeugenden Schutz vor eventuellen Gefahren angesichts tranceartiger („hypnoider”) Ausnahmezustände.

„Ich habe mich nach der Benachrichtigung wie in Trance ins Auto gesetzt und bin zur Unfallstelle gefahren. Auf den fließenden Verkehr habe ich nicht mehr geachtet ...”

#

4.3 Räume des Heilens - Krankenhäuser, Ärzte, Therapeuten, Seelsorger und Bestatter

Vor dem Problem der Benachrichtigung über schwere Verletzungen oder gar den Tod eines Menschen stehen naturgemäß auch die Krankenhäuser. Hier wie auch sonst sollte die Nachricht wenn irgend möglich nicht telefonisch mitgeteilt werden, da auf diesem Wege keine echte Unterstützung der Angehörigen möglich, ja sogar ihre Gefährdung wahrscheinlich ist.

Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt den Krankenhäusern auch deswegen zu, weil sie die Möglichkeit bieten können, von dem oder den Verstorbenen persönlich Abschied zu nehmen. Vor allem in diesem schon angesprochenen, für den Heilungsprozess zentralen Punkt kommt ihnen und den Bestattungsunternehmen eine enorme Bedeutung zu. Das gilt auch für den brisanten Fall beschlagnahmter Leichen: Auch hier sollte den Angehörigen (aus rechtlichen Gründen: in Begleitung eines Polizeibeamten) frühzeitig die Gelegenheit gegeben werden, den oder die Verstorbenen noch einmal und dann natürlich in einer angemessenen Form zu sehen.

„Die Eltern waren von der Polizei schwer enttäuscht und haben einen Zettel, auf dem steht: „Ihr Sohn liegt in der Leichenhalle. Bitte nicht vor Montag melden” ...” [Bericht aus der Projektgruppe].

Zu solchen Hilfestellungen kann unter Umständen auch das Angebot eines kirchlichen Rituals (wie gemeinsames Gebet, Aussegnung etc.) gehören.

Über diesen Aspekt des persönlichen Abschiednehmens hinaus besitzen Krankenhäuser jedoch noch eine besondere Verantwortung. Denn sie sind vielfach derjenige (öffentliche) Raum, in welchem die - schwer wie leicht verletzten - Opfer von Verkehrsunfällen vielleicht zum ersten Mal die Möglichkeit bekommen, sich über das Erlebte und Gesehene zumindest ansatzweise bewusst zu werden. Krankenhäuser bilden gleichsam die Schwelle zwischen einem katastrophalen Ereignis und der Normalität des Alltags. Hier beginnt daher auch eine gegenüber der akuten Krisenintervention neue Form von Begleitung. Deren allgemeine Aufgabe ist es, die verunglückten Menschen bei ihren ersten Schritten auf dem schwierigen Weg zurück in ihre gewohnte Welt zu unterstützen. Diesem Ziel dient schon die einfache, aber offenbar nicht immer genügend beachtete Forderung, den Betroffenen von (Verkehrs-) Unfällen einen Raum zur Verfügung zu stellen, der ihrer besonderen psychischen Verfassung angemessen ist. Vor allem aber - das jedenfalls wurde von den befragten Angehörigen vielfach vermisst - sollte schon bei der medizinischen Versorgung der Verunglückten in Krankenhäusern auf therapeutische und fachliche Hilfe ausdrücklich hingewiesen und diese gegebenenfalls auch vermittelt werden.

„Im Krankenhaus gab es keine psychologische Hilfe. Ich hätte gerne mit jemandem gesprochen. Von der Intensivstation wurde ich auf ein Dreibettzimmer verlegt, wo 2 junge Männer lagen und den ganzen Tag VIVA guckten. Ich bin bald wahnsinnig geworden ...”

Eine solche Hilfe kann unter Umständen (und auch dann natürlich nur in einem begrenzten Maße) durch die behandelnden Hausärzte gewährleistet werden. Ihre Rolle und die ihnen zugebilligte Kompetenz gehen - das ist ja ein bekanntes gesamtgesellschaftliches Phänomen - weit über die Behandlung physischer Krankheiten und Verletzungen hinaus. Ähnlich wie der Notarzt am Unfallort so genießen Ärzte ein großes, oft über Jahre gewachsenes Vertrauen von Seiten der Unfallopfer und deren Angehörigen. Aus dieser Position heraus sind die Hausärzte auch oft die ersten, die von dem quälenden Informationsbedürfnis der Angehörigen erfahren. Gerade deswegen sollten sie die polizeilichen Strukturen kennen, um so eine wichtige Vermittlungsfunktion übernehmen zu können.

Dennoch wird man angesichts der eingangs beschriebenen Situation der Angehörigen und Unfallopfer sagen müssen, dass gerade für sie therapeutische Hilfe im engeren Sinne - sei es durch Psychotherapeuten oder Seelsorger, sei es durch Selbsthilfeorganisationen oder in Form von Trauerseminaren - notwendig ist. Die Gespräche haben durchgängig gezeigt, dass die Anzahl von Menschen, die auf professionelle Unterstützung angewiesen sind, immer noch stark unterschätzt wird. Ebenso unterschätzt wird jedoch auch die Tatsache, dass Betroffene von schweren Ereignissen nicht nur Hilfe brauchen, sondern sogar eine Hilfe zur Hilfe benötigen. Das immer noch sehr verbreitete Misstrauen und die Hemmungen gegenüber den unterschiedlichen Formen psychotherapeutischer, überhaupt professioneller Betreuung und Beratung; der oftmals zu beobachtende totale Rückzug der Opfer und Angehörigen aus jeder sozialen Gemeinschaft; schließlich Verdrängung und Abwehr des Erlebten - das alles sind mögliche Gründe, warum Menschen in Not darauf angewiesen sind, dass ihnen möglichst frühzeitig therapeutische wie überhaupt fachliche Hilfe ausdrücklich nahegelegt, wenngleich natürlich nicht aufgedrängt werden sollte.

„Wir haben keine ärztliche oder sonstige Hilfe beansprucht. Da muss man sich selbst melden. Das machen wir nicht ...”

Die Frage nach dem genauen Charakter solcher psychotherapeutischen (und pharmakologischen) Behandlung kann hier offen bleiben; empirisch gut abgesichert ist - darauf darf zumindest hingewiesen werden - bei Unfallopfern die Verhaltenstherapie [39], [40], [41]. (Zu den Strategien und Zielen psychotherapeutischer Interventionen mit Blick auf unterschiedliche Ansätze gibt es bereits Übersichtsarbeiten [42], [43].) Aber zumindest der Hinweis sei gestattet, dass insbesondere von Vertretern der Kirche erwartet wird, dass sie auf Betroffene von Unfällen zugehen, um ihnen ihren Beistand eigens anzubieten.

#

4.4 Entschädigen und Verzeihen - Polizei, Anwälte, Staatsanwaltschaft, Gericht

Ein ganz eigenes Problem bilden naturgemäß die im weitesten Sinne genommenen rechtlichen Dimensionen eines Verkehrsunfalls. Wie fast alle anderen Bereiche unserer Gesellschaft so sind auch der Verkehrsunfall und seine Folgen weitestgehend verrechtlicht, d. h. durchgängig gekennzeichnet durch eine detaillierte Regulierung und Bürokratisierung in der entsprechenden ‚Sachbearbeitung‘, die bis in die Sprache hineinreicht.

„Über die Mitteilung „Ermittlung gegen Sie in Sachen Todesfolge” war ich sehr erschrocken ...”

Entsprechend groß ist gerade hier das Bedürfnis, über die einzelnen Schritte des Verfahrens, über deren Bedeutung und Tragweite auch persönlich informiert und orientiert zu werden. Ohne Transparenz des Verfahrens keine (oder doch nur eine eingeschränkte) Akzeptanz der Entscheidungen bzw. des Urteils.

Prinzipiell Vergleichbares gilt aus der Sicht des Verurteilten für den zeitlichen wie sachlichen Zusammenhang zwischen Unfall und Urteil. Eine übermäßig lange Bearbeitungszeit - sie wird von allen Beteiligten als ausgesprochen quälend empfunden - verzögert auch die notwendige zügige zivilrechtliche Durchsetzung von Ansprüchen und verhindert es oftmals, dass die verhängte Strafe im Empfinden des Verurteilten überhaupt noch in irgendeiner Beziehung zum eigentlichen Geschehen steht. Entsprechend verliert der Verurteilte so die für ihn nicht selten ‚überlebenswichtige‘ Möglichkeit, die Strafe für sich persönlich als ein Stück echter Sühneleistung zu interpretieren. Das gilt erst recht, wenn und sofern auch die Strafe selbst in keinerlei innerem Zusammenhang mit dem Unfall steht - Sozialstunden im Tierheim etwa wirken (um ein krasses Beispiel zu geben) aus dieser Perspektive fast schon zynisch.

Im Hinblick auf solche Formen einer persönlichen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit des Unfalls und seiner Folgen kommt offenbar auch den Anwälten eine ganze Reihe von Aufgaben zu. Das gilt schon für die gerade angesprochene Nachvollziehbarkeit des rechtlichen Verfahrens in seinen unterschiedlichen Entscheidungswegen und Phasen. Darüber hinaus sollte der Anwalt seinen Mandanten auch über den Sachbearbeiter in Kenntnis setzen, der im Verkehrskommissariat der Polizei für den Unfall verbindlich zuständig ist. Gleichwohl ist die Rolle der Anwälte aufgrund ihrer ‚Zwischenstellung‘ zwischen den Unfallbeteiligten einerseits, dem Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft andererseits durchaus ambivalent: Sie vertreten zwar die rechtlichen Interessen ihrer Mandanten, aber sie dürfen sich nicht an die Stelle einer persönlichen Auseinandersetzung der Unfallbeteiligten untereinander setzen. Im Gegenteil sollte der Anwalt seine Mandanten davon in Kenntnis setzen, wenn zumindest von rechtlicher Seite nichts gegen einen persönlichen Kontakt mit dem ‚Gegner‘ spricht. In diesem Sinne kommt ihm also über eine Vertretungs- auch eine Vermittlungsfunktion zu. Das ist umso wichtiger, als auf dieser juristischen Ebene im besten Falle wohl Entschädigung, nie aber Verzeihung möglich sein wird.

„Ich hätte so gerne mit den Angehörigen gesprochen, aber mein Anwalt riet mir davon ab ...”

#

4.5 Vorbeugen und Heilen - Prävention

Jeder Unfall zieht nicht nur in seinen Wirkungen und Folgen weite Kreise, sondern hat auch eine Vorgeschichte. Schon seit einiger Zeit ist gerade in der Unfall- und Sicherheitspsychologie das Bewusstsein dafür gewachsen, dass Unfälle nicht mehr monokausal verstanden werden können, dass es sich vielmehr bei ihnen um Ereignissequenzen, genauer: um den Scheitelpunkt in einer komplexen Entwicklung handelt, in der eine Vielzahl von Faktoren, Ereignissen und/oder Umständen ineinandergreifen [44]. Einem solchen dynamischen Begriff des Unfalls ebenso wie dem ganzheitlichen Verständnis des Opfers entspricht von daher ein nicht weniger umfassendes Konzept in der Prävention. Darin liegt vor allem zweierlei: Zum einen kann nicht mehr nur der Fahrzeugführer allein Ziel präventiver Maßnahmen sein; vielmehr schließt echte und intensive Vorbeugung immer auch das soziale Umfeld eines Menschen mit ein, insofern Freunde und Familienangehörige, überhaupt die Mitfahrer ganz entscheidend auf sein Verkehrsverhalten Einfluss nehmen können. Zum anderen muss ein umfassendes Verständnis von Prävention in besonderer Weise auch den Unfallbeteiligten und Angehörigen neue Aufmerksamkeit schenken. Denn diese sind in ihrem Verkehrsverhalten oft ganz erheblich durch die Erfahrung des Unfalls verunsichert („travel anxiety” [28]; „Unfallphobie” [45]) und können so für sich selbst wie für andere eine Gefahr darstellen.

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Die Erfahrungen der Angehörigen nach einem Unfall konvergieren in einem ganz auffälligen Punkt mit der Haltung insbesondere von Jugendlichen gegenüber der Möglichkeit eines Unfalls: Hier wie dort bleibt das Geschehen - natürlich aus ganz unterschiedlichen Gründen - abstrakt, irreal, beziehungs- und zusammenhanglos. Dass von Seiten der Angehörigen selbst der Vorschlag geäußert wurde, insbesondere junge Fahranfänger durch Gespräche mit Opfern und Betroffenen für die Gefahren des Straßenverkehrs zu sensibilisieren, dürfte nicht nur für die Unfallprävention von Bedeutung sein. Vorbeugung von Unfällen einerseits, Schutz vor den psychischen Folgen von schweren Verkehrsunfällen andererseits - beides kann unter Umständen sogar Hand in Hand gehen. Denn nicht selten kann die Mitarbeit im Bereich der Vorbeugung für die Betroffenen selbst ein Weg sein, um einem Ereignis einen Sinn zu verleihen, das von sich selbst her keinen besitzt [46], [47].

#

4.6 Helfen und Aufklären - Der Ermittlungsauftrag

Die große Bedeutung von Information und Aufklärung hat jedoch noch einen anderen, sozusagen gegenläufigen Aspekt, der bisher nur angedeutet worden ist. Er betrifft die polizeiliche Ermittlungstätigkeit. Denn die Tatsache, dass die Angehörigen von Unfallopfern und die Ersthelfer bisher fast keine Rolle gespielt haben, ist nicht nur aus Gründen des Opferschutzes und der Opferhilfe mehr als fragwürdig. Die Verbindung zu den Angehörigen sowie ihre Betreuung auch nach der Überbringung der Todesnachricht kann überdies auch polizeilich relevante Aspekte zu Tage fördern.

#

5. Schützen durch Mitgehen - Die Polizei als Partner

Der Blick auf den langen Weg vom Augenblick des Unfalls bis hin zu einem Punkt, wo die psychischen Wunden, die ein solches Ereignis schlägt, zumindest weitestgehend geheilt sind bzw. sein könnten, hat gezeigt, dass und wodurch ein solcher ausgesprochen labiler Prozess gefährdet ist. Die Situation aller Beteiligten und Angehörigen im gesamten Verlauf ist dabei durchzogen von einer zutiefst widersprüchlichen, bis zum Zerreißen gespannten Erfahrung: Denn sie werden einerseits zu einem Teil eines in zahlreiche Segmente zersplitterten, kaum überschaubaren Verfahrens, in das sie jedoch - andererseits - durch die Schwere des Geschehens gerade nicht partiell, sondern in der Ganzheit ihrer Person und ihrer Lebensbezüge verstrickt sind. Die immer wiederkehrende Suche nach einem Ansprechpartner insbesondere bei der Polizei macht deutlich, wie stark das Bedürfnis ist, die bedrohte eigene Identität durch den konstanten Bezug zu einer klar identifizierbaren Person wiederzugewinnen, zu sichern und zu schützen.

„Am nächsten Tag hatte ich Kontakt mit dem Sachbearbeiter. Auch der war sehr negativ. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht alle Informationen erhielt. Vor allem wurde meiner Bitte nicht entsprochen, mit dem aufnehmenden Polizeibeamten sprechen zu dürfen, obwohl das sehr hilfreich gewesen wäre. Ich wünsche mir eine Art Betreuung oder zumindest einen Ansprechpartner, der Fragen zum Unfallhergang beantworten kann. Ich fühlte mich nicht ernst genommen. Ich hatte das Gefühl, dass die Polizei nicht alles tut, was ihr möglich ist ...”

Tatsächlich kommt ja der Polizei aus ganz unterschiedlichen Gründen eine Sonderstellung im Umgang mit allen Beteiligten und Angehörigen zu. Schon die Tatsache, dass ihre Tätigkeit in fast alle anderen Bereiche verflochten ist bzw. in diese hinein ragt, zeichnet sie aus der Sicht der Betroffenen ganz wesentlich aus. Die Gespräche mit ihnen haben überdies gezeigt, dass der Polizei und zwar letztlich nur ihr ein hohes Maß an Sach- wie an Sozialkompetenz zugebilligt wird. Gerade das hohe Informationsbedürfnis beweist ja, dass sich beides gar nicht sinnvoll von einander trennen lässt: Sach- wie Sozialkompetenz sind hier je verschiedene Weisen, Menschen in Grenz- und Extremsituationen ihres Lebens zu orientieren.

„Es ist gut, dass sie da sind und mir das sagen ...” [Reaktion eines Angehörigen über die Nachricht, dass die Polizei nicht von einem Suizid ausgeht].

Daraus ebenso wie aus der vorhin angesprochenen Suche nach einem eindeutig benennbaren Ansprechpartner insbesondere bei der Polizei kristallisierte sich im Verlauf der Gesprächsauswertungen die Einsicht heraus: Einer für die Beteiligten und Angehörigen überaus komplexen, vielschichtigen und unübersichtlichen Situation wird die gegenwärtige Organisation der polizeilichen Arbeit noch nicht angemessen gerecht. Das wäre erst gegeben durch die Benennung eines Ansprechpartners in Reihen der Polizei, der den gesamten Verlauf des Verfahrens von Anfang an und kontinuierlich begleitet. Zu den zentralen und konkreten Aufgaben eines solchen Koordinators gehört u. a. die übergreifende Abstimmung der einzelnen Vorkehrungen und Maßnahmen vom Zeitpunkt der Unfallaufnahme an; ferner die Benachrichtigung von Presse und Rundfunk im Hinblick auf den geeigneten Zeitpunkt, zu dem die Meldung über einen schweren Verkehrsunfall gesendet werden kann, sowie deren Infomation bezüglich aller relevanten Angaben zum Unfall(-hergang). Gleichwohl gilt auch hier, was bereits eingangs (Kap. 2.3) angesprochen worden war: Eine auch noch so professionelle Hilfe für Opfer kann nie der ganzen Tiefendimension eines Verkehrsunfalls gerecht werden. Insofern sind die Betroffenen darauf angewiesen, dass die polizeiliche Arbeit durch eine entsprechend organisierte und institutionalisierte Unterstützung von anderer Seite langfristig und nachhaltig weitergeführt wird. Die Kreise, die der Tod eines Menschen zieht, sind zwar nicht identisch, wohl aber deckungsgleich mit denen des Lebens selbst.

#

Literaturverzeichnis:

  • 1 Briggs A C. A case of delayed post-traumatic stress disorder with ‚organic memories‘ accompanying theraphy.  Brit J Psychiatr. 1993;  163 828-830
  • 2 Buckley T C, Blanchard E B, Hickling E J. A prospective examination of delayed onset PTSD secondary to motor vehicle accidents.  Journal of Abnormal Psychology. 1996;  105 617-625
  • 3 Haefliger J B, Schnyder U. Zum Phänomen der Latenz in der Psychotraumatologie, unter spezieller Berücksichtigung des Unfalltraumas.  Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge. 1997;  41 283-296
  • 4 Mayou R, Tyndel S, Bryant B. Long-term outcome of motor verhicle injury.  Psychosomatic Medicine. 1997;  59 578-584
  • 5 Graham Stephens G. Philosophical Psychopathology. Stephens GL MIT Press Cambridge; 1994
  • 6 Griffiths A. Philosophy, Psychology, and Psychiatry. Griffiths AP Cambridge University Press Cambridge; 1994
  • 7 Schramme S. Philosophie und Medizin.  Zeitschrift für philosophische Forschung. 1997;  51 115-137
  • 8 Fischer G, Riedesser P. Lehrbuch der Psychotraumatologie. Ernst Reinhardt München/Basel; 1998
  • 9 Fuchs T. Leib, Raum, Person. Entwurf einer phänomenologischen Anthropologie. Klett-Cotta Stuttgart; 2000
  • 10 Fuchs T. Psychopathologie von Leib und Raum. Phänomenologisch-empirische Untersuchungen zu depressiven und paranoiden Erkrankungen. Steinkopff Darmstadt; 2000
  • 11 Plügge H. Der Mensch und sein Leib. Niemeyer Tübingen; 1967
  • 12 Blankenburg W. Phänomenologie der Leiblichkeit als Grundlage für eine Verständnis der Leiberfahrung psychisch Kranker.  Daseinsanalyse. 1989;  6 161-193
  • 13 Janoff-Bulman R. Shattered assumptions. Towards a new psychology of trauma. The Free Press New York; 1992
  • 14 Winter H. Posttraumatische Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen. Lang Frankfurt/M; 1996
  • 15 Frommberger U, Stieglitz R D, Nyberg E, Berger M. Die psychischen Folgen von Verkehrsunfällen. Epidemiologie, Symptomatik und Therapie.  Psychotherapie in Psychiatrie, Psychotherapeutischer Medizin und Klinischer Psychologie. 1997;  2 45-51 (1)
  • 16 Ritter G, Kramer J. Unfallneurose Rentenneurose. Posttraumatic Stress Disorder. Perimed Fachbuch-Verlagsgesellschaft Erlangen; 1991
  • 17 , Zur Bedeutung finanzieller Kompensation auf die Entwicklung einer posttraumatischen Symptomatik vgl Bryant R A, Harvey, AG. Avoidant coping style and post-traumatic stress following motor vehicle accidents.  Behavior Research and Therapy. 1995;  33 631-635
  • 18 Steil R I. Posttraumatische Intrusionen nach Verkehrsunfällen: Faktoren der Aufrechterhaltung,. Lang Frankfurt/M; 1997
  • 19 Teegen F, Domnick A, Heerdegen M. Hochbelastende Erfahrungen im Berufsalltag von Polizei und Feuerwehr: Traumaexposition, Belastungsstörungen, Bewältigungsstrategien.  Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis. 1997;  29 583-599 (4)
  • 20 Frommberger U, Stieglitz R D, Straub S, Nyberg E, Schlickewei W, Kuner E, Berger M. The concept of „sense of coherence” and the development of posttraumatic stress disorder in traffic accident victims.  Journal of Psychosomatic Research. 1999;  46 343-348 (4)
  • 21 The international handbook of road traffic accidents and psychological trauma: current understanding, treatment and law. Hickling EJ Elsevier Science Amsterdam; 1999
  • 22 Nyberg E, Mayer M, Frommberger U. Erleben der präklinischen Versorgung nach einem Verkehrsunfall. Wirtschaftsverlag NW Bremerhaven; 2000
  • 23 Schnyder U. Die psychosozialen Folgen schwerer Unfälle. Steinkopff Darmstadt; 2000
  • 24 Haefliger J B. Psychotraumatologie - eine Konfrontation mit Grundbedingungen der Existenz.  Daseinsanalyse. 1998;  15 234-241 (Sonderausgabe/Abschlussheft)
  • 25 Bulman R J, Wortman C B. Attribution of blame and coping in the ‚real world‘. Severe accident victims react to their lot.  Journal of Personality and Social Psychology. 1977;  35 351-363
  • 26 Frey D, Havemann D, Rogner O. Kognitive und psychosoziale Determinaten des Genesungsprozesses bei Unfallpatienten. Christian-Albrechts-Universität Kiel; 1985
  • 27 Feinstein A, Dolan R. Predictors of post-traumatic stress disorder following physical-trauma. An examination of the stressor criterion.  Psychological Medicine. 1991;  2 85-91
  • 28 Mayou R, Bryant B, Duthie R. Psychiatric consequences of road traffic accidents.  Brit Med J. 1993;  307 647-651
  • 29 , Zum Phänomen der abwehrbedingten Ursachenattribution gerade bei schweren Unfällen vgl. schon Walster G. Assignment and responsibility of an accident.  Journal of Personality and Social Psychology. 1966;  3 73-79
  • 30 Schmitz H. Phänomenologie der Leiblichkeit. Petzold H Jungfermann Paderborn; In: Leiblichkeit. Philosophische, gesellschaftliche und therapeutische Perspektiven 1985: 71-106
  • 31 Green M M, McFarlane A C, Hunter C E, Griggs W M. Undiagnosed post-traumatic stress disorder following motor vehicle accidents.  Medical Journal of Australia. 1993;  159 529-534
  • 32 Moss M, Frank E, Anderson B. The effects of marital status and partner support on rape trauma.  American Journal of Orthopsychiatry. 1990;  60 379-391
  • 33 Pennebaker J W. Putting stress into words. Health, linguistic, and therapeutic implications.  Behavior Research and Therapy. 1993;  31 539-548
  • 34 Solomon S D, Smith E M. Social support and perceived control as moderators of respondes to dioxin and flood exposure. Fullerton CS Cambridge University Press Cambridge; In: Ursano RJ, McCaughey BG Individual and community responses to trauma and disaster: the structure of human chaos 1994
  • 35 Blanchard E B, Hickling E J, Vollmer A J, Loos, WR, Buckley T C, Jaccard J. Short-term follow up of post-traumatic stress symptoms in motor vehicle accident victims.  Behaviour Research and Therapy. 1995;  33 369-377
  • 36 Trappe T, Bossmeyer C. Vergeben/Verzeihen. Historisches Wörterbuch der Philosophie 11. Schwabe 2001
  • 37 Andersen H S, Christensen A K, Petersen G O. Post-traumatic stress reactions amongst rescue workers after a major rail accident.  Anxiety research. 1991;  4 245-251
  • 38 Trappe T, Kiehn C. Überbringung einer Todesnachricht. Müller-Lange J In: Handbuch Notfallseelsorge Stumpf und Kossendey Wien; 2001
  • 39 Solomon S D, Gerrity E T, Muff A M. Efficiacy of treatments for posttraumatic stress disorder.  J Amer Med Ass. 1992;  268 633-638
  • 40 Nyberg E, Frommberger U, Berger M. Therapie posttraumatischer Stressreaktionen bei Verkehrsunfallopfern. A. Maercker Springer Berlin; In: Therapie der posttraumatischen Belastungsstörungen 1997: 337-355
  • 41 Rothbaum B O, Foa E B. Kognitiv-behaviorale Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung. Saigh PA Hans Huber Bern; In: Posttraumatische Belastungsstörung. Diagnose und Behandlung psychischer Störungen bei Opfern von Gewalttaten und Katastrophen 1997: 102-129
  • 42 Schwarz R A, Prout M F. Integrative approaches in the treament of post-traumatic stress disorder.  Psychotherapy. 1991;  28 364-373
  • 43 Haefliger J B. Therapieresistente Unfallpatienten und die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).  Zeitschrift für Unfallchirugie und Versicherungsmedizin. 1993;  85 27-34
  • 44 Kjellen U, Larsson T J. Investigating accidents and reducing risks - a dynamic approach.  Journal of Occupational Accidents. 1981;  3 129-140
  • 45 Kuch K, Evans R J, Shulman I. Phobias, panic and pain in 55 survivors of road vehicle accidents.  Journal of Anxiety Disorders. 1994;  8 181-187
  • 46 Gleser G C, Green B L, Wienget C. Psycho-social effects of disaster. Academic Press New York; 1981
  • 47 Kahana B, Harel Z, Kahana E. Predictions of psycho-social well being amongst survivors of the holocaust. Kahana B Plenum Press New York; In: Wilson JP, Harel Z, Human adaption to extreme stress: from holocaust to vietnam 1988: 122-135

1 Die Ergebnisse dieser Studie wären niemals möglich gewesen, wenn sich die einzelnen Polizeibeamten nicht mit ihrem ‚Gesicht‘ und das heißt, in der Ganzheit ihrer Person den Auswirkungen traumatischer Ereignisse ausgesetzt hätten. Der Name aber ist es, der ihn als individuelle Person ansprechbar werden lässt und in welchem er als dieser eine und unverwechselbare Mensch erkennbar bleibt. Deswegen und auch als Zeichen meines Dankes für unseren gemeinsamen Weg seien an dieser Stelle die Mitglieder der Projektgruppe eigens genannt (in alphabetischer Reihenfolge): Nobert Dierkes, Walter Eckhart, Johannes Eerden, Achim Jaspers, Michael Kohls, Johannes Meurs, Karl Meurs, Manfred Opgenroth und Paul Urbanski. Danken möchte ich an dieser Stelle auch Frau Landespolizeipfarrerin Claudia Kiehn, die mir die Möglichkeit gegeben hat, an dieser Untersuchung mitzuwirken. Dass sie schließlich eine publizierbare Gestalt annahm, ist das Verdienst meiner Kollegin Frau Ulrike Hirschler, der ich auf diesem Wege ebenfalls meinen Dank ausspreche.

#

Autor:

Dr. Tobias Trappe

Ruhr-Universität Bochum
Katholisch-Theologische Fakultät

44780 Bochum

Phone: 0234/32-2-4708

Email: tobias.trappe@ruhr-uni-bochum.de

#

Literaturverzeichnis:

  • 1 Briggs A C. A case of delayed post-traumatic stress disorder with ‚organic memories‘ accompanying theraphy.  Brit J Psychiatr. 1993;  163 828-830
  • 2 Buckley T C, Blanchard E B, Hickling E J. A prospective examination of delayed onset PTSD secondary to motor vehicle accidents.  Journal of Abnormal Psychology. 1996;  105 617-625
  • 3 Haefliger J B, Schnyder U. Zum Phänomen der Latenz in der Psychotraumatologie, unter spezieller Berücksichtigung des Unfalltraumas.  Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge. 1997;  41 283-296
  • 4 Mayou R, Tyndel S, Bryant B. Long-term outcome of motor verhicle injury.  Psychosomatic Medicine. 1997;  59 578-584
  • 5 Graham Stephens G. Philosophical Psychopathology. Stephens GL MIT Press Cambridge; 1994
  • 6 Griffiths A. Philosophy, Psychology, and Psychiatry. Griffiths AP Cambridge University Press Cambridge; 1994
  • 7 Schramme S. Philosophie und Medizin.  Zeitschrift für philosophische Forschung. 1997;  51 115-137
  • 8 Fischer G, Riedesser P. Lehrbuch der Psychotraumatologie. Ernst Reinhardt München/Basel; 1998
  • 9 Fuchs T. Leib, Raum, Person. Entwurf einer phänomenologischen Anthropologie. Klett-Cotta Stuttgart; 2000
  • 10 Fuchs T. Psychopathologie von Leib und Raum. Phänomenologisch-empirische Untersuchungen zu depressiven und paranoiden Erkrankungen. Steinkopff Darmstadt; 2000
  • 11 Plügge H. Der Mensch und sein Leib. Niemeyer Tübingen; 1967
  • 12 Blankenburg W. Phänomenologie der Leiblichkeit als Grundlage für eine Verständnis der Leiberfahrung psychisch Kranker.  Daseinsanalyse. 1989;  6 161-193
  • 13 Janoff-Bulman R. Shattered assumptions. Towards a new psychology of trauma. The Free Press New York; 1992
  • 14 Winter H. Posttraumatische Belastungsstörung nach Verkehrsunfällen. Lang Frankfurt/M; 1996
  • 15 Frommberger U, Stieglitz R D, Nyberg E, Berger M. Die psychischen Folgen von Verkehrsunfällen. Epidemiologie, Symptomatik und Therapie.  Psychotherapie in Psychiatrie, Psychotherapeutischer Medizin und Klinischer Psychologie. 1997;  2 45-51 (1)
  • 16 Ritter G, Kramer J. Unfallneurose Rentenneurose. Posttraumatic Stress Disorder. Perimed Fachbuch-Verlagsgesellschaft Erlangen; 1991
  • 17 , Zur Bedeutung finanzieller Kompensation auf die Entwicklung einer posttraumatischen Symptomatik vgl Bryant R A, Harvey, AG. Avoidant coping style and post-traumatic stress following motor vehicle accidents.  Behavior Research and Therapy. 1995;  33 631-635
  • 18 Steil R I. Posttraumatische Intrusionen nach Verkehrsunfällen: Faktoren der Aufrechterhaltung,. Lang Frankfurt/M; 1997
  • 19 Teegen F, Domnick A, Heerdegen M. Hochbelastende Erfahrungen im Berufsalltag von Polizei und Feuerwehr: Traumaexposition, Belastungsstörungen, Bewältigungsstrategien.  Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis. 1997;  29 583-599 (4)
  • 20 Frommberger U, Stieglitz R D, Straub S, Nyberg E, Schlickewei W, Kuner E, Berger M. The concept of „sense of coherence” and the development of posttraumatic stress disorder in traffic accident victims.  Journal of Psychosomatic Research. 1999;  46 343-348 (4)
  • 21 The international handbook of road traffic accidents and psychological trauma: current understanding, treatment and law. Hickling EJ Elsevier Science Amsterdam; 1999
  • 22 Nyberg E, Mayer M, Frommberger U. Erleben der präklinischen Versorgung nach einem Verkehrsunfall. Wirtschaftsverlag NW Bremerhaven; 2000
  • 23 Schnyder U. Die psychosozialen Folgen schwerer Unfälle. Steinkopff Darmstadt; 2000
  • 24 Haefliger J B. Psychotraumatologie - eine Konfrontation mit Grundbedingungen der Existenz.  Daseinsanalyse. 1998;  15 234-241 (Sonderausgabe/Abschlussheft)
  • 25 Bulman R J, Wortman C B. Attribution of blame and coping in the ‚real world‘. Severe accident victims react to their lot.  Journal of Personality and Social Psychology. 1977;  35 351-363
  • 26 Frey D, Havemann D, Rogner O. Kognitive und psychosoziale Determinaten des Genesungsprozesses bei Unfallpatienten. Christian-Albrechts-Universität Kiel; 1985
  • 27 Feinstein A, Dolan R. Predictors of post-traumatic stress disorder following physical-trauma. An examination of the stressor criterion.  Psychological Medicine. 1991;  2 85-91
  • 28 Mayou R, Bryant B, Duthie R. Psychiatric consequences of road traffic accidents.  Brit Med J. 1993;  307 647-651
  • 29 , Zum Phänomen der abwehrbedingten Ursachenattribution gerade bei schweren Unfällen vgl. schon Walster G. Assignment and responsibility of an accident.  Journal of Personality and Social Psychology. 1966;  3 73-79
  • 30 Schmitz H. Phänomenologie der Leiblichkeit. Petzold H Jungfermann Paderborn; In: Leiblichkeit. Philosophische, gesellschaftliche und therapeutische Perspektiven 1985: 71-106
  • 31 Green M M, McFarlane A C, Hunter C E, Griggs W M. Undiagnosed post-traumatic stress disorder following motor vehicle accidents.  Medical Journal of Australia. 1993;  159 529-534
  • 32 Moss M, Frank E, Anderson B. The effects of marital status and partner support on rape trauma.  American Journal of Orthopsychiatry. 1990;  60 379-391
  • 33 Pennebaker J W. Putting stress into words. Health, linguistic, and therapeutic implications.  Behavior Research and Therapy. 1993;  31 539-548
  • 34 Solomon S D, Smith E M. Social support and perceived control as moderators of respondes to dioxin and flood exposure. Fullerton CS Cambridge University Press Cambridge; In: Ursano RJ, McCaughey BG Individual and community responses to trauma and disaster: the structure of human chaos 1994
  • 35 Blanchard E B, Hickling E J, Vollmer A J, Loos, WR, Buckley T C, Jaccard J. Short-term follow up of post-traumatic stress symptoms in motor vehicle accident victims.  Behaviour Research and Therapy. 1995;  33 369-377
  • 36 Trappe T, Bossmeyer C. Vergeben/Verzeihen. Historisches Wörterbuch der Philosophie 11. Schwabe 2001
  • 37 Andersen H S, Christensen A K, Petersen G O. Post-traumatic stress reactions amongst rescue workers after a major rail accident.  Anxiety research. 1991;  4 245-251
  • 38 Trappe T, Kiehn C. Überbringung einer Todesnachricht. Müller-Lange J In: Handbuch Notfallseelsorge Stumpf und Kossendey Wien; 2001
  • 39 Solomon S D, Gerrity E T, Muff A M. Efficiacy of treatments for posttraumatic stress disorder.  J Amer Med Ass. 1992;  268 633-638
  • 40 Nyberg E, Frommberger U, Berger M. Therapie posttraumatischer Stressreaktionen bei Verkehrsunfallopfern. A. Maercker Springer Berlin; In: Therapie der posttraumatischen Belastungsstörungen 1997: 337-355
  • 41 Rothbaum B O, Foa E B. Kognitiv-behaviorale Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung. Saigh PA Hans Huber Bern; In: Posttraumatische Belastungsstörung. Diagnose und Behandlung psychischer Störungen bei Opfern von Gewalttaten und Katastrophen 1997: 102-129
  • 42 Schwarz R A, Prout M F. Integrative approaches in the treament of post-traumatic stress disorder.  Psychotherapy. 1991;  28 364-373
  • 43 Haefliger J B. Therapieresistente Unfallpatienten und die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).  Zeitschrift für Unfallchirugie und Versicherungsmedizin. 1993;  85 27-34
  • 44 Kjellen U, Larsson T J. Investigating accidents and reducing risks - a dynamic approach.  Journal of Occupational Accidents. 1981;  3 129-140
  • 45 Kuch K, Evans R J, Shulman I. Phobias, panic and pain in 55 survivors of road vehicle accidents.  Journal of Anxiety Disorders. 1994;  8 181-187
  • 46 Gleser G C, Green B L, Wienget C. Psycho-social effects of disaster. Academic Press New York; 1981
  • 47 Kahana B, Harel Z, Kahana E. Predictions of psycho-social well being amongst survivors of the holocaust. Kahana B Plenum Press New York; In: Wilson JP, Harel Z, Human adaption to extreme stress: from holocaust to vietnam 1988: 122-135

1 Die Ergebnisse dieser Studie wären niemals möglich gewesen, wenn sich die einzelnen Polizeibeamten nicht mit ihrem ‚Gesicht‘ und das heißt, in der Ganzheit ihrer Person den Auswirkungen traumatischer Ereignisse ausgesetzt hätten. Der Name aber ist es, der ihn als individuelle Person ansprechbar werden lässt und in welchem er als dieser eine und unverwechselbare Mensch erkennbar bleibt. Deswegen und auch als Zeichen meines Dankes für unseren gemeinsamen Weg seien an dieser Stelle die Mitglieder der Projektgruppe eigens genannt (in alphabetischer Reihenfolge): Nobert Dierkes, Walter Eckhart, Johannes Eerden, Achim Jaspers, Michael Kohls, Johannes Meurs, Karl Meurs, Manfred Opgenroth und Paul Urbanski. Danken möchte ich an dieser Stelle auch Frau Landespolizeipfarrerin Claudia Kiehn, die mir die Möglichkeit gegeben hat, an dieser Untersuchung mitzuwirken. Dass sie schließlich eine publizierbare Gestalt annahm, ist das Verdienst meiner Kollegin Frau Ulrike Hirschler, der ich auf diesem Wege ebenfalls meinen Dank ausspreche.

#

Autor:

Dr. Tobias Trappe

Ruhr-Universität Bochum
Katholisch-Theologische Fakultät

44780 Bochum

Phone: 0234/32-2-4708

Email: tobias.trappe@ruhr-uni-bochum.de