Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(27): 786-789
DOI: 10.1055/s-2001-15553
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Chronische Hepatitis - Teil 2: Therapie

Chronic hepatitis - Part 2: TreatmentH. E. Blum, D. Moradpour
  • Medizinische Universitätsklinik Freiburg
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Prof. Dr. Dr. h. c. H. E. Blum

Medizinische Universitätsklinik

Hugstetter Straße 55

79106 Freiburg

Email: heblum@ukl.uni-freiburg.de

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Table of Contents

Der natürliche Verlauf der chronischen Hepatitis ist sehr variabel. Er kann im Einzelfall über Jahre oder Jahrzehnte völlig asymptomatisch sein oder aber zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom (HCC) führen [Abb. 1] . Das Ziel der Therapie chronischer Hepatopathien ist die Verhinderung der Progression zur Leberzirrhose und deren Komplikationen, inklusive der HCC-Entwicklung. Für die Therapie der chronischen Hepatitis stehen drei Konzepte zur Verfügung: Basistherapie, ätiologie-spezifische Therapie und Lebertransplantation, einschl. überbrückende therapeutische Maßnahmen.

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Basistherapie

Patienten mit kompensierter chronischer Hepatopathie können in der Regel ein weitgehend normales Leben führen. Besondere diätetische Maßnahmen sind nicht erforderlich. Bei dekompensierter Leberzirrhose mit Neigung zu Ödemen/Aszites bzw. hepatischer Enzephalopathie kann eine Kochsalz-/Flüssigkeits- bzw. Eiweißrestriktion angezeigt sein. Eine Einschränkung der körperlichen und beruflichen Aktivitäten ist nicht generell anzuraten, sofern diese nicht an die Leistungsgrenze gehen. Körperliche Schonung und Substitution von Vitaminen (B-Komplex, A, D, E und K) und Zink können allerdings bei fortgeschrittener Hepatopathie und nachgewiesenem Vitamin- bzw. Zinkmangel angezeigt sein. Gesichert oder potenziell hepatotoxische Substanzen (z.B. Alkohol, Medikamente) sollten vermieden, die Dosierung von unbedingt erforderlichen Medikamenten mit primär hepatischer Metabolisierung der Leberfunktion angepasst werden.

kurzgefasst: Bei chronischer Hepatitis ohne klinische Dekompensation (Ödem- bzw. Aszitesneigung oder hepatische Enzephalopathie) ist generell keine Einschränkung der körperlichen/beruflichen Aktivitäten oder die Einhaltung spezieller Diäten erforderlich. Besonders zu beachten ist jedoch die Vermeidung potenziell hepatotoxischer Substanzen.

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Ätiologie-spezifische Therapie

Die Ätiologie-spezifische Therapie richtet sich nach der Ursache der chronischen Lebererkrankung. Wichtig hierbei ist die genaue Abklärung der Ätiologie, insbesondere auch der Ausschluss koexistierender Ursachen, wie z. B. HCV-Infektion plus Alkohol, HCV-Infektion plus Hämochromatose u. a. m. Die medikamentösen therapeutischen Strategien sind in [Tab. 1] zusammenfassend dargestellt.

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Alkoholhepatitis und medikamenteninduzierte Hepatitis

Bei chronischen Lebererkrankungen, die durch Alkohol, Medikamente oder andere Lebertoxine verursacht sind, ist die wichtigste Maßnahme die Elimination der Noxe. Weitere durch klinische Studien belegte therapeutische Möglichkeiten bestehen nicht. Verschiedene Substanzen (Kortikosteroide, Pentoxifyllin, Silymarin, S-Adenosylmethionin, Vitamin E, Polyenylphosphatidylcholin u. a.m) wurden bzw. werden klinisch evaluiert. Eine generelle Empfehlung für die klinische Praxis lässt sich aktuell jedoch nicht begründen.

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Chronische Hepatitis B

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Abb. 1 Natürlicher Verlauf der Hepatitis B und C. HCC = Hepatozelluläres Karzinom

Tab. 1 Medikamentöse Therapie chronischer Lebererkrankungen.

Therapie der 1. Wahl

Alternativen/spezielle Situationen

Alkoholhepatitis

Kortikosteroide

? Pentoxifyllin

Virushepatitis B, C u. D

HBV

HBeAg-pos.: IFN-α

HBeAg-neg. anti-HBe pos.: Lamivudine

Lamivudine

HCV

IFN-α oder PEG-IFN-α + Ribavirin

Consensus IFN

HDV

IFN-a

Autoimmunhepatitis

Prednisolon, Prednisolon + Azathioprin

Budesonid

Hereditär-metabolische Hepatopathien

α1AT-Mangel

Hämochromatose

Aderlass

Morbus Wilson

D-Penicillamin

Zink

Primär biliäre Lebererkrankungen

PBC

UDCA

UDCA + Budesonid

PSC

UDCA

Nicht-Alkoholische Steatohepatitis (NASH)

bzw. Nicht-Alkoholische Fettleber (NAFL)

Zur Therapie der chronischen Hepatitis B wurden zahlreiche Strategien evaluiert [13] [20]. Für die klinische Praxis hat sich bisher nur die Therapie mit Interferon-α (IFN-α) oder Nukleosidanaloga) bewährt. In der klinischen Praxis basiert die Selektion der Patienten auf nur drei Kriterien: fehlende IFN-α-Kontraindikationen (Tab. 2), GOT-/GPT-Erhöhung und HBV-Marker (HBeAg positiv; bei HBeAg-Negativität bzw. Anti-HBe-Positivität, Nachweis von HBV-DNA). Eine Leberhistologie vor Therapiebeginn ist empfehlenswert, insbesondere im Hinblick auf den Nachweis zusätzlicher ätiologischer Faktoren, jedoch nicht absolute Voraussetzung.

Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis B ist heute 3-6 Millionen Einheiten IFN-α dreimal pro Woche s. c. über insgesamt 4-6 Monate. Damit ist eine dauerhafte Besserung bei 30-40 % der Patienten zu erreichen. Eine Besserung ist definiert als Normalisierung der Transaminasen, Serokonversion von HBeAg zu anti-HBe bzw., bei primär HBeAg-negativen bzw. anti-HBe-positiven Patienten, der Verlust von HBV-DNA und histologische Rückbildung der Entzündungsanktivität.

IFN-α-Alternativen sind Gegenstand intensiver klinisch-wissenschaftlicher Forschung. Lamivudine, ein orales Nukleosidanalogon, wurde für die Behandlung der chronischen Hepatitis B eingehend evaluiert [5] [11]. Es führt zu einer deutlichen Suppression der HBV-Replikation und nach längerer Therapiedauer auch zu einer statistisch signifikanten Response (Elimination von HBeAg bzw. HBV-DNA und Serokonversion zu anti-HBe sowie Normalisierung der Serumtransaminasen). Die Therapiedauer richtet sich nach der Response, beträgt in der Regel jedoch mindestens 1 - 2 Jahre. Mit längerer Therapiedauer können sich jedoch Lamivudine-resistente HBV-Mutanten entwickeln, die mit einem Wiederauftreten der HBV-Replikation assoziiert sind. Neben Lamivudine wurden und werden auch andere Nukleosidanaloga zur Therapie der chronischen Hepatitis B evaluiert (z.B. Adefovir, Lobucavir). So wird in Zukunft eine Kombinationstherapie mit verschiedenen Nukleosidanaloga angestrebt, mit dem Ziel, die Häufigkeit der Resistenzentwicklung zu vermindern und die HBV-Elimination zu verbessern.

Tab. 2 Kontraindikationen für die Interferon-a-Therapie

dekompensierte Leberzirrhose

Autoimmunhepatitis oder andere Autoimmunkrankheiten

endo- oder exogene Immunsuppression

bekannte Depression oder eine andere schwere psychische Erkrankung

Epilepsie

Thrombopenie < 50000/ml oder Leukopenie < 2000/ml

Schwangerschaft

Anders als bei der chronischen Hepatitis C (s. u.) scheint die Kombination von IFN-α mit z. B. Lamivudine die Therapie-Response im Vergleich zu der IFN-α-Monotherapie nicht signifikant zu verbessern [18].

Bei HBV-assoziierter Leberzirrhose sollte bei Progression bzw. beginnender Dekompensation eine Lebertransplantation diskutiert werden. Ein besonderes Problem stellt hierbei jedoch die häufige Infektion des Transplantates dar. Die Wirksamkeit der posttransplantären IFN-α-Therapie ist nicht etabliert. Als Standardvorgehen zur Prävention der HBV-Infektion des Lebertransplantates hat sich die Gabe von Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIG), evtl. in Kombination mit einem Nukleosidanalogon (z. B. Lamivudine) in der anhepatischen Phase und posttransplantär bewährt.

kurzgefasst: Zur Therapie der chronischen Hepatitis B in der Praxis stehen IFN-a und Lamivudine zur Verfügung. Die Indikationen für diese beiden Substanzen sind klar definiert. Bei einer Wirksamkeit von allerdings nur ca. 50 % werden verschiedene alternative Strategien entwickelt und z. T. bereits in klinischen Studien evaluiert.

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Chronische Hepatitis C

Zur Therapie der chronischen Hepatitis C wurden verschiedene Strategien evaluiert [3] [15]. Für die klinische Praxis hat sich bisher nur die Behandlung mit IFN-α als Mono- und besonders als Kombinationstherapie mit Ribavirin bewährt. Der »Idealpatient« für eine IFN-α-Therapie hat folgende Charakteristika: Infektion mit einem anderen Genotyp als 1, niedrige Virämie, keine Leberzirrhose. Die Bedeutung der initialen HCV-RNA- Konzentration und des HCV-Genotyps als Selektionskriterium für eine antivirale Therapie liegt im Wesentlichen in der erforderlichen Dauer der Therapie: Bei HCV-Genotyp 1 und hoher Virämie ist eine mindestens 12-monatige antivirale Therapie erforderlich; bei anderem HCV-Genotyp und niedriger HCV- RNA-Konzentration genügen in der Regel 6 Monate.

Für die klinische Praxis gelten folgende Selektionskriterien: GOT-/GPT-Erhöhung, Positivität für anti-HCV und HCV-RNA sowie fehlende IFN-α-Kontraindikationen. Ein gutes Ansprechen ist zu erwarten bei jüngeren Patienten (unter 50 Jahre) ohne Zirrhose. Eine Leberhistologie vor Therapiebeginn wird sehr empfohlen, da einerseits andere ätiologische Faktoren erkannt werden können, andererseits die histologische Aktivität (Grading) und das Stadium der Leberfibrose bzw. -zirrhose (Staging), anders als bei der Hepatitis B, mit klinisch-chemischen Befunden nicht gut korrelieren.

Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C ist heute die Kombinationsbehandlung mit 3-6 MU IFN-α, dreimal pro Woche s. c., und Ribavirin [6]. Die optimale Dosierung von Ribavirin ist gewichtsadaptiert 800  mg pro Tag bei einem Körpergewicht < 65  kg, 1000  mg bei 65-85  kg und 1200  mg bei > 85  kg. Die Kombinationstherapie mit IFN-α und Ribavirin zeigte bei mehreren klinischen Studien sowohl bei IFN-α-naiven Patienten [14] [17] wie auch bei IFN-α-Relapspatienten [4] deutlich bessere Langzeit-Responseraten (30-40 %) als die IFN-α-Monotherapie (10-20 %). Als Response gilt eine Normalisierung der Transaminasen, ein Verlust von HCV-RNA im Serum sowie Regredienz der histologischen Entzündungsaktivität.

Als Alternative zu IFN-α wurden pegylierte IFN-α-Präparate (PEG-IFN-α) entwickelt, die anders als IFN-α nicht 3  × , sondern nur 1 ×  pro Woche appliziert werden. Die Responseraten der PEG-IFN-α-Monotherapie bei IFN-α-Naiven sind im Vergleich zu IFN-α dosisabhängig deutlich höher [8] [22]. IFN-α scheint die HCC-Inzidenz zu reduzieren, auch ohne biochemische bzw. virologische Response [16]. Die nicht-pegylierten IFN-α-Präparate werden mittelfristig vermutlich durch die PEG-IFN-α abgelöst werden. Erste Daten zur Kombinationstherapie von PEG-IFN-α und Ribavirin zeigen im Vergleich zu IFN-α plus Ribavirin eine Verbesserung der anhaltenden Responseraten auf etwa 50 % (EASL (European Association for the Study of the Liver)-Meeting, Prag 2001).

IFN-α-Ribavirin-Therapieversagen ist ein besonderes klinisches Problem. IFN-α-Alternativen sind deshalb Gegenstand intensiver klinisch-wissenschaftlicher Forschung. Consensus-IFN als Monotherapie in täglicher Dosierung und in Kombination mit Ribavirin wird aktuell in mehreren klinischen Studien bei Therapie-naiven Patienten wie auch bei bei IFN-α-Therapieversagern evaluiert. Daneben werden andere therapeutische Strategien wie Modifikationen der IFN-α-Monotherapie mit höherer bzw. täglicher Dosierung, längerer Therapiedauer u. a. m. klinisch geprüft. Die Studien zu Kombinationen von IFN-α mit Amantadin bzw. IFN-α mit Ribavirin plus Amantadin sind bisher nicht schlüssig.

Bei Leberzirrhose im Endstadium sollte eine Lebertransplantation erwogen werden. Anders als bei der chronischen Hepatitis B stellt die HCV-Infektion des Transplantates zwar ein häufiges, klinisch im Allgemeinen jedoch kein schwerwiegendes Problem dar [7].

kurzgefasst: Die Therapie der Wahl der chronischen Hepatitis C in der Praxis ist die Kombination von IFN-α bzw. pegyliertem IFN-α und Ribavirin. Bei einer Wirksamkeit von nur ca. 50 % bei dem in Mitteleuropa prävalenten HCV-Genotyp I werden verschiedene alternative Strategien entwickelt und z. T. bereits in klinischen Studien evaluiert.

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Chronische Hepatitis D

Zur Therapie der chronischen Hepatitis D wurden IFN-α und Lamivudine evaluiert. IFN-α resultiert in der für die Therapie der chronischen Hepatitis B angewandten Dosierung zu einer Responserate von < 15 %. Lamivudine scheint bei der HDV-Infektion nicht wirksam zu sein [12]. Damit ist IFN-α aktuell die einzige, wenn auch wenig wirksame therapeutische Option.

Aufgrund der bisher generell nicht befriedigenden Therapieergebnisse bei der chronischen Virushepatitis B, C und D werden alternative molekulare Therapiestrategien exploriert. Diese umfassen die Entwicklung neuer antiviraler Substanzen (Hemmstoffe der HBV- bzw. HCV-Polymerase, der HCV-Protease bzw. -Helikase u. a. m.) sowie molekulare Therapiekonzepte, wie die Blockade der viralen Genexpression durch Ribozyme, Antisense-Oligonukleotide sowie transdominant negative Virusmutanten [21]. Ferner wird die Möglichkeit der therapeutischen Impfung mit Peptiden sowie mit »nackter« DNA intensiv exploriert.

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Autoimmunhepatitis

Therapie der Wahl bei der Autoimmunhepatitis ist die Prednisolonmonotherapie mit initial 3 × 20  mg täglich bis zur Besserung der GOT- und GPT-Werte, gefolgt von einer langsamen Reduktion auf eine Erhaltungsdosis von < 15 mg pro Tag. Alternativ kann initial mit einer Kombination von Prednisolon (30 mg täglich) und Azathioprin (50-100 mg täglich) behandelt werden. Bei Remission kann diese häufig ohne Prednisolon mit einer erhöhten Dosis von Azathioprin (100-200  mg täglich) erhalten werden. Aktuell wird im Vergleich zur etablierten Therapie mit Prednisolon Budesonid bzw. im Vergleich zu Azathioprin Mycophenolatmofetil in klinischen Studien evaluiert.

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Hereditär-metabolische Lebererkrankungen

Bei hereditären Lebererkrankungen ist eine kausale medikamentöse Therapie bisher nicht verfügbar. Die frühzeitige Diagnose einer Hämochromatose bzw. eines Morbus Wilson und die dann eingeleitete Therapie mit regelmäßigen Aderlässen (500 ml einmal pro Woche bis zur Normalisierung des Serumferritins, dann 4- bis 8-mal pro Jahr als Erhaltungstherapie) bzw., neben Beachtung einer kupferarmen Diät, eine kupferchelierende Behandlung mit D-Penicillamin lassen eine wesentliche Verbesserung der Prognose erwarten. Bei fulminanter Verschlechterung des Morbus Wilson ist die Lebertransplantation die Therapie der Wahl. Als überbrückende Maßnahme kann der Einsatz des »Molecular Adsorbent Recirculating System« (MARS) sinnvoll sein (s. u.).

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Primär biliäre Lebererkrankungen

Bei den primär biliären Erkrankungen ist Ursodeoxycholsäure (UDCA) Therapie der Wahl (13-15 mg/kg Körpergewicht täglich). Bei der PBC scheint nach einer neueren klinischen Studie die Kombination von UDCA mit Budesonid der UDCA-Monotherapie überlegen zu sein. Bei der PSC sind endoskopische Interventionen von besonderer Bedeutung.

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Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH)/Nicht-Alkoholische Fettleber (NAFL).

Pilotstudien zur Therapie der NASH/NAFL zeigten positive Resultate für Aderlass und Vitamin E als Antioxidans sowie für Troglitazone als Insulinsensitizer. Diese Substanzen werden aktuell in großen klinischen Studien evaluiert. Weitere therapeutische Konzepte sind die Blockade zytokininduzierter Mechanismen [19], Cox-2-Inhibitoren, Gewichtsabnahme sowie medikamentöse Strategien zur Reduktion der viszeralen Fettakkumulation [9]. Für die Praxis lassen sich aktuell jedoch noch keine therapeutischen Empfehlungen formulieren.

kurzgefasst: Für die Therapie der nicht-viralen chronischen Hepatitis stehen z.T. wirksame Strategien zur Verfügung. Voraussetzung für ihren gezielten Einsatz ist die exakte Abklärung, ggf. mit Leberhistologie. Wie bei der chronischen Virushepatitis B, C und D müssen auch hier neue Strategien entwickelt und evaluiert werden, um die therapeutische Effizienz weiter zu verbessern.

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Lebertransplantation

Neben dem fulminanten Leberversagen stellt grundsätzlich fast jede fortgeschrittene chronische Lebererkrankung unabhängig von der Ätiologie eine Indikation zur Lebertransplantation dar. Als neuartiges Verfahren zur Überbrückung der Wartezeit auf eine Lebertransplantation bei Patienten mit akuter Verschlechterung einer chronischen Lebererkrankung wird das »Molecular Adsorbent Recirculating System« (MARS) aktuell klinisch evaluiert. MARS ist im Prinzip eine extrakorporale Dialyse gegen Albumin. Wichtig für Patienten mit chronischer Hepatopathie ist die frühzeitige Kontaktaufnahme mit einem Transplantationszentrum, um den für den Patienten günstigsten Zeitpunkt für die Lebertransplantation zu wählen. Während die Lebertransplantation inzwischen exzellente Langzeitergebnisse erwarten lässt mit 5-Jahres-Überlebensraten von ca. 90 % für PBC-Patienten und 60-70 % für Patienten mit HCV- bzw. Alkohol-toxisch bedingter Leberzirrhose, stellt der Mangel an Spenderorganen ein großes Problem dar. Die Lebertransplantation durch Leberlebendspende wird deshalb weltweit zunehmend praktiziert. Die damit verbundenen medizinischen und ethischen Probleme für Spender und Empfänger machen jedoch eine im Einzelfall sehr sorgfältige und kritische Abwägung aller Aspekte erforderlich [2].

kurzgefasst: Die Lebertransplantation stellt für die meisten fortgeschrittenen Lebererkrankungen mit Leberzirrhose und beginnender Dekompensation unabhängig von der Ätiologie eine therapeutische Option dar. Ein großes Problem ist in diesem Zusammenhang der Organmangel. Neben der Leberlebendspende sollten vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Organspendebereitschaft auch in der Praxis implementiert werden.

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Fazit für die Praxis

Chronische Lebererkrankungen können durch eine Vielzahl von Ätiologien bedingt sein. Ihre Diagnostik basiert auf einer detaillierten Anamnese, sorgfältiger klinischer Untersuchung sowie klinisch-chemischen, serologischen und bildgebenden Zusatzuntersuchungen, einschließlich perkutaner, transjugulärer und laparoskopischer Leberbiopsie. Molekularbiologische Analysen können die konventionelle Diagnostik ergänzen. Für die Behandlung chronischer Hepatopathien stehen Basistherapie, ätiologie-spezifische Therapie sowie die Lebertransplantation zur Verfügung. Die Behandlungsergebnisse werden durch die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien, einschließlich molekularer Konzepte und der Leberzelltransplantation ständig verbessert. Dennoch kommt der Implementierung bzw. Entwicklung neuer präventiver und prophylaktischer Maßnahmen zur Verhütung der Lebererkrankung eine ganz besondere Bedeutung zu [1]. Neben der Vermeidung hepatotoxischer Substanzen, insbesondere von Medikamenten und Alkohol, und Verhütung der HCV-Transmission ist die aktive Impfung gegen HAV und HBV bei gefährdeten Patienten unbedingt angezeigt [10].

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Prof. Dr. Dr. h. c. H. E. Blum

Medizinische Universitätsklinik

Hugstetter Straße 55

79106 Freiburg

Email: heblum@ukl.uni-freiburg.de

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Literatur

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Hugstetter Straße 55

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Abb. 1 Natürlicher Verlauf der Hepatitis B und C. HCC = Hepatozelluläres Karzinom